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Oman setzt auf erneuerbare Energien
Das Sultanat will möglichst auf neue konventionelle Kraftwerke verzichten. Die Stromkapazitäten sollen vor allem durch den Bau von Solar- und Windkraftanlagen erweitert werden.
23.06.2022
Von Robert Espey | Dubai
Die für die Sicherung der Stromversorgung zuständige Oman Power and Water Procurement Company (OPWP) hat in ihrer jüngsten Prognose die erwarteten Verbrauchszuwächse deutlich nach unten korrigiert. Die OPWP legt jährlich eine revidierte Planung vor (7-Year Statement). Die aktuelle Vorhersage bezieht sich auf den Zeitraum 2021 bis 2027.
Stromverbrauch steigt auch zukünftig kräftig an
Die in den heißen Sommermonaten erreichte Spitzenlast soll zwischen 2020 und 2027 um 36 Prozent auf 9,4 Gigawatt (Expected Case Demand) steigen. In der vorherigen Prognose (2020 bis 2026) wurde für 2026 eine Spitzenlast von 9,6 Gigawatt angenommen, jetzt wird nur noch mit 9,2 Gigawatt kalkuliert. Seit langem sind die OPWP-Prognosen von einer Überschätzung des zukünftigen Strombedarfs gekennzeichnet.
Regionen | 2016 | 2019 | 2021 1) | 2027 2) |
---|---|---|---|---|
Alle Regionen | 6.517 | 7.025 | 7.262 | 9.402 |
Main Interconnected System (MIS) | 5.920 | 6.353 | 6.568 | 8.370 |
Dhofar Power System (DPS) | 497 | 549 | 542 | 707 |
Duqm Power System (RAEC) 3) 4) | 26 | 45 | 70 | 212 |
Musandam Power System (RAEC) 3) | 74 | 78 | 82 | 113 |
In den letzten zehn Jahren ist die Spitzenlast um durchschnittlich 5 Prozent gestiegen. Nach OPWP-Angaben hat sich der Spitzenwert in der integrierten Hauptverbrauchsregion (Main Interconnected System/MIS) zwischen 2011 und 2021 von 4 auf 6,6 Gigawatt erhöht. Auf die MIS-Region entfiel 2021 etwa 90 Prozent des landesweiten Strombedarfs.
Neben der vernetzten MIS-Region, die die nördliche Hälfte des Landes umfasst, gibt es das isolierte südliche "Dhofar Power System" (DPS) sowie zwei Gebiete, die von der Rural Areas Electricity Company (RAEC) versorgt werden (Duqm und Musandam). Ein Anschluss des Duqm-Netzes an die MIS-Region ist für Mitte 2023 geplant.
Die meisten Kraftwerke sind als unabhängige Betreibergesellschaften organisiert (Inpedendent Power Plant/IPP), an denen private Investoren beteiligt sind. Die IPP schließen mit der OPWP langfristige Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreement/PPA; Laufzeit: 15 bis 20 Jahre). Das erste IPP-Projekt, das 264 Megawatt umfassende Manah-Kraftwerk in der Provinz Ad Dakhiliyah, ging 1996 ans Netz und wurde auf BOOT-Basis (Build, Own, Operate, Transfer) vergeben. Das Kraftwerk ist im Mai 2020 vertragsgemäß in Staatsbesitz überführt worden. Derzeit wird in Manah nicht mehr produziert.
Kraftwerk | Betreiber | Kapazität (in Megawatt) | Technologie 2) |
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Independent Power Plant (IPP) Al Kamil | 291 | OCGT | |
Independent Water and Power Plant (IWPP) Barka I | 397 | CCGT | |
IWPP Barka II | 688 | CCGT | |
IPP Barka III | 766 | CCGT | |
IPP Manah | 264 | OCGT | |
IPP Rusail | 694 | OCGT | |
IWPP Sohar I | 597 | CCGT | |
IPP Sohar II | 766 | CCGT | |
IPP Sohar III | 1.741 | CCGT | |
IPP Sur | 2.018 | CCGT | |
IPP Ibri | 1.537 | CCGT | |
Duqm | 67 | Diesel Generator | |
IWPP Salalah I | 445 | CCGT | |
IPP Salalah II | 717 | CCGT/OCGT | |
Musandam Diesel Generators | 83 | Diesel Generators | |
IPP Musandam | 123 | CCGT |
Überkapazitäten durch Stilllegungen beseitigt
Durch die Außerbetriebnahme von fünf alten Kraftwerken hat sich die in der MIS-Region genutzte Kraftwerkskapazität um 2,2 Gigawatt vermindert. Neben dem genannten Manah-Kraftwerk wurden 2022 Al Kamil (291 Megawatt), Barka I (397 Megawatt), Rusail (694 Megawatt) und Sohar I (597 Megawatt) stillgelegt. Diese Kraftwerke werden aber teilweise als Stand-by-Kapazitäten vorgehalten. Bei Bedarf würden einige der Kapazitäten reaktiviert.
Die Kraftwerksstilllegungen haben Überkapazitäten beseitigt. In der MIS-Region wird 2022 eine Spitzenlast von 7,2 Gigawatt erwartet. Aktuell arbeiten in der MIS-Region konventionelle, zumeist gasbefeuerte Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 7,5 Gigawatt. Zusätzlich sind in Spitzenzeiten bis zu 0,2 Gigawatt des Kraftwerks der Sohar Aluminium Company (SAC) nutzbar. Weitere 0,2 Gigawatt stehen über eine Anbindung an das GCC-Stromnetz (Gulf Cooperation Council; 200 Kilovolt-Leitung nach Abu Dhabi) zur Verfügung. Ferner produziert seit Anfang 2022 das erste ans Netz gegangene Solarkraftwerk (Ibri Solar; Kapazität: 0,5 Gigawatt).
Erneuerbare Energien haben jetzt Priorität
Der wachsende Stromverbrauch in der MIS-Region und der zusätzliche Bedarf ab 2023 für Stromlieferungen ins Duqm-System sollen vor allem durch den Ausbau erneuerbarer Energien und gegebenenfalls auch durch Wiederinbetriebnahme stillgelegter konventioneller Kapazitäten gedeckt werden. Zudem sind höhere Stromimporte aus dem GCC-Netz (Bau einer 400 Kilovolt-Leitung nach Saudi-Arabien) im Gespräch.
Die OPWP-Planung sieht für 2027 in der MIS-Region Solar- und Windkraftkapazitäten von insgesamt 2,7 Gigawatt vor. Nach Ibri Solar sollen 2024/2025 Manah Solar I und II (Fotovoltaik; jeweils 500 Megawatt) fertiggestellt sein. Die Vergabe scheint sich aber weiter zu verzögern. Bereits Ende 2019 wurde ein Präqualifizierungsverfahren abgeschlossen. Für die beiden Ausschreibungen sind Betreiber/Investoren aus Saudi-Arabien, Frankreich, Italien, China, Japan, Südkorea und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zugelassen. Ein erstes Ausschreibungsverfahren wurde aber im April 2022 abgebrochen. Derzeit läuft eine modifizierte Ausschreibung.
Projekte (Jahr der Inbetriebnahme) | Betreiber | Kapazität (in Megawatt) |
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Harweel Wind Farm (2019) | 50 | |
Amin Solar PV (2020) | 105 | |
Qabas Solar PV (2021) | 25 | |
Ibri Solar (2022) | Acwa Power/Gulf Investment Corp./Alternative Energy Projects Company | 500 |
In der MIS-Region sollen bis 2027 zwei weitere Fotovoltaik-Anlagen mit 500 und 600 Megawatt in Betrieb gehen. Zudem ist ein 100 Megawatt Windkraftprojekt (Jalan Bani Bu Ali) vorgesehen. Bei den Solarprojekten ist aber gegenwärtig keine Bewegung zu verzeichnen. Für das Jalan Bani bu Ali Windkraftprojekt wird noch 2022 mit einem Präqualifizierungsverfahren gerechnet. Die zeitweilig gestoppten Planungen für ein 150 Megawatt WTE-Projekt (Waste to Energy) in Barka (Provinz Batinah South) sind wieder aufgenommen worden.
Von 2021 weniger als 1 Prozent soll der Anteil der Solar- und Windenergie an der Stromerzeugung bis 2027 auf 20 Prozent steigen, so die aktuelle OPWP-Prognose. |
Windprojekte in Dhofar und Duqm
Im Stromnetz der südlichen Provinz Dhofar (Hauptstadt Salalah) stieg 2021 die Spitzenlast auf 542 Megawatt. Die OPWP-Prognose geht für 2027 von 707 Megawatt aus. Zwei konventionelle Kraftwerke (Salalah 1 und 2) verfügen über eine Kapazität von 1,2 Gigawatt. Ferner ist in Dhofar 2019 Omans erstes großes Windkraftwerk (49 Megawatt) ans Netz gegangen. Ein zweites Windkraftwerk (Dhofar II; 100 Megawatt) steckt seit Jahren in der Planungsphase fest.
Die Spitzenlast in der aufstrebenden Industrie- und Hafenzone Duqm (Provinz Al Wusta) erhöhte sich 2021 auf geschätzte 70 Megawatt und soll bis 2027 auf 212 Megawatt steigen. Duqm wurde bis 2020 nur durch ein altes 67 Megawatt Dieselkraftwerk versorgt. Seit 2021 kommen (befristet bis 2023) Einspeisungen aus einem kürzlich fertiggestellten 326 Megawatt Kraftwerk, das ab 2023 die neue Raffinerie in Duqm versorgen wird, hinzu. Duqm soll dann Strom aus der MIS-Region über die noch im Bau befindliche Nord-Süd-Trasse beziehen. Für ein 200 Megawatt Windkraftprojekt (Duqm 1) läuft gegenwärtig ein Präqualifizierungsverfahren (geplante Fertigstellung: 2025). Ein weiteres Windkraftprojekt ist geplant.
In der dünn besiedelten nördlichen Enklave Musandam sind die Kraftwerkskapazitäten ausreichend. Das dort seit 2017 arbeitende Kraftwerk liefert 123 Megawatt. Ferner stehen Dieselgeneratoren mit einer Gesamtleistung von 83 Megawatt zur Verfügung. Für 2027 wird eine Spitzenlast von 113 Megawatt erwartet (2020: 78 Megawatt). |