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Anerkennung/Vollstreckung

Germany Trade & Invest (Stand: 24.8.2017)

Wer als deutscher Dienstleistungsempfänger in Deutschland oder in Polen einen Prozess (zum Beispiel auf Schadensersatz nach einem Gewährleistungsfall) gegen einen polnischen Dienstleister gewonnen hat, hat noch nicht sein Geld erhalten.

Vielmehr muss die gerichtliche Entscheidung gegebenenfalls anerkannt und auch vollstreckt werden, um das vom Gericht zugesprochene Geld tatsächlich zu erhalten.

Mögliche Fallgruppen

Bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen können dem deutschen Dienstleistungsempfänger dabei folgende Fallkonstellationen begegnen:

FALLKONSTELLATIONEN DER ANNERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG
Land der Anerkennung
& Vollstreckung
Polnisches Urteil (1)Deutsches Urteil (2)
Anerkennung & Vollstreckung
in Polen
Nur polnisches Recht, Anerkennung nicht nötig (1a)EuGVVO i.V.m. polnischem Recht (2a)
Anerkennung & Vollstreckung in DeutschlandEuGVVO i.V.m. deutschem Recht (1b)Nur deutsches Recht, Anerkennung nicht nötig (2b)
vereinfachte Darstellung

Zunächst ist zu beachten, dass im Sinne des Artikels 36 der EuGVVO polnische Urteile automatisch in Deutschland anerkannt werden, ohne dass es hierzu noch weiterer Feststellungen seitens eines deutschen Gerichts bedürfte. Dies gilt auch für deutsche Urteile in Polen.

Die Entscheidung eines polnischen Gerichts (1) (siehe hierzu die Rubrik zu zuständigen Gerichten sowie die sich anschließenden Rubriken) kann entweder in Polen vollstreckt (1a) oder in Deutschland (1b) anerkannt und vollstreckt werden, je nachdem, wo der Schuldner seinen Wohnsitz hat oder wo sich die für die Vollstreckung verwendbaren Vermögenswerte befinden.

Der deutsche Dienstleistungsempfänger kann aber ebenso, etwa aufgrund einer Gerichtsstandvereinbarung, gezwungen sein, vor einem deutschen Gericht zu klagen. Eine solche deutsche Gerichtsentscheidung (2) könnte gleichfalls in Polen anerkannt und vollstreckt (2a) oder aber direkt in Deutschland (2b) vollstreckt werden. Dies hängt ebenfalls davon ab, in welchem Land der Schuldner seinen Wohnsitz hat oder wo sich die für die Vollstreckung verwendbaren Vermögenswerte befinden.

Umgekehrt kommen auch Fälle in Betracht, in denen sich der deutsche Dienstleistungsempfänger der Vollstreckung eines Urteils ausgesetzt sieht, das durch den polnischen Dienstleister erwirkt wurde.

Dies ist beispielsweise bei Klagen des polnischen Dienstleistungserbringers auf die (bis dahin nicht erfolgte) Zahlung seines Werklohns möglich. Hat der polnische Dienstleistungserbringer seinen Lohn erfolgreich in Polen eingeklagt, kann er entweder dort die Zwangsvollstreckung betreiben (1a), vorausgesetzt der deutsche Dienstleistungsempfänger hat Vermögenswerte in Polen, oder aber er kann die Anerkennung und Vollstreckung der polnischen Entscheidung gegen den Dienstleistungsempfänger in Deutschland betreiben (1b).

Hat der polnische Dienstleistungserbringer dagegen einen Prozess in Deutschland für sich entschieden, sind ausschließlich die deutschen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung anwendbar (2b).

Auch hier kann allerdings die Situation auftreten, dass der polnische Dienstleister lieber auf in Polen gelegene Vermögenswerte (falls solche bestehen) des deutschen Dienstleistungsempfängers zugreifen möchte. Dies setzt dann die Anerkennung und Vollstreckung des deutschen Urteils in Polen (2a) voraus.

Die Vollstreckung eines ausländischen Urteils setzt allerdings gemäß Artikel 42 EuGVVO stets einen Antrag des Gläubigers an das Gericht voraus, in dessen Zuständigkeitsbezirk die Vollstreckung betrieben werden soll.

Anerkennung und Vollstreckung...

Im Folgenden werden die Konstellationen der Anerkennung und Vollstreckung in Polen behandelt. Hierfür sind auch die vorrangigen Regelungen des Europäischen Rechts von Bedeutung, die ebenfalls in ihren wichtigsten Grundzügen dargestellt werden.

...einer deutschen Entscheidung in Polen

In den Fällen, in denen eine deutsche Entscheidung in Polen (2a) anerkannt und vollstreckt werden muss, ist aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters zunächst die europarechtliche Ebene zu berücksichtigen. Diese ist bestimmt durch die bereits oben erwähnte EuGVVO oder auch Brüssel-I-Verordnung, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar gilt. Neben der hier thematisierten Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im jeweils anderen EU-Mitgliedstaat, beinhaltet die EuGVVO auch Regelungen zu der internationalen Zuständigkeit von Gerichten bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten. Ausführungen zum Thema der Zuständigkeit von Gerichten, finden Sie in unserer Rubrik "zuständigen Gerichte".

Der Begriff "Gerichtsentscheidung" bezieht sich dabei nicht nur auf Urteile, sondern auch auf Beschlüsse, Zahlungsbefehle oder Vollstreckungsbescheide. Die jeweilige Entscheidung des ausländischen Gerichts wird im anderen Mitgliedstaat ohne ein weiteres besonderes gerichtliches Verfahren durch Vorlage einer beweiskräftigen Ausfertigung der ausländischen Gerichtsentscheidung anerkannt. Diese darf dann im Anerkennungsstaat nicht mehr in der Sache selbst nachgeprüft werden (sogenanntes Verbot der révision au fond). Nur wenige schwerwiegende Versagungsgründe wie etwa ein der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechendes Urteil, können dabei die Anerkennung einer Gerichtsentscheidung noch verhindern.

Voraussetzung für die Vollstreckung von anerkannten Gerichtsentscheidungen ist, dass sie im Staat der Gerichtsentscheidung (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar sind und dass im Vollstreckungsstaat (so beispielsweise in Polen) einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgegeben wurde.

Für die Vollstreckbarerklärung deutscher Entscheidungen in Polen, so etwa im Fall der Vollstreckung einer Schadensersatzklage des deutschen Dienstleistungsempfängers, muss der Vollstreckungsantrag an das zuständige polnische Bezirks-/Landgericht (Sąd Okręgowy-Wydział Cywilny) gestellt werden.

Bei der Suche nach dem für die Anerkennung und Vollstreckung örtlich zuständigen polnischen Gericht kann auf das Europäische Justizportal zurückgegriffen werden. Dort stehen neben weiteren Informationen auch die für Polen relevanten Formblätter in deutscher Sprachfassung zur Verfügung.

Hat eine Partei in der Gerichtsverhandlung die Forderung der anderen Seite ausdrücklich anerkannt oder haben sich die Parteien vor Gericht gütlich geeinigt und einen Vergleich geschlossen, geht es sogar noch etwas einfacher.

Denn bei unbestrittenen Forderungen (wie den eben genannten Anerkenntnissen vor Gericht oder gerichtlichen Vergleichen) wird das Vollstreckungsverfahren durch Beantragung eines Europäischen Vollstreckungstitels nach der europäischen Verordnung (EG) Nr. 805/2004 weiter vereinfacht. Zu beachten ist aber, dass der Europäische Vollstreckungstitel kein selbständiger Vollstreckungstitel ist. Es wird nur die Vollstreckbarkeit eines bestehenden Vollstreckungstitels auf die anderen Mitgliedsstaaten erweitert.

Im oben dargestellten Beispielsfall des deutschen Dienstleistungsempfängers, der einen Rechtsstreit mit dem polnischen Dienstleistungserbringer wegen einer Schadensersatzforderung führt, bedeutet dies:

Wird ein gerichtlicher Vergleich zwischen diesen beiden Parteien geschlossen und erfüllt der polnische Dienstleistungserbringer seine Verpflichtung aus diesem Vergleich nicht, so wird das deutsche Gericht auf Antrag den Vergleich bestätigen. Mit dieser Bestätigung des Vergleichs als Europäischer Vollstreckungstitel kann in Polen ohne den Zwischenschritt der Vollstreckbarerklärung vollstreckt werden.

Den gleichen Vorteil genießt natürlich auch der polnische Dienstleistungserbringer, wenn er und der deutsche Dienstleistungsempfänger vor einem polnischen Gericht einen Vergleich geschlossen haben.

Weiterführende Informationen zum Europäischen Vollstreckungstitel enthält ein Beitrag auf dem EU-Portal EUR-Lex - Der Zugang zum EU-Recht mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung.

Vollstreckung einer polnischen Entscheidung in Polen

Nach polnischem Recht richtet sich hingegen die Vollstreckung eines polnischen Vollstreckungstitels, also beispielsweise die Vollstreckung innerhalb Polens von:

  • vollstreckbaren polnischen Gerichtsentscheidungen
  • eines dortigen Schiedsspruchs oder aber
  • einer für sofort vollstreckbar erklärten notariellen Urkunde.

Man unterschiedet dabei zunächst das Verfahren zur Erteilung der sogenannten Vollstreckungsklausel (klauzula wykonalności), das in den Artikeln 776-795 des polnischen Zivilprozessgesetzes (Kodeks postępowania cywilnego) geregelt ist und als Voraussetzung für die Einleitung des eigentlichen Vollstreckungsverfahrens dient.

Die Vollstreckung an sich wird erst nach Stellung des Vollstreckungsantrages (wniosek o wszczęcie egzekucji, Artikel 796 des polnischen Zivilprozessgesetzes) über das zuständige Vollstreckungsgericht (zuständiges Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht - sąd rejonowy, in dessen Bezirk vollstreckt werden soll) und den Gerichtsvollzieher (komornik) betrieben. Letzterer kann vom Gläubiger innerhalb des Gerichtsbezirks des zuständigen Gerichts frei gewählt werden.

Daneben kann der Gerichtsvollzieher damit beauftragt werden, außerhalb des eigentlichen Vollstreckungsverfahrens gegen eine zusätzliche Vergütung Vermögenswerte des Schuldners ausfindig zu machen (Artikel 7971 des polnischen Zivilprozessgesetzes).

Rechtsgrundlage für die Organisation und die Aufgaben der polnischen Gerichtsvollzieher ist das sog. Gerichtsvollziehergesetz (Ustawa z dnia 29 sierpnia 1997 r. o komornikach sądowych i egzekucji).

Dem Schuldner stehen wiederum Mittel zur Verfügung, um sich der Zwangsvollstreckung gerichtlich zu widersetzen. Hierzu gehört die Klage gegen Handlungen des Gerichtsvollziehers nach Artikel 767 des polnischen Zivilprozessgesetzes oder im Wege der Widerspruchsklage nach Artikel 840 des polnischen Zivilprozessgesetzes.

Germany Trade & Invest (Stand: 24.8.2017)

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