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Special | Pakistan | Seidenstraße

China-Pakistan-Korridor bleibt von Unsicherheiten geplagt

Schulden und Terroranschläge behindern den Ausbau des China-Pakistan Economic Corridors (CPEC). Doch ohne das Großprojekt wird Pakistan seine Entwicklungsziele kaum erreichen.

Von Marcus Hernig | Bonn

Der China-Pakistan Economic Corridor (CPEC), eines der wichtigsten Entwicklungsprogramme von Chinas neuer Seidenstraße, befindet sich in einer tiefen Krise: So starben am 6. Oktober 2024 zwei chinesische Ingenieure durch einen Terroranschlag am Jinnah International Airport von Karachi. Im Jahr 2024 ereigneten sich weitere Angriffe auf Menschen und Projekte des CPEC, darunter allein fünf im "Terrormonat" März, wie der arabische Nachrichtensender Al Jazeera berichtete. 

Der Korridor enthält zahlreiche Infrastrukturprojekte

Über 60 Milliarden US-Dollar (US$) sollen bis 2030 in Projekte aus acht verschiedenen Kategorien des Infrastrukturbaus investiert werden: Energie, Transport, der Hafenkomplex Gwadar, Sonderwirtschaftszonen, Projekte für soziale und wirtschaftliche Entwicklung, Landwirtschaft, Wissenschaft und Technologie sowie Informationstechnologie gehören dazu. 

Insgesamt zählen weit über 100 verschiedene Infrastrukturprojekte zum CPEC. Laut Darstellung der pakistanischen Regierung konnten bis zum Herbst 2024 mindestens 41 Projekte abgeschlossen werden, 15 sind noch im Bau und weitere 34 befinden sich in verschiedenen Planungsstadien. Zahlreiche Projekte des CPEC sind jedoch nicht einzeln gelistet.

Der Schwerpunkt in der 1. Entwicklungsphase des CPEC lag auf dem Ausbau des Energiesektors: Bis 2024 konnten 15 Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 6 Gigawatt fertiggestellt werden. Zusätzlich wurde das Stromnetz um 1.000 Kilometer erweitert und das Fernstraßen- und Autobahnnetz ausgebaut. Die Nord-Süd-Autobahn M1 von Peshawar im Nordwesten nach Karachi im Süden des Landes ist bis auf ein Teilstück fertiggestellt. Damit wäre die erste Phase des CPEC abgeschlossen.

Internationale Transportprojekte kommen nicht voran

Die rund 1.700 Kilometer lange Eisenbahnverbindung von Peschawar nach Karachi, die sogenannte Main Line 1 (ML1) ist bisher noch nicht modernisiert wie seit 2016 geplant. Damit stagniert der Weiterbau der China-Pakistan-Eisenbahn. Die Bahnverbindung von Kaschgar in der ostchinesischen Provinz Xinjiang über das Pamirgebirge an den Indischen Ozean ist das teuerste Infrastrukturprojekt der gesamten Belt and Road Initiative (BRI): Allein dafür sind bis zu 58 Milliarden US-Dollar an Investitionen geplant. 

Nach offiziellen Plänen Chinas soll die China-Pakistan-Eisenbahn über den Hafen Gwadar internationale Verbindungen bis zur arabischen Halbinsel und nach Nordafrika ermöglichen. Gwadar soll als Drehkreuz für die Lieferung von Rohstoffen nach und von Fertigprodukten aus China über die chinesische Provinz Xinjiang dienen. Ein Anschluss des Hafens an ein modernes Schienen- und Straßennetz fehlt bisher. Immerhin wurden sieben Projekte des Gwadar-Komplexes bereits fertiggestellt: Das jüngste, der neue Flughafen, konnte im Oktober 2024 eingeweiht werden. 

Ende 2023 ist Afghanistan dem CPEC-Programm beigetreten. Von Zentralasien aus sollen via Afghanistan und Pakistan neue internationale Transportverbindungen geschaffen werden. Mit Zentralasien erfährt der Korridor eine geografische Erweiterung jenseits seiner beiden Kernregionen Xinjiang in China und Pakistan.

Kraftwerke arbeiten am Bedarf vorbei

Die fertiggestellten Wasser- und Kohlekraftwerke des CPEC produzieren weit mehr Strom als benötigt. Solarparks wie Quaid-e-Azam generieren wenigen und teuren Ökostrom. Privathaushalte in abgelegenen Landesteilen konnten bisher nicht an die neuen Stromressourcen angeschlossen werden. 

Um diese Situation zu verbessern, will die EU mit ihrer Global-Gateway-Initiative im Rahmen eines Leuchtturmprojekts dezentrale Wasserkraftwerke in den Provinzen Gilgit Baltistan and Chitral finanzieren. Gegenwärtig müssen private Haushalte die hohen Strompreise mittragen, die chinesischen und pakistanischen Kraftwerksbetreibern von der Regierung garantiert wurden.

Sonderwirtschaftszonen sollen internationale Investoren anziehen

In der zweiten Entwicklungsphase entstehen Sonderwirtschaftszonen, die sich anfangs auf die Textil- und die Nahrungsmittelindustrie konzentrieren. Geplant ist dann der Ausbau der Automobil-, der Pharma- und der Chemieindustrie.

Bisher sind vier Sonderwirtschaftszonen im Bau: Rashakai zwischen Peschawar und der Hauptstadt Islamabad; die Allama Iqbal Industrial City bei Faisalabad, dem Textilzentrum des Landes; Dhabeji, direkt bei Port Qasim, dem zweiten Hafen Karachis gelegen; und schließlich Bostan bei Quetta in Belutschistan. Hinzu kommt die Sonderwirtschaftszone Gwadar, deren erste Bauphase bis 2025 fertig werden soll. Weitere fünf Zonen befinden sich noch im Planungsstadium. 

Nachdem Peugeot bereits 2022 als erster europäischer Hersteller elektrische Fahrzeuge in Pakistan produziert, könnten die neuen Sonderwirtschaftszonen deutschen Automobilherstellern Chancen bieten, in den Markt einzusteigen.

Hohe Verschuldung paart sich mit großer Unsicherheit

Die Größe des Gesamtprojekts CPEC trägt wesentlich zur hohen Verschuldung Pakistans bei. Diese belief sich im 1. Quartal 2024 laut der Datenbank China Economic Information Center (CEIC Data) auf rund 130 Milliarden US$. Das Land weist Stand 2024 nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 27 und 33 Milliarden US$ Schulden gegenüber chinesischen Gläubigern aus. Doch sind mindestens drei Viertel aller Auslandsschulden Pakistans nicht chinesischen Ursprungs. Im Jahr 2024 betrugen Pakistans Verpflichtungen allein gegenüber der Weltbank rund 13 Milliarden US$.

Zu den hohen Auslandsschulden gesellt sich die Unsicherheit des Landes: Mehr als 60 Arbeiter und Ingenieure aus China fielen bisher antichinesischen Terrorangriffen zum Opfer. Laut Informationen des Middle East Institutes (MEI) mussten dafür mittlerweile Kompensationszahlungen von über 14 Millionen US$ an China gezahlt werden.

Ob internationale Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds (IMF) oder auch China weitere Finanzmittel gewähren, ist auf das Engste mit der Fähigkeit der pakistanischen Regierung verknüpft, Stabilität und Sicherheit im Land herzustellen.

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