Zwei Drittel der Elektrizität werden mit Kohle erzeugt. Der Anteil soll zwar sinken, doch durch die stark steigende Stromnachfrage wird die Kohleverbrennung deutlich ausgeweitet.
Indonesiens Energiemix hat sich den den letzten zehn Jahren verändert. Die Anteile von Öl und Gas gingen um 13 beziehungsweise 5 Prozent zurück. Gleichzeitig nahmen der Anteil von Kohle um 10 Prozent und von erneuerbaren Energien um 8 Prozent zu. Unter die erneuerbaren Energien fallen auch 4 Prozent Biodiesel. Die Energienachfrage wird unter anderem aufgrund des Wohlstandswachstums, des Bevölkerungswachstums und Ausbaus der Schwerindustrie auch weiterhin stark wachsen.
Kohle ist in Indonesien im Überfluss vorhanden und daher der günstigste Energieträger. Der Kohlebergbau boomt. Der Archipel hat in den vergangenen zehn Jahren schwarzes Gold für mehr als eine Viertelbillion US-Dollar (US$) ausgeführt. Im Jahr 2022 stand ein neuer Exportrekordwert von 55 Milliarden US$ zu Buche, auch nach Deutschland wurde indonesische Kohle verschifft. Etwa 70 Prozent der Förderung gehen in den Export. Mit den Erlösen treibt das Land seine Industrialisierung voran und finanziert Sozialleistungen.
Über den Export hinaus stellen die großen Lagerstätten in Ostkalimantan und Südsumatra auch in weiten Teilen die eigene Stromversorgung sicher. Sie basiert zu zwei Dritteln auf Kohle. Dieser Anteil wurde in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich ausgebaut.
Keine neuen Kohlekraftwerke?
Der Zehnjahresplan zur Stromversorgung des staatlichen Konzerns PLN sieht vor, dass der Anteil von Kohle an der Stromerzeugung von 67 Prozent im Jahr 2021 auf 59 Prozent im Jahr 2030 absinkt. Durch die steigende Nachfrage weitet sich die jährliche Kohleverbrennung im selben Zeitraum aber um fast 40 Prozent auf 153 Millionen Tonnen aus. Praktisch jedes Jahr gibt es einen neuen Rekord der Kohlenutzung. Damit liegt Indonesien im globalen Trend: Laut Internationaler Energieagentur (IEA) war 2021 weltweit ein Rekordjahr der Kohleverstromung. Noch viele weitere dürften folgen.
Die Regierung hat Ende 2021 trotzdem verlautbart, keine neuen Kohlekraftwerke jenseits der bereits geplanten mehr zu bauen und stattdessen mit finanzieller Unterstützung internationaler Geber alte Anlagen vom Netz zu nehmen. Das lässt sich derzeit verkraften, denn vor allem auf Java, das für 60 Prozent der Wirtschaftsleistung und 75 Prozent der Stromerzeugung des Landes steht, gibt es große Überkapazitäten. Wie allerdings angesichts einer möglichen Verdoppelung der Nachfrage in nur 12 bis 15 Jahren mittelfristig für die Verbraucher bezahlbarer Storm erzeugt werden soll, müssen nachfolgende Regierungen klären.
Derweil sagen Verantwortliche der indonesischen Energiepolitik in Interviews mit deutschen Forschungseinrichtungen, dass die aktuellen Erneuerbaren-Ausbauziele eher ein symbolischer Akt seien. Kohle sei ein Mittel, um Armut zu bekämpfen, die Industrialisierung voranzutreiben und Entwicklung in Regionen zu bringen, die andernfalls keine wirtschaftliche Perspektive hätten.
Hoffnungen ruhen auf Wasserkraft
Der Inselstaat will dennoch mehr grünen Strom erzeugen: Nach dem Zehnjahresplan von PLN soll der Anteil der Erneuerbaren an den Erzeugungskapazitäten von heute 13 Prozent bis 2030 auf 29 Prozent ausgebaut werden. Doch daran sind Zweifel angebracht, sollte sich an den mangelhaften Investitionsbedingungen im Energiesektor nichts ändern. Die Technologie für die Erneuerbaren kommt überwiegend aus dem Ausland. Teure Importe sind der Regierung aber ein Dorn im Auge.
Hoffnung ruht auf Wasserkraft, deren Erzeugungskapazitäten bis 2030 um 10 Gigawatt ausgebaut werden sollen. Allerdings liegen die entsprechenden Ressourcen häufig in dünn besiedelten Regionen. Entsprechende Großprojekte werden vor allem von chinesischen Unternehmen durchgeführt. Das größte Wasserkraftprojekt sind die sogenannten "Kaskaden"-Staudämme im Fluss Kayan in der Provinz Nordkalimantan. Ob, wann und in welchem Umfang der mit Kosten von bis zu 18 Milliarden US$ bezifferte Bau erfolgt, ist aber unklar. Eine Explorationsgesellschaft wurde 2011 gegründet, aber erst jetzt liegen erste Baugenehmigungen vor.
Solarenergie gewinnt an Bedeutung
Bis vor wenigen Jahren spielte Solarkraft praktisch keine Rolle in den Planungen zur indonesischen Stromerzeugung. Nun soll sie bis 2030 um eine Nennleistung von fast 5 Gigawatt ausgebaut werden. Entwicklungshilfeorganisationen arbeiten vor allem in der Peripherie daran, außerhalb größerer Stromnetze mithilfe von Solarkraftanlagen Dieselgeneratoren zu ersetzen.
Ende 2021 wurden neue Anreize für Solardachanlagen gesetzt, aber kurz danach von PLN als zu kostspielig teilweise wieder zurückgeschraubt. Erst wenige Tausend Dachanlagen soll es landesweit geben. Treiber der Entwicklung sind ausländische Konzerne, die um ein grünes Image bemüht sind, sowie die großen Staatsunternehmen, denen die Regierung solche Maßnahmen politisch vorgeben kann.
Windenergie spielt in dem riesigen Archipel bisher keine Rolle. Die Breitengrade um den Äquator sind vergleichsweise windarm, windstärkere Gegenden müssen lokal identifiziert werden. Bisher gibt es zwei Windparks in Südsulawesi, ein dritter soll in Westjava gebaut werden. Laut PLN soll es bis 2030 installierte Windkapazitäten von gerade einmal 600 Megawatt geben. Diese würden selbst innerhalb der Erneuerbaren dann weiterhin nur einen marginalen Beitrag zur Stromerzeugung leisten.
Schwieriges Geschäftsfeld bei Geothermie
Indonesien liegt auf dem pazifischen Feuerring und verfügt dadurch über ein großes Potenzial an Geothermie, vor allem auf Sumatra, Java und Sulawesi. Die Ressourcen sind aber nur zu einem kleinen Teil erschlossen. Geothermie ist nach Wasserkraft der zweitwichtigste Sektor der Erneuerbaren, bis 2030 sollen immerhin weitere 3,4 Gigawatt an Stromerzeugungskapazitäten aufgebaut werden.
Allerdings berichten ausländische Marktteilnehmer über schlechte Investitionsbedingungen in der Geothermie: Mangelhafte Rechtssicherheit, unzuverlässige einheimische Partnerunternehmen, Widerstand der lokalen Bevölkerung und schwierige Verhandlungen mit PLN über Abnahmepreise machen ein Engagement riskant.
Zu wenig Erneuerbare für grünen Wasserstoff
Da die Erneuerbaren auf absehbare Zeit nur einen kleinen Anteil der Stromversorgung leisten werden, wird Indonesien keinen grünen Wasserstoff in größeren Mengen erzeugen können. In der Peripherie gibt es allerdings einige kleinere Projekte zur Selbstversorgung.
Die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CSS) ist eine neue Technologie im Archipel. Der spanische Energiekonzern Rapsol plant laut Presseberichten eine entsprechende Anlage auf Sumatra.
Von Frank Malerius
|
Jakarta