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Mauretanien wird zum Wasserstoff-Hub Westafrikas

Für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft wird es in Mauretanien 2024 konkret. Technologielieferanten bringen sich in Stellung. (Stand: 7.5.2024)

Von Ullrich Umann | Casablanca

Mauretaniens Regierung möchte das Land zu einem Zentrum der Wasserstoffwirtschaft ausbauen. Von den klimatischen, geografischen und topografischen Bedingungen her wären dafür alle Voraussetzungen erfüllt. Was fehlt sind Kapital, Technologie und hochqualifizierte Fachkräfte in ausreichender Anzahl. 

Die EU und einzelne Mitgliedstaaten wie Spanien, Frankreich, Belgien, die Niederlande und Deutschland sichern dem Land bei diesem Anliegen finanzielle und technische Unterstützung zu. Dies bekräftigten unter anderem die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez während ihres gemeinsamen Staatsbesuchs in Mauretanien im Februar 2024. 

Brüsseler Finanzhilfen für grünen Wasserstoff und Eisenschwamm

Die EU hob Mauretanien in den Rang eines Schlüsselpartners für die EU Global Gateway Initiative, wodurch Finanzhilfen zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft leichter fließen können. Eingeschlossen wäre auch der Ausbau der Strom- und Schienennetze. Darüber hinaus fördert Brüssel Vorhaben in Mauretanien, die der Weiterverarbeitung des heimischen Eisenerzes zu Eisenschwamm (Direct Reduced Iron/DRI) unter Nutzung erneuerbarer Energien dienen. 

Der hochrangigen politischen Delegation aus Europa im Februar folgte im April eine große Wirtschaftsdelegation: Vertreter von circa 30 Unternehmen und Institutionen waren nach Nouakchott gereist, um sich aus erster Hand über Liefer- und Geschäftsmöglichkeiten beim geplanten Aufbau der Wasserstoffwirtschaft beziehungsweise bei der möglichen Veredlung von Eisenerz zu Eisenschwamm zu informieren. Von Interesse waren darüber hinaus Infrastrukturvorhaben wie der Bau von Straßen, Hafenanlagen, Übertragungs- und Verteilernetzen für Elektroenergie, von Anlagen zur Meerwasserentsalzung und von Schienenwegen. 

Vertreten waren unter anderem die Stahlkocher ArcelorMittal und Tata Steel, der Werkzeughersteller Tolsen, der Produzent von Membranen De Nora, der Rohrleitungsspezialist Tenaris, der Maschinen- und Anlagenbauer Cockerill Group, die Anbieter von Elektrolysetechnik Topsoe, Nel und Siemens. Ebenso nahmen Unternehmensberatungen, Projektgesellschaften, staatliche Handelsförderagenturen einzelner europäischer Länder, der Verband Hydrogen Europe sowie der Hafen Antwerpen an der Delegation teil.

Übergang von der Projektplanung zur Implementierung

Das Interesse der ausländischen Wirtschaft an Mauretanien und an seinem Entwicklungspotenzial für die Wasserstofferzeugung besteht schon länger. Bislang trafen Projektentwickler, Ingenieurbüros und potenzielle Geldgeber in Nouakchott ein. Im Jahr 2024 hat eine neue Phase begonnen: Inzwischen kommen verstärkt Technologielieferanten und Dienstleister nach Mauretanien, darunter Logistik- und Hafenspezialisten, Hersteller von Energie- und Elektrotechnik sowie Maschinen- und Anlagenbauer, um sich für künftige Ausschreibungen in Stellung zu bringen.

Zwei ehrgeizige Großvorhaben treten gegeneinander an

Mit Conjuncta hatte sich ein deutscher Projektentwickler zusammen mit der Infinity Power aus Ägypten und Abu Dhabi Future Energy Company (Masdar) zu einem Konsortium zusammengeschlossen. Das Ziel ist äußerst ehrgeizig: Für insgesamt 34 Milliarden US-Dollar (US$) wollen die Investoren die gesamte Wertschöpfungskette von der Meerwasserentsalzung über die Erzeugung grünen Stroms, die Wasserstoffelektrolyse bis hin zur Herstellung von transportfähigem Ammoniak per Haber-Bosch-Verfahren installieren. Die angestrebte Elektrolysekapazität wird mit 10 Gigawatt beziffert, wovon die ersten 0,4 Gigawatt 2028 betriebsbereit sein sollen.

Ein zweites Konsortium, bestehend aus der australischen Chariot Ressources Limites und TE H2, ein Joint Venture aus TotalEnergies und der EREN Group, möchte unter dem Projekttitel Nour ebenfalls Elektrolysekapazitäten von 10 Gigawatt errichten. Eine Machbarkeitsstudie hatte Chariot im März 2024 der mauretanischen Regierung vorgelegt. Chariot hat für sein Vorhaben nach eigenen Angaben den Hersteller von Anlagen zur Meerwasserentsalzung, die singapurische Eneo Water, aufgekauft.

Auch wenn beide Konsortien mit etwa gleichgroßen Elektrolysekapazitäten planen, gibt es für die Verwendung des grünen Wasserstoffs unterschiedliche Ansätze: Das Konsortium aus Conjuncta, Infinity und Masdar setzt auf den Export des Wasserstoffderivats. Dagegen will Chariot zunächst den Inlandsbedarf Mauretaniens decken, darunter den der Energiewirtschaft mit grünem Strom sowie zur Veredelung von Eisenerz. Das mauretanische Bergbauunternehmen Société nationale industrielle et minière (Snim) wäre eingebunden. Erst wenn der Inlandsbedarf gedeckt ist, sollen Wasserstoffderivate nach Europa gehen. Vorgespräche mit dem Hafen Rotterdam hat Chariot dem Vernehmen nach geführt.

BP prüft sein Engagement in der Wasserstoffwirtschaft

Eine Absichtserklärung unterzeichnete die mauretanische Regierung gleichfalls mit dem Energiekonzern BP, der Anfang 2024 die Förderung von Erdgas im Offshorefeld Tortue Ahmezim aufgenommen hatte. Der Konzern liefert das Erdgas sowohl an mauretanische Abnehmer als auch an Käufer im Ausland, dort in Form von LNG. Nun prüft BP ein Engagement beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft, wofür eine Machbarkeitsstudie erstellt wird. Sollte BP zu einem positiven Ergebnis kommen, würden sich gleich drei große Wettbewerber mit dem Aufbau der Wasserstoffwirtschaft in Mauretanien beschäftigen. 

Kontaktadressen

 

BezeichnungAnmerkung
Deutsche Botschaft Amtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland
Delegation of the European Union to Mauritania EU-Vertretung in Nouakchott
WeltbankVertretung der Weltbank in Nouakchott
Investment Promotion Agency of MauritaniaZentrale Anlaufstelle für Investoren
Ministère du Pétrole, de l'Energie et des MinesMinisterium für Erdöl, Energie und Bergbau
Ministere du commerce, de l'industrie, de l'artisanat et du tourismeMinisterium für Handel, Industrie, Handwerk und Tourismus
Mauritania TendersAusschreibungsportal Mauretaniens
Office National de la StatistiqueNationales Statistikbüro

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