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Namibias Natur lockt innovative Industrien

Bisher genießen vor allem Touristen das Klima und die Vegetation Namibias. Fauna und Flora lassen aber auch innovative Geschäftsideen gedeihen.  

Von Marcus Knupp | Berlin

Naturkosmetik aus Savannenpflanzen, Holzpanelen aus gemahlenen Hartholzbüschen oder Raupen, die Nahrungsergänzungsmittel produzieren: Namibias Pflanzen- und Tierwelt ist nicht nur Magnet für Touristen. Sie bietet auch ein großes Potenzial für innovative Nutzungen. Zentral ist dabei, die richtigen Faktoren zusammen zu bringen.

Aus der Not eine Tugend machen

Ein zentraler Wirtschaftszweig ist in Namibia die extensive Viehhaltung. Da die Bodenbedeckung mit Gras in dem trockenen Klima spärlich ist, fressen die Tiere nur kurzzeitig auf einer Weidefläche und werden dann auf die nächste geführt. Während die Flächen nicht beweidet werden, breiten sich rasch Büsche aus und verdrängen das Gras, das Rinder und Schafe als Futter benötigen. Um das Wachstum von Gras zu fördern, müssen die Büsche entfernt werden. Traditionell wird aus den dünnen Ästen und Zweigen zum Beispiel Holzkohle produziert, ein wichtiges Exportprodukt Namibias.

Von der Verbuschung zur Buschbiomasse

Etwa zwei Drittel Namibias werden natürlicherweise von Savannen eingenommen. Diese Grasländer sind je nach Niederschlagsmenge von unterschiedlichen Baumarten durchsetzt. Im Zuge der extensiven Viehhaltung werden viele Savannen als Weideflächen genutzt. Verschiedene Faktoren wie langfristige Überweidung, fehlende regelmäßige Brände oder Effekte des Klimawandels belasten die Vegetation. Einheimische und invasive Buscharten breiten sich aus. Die Ausdünnung ist aufwändig. Die kommerzielle Nutzung der Buschbiomasse ist ein Weg, die Kosten dafür zu decken. Sie kann zudem den Grundstein legen für neue Industriezweige der Bioökonomie.

 

Es geht aber auch anders. Das zeigt zum Beispiel die Firma Acacia Composites: Mit Hilfe deutscher Technologiepartner hat Acacia einen Weg zu höherer Wertschöpfung gefunden. Das Holz der Büsche lässt sich zwar nicht zur Herstellung von Möbeln oder Bauholz verwenden. Es ist aber als Hartholz von hoher Qualität. Bei Acacia wird es gemahlen und zu Kompositpanelen gepresst. Diese sind sehr widerstandsfähig und werden überwiegend in Europa abgesetzt, wo sie Produkte aus tropischen Harthölzern ersetzen können.

Start-ups gehen neue Wege

Auch die Firma Biocycle verkauft ihre Produkte vorwiegend in Europa und Nordamerika. Dies sind in erster Linie Zusätze zu Tierfutter, die aus den Larven der Soldatenfliege (Hermetia illucens) gewonnen werden. Im Zentrum steht dabei der Inhaltsstoff Laurinsäure, der unter anderem antibakterielle und verdauungsfördernde Wirkung hat. Es werden entweder die Larven selbst oder ein entfettetes Pulver daraus verkauft. Unerwünschte Inhaltstoffe sind fast ausgeschlossen. "Der Lebenszyklus der Fliege ist sehr kurz," wie Sven Gruttemeyer, Geschäftsführer und Gründer von Biocycle, erklärt. "Das fertige Insekt selbst isst nicht, sticht nicht et cetera. Daher kann es auch keinerlei Krankheitsübertragung geben. Die gesamte Energie für die kurze Lebenszeit nimmt die Larve auf."

Dabei braucht sie möglichst optimale Bedingungen, was Temperatur und Luftfeuchte angeht. Die Zucht erfolgt in geschlossenen Hallen unter streng kontrollierten Bedingungen. Jede Charge unterzieht Biocycle einer Kontrolle im Labor, um bakterielle Verunreinigungen auszuschließen. Um die Zusammensetzung der Wirkstoffe, die die Larven produzieren, vor allem Proteine, stabil zu halten, muss die Fütterung möglichst gleichbleibend sein. Besonders gut gedeihen die Larven auf organischen Abfällen. Hierdurch bekommt die Zucht eine Rolle in der Kreislaufwirtschaft. Biocycle verwertet vor allem Frischwaren aus Supermärkten, deren Haltbarkeit überschritten ist. Im Monat werden derzeit rund 100 Tonnen Abfälle verarbeitet.

Damit ist das Potenzial der Hermetia-Larven aber noch längst nicht erschöpft. Der zurückbleibende organische Abfall kann, nachdem die Larven ausgesiebt wurden, als Dünger verwendet werden. Dieser ist nicht nur nährstoffreich, sondern enthält daneben Botenstoffe, die offenbar an die Präsenz fressender Larven erinnern und die Pflanzen zu stärkerem Wachstum anregen. Zurück bleibt auch Chitin, das in der Kosmetikindustrie Verwendungen finden kann.

Pflanzen für Kosmetik und Pharmazie

Die Nutzung von in Namibia vorkommenden Pflanzen für ihre heilende Wirkung oder um Kosmetika herzustellen, hat bereits ein lange Tradition. Schon seit den 1950er Jahren wird beispielsweise die Teufelskralle als Mittel zur Behandlung von Rheuma und Arthritis nach Deutschland exportiert. Die einheimischen San benutzen die Pflanze seit Jahrhunderten als Medizin für eine Vielzahl von Beschwerden, darunter Magenbeschwerden, Fieber oder Entzündungen. Um die Balance zwischen der Nutzung der wild vorkommenden Pflanzen und der Wahrung der Biodiversität zu erhalten, hat die namibische Regierung schon 2010 einen gesetzlichen Rahmen geschaffen. Dieser sieht für alle Stufen von der Ernte über die Verarbeitung bis zum Handel Genehmigungen vor und beschränkt die Erntezeiten.

Ein breites Nutzungsspektrum weist der Moringabaum auf. Praktisch alle Teile des ursprünglich aus Indien stammenden Gewächses (Moringa oleifera) werden zur Herstellung von verschiedenen Produkten verwendet, sei es als Nahrung, Futtermittel, für kosmetische oder medizinische Zwecke. Mit den Blüten lässt sich Tee aufgießen. Aus den Samen kann nicht nur Öl gewonnen werden, sie besitzen auch Wasser reinigende Eigenschaften. Die Blätter können getrocknet und gemahlen als Nahrungsergänzungsmittel verwendet werden, da Moringa reich an Vitamin B und C sowie etlichen Aminosäuren und Mineralien ist.

Die Hersteller und Händler von Pflanzen, die als Heilmittel oder in der Kosmetik eingesetzt werden, haben sich in der Namibia Network of the Cosmetics Industry (NANCI) zusammengeschlossen. Auf deren Webseite stehen Factsheets zu zahlreichen weiteren Pflanzen bereit.

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