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Norwegen | Wasserstoff

Deutschland soll norwegischen Wasserstoff bekommen

Ab 2030 könnte Wasserstoff aus Norwegen durch eine Pipeline nach Deutschland fließen. Dieser soll zunehmend aus erneuerbaren Energien gewonnen werden.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Als vor knapp einem Jahr Bundeskanzler Olaf Scholz und der norwegische Premierminister Jonas Gahr Støre eine engere Kooperation zwischen Deutschland und Norwegen ankündigten, lag der Fokus noch größtenteils auf der Förderung von Nachhaltigkeit in der Wirtschaft. Nicht zuletzt der russische Angriff auf die Ukraine sorgte für eine veränderten Schwerpunkt der angestrebten Zusammenarbeit.

Energie im Fokus

Die Themen Energie und Energiesicherheit sind nun stärker in den Vordergrund gerückt. So beabsichtigen beide Länder die bilaterale Zusammenarbeit bei der Nutzung von Offshore-Windenergie zu stärken - beispielsweise beim Ausbau der dafür notwendigen Netzinfrastruktur. Deutschland soll sich außerdem aktiv an der Entwicklung eines einheitlichen Rahmens für die Zertifizierung der CO2-Abscheidung in der Europäischen Union beteiligen. Auch bei der Erarbeitung von Leitlinien für den grenzüberschreitenden CO2-Transport im Rahmen der Nordseebecken-Task Force (setzt sich aus Behörden, öffentlichen und privaten Akteuren aus Norwegen, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Deutschland und Flandern zusammen) ist der Einsatz Deutschlands gefragt. Beide Länder wollen auch Optionen für die Zusammenarbeit bei CO2-Infrastruktur und -Wertschöpfungsketten erörtern - darunter einer Pipeline, die in Deutschland abgeschiedenes CO2 zur Speicherung nach Norwegen befördern soll.

Das Thema der CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage; CCS) ist vor allem im Hinblick auf die angepeilte Versorgung Deutschlands mit norwegischem Wasserstoff wichtig. Obwohl in Norwegen bereits zahlreiche Projekte für die Herstellung von grünem Wasserstoff laufen, wird bis zu einer großvolumigen Produktion noch viel Zeit vergehen. Deswegen wird Norwegen mittelfristig vor allem aus Erdgas erzeugten Wasserstoff anbieten können. Damit dieser nicht wie in der internationalen Nomenklatur üblich als blauer, sondern wie von den Norwegern angestrebt als kohlenstoffarmer Wasserstoff bezeichnet werden kann, müssen die bei der Herstellung anfallenden Treibhausgase dauerhaft unter dem Meeresboden gespeichert werden.

Von blauem zu grünem Wasserstoff

Nach früheren Vorbehalten steht die Bundesregierung dieser Vorgehensweise immer offener gegenüber. Der Energieimporteur Deutschland wird auch seinen Wasserstoffbedarf nicht in Eigenregie decken können. Der in der Nationalen Wasserstoffstrategie festgestellte Bedarf von 90 bis 110 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2030 wird zum überwiegenden Teil aus ausländischen Quellen gedeckt werden müssen. „Heute beziehen wir den Großteil unseres Erdgases aus Norwegen, in Zukunft wollen wir zunehmend Offshore-Windenergie und Wasserstoff importieren; zunächst blauen, dann immer mehr grünen Wasserstoff. Dafür gilt es, jetzt gemeinsam eine europäische Netz- und Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen und die Produktion anzuschieben“, unterstrich Wirtschaftsminister Robert Habeck bei der Vorstellung des Joint Statement zu Wasserstoff am 5. Januar 2023 in Oslo.

Ein erster Schritt ist die vom norwegischen Pipelinebetreiber Gassco und der DENA durchgeführte Machbarkeitsstudie für eine Wasserstoffpipeline zwischen Norwegen und Deutschland. Unter Einbindung zahlreicher Industriepartner sollen erste Ergebnisse noch in diesem Frühjahr vorgestellt werden. Liefern sie eine gute Basis für ein Investment, könnte bereits 2030 der erste Wasserstoff fließen. Das European Hydrogen Backbone bescheinigt Norwegen bereits 2030 ein Erzeugungspotenzial von bis zu 50 TWh grünem Wasserstoff. In den darauffolgenden zehn Jahren könnte sich die Menge verdreifachen - bei relativ geringem Eigenverbrauch.

RWE arbeitet mit Equinor zusammen

„Blauer Wasserstoff in großen Mengen kann den Anfang machen und anschließend immer grüner werden. Das ist genau das, was wir mit unserer Partnerschaft vorantreiben: die Versorgung der Industrie mit signifikanten Mengen an Wasserstoff“, erklärte auch RWE-Chef Dr. Markus Krebber. Zusammen mit Anders Opedal, Chief Executive Officer und Präsident des norwegischen Energiekonzerns Equinor, unterzeichnete er eine Absichtserklärung für vier gemeinsame Vorhaben:

  1. Bau neuer Gas-und-Dampf-Kombikraftwerke (GuD-Kraftwerk), die zunächst mit Erdgas betrieben, dann aber schrittweise auf Wasserstoff als Brennstoff umgestellt werden sollen - „sobald die entsprechenden Mengen und Technologien verfügbar sind“, heißt es in der Pressemeldung.
  2. Bau von Anlagen zur Produktion kohlenstoffarmen Wasserstoffs in Norwegen. CCS soll es ermöglichen, mehr als 95 Prozent des während ihres Betriebs anfallenden CO2 dauerhaft unter dem Meeresboden vor der norwegischen Küste zu speichern.
  3. Gemeinsame Entwicklung von Offshore-Windparks, zum Teil zur Produktion grünen Wasserstoffs.
  4. Export von Wasserstoff von Norwegen nach Deutschland.

Wie beide Konzerne unterstreichen, wurden die Vorhaben „unter der Annahme vereinbart, dass eine Wasserstoffpipeline zwischen Norwegen und Deutschland gebaut und eine nachgelagerte deutsche Wasserstoffinfrastruktur errichtet wird. Diese Infrastrukturen sind eine notwendige Voraussetzung für die Umsetzung der Pläne und Investitionen in die Projekte.“

Die Deutsch-Norwegische Partnerschaft für Klima, erneuerbare Energien und grüne Industrie, die beim Oslo-Besuch von Wirtschaftsminister Habeck am 5. Januar 2023 verkündet wurde, umfasst außerdem gemeinsame Initiativen im Bereich der Förderung und grünen Verarbeitung von Rohstoffen und der Reduzierung von Treibhausgasemissionen in der Schifffahrt. Die deutschen Halbleiterhersteller sollen enger mit norwegischen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auf den Feldern Umwelttechnologien und erneuerbare Energien verbunden werden. Auch die „Geschäftsentwicklung und weitere Partnerschaften in der Chipentwicklung und -herstellung“ sind Ziele der Partnerschaft.

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