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Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis
Lokale Großkonzerne dominieren den philippinischen Bausektor. Er ist geprägt von dichten Netzwerken. Der Mangel an Fachkräften dürfte sich künftig verstärken.
27.05.2023
Von Alexander Hirschle | Taipei
In den Philippinen gibt es mehrere große lokale Entwicklungsgesellschaften, die seit Jahren den Markt dominieren. Darüber hinaus sind auch internationale Gesellschaften vor Ort aktiv, meist über Joint Ventures im Verbund mit lokalen Firmen. Insbesondere südkoreanische und japanische Unternehmen verfügen Branchenkennern zufolge über eine starke Präsenz.
Philippinische Unternehmen gut aufgestellt
Offiziellen Angaben zufolge sind philippinische Firmen im Bausektor wettbewerbsfähig und international gut aufgestellt. Sie verfügen zum Teil über jahrzehntelange Projekterfahrung. Die Arbeitskräfte gelten als flexibel und sprechen fließend Englisch. Ingenieure und Architekten genießen im Ausland einen guten Ruf. Auch im Bereich Business Process Management (BPM) bieten zunehmend lokale Firmen Design-, Architektur- oder Ingenieurdienstleistungen für internationale Auftraggeber an.
Immer mehr lokale Firmen sind im Ausland aktiv, vor allem in Asien sowie im Nahen und Mittleren Osten. Sie sind teilweise im Philippine Overseas Construction Board organisiert, das derzeit 37 Unternehmen umfasst. Die Vereinigung ist unter der staatlichen Construction Industry Authority of the Philippines angesiedelt und soll die Interessen lokaler Firmen im Ausland vertreten. Darüber hinaus unterstüzt sie den Export von Baumaterialien, -ausrüstungen und -dienstleistungen.
Konkurrenz für deutsche Produkte aus China steigt
Im Gegensatz zu heute waren in den 90er Jahren nach Aussage von langjährigen Marktkennern noch mehrere deutsche Baukonzerne als Durchführer von Großprojekten in den Philippinen aktiv. Firmen aus Deutschland könnten immer noch von dem guten Ruf deutscher Leistungen profitieren, den diese Gesellschaften im Markt geschaffen hätten.
Als problematisch wird die zunehmende Konkurrenz durch chinesische Erzeugnisse gesehen. Diese seien bis zu 50 Prozent günstiger als deutsche Produkte. Darüber hinaus werden die philippinischen Großkonzerne häufig von chinesischstämmigen Personen geführt. Kommunikation und Beziehungen zwischen potenziellen Auftraggebern und Kunden seien daher im Regelfall leichter.
Als Argumente für deutsche Technologie werden Sicherheits- und Umweltstandards angeführt – obwohl diese in den Philippinen noch ausbaufähig sind. Ein größerer Mehrwert durch niedrigere Betriebskosten sowie ein längerer Lebenszyklus sprechen auch häufig für Produkte made in Germany.
Allerdings können in diesem Zusammenhang Zielkonflikte vorliegen. Die Boni derjenigen, die für die Beschaffung verantwortlich sind, definiert sich im Regelfall über reduzierte Kosten im laufenden Jahr. Einsparungen über einen längeren Zeitraum, die für den Geschäftsführer oder Unternehmenseigner interessant sein können, spielen für die Einkäufer daher teilweise nur eine untergeordnete Rolle.
Beispiele für Produkte und Dienstleistungen mit guten Absatzchancen sind Schalungen, Gipskartonplatten, Maschinen für Straßenbeläge, geotechnische Systeme und Vorspannsysteme, Schrägseile, seismische Dämpfungssysteme, Brückenlager, Dichtwände, Gründungen (Foundation) oder Baugrundverbesserungen (Soil-Mixing).
Fachkräftemangel verschärft sich
Einige Beobachter sehen angesichts der Erholung des Bausektors Engpässe auf dem Arbeitsmarkt voraus. Aufgrund der weltweit entschärften Einreiserestriktionen könnte es künftig wieder viele Philippiner in die Ferne ziehen, um dort einer Beschäftigung nachzugehen. Schätzungen zufolge fehlen derzeit schon 800.000 bis 1 Million Fachkräfte in den Bereichen Bau, Architektur und Ingenieurswesen auf dem Archipel. Fachverbände gehen davon aus, dass sogar 2 Millionen zusätzliche Personen für Bauarbeiten rekrutiert werden müssten, um den geplanten Ausbau der Infrastruktur realisieren zu können.
Auch deutsche Unternehmensvertreter bestätigen, dass es in den Philippinen nur wenige Spezialfachkräfte für die Bedienung hochkomplexer Baumaschinen gibt. Dafür müssen Experten aus Übersee eingeflogen und lokale Kräfte geschult werden. Eine weitere Option ist die Einstellung von heimgekehrten, sogenannten "Overseas Workers". Diese haben zum Teil in Bauprojekten Erfahrung im Umgang mit spezialisierten Baugeräten erwerben können - etwa im Nahen und Mittleren Osten.
Kennziffer | 1. Quartal 2021 | 1. Quartal 2022 | Veränderung 2022 Q1/2021 Q1 *) |
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Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon... | 1.777 | 1.593 | -0,9 |
Hochbau | |||
Wohnbau | 1.019 | 826 | -10,3 |
Modernisierungen/Renovierungen | 70 | 103 | 64 |
Nichtwohnbau | 660 | 650 | 9 |
Tiefbau/Infrastrukturbau | k. A. | k. A. | k. A. |
Geschäftspraxis
Beim Markteintritt ist zu berücksichtigen, dass eine Präsenz vor Ort sehr wichtig ist, um Verbindungen und Netzwerke aufbauen und nachhaltig pflegen zu können. Die philippinische Geschäftskultur ist grundsätzlich auf zwischenmenschlichen Austausch und enge persönliche Kommunikation als Basis für geschäftliche Aktivitäten ausgelegt.
Es bietet sich an, zunächst über einen Agenten zu operieren, bevor ein größeres Investment in Form einer Repräsentanz oder Niederlassung getätigt wird. Die Auswahl eines vertrauenswürdigen Partners ist dabei von großer Bedeutung. Hier kann die deutsch-philippinische Auslandshandelskammer (AHK) mit ihrem breiten Serviceangebot unterstützen.
Joint Ventures beliebt
Grundsätzlich werden Joint Ventures von philippinischer Seite gerne gesehen. Abgesehen von den Großkonglomeraten sind viele lokale Firmen zu klein, um an internationalen Großprojekten teilnehmen zu können. Es ist für ausländische Lieferanten aber nicht notwendig, ein Joint Venture mit einer lokalen Firma einzugehen.
In der Vergangenheit war für Dienstleistungen und als Lieferant für strategisch wichtige Bereiche die Form eines Joint Venture mit einer maximal 40-prozentigen ausländischen Beteiligung verpflichtend, um eine Lizenz des Philippine Contractors Accreditation Board (PCAB) zu erhalten. Der oberste Gerichtshof (Supreme Court) der Philippinen hat jedoch im Jahr 2020 entschieden, dass auch ausländische Firmen die Lizenz erhalten können. In der Praxis ist die neue Regelung noch nicht vollumfänglich angekommen. Branchenvertreter vor Ort rechnen allerdings mit einer baldigen Umsetzung der neuen Vorgaben.
Die Regierung hat in den vergangenen Jahren einen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investoren gelegt. Die umgesetzten Reformen führten unter anderem zu umfassenderen Beteiligungsmöglichkeiten für ausländische Firmen in einigen Sektoren.
Bürokratisches Dickicht als Herausforderung
Als problematisch werden mitunter schwer zu durchdringende Zuständigkeiten im Sektor angeführt, vor allem in Bezug auf Programme und Behörden. Darüber hinaus sorgen in einigen Fällen ungeklärte Wegerechte für mehrmonatige Pausen oder sogar Stillstand von Projekten. Für kleinere Firmen besteht hier die Gefahr, finanziell schnell an ihre Grenzen zu stoßen.
Eine weitere Herausforderung stellen die gestiegenen Preise für Baumaterialien und Rohstoffe dar. Diese stiegen im November und Dezember 2022 um 6,2 beziehungsweise 5,6 Prozent. Der Großhandelspreisindex CMWPI (Construction Materials Wholesale Price Index) lag in den gleichen Monaten über der 10 Prozentmarke. Die Inflation auf dem Archipel erreichte nach Angaben der philippinischen Zentralbank BSP (Bangko Sentral ng Pilipinas) 2022 im Gesamtjahr 5,8 Prozent. Bis Ende des Jahres 2023 soll die Inflation wieder in die Nähe der 3-Prozentschwelle rücken. Allerdings rechnen private Finanzinstitute mit deutlich höheren Werten, zumal die Preissteigerung in den ersten Monaten des Jahres weiter angezogen hat.
Compliance stellt im philippinischen Bausektor nach Aussage von Marktteilnehmenden weiterhin ein Problem dar. Dabei geht es nicht nur um die reine Auftragsvergabe. Zum Beispiel ist auch die Vergabe von Lizenzen beziehungsweise die Geschwindigkeit, in der sie erfolgt, betroffen.
Einfuhrprozedere variieren
Geräte oder Teile in die Philippinen zu bringen ist in der Praxis teilweise relativ problemlos und ohne größere Hürden möglich, wie Importeure von Baumaschinen berichten. Prozesse und Bürokratie seien im Regelfall beherrschbar.
Andere Unternehmensvertreter weisen jedoch darauf hin, dass man sich auf eine durchaus stark ausgeprägte Bürokratie einstellen müsse. Veraltete Prozesse, viele Dokumente und analoge Vorgehensweisen führen demzufolge zu Verzögerungen. Es sei daher wichtig, Geduld mitzubringen und zeitliche Puffer einzubauen.
Ein weiteres Problem stellen fehlende Standards in einigen Bereichen dar. In anderen Fällen herrscht Überregulierung. Im Tiefbau gelten zumeist US-Standards.
Es empfehle sich daher, den Markt vor Eintritt mit all seinen Facetten und Gepflogenheiten sehr genau zu analysieren. Da der philippinische Bausektor aber grundsätzlich ein Wachstumsmarkt sei, würden sich die Mühen lohnen – so die Einschätzung von Experten aus der Praxis.