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Branchen | Mongolei | Öffentlicher Personennahverkehr; Infrastruktur

Dauerstau zwingt Ulan Bator zum Umdenken in Sachen ÖPNV

Die Hauptstadt der Mongolei ist von Smog und Staus geplagt. Ein Gegensteuern ist längst überfällig, kommt nun aber in Gang. Dabei wird auch auf Verkehrskonzepte aus Europa gesetzt.

Von Viktor Ebel | Ulan Bator

Das Jahr 2025 fing für Ulan Bator nicht gut an: In der ersten Januarwoche fand sich die mongolische Hauptstadt wieder einmal in der Liste der Städte mit der höchsten Schadstoffkonzentration in der Luft weltweit. Schuld ist vor allem die Kohle, mit der die Menschen in den Jurtenvierteln hauptsächlich heizen. Aber auch der Verkehr leistet seinen Beitrag. Laut Weltgesundheitsorganisation stand er 2018 für etwa 10 Prozent der Emissionen.

Mittlerweile dürfte der Anteil noch höher sein, denn Autos sind in der aufstrebenden Volkswirtschaft auf dem Vormarsch. Zwischen 2012 und 2023 hat sich die Zahl der in Ulan Bator registrierten Fahrzeuge fast verdoppelt. Viele davon sind älter als zehn Jahre. Das sorgt nicht nur für schlechte Luft, sondern auch für kilometerlange Staus. Die Regierung reagiert mit dem Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Eine urbane Seilbahn, eine U-Bahn und neue Busse sollen die Millionenmetropole in den nächsten Jahren entlasten.

Französisches Unternehmen baut urbane Seilbahn

Die Topografie Ulan Bators stellt Verkehrsplaner vor Herausforderungen: Umgeben von Bergen und Hügeln liegt die Stadt in einem Tal. Die südlichen Stadtbezirke sind von gleich mehreren Schlingen des Flusses Tuul geprägt. Hier sind innovative Lösungen gefragt. Nachdem eine Gondelbahn nach dem Vorbild lateinamerikanischer Großstädte bereits seit Längerem im Gespräch war, erhielt das französische Unternehmen POMA Mitte 2023 den Auftrag. Im März 2025 begann der Bau einer 4,2 Kilometer langen Stadtseilbahn, die von 19 Masten getragen wird. Die zwei Kopfstationen werden an das öffentliche Busnetz angebunden.

Das Eintreffen letzter Stützkonstruktionen aus Frankreich ist für Mai 2025 angekündigt, so eine Pressemitteilungen der Regierung. Sie rechnet mit der Fertigstellung der ersten urbanen Seilbahn im Dezember 2025. Nach einem dreimonatigen Testbetrieb sollen dann ab dem 2. Quartal 2026 bis zu 2.320 Fahrgäste pro Stunde über das Tuul-Tal schweben und dadurch die Straßen entlasten – zumindest punktuell. Finanziert wird das Vorhaben über einen zinsgünstigen Kredit aus Frankreich. Eine zweite Linie ist im Gespräch, konkrete Pläne dafür gibt es aber noch nicht.

U-Bahn-Projekt liegt wieder auf dem Tisch

Eine U-Bahn für Ulan Bator ist schon seit fast 15 Jahren im Gespräch. Die damals erstellte Machbarkeitsanalyse verschwand aber in der Schublade. Im Jahr 2024 wurde das Projekt schließlich wiederbelebt, als ein südkoreanisches Konsortium die Projektstudie aktualisierte. Dazu zählten auch mehrere Bohrungen, um die geologischen Gegebenheiten erneut zu prüfen. Nach derzeitigem Stand soll die U-Bahn-Linie 19,4 Kilometer lang werden, 15 Stationen umfassen und etwa 2,4 Milliarden US-Dollar kosten. Davon will die Stadt 15 Prozent selbst aufbringen, der Rest soll aus externen Quellen stammen.

Die aktuelle Terminplanung Ende 2025 für den Baubeginn und 2030 für die Eröffnung dürfte kaum einzuhalten sein, da der Generalauftrag noch nicht vergeben wurde. Einiges spricht aber dafür, dass Firmen aus Südkorea den Zuschlag erhalten. Sie konnten sich nicht nur bei der Durchführbarkeitsstudie gegen Konkurrenz aus China und Russland durchsetzen, sondern bilden auch die künftigen U-Bahn-Fachkräfte aus. Die führende technische Hochschule der Mongolei, die Mongolian University of Science and Technology und die Halla University aus dem südkoreanischen Wonju haben ein Abkommen geschlossen, wonach etwa 200 Studierende aus der Mongolei Betrieb, Wartung und Management von U-Bahnen erlernen werden.

Straßenbahnprojekt noch am wenigsten fortgeschritten

Gegenwärtig ist eine Machbarkeitsstudie für eine Straßenbahn in Arbeit. Diese soll laut Presseberichten im Frühling 2025 fertiggestellt werden. Vielmehr als die geplante Route ist nicht bekannt. Laut dem Projektdirektor hat die Tram das Potenzial, das Autoaufkommen auf einer der Hauptverkehrsschlagadern der Stadt um 27 Prozent zu reduzieren.

China stattet Ulan Bators Busflotte aus

Im Jahr 2023 waren auf Ulan Bators Straßen laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Montsame etwa 1.000 Busse im Nahverkehr unterwegs. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um Dieselbusse, die meisten davon mit hohem Verschleißgrad. Dass die mongolische Regierung bei ihrer Order von 600 neuen Bussen aus China wieder auf Diesel setzt, hat in erster Linie mit dem rauen Klima zu tun. Dieses reduziert die Leistung von Batterien in Elektrobussen und deren Reichweite.

Es gibt aber durchaus Versuche, den Busverkehr nachhaltiger zu gestalten. Ebenfalls aus China wurden 2020 eine Reihe doppel- und eingeschossiger Elektrobusse importiert. Für die E-Bus-Flotte wurden auch Ladesäulen in den Busdepots installiert. Insgesamt steckt die E-Mobilität in der Mongolei aber noch in den Kinderschuhen. Zwar hat das Land Ambitionen, doch es gibt wenige konkrete Zielmarken und Projekte.

Neue Schnellstraßen im Kampf gegen den Stau

Die mongolische Regierung hat sich nicht nur eine bessere Luftqualität auf die Fahne geschrieben. Mit ihrer Verkehrspolitik sagte sie zudem den verstopften Straßen den Kampf an. Die Verlagerung des Personenverkehrs auf die Schiene und auf Seilbahnen ist dabei nicht das einzige Mittel. Zeitgleich sollen Schnell- und Umgehungsstraßen in Ulan Bator gebaut werden, um das vorhandene Straßennetz zu entlasten. Das bekannteste Vorhaben ist der Tuul Highway, eine 32 Kilometer lange Schnellstraße im Stadtgebiet, deren Baubeginn für 2025 angesetzt ist.

Langfristige Lösung nur mit neuen Stadtteilen

Neue Verkehrsmittel auf, über und unter der Erde können die Lebensqualität in Ulan Bator zwar verbessern, die Probleme werden sie aber nicht vollständig lösen. Die einst für 500.000 Menschen konzipierte Hauptstadt beherbergt heute die Hälfte der rund 3,5 Millionen starken Gesamtbevölkerung des Landes, viele davon in Jurtenvierteln ohne Anschluss an die kommunalen Netze. Der Zustrom aus den ländlichen Regionen hält zudem an, weshalb laufend neue Wohngebiete in Ulan Bator erschlossen werden müssen.

Ideen für Satellitenstädte wie New Zuunmod City oder Maidar Eco City fließen in strategische Dokumente für die Stadtentwicklung ein. So stammt der Entwurf für Maidar von einem Kölner Architekten, der sie als eine "Stadt der kurzen Wege" konzipiert hat. Auch in zukünftigen Projektphasen dürften Know-how und Technologie aus dem Ausland gefragt sein, damit sich die Fehler der Vergangenheit in Ulan Bator nicht wiederholen.

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