Wirtschaftsumfeld | Philippinen | Konjunktur
Philippinen verzeichnen stärkstes Wachstum seit 40 Jahren
Auf dem Archipel hat die Konjunktur 2022 wieder deutlich angezogen. Die Dynamik wird 2023 aber nachlassen. Inflation und hohe Zinsen drücken auf die Stimmung.
21.02.2023
Von Alexander Hirschle | Taipei
Anfang 2023 gibt es positive Nachrichten über die zuletzt stark gebeutelte philippinische Wirtschaft zu vermelden: Offiziellen Angaben zufolge legte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2022 um 7,6 Prozent zu. Es war das höchste Wachstum seit vier Dekaden. Gleichzeitig lag das Ergebnis über den Erwartungen der Regierung, die einen Zielkorridor von 6,5 bis 7,5 Prozent ausgegeben hatte.
Der unverhofft starke Anstieg im 4. Quartal 2022 in Höhe von 7,2 Prozent hatte das Jahresergebnis letztlich in neue Höhen gehievt. Verantwortlich für das positive Resultat war in erster Linie eine starke lokale Nachfrage, unter anderem durch Nachholeffekte beim privaten Konsum nach der Aufhebung der Coronarestriktionen und durch den wieder anziehenden Arbeitsmarkt.
Über das gesamte Jahr gesehen war der Dienstleistungssektor der stärkste Wachstumsmotor mit einem Plus von 9,2 Prozent, gefolgt von der verarbeitenden Industrie mit 6,7 Prozent. Land-, Forstwirtschaft und Fischerei legten nur schwach um 0,5 Prozent zu.
Leichte Wachstumsdelle für 2023 erwartet
Die Regierung zeigt sich zuversichtlich in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung des Archipels im laufenden Jahr. Das offizielle Wachstumsziel bewegt sich zwischen 6 und 7 Prozent. Als wichtiger Absatzmarkt soll die Wiederöffnung Chinas nach den Coronarestriktionen der philippinischen Konjunktur zusätzliche Impulse verleihen. Private Finanzinstitute und der Internationale Währungsfonds (IWF) zeigen sich skeptischer und gehen von einem eher schwierigen Jahr mit einem Wachstum von 5 Prozent oder weniger aus.
Die Weltbank prognostiziert für das Jahr 2023 eine BIP-Steigerung von 5,4 Prozent und damit ein leichtes Nachlassen der Dynamik im Vergleich zum Vorjahr. Es wäre nach Vietnam aber immer noch der zweithöchste Wert unter den Volkswirtschaften Südostasiens. Für 2024 sieht der IWF wieder ein Wachstum von 6 Prozent voraus.
Inflation und Zinsen bremsen Konjunktur
Als Hemmschuhe für den Zuwachs der Wirtschaftsleistung werden in erster Linie die gestiegenen Zinsen und die anhaltend hohe Inflation genannt. Diese erreichte 2022 nach Angaben der philippinischen Zentralbank Bangko Sentral ng Pilipinas (BSP) 5,8 Prozent. Im Monat Dezember wurde sogar eine Preissteigerung von 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum registriert. Es war das höchste Niveau seit 2008. Die Inflation trifft vor allem ärmere Bevölkerungsschichten hart, zumal sich rund 40 Prozent des zu Grunde gelegten Warenkorbs aus Nahrungsmitteln und Getränken zusammensetzen.
Die obersten Währungshüter des Landes wollen Presseangaben zufolge die Inflation bis Ende 2023 wieder in die Nähe der 3-Prozentmarke drücken. Allerdings wird dies in hohem Maße von den Geschehnissen in den USA abhängen. Die philippinische Zentralbank orientiert sich stark an der Zinspolitik der US-amerikanischen Federal Reserve (Fed). Nach Einschätzung von Finanzexperten wird das Zinsniveau in den USA Mitte des Jahres seinen Höhepunkt erreichen. Aus diesem Grund besteht Hoffnung, dass die BSP im 2. Halbjahr 2023 konjunkturelle Aspekte wieder stärker bei ihrer Zinspolitik berücksichtigen kann.
Handelsbilanz- und Haushaltsdefizit weiten sich aus
Sorgen bereitet zudem der Importüberschuss. Die philippinischen Einfuhren hatten 2022 mit einem Plus von 17,4 Prozent deutlich stärker angezogen als die Ausfuhren mit nur 5,6 Prozent. Das Minus der Außenhandelsbilanz erreichte somit 58,3 Milliarden US-Dollar (US$) - ein Zuwachs von 38,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Haushaltsdefizit des Landes hat sich innerhalb der vergangenen drei Jahre sogar verdoppelt.
2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 | |
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Exporte | 74,7 | 78,9 | 5,6 |
Importe | 116,9 | 137,2 | 17,4 |
Handelsbilanzsaldo | -42,2 | -58,3 | 38,2 |
Die Staatsverschuldung betrug vor der Pandemie 40 Prozent des BIP. Bis Ende 2022 war sie auf 61 Prozent der Wirtschaftsleistung angestiegen. Allerdings wird dieser Wert von Finanzexperten noch als kontrollierbar eingestuft – sofern das Wirtschaftswachstum auf dem Archipel bald wieder ein kontinuierlich hohes Niveau erreicht. In diesem Fall könnte den Planungen der Regierung zufolge die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP bis 2025 wieder unter 60 Prozent sinken und bis 2028 sogar in die Nähe der 50-Prozent-Schwelle gedrückt werden. Rund ein Drittel der gesamten Verschuldung der Philippinen sind Auslandsverbindlichkeiten.