Special | Bulgarien, Republik Moldau, Rumänien | Start-ups
Start-up-Zentren in Südosteuropa ziehen Investoren an
In Sofia, Bukarest und Chisinau boomt die IT-Industrie. Internationale Geldgeber und Gründer stärken die Start-up-Hubs in der Region.
18.11.2024
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
Internationale Investoren blicken auf die Hauptstädte von Bulgarien, Rumänien und der Republik Moldau. Diese entwickeln sich zu Gründerstätten international erfolgreicher Start-ups in der IT-Branche. Sofia, Bukarest und Chisinau zählen zu den am schnellsten wachsenden IT-Märkten in Südosteuropa. Auch die griechische IT-Szene entwickelt sich rasant. Diese haben wir in einem eigenen Beitrag analysiert.
Start-ups in Südosteuropa sind besonders in den Bereichen Unternehmenssoftware, FinTech und Cybersecurity aktiv. Die bekanntesten Beispiele sind rumänischen Einhörner UIPath, Bitdefender oder das bulgarische Einhorn Payhawk. Ein Einhorn oder Unicorn ist ein Start-up mit einer Bewertung von mindestens 1 Milliarde US-Dollar oder Euro an der Börse.
IT-Investoren interessieren sich für Südosteuropa
Unternehmen aus diesen Bereichen haben es in den vergangenen fünf Jahren geschafft, Geldgeber aus der Europäischen Union und neuerdings aus den USA zu gewinnen. So gelang es etwa dem rumänischen Anbieter von Anwendungen für Finanzdienstleistungen, FintechOS, im Mai 2024 von Blackrock 60 Millionen US-Dollar zu erhalten.
Die US-amerikanische Blackrock zählt zu den weltweit größten Investmentgesellschaften. Die Tatsache, dass sich Blackrock für Investitionen in Südosteuropa interessiert, wertet die Region auf.
"Wir sehen einen positiven Trend darin, dass unsere Region große internationale Investoren anzieht",
sagt Petya Revalska, Managerin bei BlackPeak Capital, einer in Südosteuropa tätigen Investmentgesellschaft.
Rumäniens und Bulgariens IT-Industrie profitiert so von der breiten Aufmerksamkeit der Geldgeber. In die Branche fließt nicht nur das Kapital ausländischer Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung (F&E) investieren, sondern auch Geld aus Unternehmerfonds. "Vor zehn Jahren hat es nicht so viele Venture Capital Fonds und auch noch nicht so viele Start-ups gegeben", sagt Michaela Ilieva von der Vereinigung der bulgarischen Private-Equity- und Venture-Capital-Assoziation BVCA.
Beide Länder stehen noch am Anfang ihrer Entwicklung zu technisch hochentwickelten Industrieländern. Sie verzeichnen ein durchschnittliches Wachstum des Bruttoinlandsproduktes zwischen real 3 und 4 Prozent pro Jahr. Investments rentieren sich dort also. Zudem sind in Rumänien und Bulgarien Lohn und Lohnnebenkosten vergleichsweise günstiger als in anderen EU-Staaten. Klappt es nicht mit der Geschäftsidee, fällt somit das finanzielle Risiko geringer aus. Ermutigend für Gründerinnen wirken zudem Steueranreize, die Bulgarien und Rumänien bieten.
In Bulgarien machen Steuern und andere Kosten den Unterschied
In Bulgarien ist es am einfachsten ein Unternehmen zu gründen. Und es entstehen keine Kosten durch staatliche Auflagen oder Gebühren. Dort verlangt der Gesetzgeber kein Mindestkapital für eine Firmengründung. So hat es Bulgarien geschafft, zum attraktivsten Seeding-Standort in Südosteuropa zu werden. In Rumänien verlangt der Gesetzgeber ein Mindestkapital von 50 Euro auf einem Firmenkonto, in Moldau 275 Euro.
Steuersätze in Prozent | Lohnkosten pro Stunde in Euro | |
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Rumänien | Körperschaftsteuer: 16 Einkommensteuer: 10 | 11 |
Bulgarien | Körperschaftsteuer: 10 Einkommensteuer: 10 | 9,30 |
Republik Moldau | Pauschaler Steuersatz für IT- und Telekommunikations-Unternehmen: 7 | 5,06 |
In Sofia ist die Start-up-Szene noch jung. Die meisten Unternehmen befinden sich in der Wachstumsphase. Hier finden Kapitalgeber innovative Geschäftsmodelle. Derzeit investieren Venture Capital Funds (Englisch für Risikofonds) rund 170 Millionen Euro in Sofia. Das macht die bulgarische Hauptstadt zur künftigen Gründerstadt der Region.
Wachstum mit EU-Perspektive: IT-Industrie ist erfolgreich in der Republik Moldau
In der Republik Moldau ist die IT-Industrie ein Treiber für das Wirtschaftswachstum geworden. Moldau schafft es, IT-Investoren ins Land zu holen. Seit der Gründung des Moldova Innovation Technology Park im Jahr 2018 in der Hauptstadt Chisinau haben sich rund 250 Unternehmen mit ausländischem Kapital niedergelassen, unter anderem aus Polen, Zypern, Deutschland und den Niederlanden.
Dafür bietet Moldau den Unternehmen einen pauschalen Steuersatz von 7 Prozent auf Umsatz und Personalkosten sowie weitere Privilegien. Dazu zählt die Möglichkeit für IT-Unternehmer, die Geschäfte im Ausland zu führen, ohne eine Aufenthaltspflicht in Moldau. Dies hat die Regierung wegen des erhöhten Sicherheitsrisikos durch den Krieg in der Ukraine erlaubt.
Moldau wird langfristig weitere IT-Investitionen anziehen, solange die Regierung die proeuropäische Politik fortführt. Denn das Land ist EU-Beitrittskandidat. Die Regierung wird weitere Reformen zur Anpassung der Gesetze an EU-Regulatorien umsetzen. Mit der Möglichkeit eines Beitritts verbindet sich die Hoffnung, dass sich das Geschäftsklima im Land weiter verbessern wird und Geschäftsrisiken wie etwa die Korruption geringer werden.
Rumänien hat sich als F&E-Standort etabliert
Bukarest hat sich als als internationaler Standort für F&E etabliert. Denn dort finden global agierende Unternehmen nicht nur IT-Talente, sondern Forschungseinrichtungen. Der Technologiepark Bukarest etwa ist auf Nano- und Mikrotechnologie spezialisiert. In Bukarest kooperiert der deutsche Halbleiterhersteller Infineon mit der Polytechnischen Universität. Infineon Technologies entwickelt integrierte Schaltungen und Sensoren für die Automobilindustrie.
Die deutschen Kfz-Zulieferer und Automobilhersteller haben in Rumänien bereits in F&E investiert. Zuletzt eröffnete die BMW Group im Juli 2024 gemeinsam mit NTT Data einen IT-Hub in Cluj-Napoca. Dort programmieren 120 IT-Experten die Fahrzeug-Software von BMW und Mini.
Bestand ausländischer Direktinvestitionen in der IT-Branche 2023 | |
---|---|
Rumänien | 5,0 |
Bulgarien | 4,1 |
Republik Moldau | 0,2 |
Somit steht Rumäniens IT-Industrie nicht schlecht da im Wettbewerb um ausländische Investitionen. "Unternehmen weltweit erkennen, dass hier qualitativ hochwertige Software hergestellt wird", sagt Eduard Crețescu, Präsident von ANIS, dem rumänischen Verband der IT- und Softwareindustrie.
Die IT-Industrie in der Region Südosteuropa wird weiter wachsen und sich entwickeln, solange Unternehmen dafür in Zukunft ausreichend ausgebildetes Personal finden können. "Darum sollten wir mehr Geld in digitale Bildung investieren", sagt Eduard Cretescu.