Interview | Philippinen | Beratende Ingenieure
"Die kleinsten Konsortien in Südostasien haben drei Parteien"
Jürgen Supik vom Ingenieurbüro Dorsch in Südostasien schildert, wie das Unternehmen von Projekten erfährt, welche Rolle Referenzen spielen und wie wichtig Partner sind. (Stand: 20.12.2023)
Von Thomas Hundt | Bangkok
Jürgen Supik ist Chief Executive Officer von DC asia, einem Unternehmen der Dorsch Holding in Bangkok mit Büros in Jakarta und Vietnam. DC asia führt alle Aktivitäten der Dorsch Gruppe in Südostasien aus und bietet Pakete aus ingenieurtechnischen, wirtschaftlichen und umweltrelevanten Komponenten an.
Dies ist ein eingebettetes Bild | © Thomas HundtHerr Supik, welches Projekt in Südostasien ist für DC asia derzeit besonders spannend?
Im Moment erstellen wir eine Machbarkeitsstudie für das erste städtische Seilbahnprojekt in Südostasien. Die Stadt Manila möchte die geplante Hochbahnlinie MRT 4 (Metro Rail Transit Line 4) über eine Seilbahn mit dem Antipolo Hill Plateau verbinden. In dem Vorort von Manila leben rund eine Million Menschen, die einen Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr benötigen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir das Projekt vorbereiten dürfen.
Wer finanziert dieses Projekt?
Die Machbarkeitsstudie finanziert die Asiatische Entwicklungsbank ADB. Der Vorort soll umweltfreundlich angebunden werden und es galt, eine effiziente Lösung zu finden. Und in diesem Fall ist ein sogenannter Aerial Ropeway Transit die einzige vernünftige Lösung. Das wird dann das erste urbane Seilbahnprojekt in Südostasien werden.
Und wie haben Sie davon erfahren?
Wir haben über das Consultant Management System, eine spezielle Webseite der ADB, von der Ausschreibung für dieses Projekt erfahren. Wir wussten natürlich schon vorher, dass das Projekt kommen würde. Wir arbeiten eng mit potenziellen Kunden zusammen, machen regelmäßig Besuche, erhalten Informationen. Dann sind wir vorbereitet, wenn die Ausschreibung kommt.
Das scheint ein aufwendiger Auftrag zu sein. Wie viele Mitarbeiter hat DC asia?
Wir haben einen Stamm von 35 Mitarbeitenden in unseren Büros in Südostasien. Wenn Großprojekte kommen, dann kann sich die Mitarbeiterzahl schon mal verdoppeln.
Wie wichtig sind für Dorsch die Geschäfte in Südostasien?
Die Auftragsvolumen von DC asia sind vom Umfang nicht so groß wie zum Beispiel im Mittleren Osten. Dort sind die Projekte größer und es müssen mehr ausländische Fachkräfte eingesetzt werden. Hier in Südostasien arbeiten unsere lokalen Fachkräfte viele Gewerke ab, daher sind wir günstiger. Dennoch implementieren wir hier hochkomplexe Vorhaben.
In welchen Branchen sind Sie tätig?
Unser Spezialwissen ist in allen Bereichen gefragt. Wir sind im Energiesektor tätig, aber auch im Hochbau. Und jetzt machen wir urbane Transportlösungen der dritten Dimension, ein ganz neues Feld. Und auf diese Flexibilität sind wir stolz.
Welche Faktoren tragen sonst zum Erfolg bei?
Mann muss die Leute lange kennen. Wenn man den Kunden zum ersten Mal sieht, bekommt man keinen Auftrag. Sie wollen, dass wir vor Ort sind.
Welche Rolle spielen Referenzen?
Die Anforderungen werden höher. Es zählen mittlerweile nur noch Projektreferenzen der letzten zehn Jahre. Das ist problematisch, da man dauernd neue Projekte akquirieren muss. Bewerben sich mehrere Einheiten zusammen, müssen alle Konsortialpartner eingebunden werden und ihre Referenzen vorlegen. Die Referenzen müssen für den geforderten Fachbereich vorliegen und auch aus der Region sein. Da gibt es nur ganz wenige Firmen, die so umfangreiche Referenzen alleine abdecken können. Und das sind meistens die großen angelsächsischen Consultants.
Haben kleine, spezialisierte Unternehmen überhaupt Chancen?
Immer weniger. Wer sich auf einen Fachbereich spezialisiert, kann sich auf entsprechende Projekte verschiedener Auftraggeber bewerben. Aber wer nur eine Projektkategorie im Transportbereich abdeckt, kann hier auf Dauer nicht überleben, da Infrastrukturprojekte zyklisch ausgeschrieben werden.
Gibt es Vorteile, die deutsche Consultants haben?
Ja, im nachhaltigen Bereich sind wir sehr gut. Aber in Asien zählt Nachhaltigkeit nicht so sehr wie in Europa. Doch es gibt zwei Ausnahmen: Denn bei den großen, internationalen Geberbanken muss man Anforderungen der Nachhaltigkeit zu 100 Prozent erfüllen. Und auch die Vorgaben für Qualität und Nachhaltigkeit von großen internationalen Unternehmen, die hier in Südostasien investieren und bauen, sind genauso wie in Europa. Deren Anforderungen können lokale Ingenieurbüros nicht erfüllen, da haben deutsche Unternehmen beste Chancen.
Bewerben Sie sich alleine auf Vorhaben oder mit Partnern?
Hier in Südostasien gibt es praktisch keine Projekte, die nur von einer Partei abgearbeitet werden. Die kleinsten Konsortien, die ich kenne, haben drei Parteien. Meistens sind wir gleichberechtigte Joint-Venture-Mitglieder und dann haften alle hundertprozentig für das gesamte Joint Venture mit. Ganz selten sind wir lediglich als Subkontraktor tätig, nur wenn unser Anteil sehr klein ist.
Bieten die großen Infrastrukturprojekte, die China in Südostasien durchführt, Chancen?
Ja, wir arbeiten mit chinesischen Bauunternehmen. Sie wollen hier in den Markt, haben aber Probleme bei der Kommunikation mit lokalen Partnern. Sogar innerhalb der chinesischen Konsortien benötigen die Parteien Unterstützung. Und wir geben technischen Support. Chinesische Firmen haben sehr viele Ingenieure, die schnell Zeichnungen produzieren, aber die Qualität stimmt oft nicht. Also kein schlechter Match, wenn wir bei der Technik und Kommunikation unterstützen. Aber auch für uns ist die Kommunikation mit chinesischen Unternehmen eine Herausforderung.
Schauen Sie vorab, ob ein Auftraggeber womöglich nicht zahlen kann?
Wir bewerben uns nur auf Projekte, bei denen ein gesichertes Budget vorhanden ist. Wir prüfen zuerst die Finanzierungs- und die Auszahlungsmodalitäten und wir erstellen nur ein Angebot, wenn alles stimmig ist. Es gibt zu viele Projekte, die nur Hirngespinste sind!