Das polnische Gewerberecht hat seine Rechtsgrundlage im Gesetz über die Gewerbefreiheit vom 2.7.2004 (Ustawa z dnia 2 lipca 2004 r. o swobodzie działalności gospodarczej), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.9.2011 über die Verringerung von einigen Bürger- und Unternehmenspflichten (Ustawa z dnia 16 września 2011 r. o redukcji niektórych obowiązków obywateli i przedsiębiorców).
Das Gesetz über die Gewerbefreiheit besteht aus folgenden Kapiteln:
Kapitel 1: Allgemeine Vorschriften (Artikel 1-13a, Przepisy ogólne);
Kapitel 2: Grundsätze der Aufnahme und Ausführung einer wirtschaftlichen Tätigkeit (Artikel 14-22, Zasady podejmowania i wykonywania działalności gospodarczej);
Kapitel 2a: Kontaktstelle (Artikel 22a-22f, Punkt kontaktowy);
Kapitel 3: Zentralverzeichnis und Informationsbasis über eingetragene Unternehmen (Artikel 23-45, Centralna Ewidencja i Informacja o Działalności Gospodarczej);
Kapitel 4: Konzessionen sowie regulierte wirtschaftliche Tätigkeiten (Artikel 46-76, Koncesje oraz regulowana działalność gospodarcza );
Kapitel 5: Unternehmenskontrolle (Artikel 77-84d, Kontrola działalności gospodarczej przedsiębiorcy);
Kapitel 6: Zweigniederlassungen und Vertretungen ausländischer Unternehmer (Artikel 85-102a, Oddziały i przedstawicielstwa przedsiębiorców zagranicznych);
Kapitel 7: Mikrounternehmen, kleine und mittlere Unternehmer (Artikel 103-110 Mikroprzedsiębiorcy, mali i średni przedsiębiorcy);
Kapitel 8: Schlussvorschrift (Art. 111, Przepis końcowy);
An dieser Stelle wird noch auf einige Besonderheiten des Gesetzes über die Gewerbefreiheit hingewiesen:
Artikel 2 enthält eine Definition der wirtschaftlichen Tätigkeit. Danach ist diese „die erwerbsmäßig ausgeübte Produktions-, Bau-, Handels- und Dienstleistungstätigkeit sowie die Suche und Erkundung von Rohstofflagerstätten wie auch die Förderung aus diesen als ferner ebenfalls die auf Dauer angelegte und organisierte Berufstätigkeit“.
Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes kann dabei nach Artikel 4 jede natürliche und juristische Person sowie eine Organisationseinheit sein, die keine juristische Person ist, der aber ein anderes Gesetz Rechtsfähigkeit zuspricht und die in eigenem Namen wirtschaftlich tätig ist. Unternehmer sind auch die jeweiligen GbR-Gesellschafter im Rahmen der von ihnen ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit.
Das Gesetz über die Gewerbefreiheit bestimmt aber auch, in welchen Fällen es keine Anwendung findet, wodurch klargestellt wird, wann nicht von einem Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes gesprochen werden kann. Dies betrifft ausschließlich Produktionen und Dienstleistungen aus dem Bereich der Landwirtschaft. Artikel 3 führt hierzu aus: „ Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion und des Anbaus, der Haltung und Zucht von Tieren, der Gärtnerei, des Gemüseanbaus, der Waldwirtschaft, Binnenfischerei sowie der Zimmervermietung durch Landwirte, des Verkaufs von Mahlzeiten und anderer Tätigkeiten, die mit der Unterkunft von Touristen verbunden sind wie auch der Produktion von Wein durch Landwirte, soweit innerhalb eines Wirtschaftsjahres weniger als 100 Hektoliter produziert werden.
Artikel 2a des Gesetzes über die Gewerbefreiheit verweist auf das zweite und dritte Kapitel des Gesetzes über die Ausübung von Dienstleistungen auf dem Gebiet der Republik Polen vom 4.3.2010 (Ustawa z dnia 4 marca 2010 r. o świadczeniu usług na terytorium Rzeczypospolitej Polskiej). Kapitel drei dieses Gesetzes betrifft lediglich die internationale Zusammenarbeit der für die Berufsaufsicht zuständigen (staatlichen) Organe.
Für die Praxis wichtiger sind hingegen die Vorschriften des zweiten Kapitels. Diese enthalten eine Aufzählung der dem Dienstleistungserbringer auferlegten Informationspflichten gegenüber seinen Vertragspartnern. Kern dieses Kapitels stellt Artikel 10 dar. Danach ist der Dienstleistungserbringer vor Abschluss des schriftlichen Vertrages und sofern ein schriftlicher Vertrag nicht vorhanden ist vor Erbringung der Dienstleistung verpflichtet, dem Dienstleistungsempfänger – soweit vorhanden – folgende Informationen mitzuteilen:
Unternehmensname und Unternehmensadresse oder den Wohnsitz und den Hauptort der Ausübung seiner Tätigkeit;
Registrierungsstelle und Registrierungsnummer, in welchem der Dienstleistungserbringer als Unternehmer eingetragen ist oder die Verzeichnisnummer seines Gewerbes;
E-Mail-Adresse oder andere Kontaktdaten, welche einen unmittelbaren Kontakt mit dem Dienstleistungserbringer ermöglichen;
Hinweis auf die Stelle, welche dem Dienstleistungsempfänger das Zertifikat, Konzession, Genehmigung, Erlaubnis, Lizenz oder ein anderes Dokument mit der Berechtigung zur Ausübung seiner Dienstleistungstätigkeit erteilt hat oder einen entsprechenden Eintrag ins Register vorgenommen hat;
Hinweis auf die zuständige Berufskammer, welcher der Dienstleistungsempfänger angehört , Berufstitel sowie den Staat, in welchem der Berufstitel verliehen wurde;
Haupteigenschaften der Dienstleistung;
den Preis der Dienstleistung, sofern dieser vereinbart wurde;
das von dem Dienstleistungserbringer in seinen Vertragsmustern und Vertragsbestimmungen angegebene und auf den Vertrag anwendbare Recht oder das für einen Rechtsstreit zuständige Gericht oder ein anderes Streitbeilegungsorgan;
die Steueridentifikationsnummer oder eine andere Identifikationsnummer, welcher sich der Dienstleistungserbringer im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer bedient;
Hinweis auf die Pflichtversicherung oder die Finanzgarantie, einschließlich der Daten des Versicherers oder Finanzgaranten sowie des territorialen Geltungsbereichs der Absicherung;
die Dienstleistungsgarantien, sofern diese über die gesetzlichen Garantien hinausgehen.
Nur auf Antrag des Dienstleistungsempfängers muss der Dienstleistungserbringer folgende zusätzliche Informationen mitteilen:
die Preiskalkulation für die Dienstleistung, sofern der Preis vorher nicht vereinbart worden ist oder wenn keine Möglichkeit zur Angabe eines genauen Preises besteht;
den Qualitätssicherungsvorschriften, denen der Dienstleistungserbringer unterliegt, einschließlich der Stelle ihrer Publizierung;
sofern der Dienstleistungserbringer Qualitätssicherungsvorschriften unterliegt oder Mitglied eines Handels- oder Berufsverbandes ist, welches zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung aufruft, so stellt der Dienstleistungserbringer auch Informationen in diesem Bereich zur Verfügung und verweist gleichzeitig auf Quellen für detailliertere Informationen zur Charakteristik und den Voraussetzungen einer außergerichtlichen Streitbeilegung.
Die soeben vorgestellten Informationen kann der Dienstleistungserbringer dem Dienstleistungsempfänger auf unterschiedliche Art zur Verfügung stellen. Artikel 10 sieht dabei folgende Möglichkeiten vor:
am Ort der Dienstleistungserbringung;
am Ort des Vertragsabschlusses;
auf der Internetseite des Dienstleistungserbringers;
in den dem Dienstleistungsempfänger zur Verfügung gestellten Informationsunterlagen.
Die Pflichten, welche dem Unternehmer im zweiten Kapitel des Gesetzes über die Gewerbefreiheit auferlegt werden, haben vornehmlich Grundsatzcharakter. Der Unternehmer wird hier dazu aufgerufen, die Grundsätze des redlichen Wettbewerbs (zasady uczciwej konkurencji), der guten Sitten (dobrych obyczajów) und der Verbraucherinteressen (interesów konsumentów) zu achten. Gleichzeitig muss der Unternehmer sämtliche mit seinem Dienstleistungsgewerbe verbundenen Gesetze beachten, insbesondere diejenigen, die dem Schutz des Menschenlebens, der Gesundheit, der öffentlichen Moral sowie dem Umweltschutz dienen.
Von besonderer Bedeutung ist Kapitel 2a. Gemäß Artikel 22a ist die polnische Regierung dazu verpflichtet, eine Kontaktstelle einzurichten, welches die Möglichkeit schaffen soll, auf elektronischem Wege alle Unterlagen einzureichen und sämtliche Formalitäten mit den zuständigen Behörden zu erledigen, welche in Bezug zur Gründung, Ausübung oder Beendigung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in Polen stehen. Die Kontaktdaten zu dieser polnischen Kontaktstelle finden Sie in der Rubrik Anlaufstellen.
Das Zentralverzeichnis und Informationsbasis über eingetragene Unternehmen, welches in Kapitel 3 geregelt ist, ermöglicht dem jeweiligen Vertragspartner des Dienstleistungserbringers vorab wichtige Informationen über diesen elektronisch abzurufen. Zu den im Zentralregister der wirtschaftlichen Täigkeit (CEIDG) abrufbaren Informationen gehören unter anderem:
sämtliche Identifikationsnummern (wie zum Beispiel Steueridentifikationsnummer, Persönliche Identifikationsnummer, Statistische Identifikationsnummer);
Insolvenzanmeldungen;
behördliche Auflagen gegenüber dem Unternehmen;
Informationen aus dem Landes-Handelsregister.
Zu den in Kapitel 4 konzessionierten Gewerbe gehören überwiegend die Bereiche, die vor 1989 dem staatlichen Monopol unterstanden. Hierzu zählt der Rohstoffbereich, die Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und Lieferung von Brennstoffen und Energie sowie der Handel damit. Auch der Rundfunk- und Fernsehbereich gehört zum konzessionierten Gewerbe. Die Erteilung wie auch der Entzug einer bereits erteilten Konzession erfolgen im speziell dafür geregelten Verwaltungsverfahren.
Die regulierten Gewerbebereiche sind wiederum durch Sondergesetze festgelegt. Derzeit gibt es in Polen 18 reglementierte Gewerbebereiche mit den dazugehörigen Gesetzen. Wann ein Gewerbe zu einem reglementierten Gewerbe wird, wird allein durch Gesetz bestimmt. Die Gesamtschau der reglementierten Berufe lässt allerdings den Schluss darauf zu, dass solche Bereiche von der Reglementierung betroffen sind, die besonderes Fachwissen voraussetzen (wie zum Beispiel Fahrlehrer, Touristenführer). Eine genaue Auflistung der Gesetze, die das Erfordernis eines reglementierten Gewerbes begründen, enthält das Einführungsgesetz zum Gesetz über die Freiheit der Wirtschaftstätigkeit (Ustawa z dnia 2 lipca 2004 r. - Przepisy wprowadzające ustawę o swobodzie działalności gospodarczej). Jede Tätigkeit, die im reglementierten Gewerbebereich aufgenommen wird, bedarf darüber hinaus einer Eintragung in das Register der reglementierten Gewerbe (Rejestr działalności regulowanej).
Neben dem konzessionierten und reglementierten Gewerbe wird in Kapitel 4 auch noch das genehmigungspflichtige Gewerbe genannt. Im Moment sieht das Gesetz über die Gewerbefreiheit in Artikel 75 insgesamt 25 solcher Gewerbearten vor. Die genauen Voraussetzungen für die Ausübung des jeweiligen Gewerbes sind in den einschlägigen Gesetzen umschrieben, die nummerisch in Artikel 75 aufgezählt sind.
Die Aufsicht über die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften obliegt den zuständigen Organen der öffentlichen Verwaltung. Örtlich übernimmt je nach Sitz des Unternehmens und je nachdem, um welche Gemeindeart es sich handelt, der Gemeindevorsteher (wójt), der Bürgermeister (burmistrz) oder der Stadtpräsident (prezydent miasta).
Von besonderer Bedeutung für ausländische Unternehmer ist Kapitel 6, welches die Voraussetzungen für die Gründung einer Zweigniederlassung und Vertretung dieser Unternehmen beinhaltet
Grundlegendes zur Zweigniederlassung findet sich in den Artikel 8 bis 88. Danach kann die Zweigniederlassung nur in dem (gewerblichen) Bereich tätig sein wie die ausländische Hauptniederlassung; weiterhin muss eine Person innerhalb der Zweigniederlassung zum Vertreter der ausländischen Hauptniederlassung bestimmt werden und die Zweigniederlassung kann ihre Tätigkeit erst aufnehmen, nachdem sie in Unternehmensregister eingetragen wurde. Unter formellen Gesichtspunkten muss bei der Gründung einer Zweigniederlassung Folgendes beachtet werden:
von dem Vertreter der Hauptniederlassung in der Zweigniederlassung müssen bei der Registrierung Name und die polnische Wohnanschrift angegeben werden. Zusätzlich ist eine notariell beglaubigte Unterschrift dieser vertretungsberechtigten Person miteinzureichen;
im Geschäftsverkehr ist der Originalname der Hauptniederlassung zu verwenden unter Angabe der in die polnische Sprache übersetzten Rechtsform des Unternehmens und dem Zusatz „Zweigniederlassung Polen“;
die Buchführung der Zweigniederlassung muss separat von der Buchführung der Hauptniederlassung und in polnischer Sprache erfolgen.
Hinsichtlich der Vertretungen eines ausländischen Unternehmens ist von wichtigster Bedeutung die Vorschrift des Artikels 94. Diese besagt, dass „die Tätigkeiten einer Vertretung dürfen sich ausschließlich auf die Bewerbung und Vermarktung des ausländischen Unternehmens beschränken“. Bei der Gründung einer Vertretung ist dabei Folgendes zu beachten:
die Vertretung muss in das Register für Vertretungen ausländischer Unternehmen eingetragen werden (Artikel 96);
der Antrag auf Eintragung in dieses Register muss den Namen, den Sitz sowie die Rechtsform des ausländischen Unternehmens beinhalten;
Angaben zum Geschäftsbereich des ausländischen Unternehmens;
Name und polnische Wohnanschrift des Unternehmensvertreters bei der polnischen Vertretung;
den Hauptsitz der Vertretung in Polen, in welchem die originalen Tätigkeitsberichte der polnischen Vertretung aufbewahrt werden;
behördlicher Gewerberegisterauszug des ausländischen Unternehmens;
sofern sich aus dem Gewerberegisterauszug nicht der Sitz, die vertretungsberechtigten Personen sowie die Grundsätze der Vertretung des ausländischen Unternehmens ergeben sollte, ist dies durch ein anderes beglaubigtes behördliches Dokument nachzuweisen;
beglaubigte Kopie eines Dokuments mit welchem die Nutzung des Lokals bestätigt wird, in welchem die Vertretung ihren Sitz haben wird.
Kapitel 7 des Gesetzes über die Gewerbefreiheit befasst sich mit den sogenannten Mikrounternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen. Mikrounternehmen (mikroprzedsiębiorcy), sind Unternehmen, die weniger als 10 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt beschäftigen und einen Jahresnettoumsatz von 2 Millionen Euro nicht erreichen (Artikel 104). Bei kleinen Unternehmen (mali przedsiębiorcy) beziehungsweise bei mittleren/mittelständischen Unternehmen (średni przedsiębiorcy) sind die Voraussetzungen bei Arbeitnehmeranzahl (50 bzw. 250) bzw. Umsatz (10 Millionen Euro bzw. 50 Millionen Euro) entsprechend höher; den genannten Unternehmen kommt eine besondere staatliche Förderung zugute (Artikel 103).
Am 10.8.2014 trat in Polen das Gesetz über die Zuganagserleichterungen für manche reglementierten Berufe in Kraft (Ustawa z dnia 9 maja 2014 r. o ułatwieniu dostępu do wykonywania niektorych zawodow). Zu den berufen gehören u.a. Berufe aus dem Bereich der Steuerberatung, Leitung von Bauprojeken und projektierung (Emtwurf), aus dem versicherungswsen, dem Kfz-sachversändigernwesen und- aus dem Bereich der Unterwasserarbeiten.