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Zuständige Gerichte

Wer seine Forderungen vor Gericht durchsetzen möchte, muss sich zunächst klar darüber werden, wo er dies machen kann. Er muss also seine Gegenpartei vor dem zuständigen Gericht verklagen.

Bei Gerichtsprozessen zwischen Parteien aus verschiedenen Staaten muss hierzu geklärt werden, ob die Gerichte des einen oder des anderen Staates den Streit entscheiden dürfen. Das Gericht, vor dem man klagt (oder verklagt wird), muss also international zuständig sein. Anschließend muss man sich bewusst machen, an welchem Ort in diesem Staat geklagt werden muss (örtliche Zuständigkeit). Gleichzeitig muss man wissen, ob es (zum Beispiel wegen der Höhe der Forderung oder des besonderen Gegenstandes des Streits) speziellen Gerichten vorbehalten ist, in dem Fall zu entscheiden. Dies bezeichnet man als sachliche Zuständigkeit

Internationale Zuständigkeit

Bei Streitigkeiten zwischen portugiesischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern richtet sich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Frage der internationalen und örtlichen Zuständigkeit zunächst nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12.12.2012 (Brüssel-Ia-Verordnung oder EuGVVO). Diese gilt für alle seit dem 10.1.2015 eingeleiteten Verfahren und ersetzt die Verordnung (EG) 44/2001 (Brüssel-I-Verordnung oder EuGVVO).

Gerichtsstandsvereinbarungen sind dabei grundsätzlich zulässig. Unter einer Gerichtsstandsvereinbarung versteht man eine Vertragsklausel, die bestimmt, an welchem Ort oder vor welchem Gericht bei Streitigkeiten geklagt werden darf. Es ist also möglich, mit einer Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts vertraglich zu regeln. Auch wenn gemäß Artikel 25 Brüssel-Ia-Verordnung nicht nur schriftliche Gerichtsstandsvereinbarungen möglich sind, ist eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien jedoch ratsam. Auch bei Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung kann sich deren Unwirksamkeit bei bestimmten Angelegenheiten, zum Beispiel Versicherungs- und Verbraucherverträgen, ergeben. 

In Folge der Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) müssen Dienstleister in Portugal bestimmte Informationspflichten gegenüber Dienstleistungsempfängern erfüllen. Hierzu gehört auch, dass sie Dienstleistungsempfänger über die von ihnen verwendeten Gerichtsstandsklauseln informieren. Die gesetzliche Grundlage hierfür stellt Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe h des portugiesischen Gesetzesdekrets Nr. 92/2010 vom 26.7.2010 (Decreto-Lei n.º 92/2010) dar. Weiterführende Erläuterungen zu den Informationspflichten enthält der Abschnitt Informationen zur Qualifikation des Dienstleisters dieses Länderberichts.

Fehlt eine Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag, sind nach Artikel 4 Brüssel-Ia-Verordnung grundsätzlich die Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten international zuständig. Für juristische Personen wie zum Beispiel eine GmbH wird (mangels Wohnsitzes) auf den satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung abgestellt. Einen detaillierteren Überblick über die EuGVVO bietet das europäische Gesetzgebungsportal Eur-Lex mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung in deutscher Sprache.

Denkbar sind im Ergebnis folgende Fälle, in denen in Streitigkeiten deutscher gewerblicher Dienstleistungsempfänger mit portugiesischen Dienstleistern vor einem portugiesischen Gericht zu klagen wäre:

  1. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung sieht dies ausdrücklich vor.
  2. Bei Fehlen einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung: Der Beklagte (Dienstleistungsempfänger oder auch Dienstleistungserbringer) hat seinen Wohnsitz bzw. Geschäftssitz in Portugal.
  3. Besonderheit: Wurde die Dienstleistung in Portugal erbracht oder hätte sie nach dem Vertrag in Portugal erbracht werden müssen, so kann auch vor einem portugiesischen Gericht geklagt werden (Artikel 7 Brüssel-Ia-Verordnung).

In diesen Fällen stellt sich für den deutschen Dienstleistungsempfänger die Frage nach der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des portugiesischen Gerichts.

Örtliche und sachliche Zuständigkeit

Sind portugiesische Gerichte international zuständig, so bestimmt sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach den in Portugal geltenden Vorschriften. Die Grundlagen für die örtliche und sachliche Zuständigkeit portugiesischer Gerichte finden sich im portugiesischen Gerichtsorganisationsgesetz (Lei da Organização do Sistema Judiciário) und im portugiesischen Zivilprozessgesetzbuch (Código de Processo Civil).

Die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die für den deutschen Dienstleistungsempfänger am wichtigsten anzusehen sind, gliedern sich wie folgt:

Darüber hinaus gibt es Gerichte mit Sonderzuständigkeiten, die bezirksübergreifend zuständig sind, beispielsweise ein Gericht für geistiges Eigentum (Tribunal da propiedade intelectual) (Artikel 111 Lei da Organização do Sistema Judiciário), ein Wettbewerbsgericht (Tribunal da concorrência, regulação e supercisão) (Artikel 112 Lei da Organização do Sistema Judiciário), Arbeitsgerichte (Juízos do trabalho) (Artikel 126 Lei da Organização do Sistema Judiciário), Handelsgerichte (Juízos de comércio) (Artikel 128 Lei da Organização do Sistema Judiciário) oder Vollstreckungsgerichte (Juízos de execução) (Artikel 129 Lei da Organização do Sistema Judiciário).

Die Friedensgerichte sind zuständig für kleinere Rechtsstreitigkeiten, bei denen der Streitwert 15.000 Euro nicht übersteigt (Artikel 8 Gesetz Nr. 78/2001) Außerdem ist die Zuständigkeit der Friedensgerichte auf bestimmte Sachgebiete beschränkt (Artikel 9 Gesetz Nr. 78/2001).

Die Amtsgerichte sind erstinstanzlich für alle Streitigkeiten zuständig, für die kein besonderes Gericht zuständig ist, unabhängig vom Streitwert. Nur in seltenen Ausnahmefällen können auch die Berufungsgerichte oder der Oberste Gerichtshof erstinstanzlich tätig werden. Daher entscheiden die Berufungsgerichte hauptsächlich über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Amtsgerichte (Artikel 73 lit. a Lei da Organização do Sistema Judiciário). Der Oberste Gerichtshof entscheidet im Wesentlichen über Rechtsmittel gegen Urteile der Berufungsgerichte (Artikel 69 Abs. 2 Código de Processo Civil).

Für die örtliche Zuständigkeit geht das portugiesische Zivilverfahrensrecht, wie das deutsche, von dem Grundsatz aus, dass eine Klage am Beklagtenwohnsitz zu erheben ist (Artikel 80 Abs. 1 Código de Processo Civil). Hiervon gibt es allerdings zahlreiche vorrangig zu beachtende Ausnahmen, die insbesondere in den Artikeln 70 bis 79 Código de Processo Civil geregelt sind. So ist bei Klagen, die sich auf dingliche Rechte oder persönliche Nutzungsrechte, beispielsweise Miete, beziehen, das Gericht an dem Ort zuständig, an dem das Recht begründet wurde (Artikel 70 Código de Processo Civil). Bei Vertragsklagen kann ein Verbraucher die Klage am Ort der Erfüllung des Vertrags erheben (Artikel 71 Abs. 1 Código de Processo Civil). Außerdem können Ansprüche aus unerlaubter Handlung an dem Ort geltend gemacht werden, an dem die Handlung stattgefunden hat (Artikel 71 Abs. 2 Código de Processo Civil).

Rechtsmittel

Gegen portugiesische Urteile kann Berufung (apelação) (Artikel 644 ff. Código de Processo Civil) oder Revision (revista) (Artikel 671 ff. Código de Processo Civil) eingelegt werden. Ob ein Rechtsmittel eingelegt werden kann, hängt vom Streitwert und der Rechtsmittelsumme ab. Die Berufung zum Berufungsgericht ist gemäßt Artikel 629 Abs. 1 Código de Processo Civil dann möglich, wenn der Streitwert höher als die Rechtsmittelsumme der Amtsgerichte ist (diese liegt bei 5.000 Euro, Artikel 44 Abs. 1 Lei da Organização do Sistema Judiciário) und der Rechtsmittelkläger durch die Entscheidung, die angefochten werden soll, in Höhe von mindestens der Hälfte der Rechtsmittelsumme der Amtsgerichte (2.500 Euro) verletzt ist (sucumbência). Unabhängig vom Streitwert und der Beschwer kann die Berufung in den Fällen des Artitkels 629 Abs. 2 und 3 Código de Processo Civil eingelegt werden. Dazu gehört beispielsweise der Fall, dass die anzufechtende Entscheidung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht.

Gegen Entscheidungen des Berufungsgerichts oder in bestimmten Fällen gegen eine Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts ist die Revision zum Obersten Gerichtshof möglich (Artikel 671 Abs. 1, 678 Abs. 1 Código de Processo Civil). Dazu muss der Streitwert höher als die Rechtsmittelsumme des Berufungsgerichts (diese liegt bei 30.000 Euro, Artikel 44 Abs. 1 Lei da Organização do Sistema Judiciário sein und der Rechtsmittelkläger durch die Entscheidung in Höhe von mindestens der Hälfte der Rechtsmittelsumme des Berufungsgerichts (15.000 Euro) verletzt sein (sucumbência).

Gegen Entscheidungen des Friedensgerichts ist ein Rechtsmittel zu den Amtsgerichten zulässig, wenn der Streitwert mindestens die Hälfte der Rechtsmittelsumme der Amtsgerichte beträgt (2.500 Euro) (Artikel 62 Abs. 1 Gesetz Nr. 78/2001).

Germany Trade & Invest (Stand: November 2023)

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