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Bali schreibt erste Bahnstrecke aus

Auf der indonesischen Touristeninsel entsteht eine Nahverkehrslinie. Weitere große Bahnprojekte sind geplant. Dabei ist ausländisches Know-How gefragt.

Von Frank Malerius | Jakarta

Bali erhält seine erste Bahnlinie. In den kommenden Wochen und Monaten will die Provinzregierung von Bali in Kooperation mit der Nationalen Planungsbehörde Bappenas die Ausschreibungen veröffentlichen. Die Bauarbeiten sollen noch 2024 oder 2025 beginnen. 

Konsortien aus China, Südkorea und Europa bewerben sich um das Projekt. Zu den beteiligten Interessenten gehört auch Siemens. Die Machbarkeitsstudie war von Korean National Railways durchgeführt worden. Die Kosten für den 6 Kilometer langen ersten Bauabschnitt vom Flughafen bis zur Sunset Road in Kuta werden mit Summen zwischen 600 Millionen und 900 Millionen US-Dollar (US$) veranschlagt.

Die Eisenbahnlinie wird teilweise unterirdisch verlaufen und vom internationalen Flughafen Ngurah Rai in Richtung Norden durch das Touristenzentrum Kuta über mehrere Stationen bis in das etwa 10 Kilometer entfernte Canggu führen.

Weitere Bahnprojekte sollen folgen

Die erste Bahnlinie könnte Startschuss für zahlreiche weitere Bahnprojekte auf Bali sein. Diese werden unter dem Begriff "Bali Urban Railway Project" zusammengefasst und das Investitionsvolumen kann bis zu 20 Milliarden US$ erreichen. Zu den noch vagen Planungen gehört eine Ringlinie, die Kuta mit dem Stadtzentrum von Denpasar und der südlichen Ostküste von Sanur verbindet. Zudem gibt es Überlegungen, den Künstlerort Ubud nördlich der Hauptstadt Denpasar mit dem touristischen Südzipfel in Uluwatu zu verbinden.

In weiter Ferne hingegen liegt die Vision für eine Bahnstrecke, die die gesamte Küstenlinie Balis umläuft. Denn dort ist das Terrain teilweise hügelig, viel Erdreich müsste bewegt werden. Das vulkanisch geprägte Zentralbali dürfte nur schwer für den Bahnverkehr zu erschließen sein.

Ausländisches Know-how bei städtischer Bahninfrastruktur notwendig

Vor allem der überlastete Straßenverkehr führte auch anderswo in Indonesien zum Ausbau des schienengebundenen öffentlichen Nahverkehrs. So wurde 2019 in Jakarta die erste, von japanischen Unternehmen gebaute U-Bahn-Linie (Mass Rapid Transit; MRT) eröffnet. Sie wird derzeit in den Norden der 10-Millionen-Metropole verlängert. Am Bau beteiligt ist unter anderem das deutsche Spezialbauunternehmen Bauer.

Zudem sind in Jakarta mehrere S-Bahnlinien (Light Rapid Transit; LRT) entstanden, die das Stadtzentrum mit günstigen Arbeitskräften aus der Peripherie versorgen. Beim Bau waren heimischen Anbieter durch strenge Local-Content-Bedingungen vor ausländischer Konkurrenz abgeschirmt worden. Das rächte sich: Unterbrechungen aufgrund mangelhafter Zug- und Waggontechnik, fehlerhafter Schienenstränge und Ausfällen der Stromversorgung sorgten bei den Pendlern zwischenzeitlich für erheblichen Unmut. Dennoch sind weitere Strecken geplant.

In der Großstadt Palembang in Südsumatra wurde zu den Asienspielen 2018 eine innerstädtische LRT-Bahnlinie über 23 Kilometer Länge gebaut. In Surabaya, der zweitgrößten Stadt Indonesiens, soll mit deutschen Krediten eine S-Bahnlinie entstehen. Im westjavanischen Bogor ist der Bau einer Ringbahn um den weltberühmten botanischen Garten geplant. Einige Machbarkeitsstudien sind bereits erstellt worden. In der indonesischen Presse werden Kosten von etwa 100 Millionen US$ genannt. Diese "Tram"-Strecke soll an eine geplante LRT-Linie aus Jakarta angebunden werden. 

Wenige Großprojekte bei Fernstrecken

Der Fernbahnverkehr ist in Indonesien vergleichsweise schwach ausgebaut. Grund ist das vielerorts schwierige Terrain sowie die geringe Kaufkraft jenseits großer Städte. Der Schwerpunkt ist Java, wo auf einer Fläche von der Größe Ostdeutschlands 155 Millionen Menschen leben. Im November 2023 wurde die zwischen Jakarta und dem 150 Kilometer entfernten Bandung gelegene erste Hochgeschwindigkeitszugstrecke Südostasiens eröffnet. Sie wurde von chinesischen Unternehmen gebaut und soll möglicherweise bis Surabaya erweitert werden. Eines der größten laufenden Fernbahnprojekte ist der Bau der Trans-Sulawesi Railway von Makassar im Süden Sulawesis über 2.000 Kilometer bis zur Nordspitze nach Manado.

Schienentransport soll endlose Verkehrsstaus beenden

Der Leidensdruck für den Bau von Bahnlinien auf Bali ist schon lange groß. Denn Denpasar mit seinen 725.000 Einwohnern (im Großraum 1,8 Millionen Einwohner) sowie die Touristenzentren um Kuta leiden unter unablässigen Verkehrsstaus. Am Neujahrstag 2024 gingen die Bilder von Bali-Touristen um die Welt, die mit ihren Koffern in tropischer Hitze kilometerweit zu Fuß zum Flughafen gehen mussten, weil der Straßenverkehr komplett still stand.

Die Mittel für den großflächigen Ausbau einer Bahninfrastruktur ließen sich vergleichsweise einfach generieren. Pro Jahr geben etwa sechs Millionen ausländische und zwölf Millionen indonesische Touristen auf der Insel viel Geld aus. Mit Sonderabgaben gibt es bereits Erfahrungen: Seit Februar 2024 wird von nach Bali einreisenden internationalen Touristen eine Steuer von 150.000 Rupiah (circa 9 US$) erhoben.  

Bahnprojekte passen in die Zeit, denn auch Indonesien ist bemüht, sich ein grünes und nachhaltiges Image zu geben. Bali soll unter anderem Anziehungspunkt für sogenannte Digitale Nomaden werden: Wer von der hinduistischen Trauminsel beispielsweise für einen ausländischen Auftraggeber programmiert oder digital Produkte vermarktet, soll wenn er Einkommen vor Ort versteuert leichter eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

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