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Österreich: Rechtsverfolgung

Die österreichischen Zivilgerichte sind für Rechtsstreitigkeiten zuständig, an denen Einzelpersonen, Organisationen oder auch der Staat beteiligt sind.

Von Karl Martin Fischer, Nadine Bauer, Dr. Achim Kampf | Bonn

Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Österreich

Modalitäten der internationalen Gerichtszuständigkeit sowie der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen im Verhältnis Deutschland-Österreich regelt seit dem 10. Januar 2015 die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia). So ist unter anderem das Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht (mehr) erforderlich.

Klageerhebung in Österreich

Gerichtsorganisation

Die ordentliche Gerichtsbarkeit ist in Österreich in vier Stufen organisiert: Bezirksgerichte, Landesgerichte, Oberlandesgerichte und Oberster Gerichtshof. Die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Streitigkeiten wird in erster Instanz grundsätzlich von Bezirksgerichten und Landesgerichten ausgeübt. Ein Bezirksgericht für Handelssachen, ein Handelsgericht und ein Arbeits- und Sozialgericht sind in Wien eingerichtet, außerhalb von Wien entscheiden die Bezirksgerichte und Landesgerichte auch in Handelssachen, die Landesgerichte zudem in Arbeits- und Sozialrechtsstreitigkeiten. 

Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte richtet sich grundsätzlich nach der Höhe des Streitwertes, die örtliche Zuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten (siehe §§ 49 f., 65 ff. Jurisdiktionsnorm).

Streitiges Verfahren

Das angerufene Gericht prüft von Amts wegen, ob seine örtliche und sachliche Zuständigkeit gegeben ist, der urkundliche Nachweis der Gerichtsstandvereinbarung ist deshalb mit der Klage zu verbinden. Für das Verfahren gilt weiter der Grundsatz der Öffentlichkeit und der Mündlichkeit, Schriftsätze müssen bestimmten Formerfordernissen genügen. Die Beweisaufnahme wird durch Beschluss angeordnet. Beweismittel sind Zeugen, Sachverständige, Urkunden, Augenschein und Parteivernehmung.

Anwaltspflicht

Vor den Bezirksgerichten in Sachen, deren Streitwert an Geld oder Geldwert 5.000 Euro übersteigt, und vor allen höheren Gerichten müssen sich die Parteien durch Rechtsanwälte vertreten lassen (§ 27 Zivilprozessordnung – ZPO, absolute Anwaltspflicht).

Kosten

Die Grundsätze der Prozesskostenverteilung finden sich in §§ 40 f. ZPO. Die vollständig unterliegende Partei hat ihrem Gegner sowie dem diesem beigetretenen Nebenintervenienten alle durch die Prozessführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu ersetzen. Welche Kosten als notwendig anzusehen sind, bestimmt das Gericht nach Ermessen. Wenn dagegen jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen.

Das Honorar eines Rechtsanwaltes kann grundsätzlich frei vereinbart werden. Gängig sind Stundensätze, ein Pauschalhonorar oder die Abrechnung nach Tarif. Die Rechtsanwaltsgebühren lassen sich dem Bundesgesetz über den Rechtsanwaltstarif, der Verordnung über den Normalkostentarif sowie den Allgemeinen Honorar-Kriterien entnehmen.

Die Gerichtsgebühren richten sich nach dem Bundesgesetz über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichtsgebührengesetz). Weiterhin zu beachten ist das Bundesgesetz über die Gebühren der Zeugen und Zeuginnen, Sachverständigen, Dolmetscher und Dolmetscherinnen, Geschworenen, Schöffen und Schöffinnen (Gebührenanspruchsgesetz).

Rechtsmittel

Im allgemeinen Zivilverfahren kann gegen Urteile erster Instanz mit dem Rechtsmittel der Berufung angegangen werden, Urteile zweiter Instanz können mit dem Rechtsmittel der Revision bekämpft werden.

Mahnverfahren

Das österreichische Zivilprozessrecht kennt neben dem ordentlichen Gerichtsverfahren noch das Mahnverfahren (§§ 244 bis 258; 448 ZPO). Es ist für Geldforderungen in Höhe von bis zu 75.000 Euro vorgesehen und wird vor den Bezirksgerichten beziehungsweise den Landesgerichten (auch: Gerichtshöfe erster Instanz) durchgeführt. Durch die Möglichkeit, dieses Verfahren elektronisch durchzuführen, wurde das Mahnverfahren wesentlich beschleunigt und vereinfacht.

Hat der Beklagte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt beziehungsweise Sitz im Ausland, so findet das nationale Mahnverfahren keine Anwendung und es muss ein „ordentliches“ Zivilverfahren durchgeführt werden. Ist der Beklagte allerdings in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnhaft beziehungsweise hat dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz, so kann das europäische Mahnverfahren in Anspruch genommen werden. Für dessen Durchführung ist das Bezirksgericht für Handelssachen Wien ausschließlich zuständig (§ 252 Abs. 2 ZPO).

Schiedsgerichtsbarkeit

Die Anerkennung und Vollstreckung von im jeweils anderen Land erlassenen Schiedssprüchen erfolgt nach dem UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, das für Österreich am 31.7.1961 und für Deutschland am 28.9.1961 in Kraft getreten ist.

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