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Branchen | Rumänien | Bauwirtschaft

Infrastrukturausbau hält das Wachstum im Bausektor stabil

Der Wohnungsbau verliert wegen gestiegener Kosten für Kredite, Material und Personal an Schwung. Infrastrukturprojekte, die mit EU-Geldern gefördert werden, garantieren Wachstum.

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Das Baugewerbe in Rumänien wird 2022 voraussichtlich um real 5 Prozent wachsen, prognostiziert die rumänische Kommission für makroökonomische Prognosen. Jedoch verlangsamt sich derzeit die Geschwindigkeit im Hochbau, mit der Baufirmen ihre Aufträge zu Ende bringen. Entsprechend werden die Bauinvestitionen in den Segmenten Wohnungsneubau, Renovierung, Nichtwohnungsbau im kommenden Jahr voraussichtlich langsamer wachsen, schätzt IBC Focus, ein Beratungsunternehmen für die Baubranche.

Inflation setzt Baufirmen zu

Der Grund dafür ist der rasante Anstieg der Kosten für Material und Personal. Zusätzlich verzögern zu spät eintreffende Lieferungen die Ausführung der Bauarbeiten. "Die Auftraggeber sind vorsichtiger geworden und haben es nicht unbedingt eilig, die Baustellen zügig zu Ende zu bringen. Für die Baufirmen bedeutet dies mehr Stress, denn sie müssen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter beschäftigt bleiben", berichtet Andrei Spataru, Direktor von IBC Focus. 

Verwaltungen erteilen weniger Baugenehmigungen

Die Baugenehmigungen sind landesweit gegenüber dem 1. Halbjahr 2021 innerhalb der ersten sechs Monate dieses Jahres um 7 Prozent eingebrochen, meldet das Nationale Statistikinstitut (INS). Dies deutet darauf hin, dass Baufirmen künftig weniger Aufträge im privaten Wohnungsbau generieren können. Im Jahr 2021 erteilten die Verwaltungen im Land noch 21 Prozent mehr Baugenehmigungen für Wohngebäude als im Jahr 2020. Aktuell stagniert auch der Verkauf von Bauland. Dies liegt an der gesunkenen Nachfrage in Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, stellt das Beratungsunternehmen Colliers fest. 

Marktvolumen der Bauwirtschaft in Rumänien

Kennziffer

2019 (in Mio. Euro) 2)

2020 (in Mio. Euro) 3)

Veränderung 2020/2021 (in Prozent)

Wert der gesamten Bauinvestitionen, davon

   23.059

       26.283

14

 Wohnungsbau

9.471

10.794

14

    öffentlich

91

89

2,2

    privat

9.380

10.705

14,1

 Wirtschaftsbau 1)

6.431

6.930

7,8

 Infrastrukturbau1)

4.246

5.488

29,3

 Wert der erbrachten Ingenieur-, Architektur- und Consultingleistungen

2.911

3.071

5,5

1) Privat und öffentlich; 2) 1 Euro = 4,753 RON; 2020: 3) 1 Euro = 4,48383 RONQuelle: Nationales Statistikinstitut Rumänien 8. Juli 2022

Kreditkosten steigen

Ein weiterer Grund für das langsame Wachstum ist der Anstieg der Finanzierungskosten. Zinsen für Hypothekendarlehen in Landeswährung sind im Oktober 2022 gegenüber dem Vorjahr von 2,2 auf 8 Prozent gestiegen. Zusätzlich ziehen die Preise für Baumaterialien, etwa Gipsplatten oder andere Baustoffe an. "Besonders die Baustoffe, die auf petrochemischer Basis produziert werden, sind gegenüber dem Vorjahr um bis zu 80 Prozent teurer geworden. In Rumänien gibt es keine petrochemische Industrie, die Rohstoffe für Baumaterialien herstellt", erklärt Irinel Gheorge von der Feration of Patronages of Construction Societies. 

Privater Wohnungsbau ist Wachstumsmotor

Dabei ist der private Wohnungsbau bislang der Wachstumstreiber im Bausektor. Im privaten Baugewerbe entfallen 76 Prozent 2022 aller Aufträge auf Neubauten, der Rest sind Sanierungsarbeiten und Umbauten. Der Infrastrukturbau steht für 29 Prozent aller Projekte. 

Großprojekte im Hochbau

Bezeichnung 

Investitionssumme (in Mio. Euro)

Auftraggeber

Bau eines Monategewerks für Traktoren in Ghiroc bei Arad

400

Syn Trac

Regionalkrankenhaus in Craiova

368

Stadt Craiova

Bau einer Zellstoff- und Papierfabrik in Giurgiu

300

Paper Invest SA

Produktion von Stahlbeton in Targoviste

300

Beltrame

Bau einer neuen Produktionsstätte für Dämmstoffe und Gipskartonplatten

200

Knauf 

Wohnungsbau in Brasov

120

Urban Invest

Wohnungsbau in Sibiu

70

Novarion

Bau von Wohn- und Bürogebäuden in Cluij-Napoca

45

Speedwell

Quelle: Pressemeldungen; Recherchen von Germany Trade & Invest Oktober 2022

Staat fördert energetische Sanierungen 

Für die Sanierung von Wohngebäuden stehen rund 3 Milliarden Euro Fördermittel von der Europäischen Union (EU) bereit. Dieses Geld vergibt der Staat im Rahmen des Förderprogramms "Renovierungswelle". Mit diesem Geld müssen rund 4.350 Gebäude im gesamten Land erdbebensicher und energieeffizienter saniert werden. Eine energieeffiziente Sanierung von Wohngebäuden senkt die Heizkosten um bis zu 40 Prozent, so eine Studie des rumänischen Umweltministeriums. Eine förderfähige energetische Sanierung enthält unter anderem folgende Maßnahmen: 

  • Wärmedämmung der Fassade
  • Energieeffiziente Fenster und Türen
  • Thermohydraulische Dämmung des Fußbodens
  • Erneuerung der Heizanlagen

Infrastrukturprojekte machen Bausektor mittelfristig attraktiv

Trotzdem bleibt Rumänien ein attraktiver Markt für Investoren, denn das Land muss in den kommenden fünf Jahren große Infrastrukturprojekte in den Bereichen Verkehr, Energie und Gesundheitswesen umsetzen. Dafür hat Rumänien Zugriff auf Fördermittel der Europäischen Union in Höhe von bis zu 80 Milliarden Euro im Zeitraum bis 2027.

Die Prognosekommission der Regierung rechnet damit, dass die mit EU-Geldern geförderten Projekte im Infrastrukturbau den rumänischen Bausektor anschieben: Sie prognostiziert einen Zuwachs im Baugewerbe von 7,4 Prozent im Jahr 2023 und von 9 Prozent im Jahr 2024. Ein Teil der EU-Mittel fließt in den Ausbau der Autobahnen. Die Regierung plant, für die kommenden Jahre 3 Milliarden Euro in den Ausbau der Autobahn A7 zu investieren, die den Süden Rumäniens mit dem Nordosten verbindet. 

Autobahnausbau schreitet voran

In Rumänien werden laut der Agentur für Nationalen Straßenbau CNAIR bis Ende des Jahres 2023 voraussichtlich folgende Straßenabschnitte eröffnet werden: Ein weiterer 10 Kilometer langer Abschnitt auf dem Autobahnring um Bukarest, zwischen der Nationalstraße DN1 und der Autobahn A3 sowie ein 18 Kilometer langer Abschnitt zwischen der Autobahn A1 und der Nationalstraße DN6. Außerdem erwartet die CNAIR die Vollendung der 11 Kilometer-Strecke einer Schnellstraße zwischen Galati und Brăila und einer 18 Kilometer langen Schnellstraße von Oreada zur Autobahn A3, die an der Grenze Richtung der ungarischen Stadt Debrecen ausgebaut ist. Die Abschnitte in Rumänien Richtung Cluj-Napoca befinden sich noch im Bau.

Nachfrage nach Logistikzentren steigt

Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wirkt positiv auf den Markt für Industriebauten. Zudem zieht es europäische Unternehmen, die Lieferketten diversifizieren wollen, auf den rumänischen Markt. Das Beratungsunternehmen Colliers beobachtete im 1. Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr eine um 54 Prozent größere Nachfrage nach Lager- und Logistikzentren.

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