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Interview | Polen | Beratende Ingenieure

"Wechselnde Rahmenbedingungen sind in Polen eine Herausforderung"

In Polen entstehen viele erneuerbare Energieprojekte, darunter ein von VSB geplanter und gebauter Windpark. VSB berichtet vom Projekt und bewertet den polnischen Windkraftmarkt. (Stand: 20.12.2023)

Von Christopher Fuß | Warschau

Die polnische Tochtergesellschaft der deutschen VSB Gruppe hat 2023 in den Nachbargemeinden Baranów und Rychtal einen Windpark in Betrieb genommen. Der Strom aus den elf Windrädern kann 36.000 Haushalte versorgen. VSB hat neben dem Bau auch Beratungsleistungen übernommen. Magdalena Łabaziewicz, Leiterin der Abteilung Bau bei VSB Energie Odnawialne Polska, erläutert die Projekthintergründe.

Magdalena Łabaziewicz, Construction Director, VSB Group, Bau eines Windparks in Polen Magdalena Łabaziewicz, Construction Director, VSB Group, Bau eines Windparks in Polen | © VSB Energie Odnawialne Polska

Frau Łabaziewicz, wie ist der Windpark in Baranów und Rychtal entstanden?

Wir haben 2010 damit begonnen, die nötigen Standorte zu sichern. Damals wollten wir 20 Turbinen anschließen. Dann änderten sich allerdings die rechtlichen Rahmenbedingungen. Wir mussten unsere Pläne anpassen. Am Ende haben wir uns dazu entschlossen, die Zahl der Anlagen zu reduzieren, dafür aber Turbinen mit erhöhter Leistung aufzustellen. Außerdem haben wir die ursprünglich getrennten Projekte in Baranów und Rychtal zu einem Großvorhaben zusammengelegt. Das machte auch aus wirtschaftlichen Gründen mehr Sinn.

Wer war Ihr Auftraggeber?

Wir selbst! Der Windpark in den Gemeinden Baranów und Rychtal ist ein Projekt von VSB für VSB. Wir haben die Grundstücke entdeckt und gesichert. Zusätzlich haben wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren vorangetrieben und den Bau, inklusive Netzanschluss und Inbetriebnahme, umgesetzt. Viele Arbeiten machen wir selbst. Bei einigen Schritten setzen wir aber auf Partner.

Wie sieht die Arbeitsteilung zwischen Ihnen und Ihren Partnern aus?

Die planerische Analyse und die Bewertung von Standorten für die Eignung von Windparks führen wir intern durch. Hier arbeiten wir mit einem umfangreichen Geoinformationssystem. Bei genaueren Standortuntersuchungen schalten wir üblicherweise Partner ein. Externe Unterstützung bekommen wir bei Umweltverträglichkeitsprüfungen oder wenn es darum geht, Bodenparameter zu bestimmen. Auch die Windmessungen führen Partner durch.

Nach welchen Kriterien wählen Sie einen Dienstleister aus?

Uns ist wichtig, dass die Leute vor Ort sitzen und die lokalen Gegebenheiten kennen.

Wie geht es nach der Planung weiter?

Wir schreiben die Bauarbeiten polenweit aus und übernehmen die Bauaufsicht. Hier achten wir darauf, dass die Bewerber Referenzen vorweisen können. Wichtig sind uns auch Faktoren wie Teamgröße und Geschäftsberichte. Bauteile stammen nach Möglichkeit von lokalen Lieferanten. Das ist oft die wirtschaftlichste Lösung. Bei manchen Komponenten ist man aber auf internationale Hersteller angewiesen. Unsere Muttergesellschaft in Dresden verhandelt mit den großen Turbinenproduzenten und schließt Rahmenverträge ab.

Welche Rolle spielen staatliche Hilfen bei einem solchen Projekt?

In Polen gibt es verschiedene Förderinstrumente, beispielsweise die öffentlichen Energieauktionen. Dabei erhalten die Erzeuger einen festen Abnahmepreis für den produzierten Strom. Die Banken geben dank der Planungssicherheit günstigere Kredite. Auch unser Projekt in Baranów und Rychtal profitiert von dem Auktionssystem. Finanzierungspartner ist die polnische PKO Bank. Wir beobachten aber, dass die Versteigerungen an Bedeutung verlieren. Das hängt auch mit den steigenden Energiepreisen zusammen. Der Auktionspreis liegt deutlich unter dem Marktpreis und wird damit unattraktiv.

Sie sind bereits seit über 15 Jahren in Polen aktiv. Wie bewerten Sie den Markt?

Die größte Herausforderung ist, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen oft ändern. Vor kurzem hat der Gesetzgeber etwa die Vorgaben zur Raumordnung grundlegend reformiert. Die Gemeinden müssen neue Flächennutzungspläne ausarbeiten. Das bindet viel Zeit und viele Ressourcen. Auch unsere Projekte können von solchen Gesetzesänderungen betroffen sein und sich verzögern. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn wir ein Vorhaben mit der neuen Flächengesetzgebung harmonisieren müssen.

Eine weitere Herausforderung ist der Zustand der Übertragungsnetze. Die großen Betreiber lehnen den Anschluss neuer Kraftwerke immer häufiger ab. Das hängt auch mit dem Ausbau der Offshore-Windenergie in Polens Ostsee und dem geplanten Bau von Atomkraftwerken zusammen. Die Betreiber sind verpflichtet, Netzkapazitäten für den Anschluss der geplanten Anlagen freizuhalten. Damit bleibt weniger Platz für uns.

Welche Chancen bietet der Markt?

Polen hat großes Potenzial. Es wurden einige wichtige rechtliche Erleichterungen auf den Weg gebracht, zum Beispiel Direktleitungen oder Cable Pooling [bei dem sich eine Solaranlage und eine Windkraftanlage einen Netzanschluss teilen; Anmerkung der Redaktion]. Die Abstandsregeln für Windräder wurden gelockert. Insgesamt sehen wir, dass sich das Bewusstsein für erneuerbare Energien in Polen verbessert. Ein Beleg dafür sind die Ausbaupläne in der Energiestrategie des Landes.

Wie entwickelt sich vor diesem Hintergrund der Wettbewerb?

Seit der Lockerung der Abstandsregelungen sehen wir, dass internationale Konkurrenten ihre Aktivitäten verstärken. Aber auch lokale Firmen schlafen nicht. Viele haben sich darauf spezialisiert, Flächen zu reservieren. Wir sehen das gelassen. Immerhin sind wir seit über 15 Jahren mit einer Gesellschaft hier in Polen. Konkurrenz gibt es immer.

Welche Vorteile hat es, eine eigene Niederlassung in Polen zu betreiben?

Unsere Mitarbeiter vor Ort kennen die Anforderungen des Marktes und den rechtlichen Rahmen. Außerdem können wir Kontakte mit den Gemeinden aufbauen. Das ist sehr wichtig, denn ohne eine Kooperation mit lokalen Vertretern passiert wenig. In diesem Zusammenhang hilft es natürlich ungemein, wenn Sie die Landessprache sprechen und die Geschäftskultur kennen. Dank der regionalen Niederlassung haben wir auch einen direkten Draht zu Lieferanten. Das macht Projekte zudem wirtschaftlicher.

Welche Unterstützung aus Deutschland wünschen Sie sich?

Das was es schon gibt - nur mehr davon! Exportförderprojekte, Wirtschaftsreisen, Branchentreffen oder Marktinformationen helfen uns sehr. Es wäre gut, wenn mehr regionale Netzwerke entstehen, zum Beispiel zwischen verschiedenen Gemeinden. Auch Best-Practice-Lösungen haben einen großen Mehrwert.

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