Nigeria will den Einsatz erneuerbarer Energien erheblich steigern. Gleichzeitig ist eine Wiederbelebung des Kohlesektors geplant.
Der Energiesektor ist der größte Emittent von Treibhausgasen in Nigeria. Etwa 60 Prozent der Emissionen werden hier erzeugt. Ein großer Teil stammt aus der Öl- und Gasproduktion. Aber auch das Kochen mit Brennholz und Kerosin trägt zur Emissionsbildung bei.
Energieversorgung
Die Struktur des Energiemix Nigerias hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren nicht wesentlich geändert. Biomasse und Abfall tragen rund 75 Prozent zum Primärenergieverbrauch bei. Mehr als die Hälfte nigerianischer Haushalte verwenden Brennholz zum Kochen, in ruralen Gegenden deutlich mehr.
Die Energieträger Erdöl, Erdgas und Wasserkraft tragen zusammen zu etwa 25 Prozent zum Primärenergieverbrauch bei. Wasserkraft und Erdgas wird zur Stromerzeugung verwendet, zudem ist die Industrie und der Transportsektor Abnehmer von Erdgas. Der Verbrauch von Erdöl entfällt fast vollständig auf den Transportsektor.
Gasabfackeln soll bis 2030 eingestellt werden
Im Öl- und Gassektor entstehen Emissionen bei der Förderung der Rohstoffe. Vor allem durch das immer noch praktizierte Gasabfackeln von assoziiertem Gas (Gas Flaring) werden Treibhausgase in großen Mengen freigesetzt. Nach dem "Global Gas Flaring Tracker Report" der Weltbank belegt Nigeria dabei Rang 7 im weltweiten Vergleich, hinter Russland, Iran, Irak, USA, Algerien und Venezuela.
Nigeria hat sich der Initiative "Zero Routine Flaring by 2030" der Weltbank angeschlossen. Ursprünglich hatte Nigeria die Beendigung des Gasabfackelns bis 2020 geplant. Dieses Ziel wurde zwar nicht erreicht, jedoch wurde die Rate auf etwa 10 Prozent des Gases gesenkt. Vor 15 Jahren waren es noch 70 Prozent.
Um die Emissionen im Sektor zu senken setzt Nigeria auf den Einsatz entsprechender Technologien und Techniken. Die Absicht einer Drosselung der Öl- und Gasförderung oder die Ölexporte zu reduzieren besteht nicht. Vielmehr wurden mit dem im letzten Jahr verabschiedeten reformierten Petroleum Industry Act die Rahmenbedingungen für die Ölindustrie verbessert, um wieder mehr Investitionen anzuziehen.
Wasserstoff hat Potenzial, steht aber noch am Anfang
Grüner Wasserstoff hätte großes Potenzial, spielt in der Energiepolitik des Landes jedoch noch keine Rolle. Eine Nationale Wasserstoffstrategie gibt es bislang nicht.
Die Bundesregierung hat in einigen Ländern – einschließlich Nigeria – im Rahmen seiner nachhaltigen Energieaußenpolitik ein sogenanntes Wasserstoffdiplomatiebüro eingerichtet. Ziel ist unter anderem die Unterstützung erdöl- und erdgasexportierender Länder sowie Transitländer entsprechender Exporte bei der nachhaltigen Umgestaltung von Exportstrukturen. Zudem sollen Optionen für eine dekarbonisierte Energieexportwirtschaft aufgezeigt werden. Durchführende Organisation ist die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Nigeria werden dabei gute Chancen bescheinigt, sich zum künftigen Erzeuger und Exporteur von Wasserstoff zu entwickeln. Voraussetzung dafür ist jedoch der Ausbau einer entsprechenden Wasserversorgung sowie Energie- und Infrastruktur.
Nigeria plant Bau eines Atomkraftwerks
Medienberichten zufolge hat Nigeria Anfang März 2022 die Ausschreibung für den Bau eines 4 Gigawatt-Atomkraftwerkes gestartet und zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Ob es sich dabei um ein öffentliches oder geschlossenes Verfahren handelt, ist nicht bekannt.
Mit der geplanten Stromerzeugungskapazität würde Nigeria nahezu 20 Gigawatt erreichen. Kritiker weisen darauf hin, dass die Reduzierung der hohen Übertragungsverluste aufgrund des maroden Stromnetzes drängender sei.
Mit Russland, Pakistan, Frankreich und Südkorea soll Nigeria Kooperationen für Trainings und Kapazitätsaufbau für das künftige Personal eingegangen sein.
Energieeffizientes Bauen hat noch wenig Bedeutung
Nigeria hat bereits im Jahr 2016 die National Building Energy Efficiency Guideline erlassen, ergänzt durch den 2017 verabschiedeten National Building Energy Efficiency Code, der Mindeststandards für energieeffizientes Bauen zur Verringerung von Emissionen und des Stromverbrauchs festlegt.
Bisher spielt das Thema aus Kostengründen noch keine große Rolle, auch wenn es bereits einige hochmoderne Green Buildings vor allem in Lagos gibt. Nachhaltiges Bauen wird aber künftig an Bedeutung zunehmen. Geplant sind finanzielle Unterstützungsangebote, ohne die eine breite Umsetzung nicht möglich sein wird.
Stromerzeugung
Nur etwa 60 Prozent der Nigerianer haben Zugang zu Elektrizität. Zudem gilt das Stromnetz als marode, sodass aufgrund häufiger Stromausfälle viele Unternehmen und Private auf den Einsatz teurer und emissionsreicher Dieselgeneratoren angewiesen sind.
Nigeria möchte den Anteil erneuerbarer Energien, insbesondere Solarenergie und Wasserkraft, an der Stromerzeugung signifikant steigern. Künftig soll auch Strom aus Windkraft und Biomasse eine größere Rolle spielen. Der National Renewable Energy Action Plan (NREAP) sieht einen Anteil von erneuerbaren Energien von mehr als 36 Prozent bei der Stromerzeugung vor. Bislang nutzt Nigeria im Bereich erneuerbarer Energie vor allem Wasserkraft. Solarenergie und Windkraft machen nur einen Bruchteil bei der Stromerzeugung aus, obwohl Nigeria über hervorragende Bedingungen verfügt. Insgesamt beträgt die Erzeugungskapazität aus Erneuerbaren aktuell etwa 2 Gigawatt.
Zudem soll künftig Erdgas eine größere Rolle spielen. Bereits jetzt ist Gas neben Dieselgeneratoren wichtigster Stromlieferant. Die neben den Ölreserven vorhandenen Erdgasreserven werden bislang wenig verwertet. Neben der Förderung soll der Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur vorangetrieben werden. Dazu gehört auch die Nutzung von komprimiertem Erdgas (Compressed Natural Gas, CNG), das im Verkehrssektor zum Einsatz kommen soll.
Um den steigenden Strombedarf zu decken, verfolgt Nigeria die zu den gesetzten Klimazielen konträren Pläne, die inländische Kohleproduktion auszuweiten. Auch der Export von Kohle wird in Betracht gezogen. Umgesetzt wurde von den Plänen bislang wenig. Im Jahr 2015 wurden Lizenzen an nigerianische und ausländische Unternehmen zum Kohleabbau und Aufbau von Stromerzeugungskapazitäten aus Kohle vergeben. Projekte wurden bislang wohl nicht realisiert, teilweise wurden Aktivitäten wieder eingestellt.
Von Corinna Päffgen
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Accra