Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Polen | Schiffsverkehr

Seehäfen befinden sich auf Expansionskurs

Polens Ostseehäfen rechnen mit anhaltenden Zuwächsen beim Güterumschlag und bauen Kapazitäten aus. Die Projekte betreffen Brennstoffe, Offshore-Windparks, Container und Schüttgut.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Auch infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben sich die Verladeaktivitäten und Lieferketten im internationalen Handel verändert. Die Auswirkungen spüren Polens Häfen, allen voran der größte, Port Gdańsk (Danzig). Sie ersetzen teilweise ukrainische Schwarzmeerhäfen und verladen mehr Güter aus anderen Regionen wie Erdöl aus Saudi-Arabien oder Norwegen.

Polens Hafenbetreiber erweitern deshalb die Kapazitäten für verschiedene Güterarten. Das bietet deutschen Unternehmen Zulieferchancen, etwa bei Logistikausrüstungen und technischer Ausstattung von Terminals für Flüssigerdgas (LNG) und Installationshäfen für Offshore-Windkraft sowie Ingenieurleistungen. Entsprechende Ausschreibungen veröffentlichen die Hafenverwaltungen.

Kontaktadressen der polnischen Seehäfen für Investoren und Informationen zu Ausschreibungen:

So ist etwa die Deutsche Bahn mit ihrer Gesellschaft DB Port Szczecin im Hafen Stettin vertreten und erwarb kürzlich für rund 9,2 Millionen Euro eine Containerkrananlage. Das deutsche Ingenieurbüro Scherzer ist in Danzig am Bau eines Hafenterminals zum Umschlag von Brennstoffen beteiligt, das in der Danziger Erdölraffinerie entsteht. In Świnoujście (Swinemünde) wird Polens erstes Installationsterminal für Offshore-Windanlagen gebaut. Hauptauftragnehmer bei den hydrotechnischen Anlagen ist der österreichische Baukonzern PORR, bei dem deutsche Firmen Unteraufträge erhalten können.

LNG-Terminals entstehen

Auch beim Bau des dritten LNG-Terminals im Hafen Świnoujście kooperiert PORR mit der deutschen Ingenieurfirma TGE Gas Engineering und dem deutschen Anlagenlieferanten Selas-Linde. Das Terminal mit einer Jahreskapazität von 3,3 Milliarden Kubikmetern soll zusammen mit Anlegestellen für LNG-Tanker im 2. Quartal 2024 übergeben werden. Zwei kleinere Terminals mit je 2,5 Milliarden Kubikmetern sind bereits in Betrieb.

Der Hafen Gdańsk will ein schwimmendes LNG-Terminal anschaffen. Dieses Tanklagerschiff (FSRU) zur Anlandung, Lagerung und Regasifizierung von LNG soll Anfang 2028 mit einer Jahreskapazität von 6,1 Milliarden Kubikmetern in Betrieb gehen. Die gesamte Kapazität Polens zur Anlandung von LNG wird dann rund 14,4 Milliarden Kubikmeter betragen. Erwogen wird der Bau eines zweiten schwimmenden LNG-Terminals in Gdańsk mit 4,5 Milliarden Kubikmetern. Überschüssiges Erdgas will Polen exportieren.

Installationshäfen bedienen Offshore-Windparks

Polens Energiestrategie setzt auf dem Weg zur Klimaneutralität neben den Brückentechnologien Erdgas und -öl  auch auf Offshore-Windparks. Die dafür nötigen Anlagen sollen künftig von Installationshäfen aus in die Ostsee befördert werden.

Im Hafen Świnoujście wurde bereits im Oktober 2023 mit dem Bau einer Installationsbasis zum Umladen, Lagern und Montieren von Teilen der Türme, Fundamenten und Turbinen begonnen. Das Areal soll Anfang 2025 fertig gestellt werden und auch Offshore-Projekte in Deutschland, Schweden und Dänemark bedienen. Die Bauarbeiten an Land übernimmt der polnische Baukonzern Budimex für über 27,1 Millionen Euro im Auftrag von Orlen Neptun. Ein weiterer Installationshafen ist in Gdańsk geplant.

Um die Offshore-Windparks zu warten, sind fünf Servicehäfen vorgesehen: Zwei in Łeba, zwei in Ustka (Stolpmünde) und einer von Ocean Winds auf dem Gelände der Firma Szkuner in Władysławowo. Der Bau des ersten Servicehafens in Ustka soll 2024 starten und 2026 vollendet sein. Er wird die künftige Offshore-Windfarm PGE Baltica bedienen.

Kapazitäten für Container steigen

Polens Seehäfen erweitern auch ihre Kapazitäten für den Containerumschlag. Die Hafenverwaltung von Szczecin-Świnoujście erhielt 2023 eine Umweltgenehmigung und somit grünes Licht zum Bau eines Tiefwasser-Containerterminals für über 2,3 Milliarden Euro. Ab Anfang 2028 soll dieses 2 Millionen Standardcontainer jährlich verladen. Den Bau übernimmt ein Konsortium aus Deme Concession (Belgien) und Qterminals (Katar).

In Gdynia (Gdingen) entsteht ein Außenhafen mit Containerterminal für zunächst 2,5 Millionen Standardcontainer jährlich. Die ersten Frachter sollen das Terminal Anfang 2029 anlaufen. Das dritte Containerterminal des Baltic Hub in Gdańsk mit einer Jahreskapazität von 1,7 Millionen Standardcontainer nimmt frühestens im 2. Halbjahr 2024 den Betrieb auf.

Ostseehäfen schaffen neue Agrarterminals

In Gdańsk soll ein neues Agrarterminal jährlich mindestens 2 Millionen Tonnen Agrargüter - auch aus der Ukraine - verladen, darunter ein Viertel Getreide. Die Hafenverwaltung schrieb dafür im Januar 2024 die Verpachtung eines 240.000 Quadratmeter großen Geländes im Nordhafen erneut aus. Angebote können bis 22. Mai 2024 abgegeben werden. Die Firma Speed eröffnete im Danziger Hafen bereits Ende 2023 ein Getreidelager mit 4.000 Quadratmetern Fläche, wodurch jährlich 1 Million Tonnen Getreide zusätzlich verladen werden können.

In Świnoujście vereinbarte Ende 2023 das Unternehmen OT Port Świnoujście als Teil der Gruppe OT Logistics mit der Firma Pol Invest Projects den Ausbau des dortigen Agroterminals auf eine Jahreskapazität von 2 Millionen Tonnen für 9,2 Millionen Euro. Beschafft werden sollen Ausrüstungen zum Beladen von Schiffen.

In Gdynia will ein Konsortium aus Viterra und Copenhagen Merchants Group ein Getreideterminal 30 Jahre lang pachten, über drei Jahre 45,9 Millionen bis 57,4 Millionen Euro investieren, um schließlich bis zu 4 Millionen Tonnen Getreide verladen zu können. Über die Pläne soll 2024 die Wettbewerbsbehörde UOKiK entscheiden.

Danziger Hafen expandiert

Der mit Abstand größte polnische Seehafen in Gdańsk festigt seine Position. Er konnte dank bereits zuvor getätigter Investitionen 2023 seinen Güterumschlag um vorläufig fast 13 Millionen Tonnen auf eine Rekordmenge von etwa 81 Millionen Tonnen steigern (2022: 68,2 Millionen Tonnen). In Gdynia schätzt man das Plus für das Jahr 2023 auf 5 Prozent, knapp 30 Millionen Tonnen Fracht wurden umgeschlagen (2022: 28,2 Millionen Tonnen). Szczecin-Świnoujście meldet mit voraussichtlich 36 Millionen Tonnen auf Grund der eingebrochenen Verladung von Steinkohle und Erzen ein leichtes Minus (2022: 36,8 Millionen Tonnen).

Güterumschlag in polnischen Seehäfen nach Produktgruppen (in 1.000 Tonnen, Veränderung in Prozent) *

 

  2022

2023

Veränderung 2023/2022

Massengüter, trocken

41.694

41.945

0,6

   davon: Kohle, Koks

22.444

19.901

-11,3

Massengüter, flüssig

38.825

53.092

36,7

   davon: Erdöl und Erdölprodukte

32.033

45.715

42,7

Container

22.756

26.729

17,5

Ro-ro-Cargo (roll on, roll off)

9.717

8.731

-10,1

Sonstige kleinere Ladungen

5.981

5.325

-11,0

Insgesamt

118.972

135.822

14,2

* Ungenauigkeiten durch Rundung, ohne Schiffe mit einer Bruttoraumzahl (Gross Tonnage) von unter 100.Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2024

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.