Für die Gründung einer Kapitalgesellschaft in Schweden wird häufig die Form einer Aktiengesellschaft gewählt (aktiebolag, Abkürzung: AB). Das schwedische Aktiengesellschaftsgesetz Nr.--Nummer 551 vom 16.6.2005 (Aktiebolagslag (2005:551)) unterscheidet die Privat-Aktiengesellschaft (privat aktiebolag; vergleichbar der deutschen GmbH) von der Publikums-Aktiengesellschaft (publikt aktiebolag) (Kapitel 1 § 2 Absatz 1 Aktiebolagslag). Die Vorschriften des Aktiengesellschaftsgesetzes gelten grundsätzlich für beide Arten der Aktiengesellschaften, sofern es das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes vorschreibt (Kapitel 1 § 2 Absatz 3 Aktiebolagslag).
Die Gründung einer schwedischen Aktiengesellschaft kann durch eine oder mehrere natürliche Personen oder juristische Personen erfolgen (Kapitel 2 § 1 Aktiebolagslag). Für die Gründung ist kein Notar erforderlich. Die Gründer (stiftare) müssen eine Gründungsurkunde (stiftelseurkund) und eine Satzung (bolagsordning) aufsetzen. Den Inhalt der Gründungsurkunde regelt Kapitel 2 § 5 ff.--folgende Aktiebolagslag. Was die Satzung zwingend enthalten muss, besagt Kapitel 3 § 1 Aktiebolagslag. Sowohl die Gründungsurkunde als auch die Satzung müssen auf Schwedisch verfasst sein. Mit Unterzeichnung der Gründungsurkunde durch alle Gründer wird die AB gegründet (Kapitel 2 § 4 Absatz 1 Aktiebolagslag).
Das Mindestkapital für die Publikums-Aktiengesellschaft beträgt 500.000 SEK (Schwedische Krone) (Stand Oktober 2022 etwa 47.500 Euro) (Kapitel 1 § 5 Absatz 3 in Verbindung mit § 14 Absatz 1 Aktiebolagslag). Für die Privat-Aktiengesellschaft beträgt es auf 25.000 skr (Oktober 2022 etwa 2.290 Euro; Kapitel 1 § 5 Absatz 1 Aktiebolagslag). Die Aktionäre können Bar- (betaling i pengar) und Sacheinlagen (betaling med apportegendom) einbringen. Das Grundkapital muss vor der Registrierung eingebracht, das heißt die Bareinlagen bezahlt, die Sacheinlagen zur Verfügung gestellt worden sein (Kapitel 2 § 16 ff. Aktiebolagslag).
Der Gesellschaftsname muss das schwedische Wort für Aktiengesellschaft ("aktiebolag") oder deren Abkürzung ("AB") enthalten (Kapitel 28 § 1 Aktiebolagslag). Eine Privat-Aktiengesellschaft darf in ihrem Namen nicht das Wort "publikt" verwenden (Kapitel 28 § 2 Absatz 1 Aktiebolagslag), eine Publikums-Aktiengesellschaft nicht das Wort "privat" (Kapitel 28 § 2 Absatz 1 i.V.m. § 7 Satz 2 Aktiebolagslag). Der Name der Publikums-Aktiengesellschaft muss von "(publ)" gefolgt sein, wenn sich nicht aus dem restlichen Namen ergibt, dass es sich um eine Publikums-Aktiengesellschaft handelt (Kapitel 28 § 7 Satz 1 Aktiebolagslag). Im Internetportal verksamhet.se kann man überprüfen, ob der Gesellschaftsname bereits vergeben ist. Die Schwedische Unternehmensregisterbehörde (Bolagsverket) überprüft vor der Eintragung der AB, ob der Name den gesetzlichen Anforderungen gerecht wird.
Für die Verpflichtungen der Gesellschaft haften die Gesellschafter grundsätzlich nicht persönlich, d.h. die Haftung ist auf die jeweilige Stammeinlage begrenzt (Kapitel 1 § 3 Aktiebolagslag).
Der Verwaltungsrat ist verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Unterzeichnung der Gründungsurkunde die Aktiengesellschaft beim Unternehmensregister anzumelden (Kapitel 2 § 22 Aktiebolagslag) (weitere Ausführungen weiter unten unter dem Punkt Registrierung). Erst mit der Eintragung beim Bolagsverket erhält die AB ihre Rechtspersönlichkeit (Kapitel 2 § 4 Absatz 1 i.V.m. § 2 Aktiebolagslag).
Der Verwaltungsrat muss ein Aktienregister (aktiebok) nach Kapitel 5 Aktiebolagslag, welches eine Liste der Aktionäre enthält. Es ist regelmäßig zu aktualisieren. Darüber hinaus muss dem Bolagsverket auch mitgeteilt werden, wer die wirtschaftlichen Eigentümer (verklig huvudman) der Gesellschaft sind.
Die Aktiengesellschaft hat in der Regel drei Organe: die Hauptversammlung (bolagsstämma), den Verwaltungsrat (styrelse) und den Wirtschaftsprüfer (revisor).
- Die Hauptversammlung ist das oberste beschließende Organ der AB (Kapitel 7 § 1 Aktiebolagslag). Gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist eine Jahreshauptversammlung (ordinarie bolagsstämma / årsstämma) (Kapitel 7 § 10 ff. Aktiebolagslag). Darüber hinaus kann auch zu außerordentlichen Hauptversammlungen (extra bolagsstämma) geladen werden (Kapitel 7 § 13 Aktiebolagslag). Beschlüsse werden grundsätzlich mit Mehrheit der abgebenen Stimmen gefasst (Kapitel 7 § 40 Absatz 1 Aktiebolagslag). Etwas anderes gilt, wenn es im Gesetz oder in der Satzung so vorgesehen ist (Kapitel 7 § 40 Absatz 2 Aktiebolagslag).
- Der Verwaltungsrat wird von der Hauptversammlung bestimmt (Kapitel 8 § 8 Aktiebolagslag). Er ist für die Organisation und Verwaltung der AB verantwortlich (Kapitel 8 § 4 Aktiebolagslag). Der Verwaltungsrat vertritt die AB (Kapitel 8 § 35 Absatz 1 Aktiebolagslag). Die Geschäfte der laufenden Verwaltung führt eine geschäftsführende Person, Kapitel 8 § 29 und § 50, und insofern ist diese Person auch vertretungsberechtigt, Kapitel 8 § 36.
Pro AB gibt es mindestens einen Wirtschaftsprüfer (Kapitel 9 § 1 Absatz 1 Aktiebolagslag). Es muss sich hierbei mindestens um einen anerkannten Wirtschaftsprüfer (godkänd revisor) handeln (Kapitel 9 § 12 Aktiebolagslag). Ab einer bestimmten Größe muss der Wirtschaftsprüfer amtlich bestellt (auktoriserad revisor) sein (Kapitel 9 § 13 Aktiebolagslag). Der Wirtschaftsprüfer wird von der Hauptversammlung in der Regel für ein Jahr ernannt (Kapitel 9 § 8 Aktiebolagslag). Er kann aber auch für einen Zeitraum von bis zu maximal vier Jahren ernannt werden (Kapitel 9 § 21 Aktiebolagslag). Wer Wirtschaftsprüfer der AB ist, muss dem Bolagsverket mitgeteilt werden (Kapitel 9 § 47 folgende Aktiebolagslag). Seit November 2010 ist für Privat-Aktiengesellschaften die Bestellung eines Wirtschaftsprüfers entbehrlich, wenn sie eine entsprechende Klausel in ihrer Satzung aufgenommen haben und zwei der folgenden Charakteristika erfüllen (Kapitel 9 § 1 Absatz 2 und 3 Aktiebolagslag):
- durchschnittlich maximal drei Arbeitnehmer;
- Bilanzsumme von höchstens 1,5 Millionen SEK (Oktober 2022 etwa 137.000 Euro);
- Nettoumsatz von höchstens drei Millionen skr (etwa 275.000 Euro).
Während der Publikums-Aktiengesellschaft der Gang an die Börse freisteht und sie sich öffentlich finanzieren kann, ist dies der Privat-Aktiengesellschaft verwehrt (Kapitel 1 § 7 Aktiebolagslag).
Das schwedische Model für bessere Unternehmensführung (corporate governance) ist zum Teil im Aktiengesellschaftsgesetz und zum Teil durch separate Gesetze geregelt sowie zum Teil durch Selbstverpflichtungen gekennzeichnet. Von den separaten Gesetzen sind insbesondere das Buchführungsgesetz Nr. 1078 vom 2.12.1999 (Bokföringslag (1999:1078)) sowie das Jahresabschlussgesetz Nr. 1554 vom 14.12.1995 (Årsredovisningslag (1995:1554)) zu nennen. Zu den selbstverpflichtenden Regulatorien zählen die Leitlinien der schwedischen Institution namens Kollegiet för svensk bolagsstyrning (Swedish Corporate Governance Board). Es handelt sich dabei um den sogenannten Code of Corporate Governance (Svensk kod för bolagsstyrning), der regelmäßig aktualisiert wird. Trotz des prinzipiell freiwilligen Charakters des Regelwerks trifft die Unternehmen die Pflicht, ein Abweichen davon in offen zu legen und zu begründen; man spricht in diesem Zusammenhang vom "comply or explain"-Grundsatz.
Weitere Informationen zur schwedischen Aktiengesellschaft finden sich auf der Internetseite des Bolagsverket.