In den Fällen, in denen nicht lediglich eine rumänische Entscheidung in Rumänien vollstreckt wird, sondern eine deutsche Entscheidung in Rumänien (2a) anerkannt und vollstreckt werden muss, ist aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters zunächst die europarechtliche Ebene zu berücksichtigen:
Für Entscheidungen, die in vor dem 10.1.2015 eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ergangen sind, ist seit dem EU-Beitritt Rumäniens am 1.1.2007 die Verordnung (EG--Europäische Gemeinschaft) Nr.--Nummer 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-I-Verordnung oder EuGVVO) auch in Rumänien unmittelbar anwendbar. Bereits vorher wurde mit Wirkung zum 16.5.2004 die EuGVVO übergangsweise bis zum EU-Beitritt in das rumänische internationale Verfahrensrecht eingegliedert (Gesetz Nr. 187/2003).
Diese regelt nicht nur die internationale und teilweise auch die örtliche Zuständigkeit in Streitigkeiten zwischen rumänischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern. Nach den Artikeln 32 ff.--folgende EuGVVO bestimmt sich vielmehr auch die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im jeweils anderen EU-Mitgliedstaat nach der EuGVVO.
Der Begriff “Entscheidungen“ umfasst dabei jede gerichtliche Entscheidung - ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung als Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid. Die jeweilige Entscheidung wird im jeweils anderen Land dabei ohne besonderes Verfahren anerkannt.
Die Partei, die die Anerkennung der Entscheidung erreichen möchte, hat nur eine beweiskräftige Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Gerichtsentscheidung darf jedoch im Anerkennungsstaat nicht mehr in der Sache selbst nachgeprüft werden (sog.--sogenannte Verbot der révision au fond). Nur wenige schwerwiegende Versagungsgründe wie etwa ein der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechendes Urteil können dabei die Anerkennung einer Gerichtsentscheidung noch hindern.
Voraussetzung für die Vollstreckung von anerkannten Gerichtsentscheidungen ist dabei, dass sie im Staat der Gerichtsentscheidung (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar sind und dass im Vollstreckungsstaat (so beispielsweise in Rumänien) einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgegeben wurde.
Auf Verfahren, öffentliche Urkunden oder gerichtliche Vergleiche, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen bzw. gebilligt oder geschlossen worden sind, finden die Vorschriften der EuGVVO in der Fassung der Brüssel-Ia-Verordnung Anwendung, sofern sie in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen. Demnach ergeben sich folgende Änderungen:
Für die Anerkennung der Entscheidung ist nur eine beweiskräftige Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie die sogenannte "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" notwendig (Artikel 37 EuGVVO). Die Bescheinigung ist in Anhang I der EuGVVO als Formblatt zu finden. Weiterhin gilt, dass die Anerkennung ohne besonderes Verfahren im jeweiligen Vollstreckungsstaat erfolgt (Art. 36 EuGVVO).
Damit eine anerkannte Gerichtsentscheidung vollstreckt werden kann, muss sie in dem Staat, in dem sie erlassen wurde (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar sein (Artikel 39 EuGVVO). Nach bisheriger Rechtslage musste darüber hinaus der Vollstreckungsstaat (in diesem Fall Rumänien) einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgeben (vgl. oben Abschnitt "Verfahren vor dem 10.1.2015"). Dieses sogenannte Exequaturverfahren wurde durch die Brüssel-Ia-Verordnung abgeschafft. Für die Vollstreckung ist nun allein die Vorlage einer beweiskräftigen Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie der oben genannten "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" erforderlich. Bei der Ausführung der Vollstreckung wird das Recht des Vollstreckungsstaates angewandt, sodass unter den gleichen Bedingungen volltreckt wird wie bei nationalen Entscheidungen (Artikel 41 EuGVVO). Wird die Vollstreckung einstweiliger Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen begehrt, gelten besondere Voraussetzungen (Artikel 42 Absatz 2 EuGVVO).
Die Anerkennung einer Entscheidung kann im Falle eines Antrags eines Berechtigten versagt werden (Artikel 45 EuGVVO), die Vollstreckung einer Entscheidung hingegen auf Antrag des Schuldners (Artikel 46 EuGVVO). Die beiden Versagungsverfahren sind identisch (Artikel 45 Absatz 4 EuGVVO). Dem Antrag wird jedoch nur stattgegeben, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, wie etwa ein den wesentlichen Grundsätzen des inländischen Rechts (ordre public) widersprechendes Urteil oder wenn für den Beklagten keine Möglichkeit bestand, sich ordnungsgemäß zu verteidigen (Artikel 45 EuGVVO). Die Gerichtsentscheidung darf nach wie vor im Anerkennungs-/Vollstreckungsstaat nicht mehr inhaltlich nachgeprüft werden (Verbot der révision au fond - Artikel 52 EuGVVO). Zuständig für die Bearbeitung des Antrags ist das rumänische Landgericht (Tribunalul) (vgl. Abschnitt örtliche und sachliche Zuständigkeit dieses Länderberichts) (Artikel 47 Absatz 1 EuGVVO). Gegen die Entscheidung über den Antrag kann jede Partei einen Rechtsbehelf vor der nächsthöheren Instanz einlegen (Artikel 49 EuGVVO), was in Rumänien das Appellationsgericht (Curtea de apel) ist.
Eine Sonderstellung nimmt der Europäische Vollstreckungstitel ein. Bei unbestrittenen Forderungen (z.B. bei der Anerkennung einer Forderung oder einer gütlichen Einigung mit dem Abschluss eines Vergleichs) kann ein solcher Europäischer Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 beantragt werden. Der Vorteil besteht darin, dass es in dem Vollstreckungsstaat keiner Vollstreckungserklärung bedarf. Das Gericht, an dem das Verfahren stattgefunden hat, stellt lediglich bei Vorliegen der Voraussetzungen den Europäischen Vollstreckungstitel aus.
Weiterführende Informationen zum Europäischen Vollstreckungstitel bietet das EU-Portal mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung.