Podcast
Folge 9: Alternativen zu China: Der ASEAN-Raum
- August 2023 -
Welche Märkte und Produktionsstandorte eignen sich besonders?
Diversifizieren, Derisking, Unabhängigkeit: Das sind die Stichworte der Stunde. Corona und der Ukraine-Krieg haben endgültig gezeigt, dass sich die deutsche Wirtschaft breiter aufstellen muss. Auch die Bundesregierung hat mit der Vorstellung der aktuellen China-Strategie klar gemacht, dass sich keiner mehr Abhängigkeit von einem Land leisten kann. In dieser Folge zeigen Unternehmer und Expertinnen, welche Chancen neue Produktionsstandorte bieten und wieso gerade der ASEAN- Raum eine interessante Alternative zu China sein kann.
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Gäste in dieser Folge
Dies ist ein eingebettetes Bild | © Eva LangerbeckDr. Eva Langerbeck
Dr. Eva Langerbeck arbeitet seit November 2016 bei der AHK Malaysia in Kuala Lumpur und führt seit 2017 die Abteilung Corporate Services, die Unternehmen mit Standortanalysen, strategischer Markteinstiegsberatung, Firmengründungen, Lizenz- und Visabeantragungen oder erster Hilfe bei Schwierigkeiten mit Behörden unterstützt. Schwerpunkte ihrer Beratung sind die Elektrik- und Elektronikindustrie, Umwelttechnik, Kunststoffe, erneuerbare Energien, ESG, Lieferkettenmanagement und interkulturelle Schulungen. Seit Mitte 2020 ist sie zudem stellv. Geschäftsführerin und betreut zusätzlich das Projekt- und Delegationsgeschäft der Kammer.
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Alexander Ziehe
Alexander Ziehe lebt seit 2016 in Asien und vertritt Viessmann, einen führenden deutschen Technologieanbieter für Klima- und Energielösungen im asiatisch-pazifischen Raum. Er leitet die regionalen Vertriebsaktivitäten in Südostasien und Australien mit Schwerpunkt Vietnam. Zuvor war er für Viessmann in Peking, Shanghai und Singapur tätig. Während seiner Karriere in Asien war er zudem auch an der AHK China, Singapur und Australien aktiv beteiligt. Er ist Gründungsmitglied des Young Leaders Circle in Peking und Mitglied des AHK Energy Cluster in Australien. Aktuell sitzt Alexander Ziehe im Board der German Business Association und der Eurocham in Vietnam. Er studierte Wirtschaftswissenschaften und Geschichte in Jena, Göttingen, Finnland und den USA. Darüber hinaus ist er Fellow des Leadership-Programms des St. Gallen Management Instituts.
Weiterführende Informationen
Sourcingchancen in Südostasien
In einer früheren Folge haben wir uns unter anderem Australien und Brasilien als alternative Beschaffungsmärkte zu China angeschaut: Podcast Folge 5: Beschaffungsmärkte: Seltene Erden
Transkript der Folge
Sprecher: Aus keinem anderen Land der Welt importiert Deutschland so viel wie aus China. Die Volksrepublik ist ein wichtiger Produktionsstandort für deutsche Unternehmen und ein sehr bedeutender Absatzmarkt. Geopolitisch geht China allerdings seinen eigenen Weg. Und dabei will es sich von niemandem stoppen oder bevormunden lassen. Auch die Lieferkettenprobleme in den Coronajahren haben gezeigt, welche enormen Nachteile eine hohe Abhängigkeit von China mit sich bringt.
Die Bundesregierung hat jetzt ihre China-Strategie vorgestellt. Aber hören wir doch kurz bei Außenministerin Annalena Baerbock rein, die eines der zentralen Ziele der Strategie vorstellt:
Baerbock: „Wir wollen uns von China nicht abkoppeln, sondern Risiken so weit wie
möglich mindern. Im letzten Jahr haben wir schmerzhaft erlebt, wie verwundbar uns einseitige Abhängigkeiten machen. Um diesen Fehler nicht zu wiederholen haben wir als Bundesregierung und in der EU Derisking zum Gebot der Stunde gemacht.
Dazu gehört, dass die Verantwortlichkeiten für riskante unternehmerische Entscheidung klar bleiben. In guten Zeiten auf die unsichtbare Hand des Marktes zu vertrauen und in schwierigen Zeiten in Krisenzeiten nach dem starken Arm des Staates zu verlangen, das wird auf Dauer nicht funktionieren, das kann auch nicht eine der stärksten Volkswirtschaften der Welt stemmen. Wir müssen daher aus unserem volkswirtschaftlichen, gemeinsamen gesellschaftlichen Interesse
unsere wirtschaftliche Sicherheit stärker in den Mittelpunkt stellen. Und
das heißt vor allen Dingen, Klumpenrisiken, die eben nicht nur einzelne betreffen, sondern eine gesamte Volkswirtschaft, minimieren. Deshalb werden Unternehmen, die sich in hohem Maße vom chinesischen Markt abhängig machen, in Zukunft das finanzielle Risiko verstärkt selbst tragen müssen.“
Auch deutsche Unternehmen möchten unabhängiger von der Volksrepublik werden und suchen nach Alternativen., zum Beispiel im südostasiatische Raum.
Bevor wir uns gleich von Eva Langerback von der Deutsch-Malaysischen Industrie- und Handelskammer die besondere Stellung der ASEAN-Staaten als Alternative zu China erklären lassen, sprechen wir mit Alexander Ziehe von Viessmann.
Das Unternehmen ist ja in Deutschland vor allem für seine Heizungen bekannt und war in den letzten Wochen in der Presse wegen der Übernahme seiner Klimasparte durch einen US-Konkurrenten präsent. Wir wollen mal nachhorchen, welche Alternativen zu China Viessmann vielleicht sogar schon gefunden hat.
Sprecher: Xin Chao Herr Ziehe. Können Sie sich anfangs kurz vorstellen?
Ziehe: Ich arbeite jetzt für Viessmann, seit sechs Jahren in Asien. Ich habe erst in China gearbeitet, habe dort für das Thema Business Development gearbeitet, war dann auch dort Assistent der Geschäftsführung und bin jetzt seit 2018 dann auch mit dem Projekt Südostasien betraut gewesen. Habe das strategisch erst entwickelt und bin jetzt ja dafür zuständig, als Geschäftsführer dort unser Vertriebsnetzwerk aufzubauen. Das inkludiert Singapur, Indonesien, Vietnam, Malaysia, Thailand bis runter nach Australien, Neuseeland. Also das ist die Region, die ich betreue. Ich selber lebe seit acht Jahren jetzt in Asien und habe das nie bereut und freue mich auch dort weiter agieren zu dürfen.
Sprecher: Viessmann hat gerade eine neue Fabrik in Vietnam eröffnet. Man sagt ja, in Südostasien geht manches schneller als in Deutschland. Ist das so?
Ziehe: Es waren weniger als zwölf Monate. Wir haben die Lizenz letztes Jahr im November bekommen. Sprich, wir haben acht Monate gebraucht.
Sprecher: OK, das ist wirklich schnell, zumindest aus deutscher Sicht. Was denken Sie über Südostasien allgemein aus ihrer Unternehmerperspektive?
Ziehe: Südostasien ist hoch dynamisch aufgrund von verschiedenen Faktoren. Wir haben eine sehr gesunde Demographie. Es ist eine sehr junge Bevölkerung in all diesen Ländern, bis auf Singapur, die sehr gewillt ist, auch wirklich hart zu arbeiten und das auch zu übersetzen in Opportunitäten. Also es gibt eine sehr hohe Offenheit, was Neues auszuprobieren. Es gibt sehr hohe Offenheit von Investoren, Projekte anzustoßen und es gibt eben auch eine sehr gute Lage. Also Südostasien liegt zwischen allen Weltmeeren gefühlt und ist Durchschlagsplatz für Waren Richtung USA, Richtung Australien, Neuseeland, Richtung Europa, Richtung Afrika. Das heißt, es findet auch viel statt. Gleichzeitig gibt es eine sehr, sehr diversifizierte wirtschaftliche Struktur. Es gibt viel Industrie, es gibt aber auch viel Tourismus zum Beispiel, es gibt viel Service, Dienstleistungen, auch IT, viele IT- Dienstleister, was einfach bedeutet, es gibt sehr viele verschiedene Player in diesen Märkten, mit dem man zusammen agieren kann und Projekte aufbauen kann und das auch in guter Qualität. Also das macht das Ganze als Region total interessant. Und gleichzeitig gibt es natürlich auch die geopolitischen Faktoren. Also wir haben natürlich eine Diversifizierungsstrategie von vielen westlichen Firmen, zu sagen okay, neben China brauchen wir noch einen zweiten Footprint in Asien und da bietet sich Südostasien eben aufgrund der schon vorhandenen Strukturen, aber auch aufgrund der gesunden Demografie, der politischen Stabilität in den meisten Ländern sehr gut an und das in der Kombination macht sehr Südostasien zu einem der interessantesten Märkte aktuell.
Sprecher: Wie lange wird es dauern, bis Südostasien tatsächlich eine Alternative zu China sein kann?
Ziehe: Das hängt natürlich davon ab, welchen Blickwinkel man wählt. Also sowohl China als auch Südostasien für sich genommen sind sehr interessante Konsumenten Märkte. Das heißt, wenn man wirklich Lösungen hat, die vor Ort genau auf die Kundengruppe zugreifen oder zugeschnitten sind, dann braucht man nicht über Alternativen reden, sondern dann redet man eher, über zusätzliche Potenziale, die man mit einem vernünftigen Footprint vor Ort generieren kann. Es gibt aber natürlich Sektoren, wo jetzt schon Südostasien eine Alternative ist, also gerade sehr Lohn getriebene und immer noch sehr, sehr handwerklich getriebene Industriezweige. Gerade Textil zum Beispiel. Da hat die Verlagerung schon seit Jahren sehr an Zug aufgenommen. Also viele Bekleidungsindustrie sind schon abgewandert aus Südchina Richtung Kambodscha, Richtung Vietnam. Also das hat ja schon längst stattgefunden. Und wichtiger ist, dann eher zu gucken okay, wo ist mein globales Produktions- und Verbundsmuster, was mehr Sinn macht. Also Vietnam zum Beispiel ist sehr sehr stark integriert in den ganzen Freihandelsabkommen. Das heißt, wenn man sehr stark von Zoll und anderen Modalitäten abhängig ist. Es ist auch jetzt schon Vietnam eine Alternative zu China als Beispiel oder auch selbst als Hightech-Standort. Singapur hat auch Produktion. Man glaubt es kaum und hat dort extrem extrem hohe IP-Sicherheit gleichzeitig. Das heißt es ist sehr interessant für die Pharmaindustrie, sehr interessant auch für andere High Value Manufactures, da jetzt schon aktiv zu sein. Das heißt aber natürlich nicht, dass China total unattraktiv wird. Also ich glaube, es ist eher ein sinnvolles Zusammenspiel aus beiden Regionen, die zum Erfolg führen.
Sprecher: Wie läuft das konkret bei Viessmann? War die Marke in den südostasiatischen Ländern bereits etabliert oder mussten Sie bei null anfangen?
Ziehe: Also in China sind wir jetzt seit über 20 Jahren, da sind wir sehr gut etabliert, sehr bekannt auch als Premiumhersteller und haben entsprechend auch da einen langen Footprint. Wir haben zwei Werke, wir haben mehrere Vertriebs Büros, wir haben eine eigene F& E Abteilung dort für die Lösungen lokal. Und das hat sich sehr gut als Basis für uns erst mal organisatorisch erwiesen, um nach Südostasien zu gehen, wo wir nämlich gar nichts bisher hatten. Wir haben ab und zu mal für Kunden, die uns über Deutschland kennen, mal ein paar Export Aufträge generiert, aber das ist quasi nicht erwähnenswert. Wirklich strukturell gehen wir den Markt jetzt seit 2018 an, die Marke ist gar nicht bekannt gewesen. Die Produkte waren auch nicht bekannt. Wir haben auch keine keine langfristigen Beziehungen zu irgendwelchen Händlernetzwerken oder ähnliches. Es ist wie ein Startup, der wirklich überall mehr oder weniger von Null angefangen, aber natürlich mit dem Support aus der Zentrale und der starken Marke Viessmann als deutsche Premiummarke, was auch in Asien immer noch sehr, sehr gut zieht. Also dieses Made in Germany, Engineered in Germany öffnet Türen. Man muss danach natürlich die auch die Werte, die man da verspricht, auch einhalten. Heißt Produktqualität. Und so weiter. Müssen auch vor Ort gegeben sein. Aber das ist natürlich ein Opener und da sind wir auch gerade. Also wir sind dabei, viele Türen aktuell zu öffnen. Wir sind noch lange nicht etabliert. Wir sind sehr neu im Markt, haben aber gleichzeitig auch sehr gutes Feedback schon von allen, die uns jetzt kennen. Also von Feedback zu Produkten, zur Marke und ähnlichem. Da haben wir durchgehend sehr gutes Feedback und das motiviert natürlich, da auch weiterzumachen und da jetzt auch zu investieren in die Region. Wir haben unser Werk in Vietnam vor genau einem Monat eröffnet. Wir bauen neue Vertriebs Büros auf und haben auch vor Ort erste F & E Kapazitäten, so das in der Kombination führt natürlich dazu, dass wir zum einen dafür sicherstellen können, dass wir wirklich sehr stark lokale Lösungen basierend auf lokalen Bedürfnissen anbieten können. Auf der anderen Seite zeigt das natürlich auch gegenüber all unseren Partnern im Vertrieb, aber auch im Sourcing, Viessmann is here to stay und das entfaltet seine ganz eigene Dynamik, mit der wir aktuell arbeiten können.
Sprecher: Gibt es denn Voraussetzungen oder Faktoren, die Unternehmen für einen Erfolg in Vietnam oder Asien allgemein aus ihrer Sicht erfüllen müssen?
Ziehe: Für uns sind es drei zentrale Faktoren. Nummer eins ist natürlich das ganze Thema Marke, Viessmann-Geschichte – 107 Jahre. Und auch die Erfahrung, die damit verbunden ist, die viel Vertrauen schafft. Es gibt viele, viele asiatische Firmen, die auch schon mit anderen deutschen Kunden arbeiten, auch Endkonsumenten. Es gibt zum Beispiel eine sehr große deutsch-vietnamesische Community. Das sind so die Soft Factors, die uns treiben. Aber Nummer zwei, was ganz wichtig ist, einfach zu zeigen, okay, ich habe den Markt verstanden mit dem Lösungen, die ich anbiete. Wir bieten da primär Warmwasser und Wasser-Reinigungssysteme an, weil das ist das, was vor Ort wirklich gebraucht wird. Eine Heizung bis auf vielleicht in die Berge in Nord-Vietnam ist jetzt kein Business Case für sich. Entsprechend kann ich natürlich nicht mit meinen deutschen Produkten, die auch preislich ganz woanders stehen als das, was der Markt gewöhnt ist, dort einfach aufschlagen. Das heißt zeigen, dass man die Hausaufgaben gemacht hat, zeigen, dass man auch wirklich lokalisieren kann, also jeder ist gewillt, einen Premiumpreis zu bezahlen für eine Premiummarke und für ein Premiumprodukt. Aber natürlich gibt es auch da ein Limit, das heißt zu zeigen, okay, ich kann mich innerhalb des Marktes bewegen, hilft sehr, sehr stark. Nummer drei, und das ist eigentlich das Wichtigste von allem, man braucht die richtigen Leute im Team und die richtigen Partner. Das ist das dritte. Wir haben ein sehr starkes Management Team, was viel lokale Erfahrung hat und auch etabliert ist und auch bekannt ist. Ich habe Leute im Vertrieb, die sind seit Jahrzehnten in unserer Branche unterwegs. Natürlich nicht für Viessmann. Sind aber auch überzeugt davon, was wir als Marke und was wir als Produktportfolio haben und sind damit sehr, sehr starke Fürsprecher, um schnell auch bei Partnern Vertrauen aufzubauen. Aber wie gesagt, das ist, das geht immer nur zusammen, indem man die Marke auch damit prüft, ja, was man dann wirklich liefert. Also es ist wirklich das Zusammenspiel aus allen drei Faktoren Menschen, Marke, Produkte.
Sprecher: Wie viel produzieren Sie noch in Deutschland? Und wie viel wird in Südostasien produziert?
Ziehe: Also, wir produzieren in Südostasien für Südostasien. Wir haben im ganzen Industrie und Commercial Bereich produzieren wir aber alles immer noch in Deutschland für Südostasien. Es gibt zwei verschiedene Marktsegment, das gibt es ja, ich sag mal preis get riebene Endkundensegment, wo es sehr stark darum geht, wirklich auch lokal agieren zu können. Da sind auch Lösungen, die in Deutschland gar nicht so verbreitet. Wir haben kein Problem mit unserer Trinkwasserqualität, also brauchen wir seltenst Trinkwasserfilter, also im Hausbereich. Das sind so kleine kleine Unterschiede, die natürlich dafür sorgen, dass wir schon mal da ganz anders unterwegs sind. Aber im ganzen Bereich gewerbliches und industrielles Bauen haben wir alle Lösungen aus Deutschland. Die sind auch bewusst so gefragt. Also da ist es so: Warum entscheiden sich Firmen für Firmen? Weil wir immer noch sicherstellen können, dass wir vor Ort die richtige Qualität aus Deutschland liefern können. Dass es reliable ist, dass man wenn man zum Beispiel eine Produktion hat und ganz viel warmes Wasser oder warmen Dampf brauchen wir da eine Wärmepumpe oder Boiler hinstellen, dass Leute sich darauf verlassen können, dass es funktioniert? Dafür werden wir gekauft, weil Produktionsprozesse sollen nicht unterbrochen werden und dort ist immer noch Made in Germany ganz stark und wird auch stark bleiben. Also wir haben da eine differenzierte Strategie zwischen dem Hausbereich, dem Residential Bereich und allem, was größer als.
Sprecher: Warum sollte sich ein Unternehmen in der Region engagieren?
Ziehe: Ganz stark erst mal vertrieblich gesehen - ASEAN ist natürlich noch lange nicht da und wird auch ganz lange nicht da sein, wo die Europäische Union ist. Aber es gibt halt diese ganz starke Einbindung beim Thema Freihandelsabkommen. Das hilft schonmal a in der Region. Aber entsprechend auch zum Beispiel mit Deutschland. So, das nächste was total attraktiv ist, ist einfach the Ease of Business. Es gibt sehr viel Förderung, um Produktion aufzubauen, viele Steuernachlässe in den Industriezonen. Es gibt eine sehr hohe Dynamik. Wenn man vor Ort gut vertreten ist und sich ein bisschen auskennt, können Prozesse sehr, sehr schnell gehen. Und das natürlich, aber alles legal. Aber wir haben zum Beispiel unser Werk in weniger als zwölf Monaten ausstatten und zum Produktionsstart bringen können. Das ist alles auch geschuldet dessen, dass Genehmigungsverfahren usw viel, viel einfacher sind als das, was wir aus Europa kennen. Gemeinsam mit mit dem ganzen Faktor, dass auch, dass das Arbeitsrecht und andere Themen zulassen, dass man schnell Leute einstellen kann und dass es einfach Speed ist King in Asien heißt. Und das übersetzt sich halt auch in der ganzen Struktur. Es gibt aber auch Herausforderungen, ganz klar. Man muss die richtigen Lizenzen erwerben, man muss sich im lokalen Recht natürlich bewegen und da kommt man manchmal mit seinem Verständnis aus Deutschland nicht weiter. Deswegen ist es umso wichtiger, dass man vor Ort ist und dass man auch vor Ort die richtigen Mitarbeiter und die richtigen Partner hat, damit es schnell vorangeht.
Sprecher: Sie konnten ja ihre Fabrik in Vietnam extrem schnell hochziehen. Gilt das denn auch für den Ausbau der Infrastruktur in der Region?
Ziehe: Das kann ich für die ganze Region bestätigen. Also wir haben in Singapur wird der Hafen aktuell ausgebaut, in Indonesien gibt es ein neues Hauptstadt Projekt, sogar mit allem was dazu gehört. Weil einfach gesagt wird okay, Jakarta ist halt klimatisch unter Druck. Es ist ein Sumpf und wir müssen quasi Alternativen aufbauen. Das heißt, auch da entstehen natürlich neue Flughäfen, neue Straßen, neue Häfen. Und ganz stark ist auch Vietnam. Der Norden hat erst vor ein paar Jahren einen massiven Ausbau erlebt im Thema Straßennetz. Das ganze Thema Highways, zwischen denen Überseehäfen nachher bis nach Hanoi und in die umgebenden Provinzen hat sich extrem weiterentwickelt. Es gibt massive Hafen Projekte in Südvietnam, gibt es schon drei Häfen in der Nähe von Ho Chi Minh Stadt. Da soll jetzt weiter ausgebaut werden, also alle Häfen selber, neue Häfen erschlossen werden. Es gibt aktuell Projekte in Richtung Ein-Schienen-Bahn, also Nahverkehrsnetzwerk. Auch da Straßenbauprojekte sind mehrere schon freigegeben worden von der Regierung. Und das dann auch noch zusammen mit dem neuen Flughafen, der da gebaut wird, zeigt, dass da massiv investiert wird. Und das können wir auch als Erfolgsgeschichte aus China. Einer der wichtigen Faktoren für China war immer, dass die Infrastruktur priorisiert wurde. Und das zeigt sich jetzt auch in vielen anderen Ländern in Südostasien. Das ist ein sehr, sehr starker Faktor, auf den die Regierung Wert legt. Und das gemeinsam natürlich dann auch mit massiven Projekten, wenn es um zum Beispiel in unserem Bereich Residential geht. Es werden viele neue Wohnungen gebaut, neue neue Kondomiminums, also Wohnanlagen. Das ist natürlich dann für uns auch ein attraktiver Markt und auch für viele andere. Es ist nicht nur die staatlichen Investitionen, sondern auch die privaten Bauvorhaben, die viel, die viel Dynamik versprechen.
Sprecher: Suchen viele Unternehmen nach Alternativen zu China?
Ziehe: Ja, ganz klar. Also wenn man sich dann auch unterhält mit den Industriezonen, dann ist immer das erste Feedback: Das Land wird knapp. Das können wir auch so bestätigen. Also wir haben mehrere Partnerunternehmen, die wir aus Europa kennen, die auch aktuell Werke, also auch mit zweistelligen Millionensummen Werke aufbauen. Siemens hat erst letztens ganz große Investitionen angekündigt, inklusive Singapur mit einem Hightech Standort. Also es ist nicht eben nicht nur Vietnam oder Kambodscha, sondern auch wirklich die hochpreisigen und hoch segmentierten Bereiche geht es mittlerweile. Und das hat mehrere Faktoren oder basiert auf mehreren Faktoren. Ich glaube, ein wichtiges Momentum ist dieses geopolitische Thema, sich zu diversifizieren von China, dann aber auch das gemeinsam mit dem Marktpotenzial, die sich jetzt erschließen. Es ist ja nicht nur, dass die Bevölkerung jung ist, ist attraktiv, sondern auch, dass das Einkommens Level steigt. Also die Mittelschicht wächst extrem in Südostasien. Das heißt, alle, die auch Interesse haben, dort Südostasien als Absatzmarkt zu verstehen, haben gerade sehr hohes Interesse auch das zu übersetzen in eigenem Footprint vor Ort. Dementsprechend wir haben - ich bin ja selber auch noch bei der deutschen Außenhandelskammer bzw bei German Business Association unterwegs, in der europäischen Kammer auch im Board - und wir haben ständig Anfragen. Also die Firmen. Ja. Drücken sich gegenseitig die Klinke in die Hand, würde ich sagen. Um jetzt zu erkunden, welche Potenziale wir haben. Und viele Firmen leiten daraus auch ab, ein Projekt zu entwickeln.
Sprecher: Sieht sich Südostasien selbst als direkte Konkurrenz zu China?
Ziehe: Ich glaube, im asiatischen Kontext ist erst mal wichtig, dass es weniger die Betonung des Gegens gibt, sondern eher die Betonung des Was kann man gemeinsam erreichen? Und das ist auch meine Wahrnehmung. Es wird weniger über China diskutiert als mehr okay, was können wir selber für uns daraus machen und wie können wir uns selber weiterentwickeln? Als wildern zu gehen, zu Firmen, die in den China Footprint haben und sagen jetzt kommt doch lieber hier hin, es ist irgendwie da und da günstiger. Die Dynamik ist von ganz alleine da, dass man da vor Ort gar nicht so viel Interesse hat, das zu überbetonen. Also es gibt China eigentlich eher im in unserem Diskussions Kontext gerade mit mit auch Deutschland – wo müssen wir uns weiterentwickeln –Thema. Aber vor Ort reden Leute eigentlich immer nur über China, wenn Besucher kommen aus dem Ausland, also aus Europa oder aus den USA. Das ist das vielleicht, wie ich das wahrnehme. Sprich es gibt so viel vor Ort zu tun, dass man sich gar nicht auf andere Regionen konzentrieren muss und vergleichen muss. Das ist eigentlich die Lage. Was wichtig ist, ist aber natürlich in welchem Kontext Investoren handeln. Und dort ist es ein extremes Thema. Und da sehen wir schon, dass Südostasien sehr viele Anstrengungen unternimmt, attraktiver zu sein. Also die Kommunikation auch in den auch in den Ländern, die nicht demokratisch regiert sind gegenüber Investoren deutlich offener. Es gibt eben nicht diese Themen wie die Chinese Firewall. Also das ganze Thema Internetzensur. Wir haben insgesamt ein Klima, was sehr Investorenfreundlich ist und wo sich auch absehbar nichts ändert. Es gibt keine keine Dynamik, die rückläufig ist, eher im Gegenteil. Es wird auch sehr betont, auch bei staatlichen Projekten eben private Partnerschaften aufzubauen mit ausländischen Investoren. Vietnam zum Beispiel hat jetzt erst sein Energy Development Plan vorgestellt. Da geht es massiv um das Thema Abhängigkeit vom Kohlestrom zu verringern, in Richtung Renewables zu gehen. Und dort ist als ganz, ganz großes Kapitel benannt Private Public Partnerships mit ausländischen Investoren. Und das ist genau das, was die Dynamik vor Ort auch gut gut widerspiegelt für die ausländischen Investoren und. China hat viele Jahre einfach das Glück gehabt, dass es so attraktiver als Markt ist, man sich nicht unbedingt immer um alle Investoren bemühen musste. Und das ist in Südostasien halt der große Vorteil. Die Länder sind kleiner und es ist auch für kleinere Investoren attraktiv und es wird auch attraktiver gemacht.
Sprecher: Herr Ziehe, vielen Dank für das Gespräch und dann noch viel Erfolg in Südostasien.
Sprecher: Die Association of South East Asian Nations, besser bekannt als ASEAN, ist eine Organisation mit 10 Mitgliedsstaaten - Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam, - und zugleich ein dynamischer Markt mit etwa 660 Millionen Einwohnern. Die Mitglieder kooperieren wirtschaftlich – insbesondere durch die ASEAN-Freihandelszone – , aber auch politisch und kulturell. Zum Beispiel gibt es seit 1979 den South East Asian Writers Award, der jährlich an Schriftsteller aus den ASEAN Ländern vergeben wird. Auch regelmäßige Gipfeltreffen sowie eine Flagge und eine Hymne gibt es. In mancher Hinsicht ähnelt ASEAN also durchaus der EU, aber es gibt auch wichtige Unterschiede. Zum Beispiel ist die EU exklusiv für den Abschluss von Freihandelsabkommen zuständig, ASEAN aber nicht. Und so kommt es, dass die EU mit vielen ASEAN-Mitgliedsstaaten direkt über Handelserleichterungen verhandelt. Mit Vietnam und Singapur hat die EU bereits Freihandelsabkommen
Das Freihandelsabkommen mit Vietnam gilt seit 2020. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits ca. 65% aller Zölle auf Waren mit europäischem Ursprung weggefallen. Darüber hinaus wird das Abkommen schrittweise bis 2030 fast alle verbleibenden Zölle auf Waren mit europäischem Ursprung beseitigen. Umgekehrt wird auch die Einfuhr vietnamesischer Ursprungswaren in die Europäische Union bis 2027 nahezu komplett zollfrei sein. Dadurch wird Vietnam, ein Land mit fast 100 Millionen Menschen, als Handelspartner noch einmal wesentlich interessanter.
Und das Abkommen geht über das Thema Zölle weit hinaus. Es öffnet zum Beispiel behutsam den Markt für öffentliche Aufträge, es verpflichtet beide Parteien zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards in Sachen Arbeitnehmerrechte sowie Nachhaltigkeit und Umweltschutz, und es schützt bestimmte Bezeichnungen. So sind die Begriffe „Schwarzwälder Schinken“ und „Lübecker Marzipan“ auch in Vietnam geschützt, aber natürlich auch der vietnamesische Pfefferminzhonig namens „Mèo Vac“ in der Europäischen Union.
Derzeit laufen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Indonesien. Mit Malaysia, Thailand und den Philippinen, sind die Verhandlungen derzeit ausgesetzt. Mehr dazu erfahren sie später in diesem Podcast. Langfristig ist ein Abkommen zwischen der EU und ASEAN denkbar. Bis es dazu kommt, bleibt Südostasien ein immer interessanter werdender Handelspartner, über den Germany Trade & Invest weiterhin laufend berichten wird. Den Link zur Berichterstattung finden Sie in den Shownotes.
Sprecher: Viessmann setzt also auch verstärkt auf ASEAN. Doch wie sieht es mit anderen Unternehmen aus? Blicken wir gemeinsam mit Eva Langerbeck von der Deutsch-Malaysischen Industrie- und Handelskammer genauer auf die Region.
Sprecher: Guten Tag, Frau Langerbeck. Schön, dass Sie Zeit haben. Können Sie sich zum Anfang kurz vorstellen?
Langerbeck: Sehr gerne. Ich arbeite in Malaysia seit November 2016 bei der Deutschen Malaysischen Industrie- und Handelskammer. Das ist die offizielle Wirtschaftsvertretung der deutschen Wirtschaft vor Ort. Gleichzeitig Mitgliederorganisation und auch Dienstleister, vor allem für deutsche KMUs. Ich leite dort den Hauptdienstleistungsbereich. Das heißt, wir betreuen Firmen zum Thema Markteinstieg, Firmengründung, Visa-Lizenzen und dergleichen bringen Delegation nach Malaysia. Gleichzeitig bin ich außerdem die stellvertretende Geschäftsführerin.
Sprecher: Nicht jeder Mittelständler wird Malaysia als Markt oder Produktionsstandort auf dem Radar haben. In welchen Wirtschaftssektoren ist denn Malaysia derzeit besonders erfolgreich oder was sind die größten Wachstumsbranchen?
Langerbeck: Eine der größten Wachstumsbereiche ist die Elektronik-Elektrik-Branche. Da werden über 84 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen getätigt. Infinion hat über 10.000 Mitarbeiter beispielsweise vor Ort. Osram, Bosch, Intel und so weiter sind dort vertreten. Also eigentlich alle großen Elektronikkonzerne aus Japan, Korea, den USA oder auch Europa produzieren in Malaysia. Weniger, was wir zum Beispiel von Taiwan kennen, im klassischen Ship-Design-Bereich, sondern vor allem im Bereich Verpackung und Testing, aber eben dann auch entsprechende Zulieferercluster, die sich herausgebildet haben. Dann haben wir den großen Bereich Kunststoffe. Malaysia ist traditionell Kautschuklieferant gewesen und hat daher sehr viel Expertise in diesem Bereich. Auch da hat sich ein großer Industriezweig herausgebildet, der gleichzeitig wieder Zulieferer für andere Industriezweige ist. Medizintechnik ist vor Ort sehr stark vertreten. Braun hat das weltweit größte Produktionswerk dort mit über 8000 Mitarbeitern vor Ort. Schon seit den 70ern auf der Insel Peleng. Auch die Firma Fresenius ist zum Beispiel vertreten, auch Bayer und so weiter. Dann ist stark im Kommen der Bereich Umwelttechnik im Moment. Also alles, was in den Bereich Wasser, Müll, Recycling und dergleichen geht, ist stark im Kommen. Die Automobilbranche ist auch ein weiterer großer Sektor. Auch wenn wir Toyota als Produktionsstandort verloren haben, von den deutschen Konzernen sitzen eigentlich fast alle in Malaysia. VW hat sein größtes Teilelager für Südostasien und Asienpazifik hier in Malaysia. Und dann haben wir natürlich noch den Öl- und Gasbereich, da Malaysia dort auch selber Rohstofflieferant ist und entsprechend die Zuliefererindustrie.
Sprecher: Man hat es schon ein bisschen mitklingen hören in den Zwischensätzen. Aber ich wollte noch mal genau fragen, was macht Malaysia denn so spannend für deutsche Unternehmen?
Langerbeck: Das ist eine gute Frage. Das ist, denke ich, eine Kombination aus Standortfaktoren und der Tatsache, dass Malaysia sich bei internationalen Konflikten immer im Hintergrund hält und eher neutral agiert. Einerseits liegt Malaysia ja im Herzen Südostasiens, ist Mitglied der ASEAN, Gründungsmitglied und hat daher Zugriff auf sehr viele Freihandelsabkommen. Ist geografisch gut positioniert, das heißt, man erreicht von Malaysia aus innerhalb von vier Stunden eigentlich die meisten umliegenden Länder relativ bequem. Die Bevölkerung ist englischsprachig, das heißt im Vergleich zu Thailand oder auch Vietnam hat man weniger Sprachbarrieren hier vor Ort. Das macht natürlich auch das Entsenden von ausländischen Arbeitskräften einfacher. Malaysia hat sehr liberale Landkauf-Regularien, das heißt anders als in den meisten asiatischen Ländern kann man hier zu 100 Prozent auch als ausländisches Unternehmen Land käuflich erwerben, was entsprechend dann für Produktionsvorhaben natürlich sehr interessant ist. Beim Ease of Doing Business ist Malaysia ziemlich weit vorne in der Region und hat seine Position auch weiter verbessert, aktuell auf Rang 18. allen Ländern weltweit. Liegt unter anderem daran, dass auch Baugenehmigungen und dergleichen hier sehr schnell durchgehen. Es Förderprogramme auch im steuerrechtlichen Bereich gibt, Einkommenssteuervorteile dann auch für Unternehmen, die sich hier ansiedeln. Und dann ist Malaysia ein etablierter Investitionsstandort. Das heißt, wir haben ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland, ein Investitionsschutzabkommen und relativ gute Gerichtsbarkeit nach britischem Vorbild. Malaysia ist ja ehemalige britische Kolonie, sodass die Firmen hier ein sehr gutes Umfeld vorfinden. Und bedingt dadurch, dass sehr viele Firmen schon seit den 70er Jahren vor Ort sind, gibt es eben entsprechende Industriecluster, sodass man auch vor Ort lokale Zulieferer finden kann.
Sprecher: Helfen Sie von der Deutsch-Malaysischen Industrie- und Handelskammer mit, dass man sowas planen kann?
Langerbeck: Unternehmer können sich mit allen Fragen natürlich an die Kammer wenden. Wir sind sehr stark im Dienstleistungsbereich aufgestellt, weil viele Sachen hier in Malaysia nicht digital funktionieren, beziehungsweise man mit unterschiedlichsten Behörden oft zu tun hat. Das heißt, wir können von Anfang an quasi unterstützen. Angefangen davon, wo ist der beste Standort in Malaysia bei der Firmengründung, welche Gesellschaftsform ist die richtige, welche Lizenzen brauche ich, bei welcher Bank eignet sich Bankkonto für mich und dann natürlich die entsprechenden Arbeitsvisaformalitäten und dergleichen. Wir machen im Jahr ungefähr 150 Visa-Anträge. Das schon seit 2012, sind da wirklich sehr erfahren und auch sehr erfolgreich.
Sprecher: Wie viele deutsche Unternehmen gibt es derzeit in Malaysia?
Langerbeck: Wir haben aktuell über 700 deutsche Unternehmen, die hier vor Ort fertigen und dann eine eher unbekannte Zahl an Sales Offices, Vertriebsbüros und dergleichen. Das kann gut und gerne nochmal dieselbe Anzahl sein, weil darunter auch oft Start-ups sind, die teilweise wirklich ganz neu im Markt eingetreten sind oder es sich wirklich um kleine Sales Büros mit nur einem Mitarbeiter handelt.
Sprecher: Hat sich das Interesse deutscher Unternehmen in den letzten Jahren gesteigert?
Langerbeck: Wir merken sehr konkret seit Mai 2022, seit die Grenze Corona-bedingt in Malaysia wieder auf ist ein sehr starker Anstieg an Anfragen, vor allem wenn es um das Thema Zulieferer-Vertriebspartner geht. Das sind sicherlich Effekte, die einmal mit China Plus One zu tun haben, aber eben auch mit der angespannten Situation in Europa, was Energiepreise und den Ukraine-Russland-Krieg angeht. sodass wir auch konkrete Anfragen teilweise von Unternehmen bekommen, die ihre Zulieferer aktuell in Taiwan haben, aber ihr Portfolio weiter diversifizieren wollen.
Sprecher: Europäische und vor allem auch deutsche Unternehmen wollen unabhängiger von Chinawerden. Merkt man das auch in Malaysia?
Langerbeck: Auch das merken wir. Die Effekte hatten wir schon vor der Pandemie zum Teil gehabt, gerade bei größeren Unternehmen, auch aus der Automobilbranche, die ganz konkret geschaut haben, ob sie sich in der Region ein zusätzliches Standbein zu China aufbauen. Und da geht es weniger darum, sich aus dem chinesischen Markt zurückzuziehen, sondern eher darum, die Märkte lokal weiter aufzufächern. Das heißt, den chinesischen Markt aus China zu bedienen, aber dann eben Asien, Pazifik, exklusive China aus einem anderen Land beispielsweise zu bedienen.
Sprecher: Welche Branchen profitieren davon gerade besonders?
Langerbeck: Elektronik, Techbereich, Automobilbereich, Zuliefererbereich auch sehr stark, auch Schmierstoffe beispielsweise, auch in der Metallverarbeitung sehen wir das aktuell. Da sind natürlich viele, die jetzt in der ganzen Region Ausschau halten, aber Malaysia ist vor allem für Unternehmen, die eine sehr gewachsene Industrie-Infrastruktur vor Ort benötigen oder auch eben Teil des Hochpräzisionsbereiches ein guter Standort.
Sprecher: Welche Vorteile bietet Malaysia im Vergleich zu China?
Langerbeck: Einmal, wenn wir uns das Thema Intellectual Property Rights anschauen, also zu Deutsch Patente, Trademarks und dergleichen, dann können die hier in Malaysia entsprechend registriert werden, werden auch geachtet, anerkannt und das kann entsprechend vor Gericht durchgesetzt werden. Weil wir hören immer wieder von deutschen Unternehmen in China, dass es dort oftmals nicht damit so genau genommen wird und gerne Sachen kopiert werden. Das ist einer der Gründe, weshalb Malaysia auch als Standort für Forschung und Entwicklung oft in Erwägung gezogen wird. Wir verhalten uns hier in Malaysia die Regierung traditionell sehr neutral in Konflikten. Bedeutet, man beteiligt sich nur dann eigentlich an Sanktionen, wenn es dafür nur ein Sicherheitsratsbeschluss gibt. Ansonsten treibt man mit allen Seiten gut Handel. Das macht Malaysia sehr, sehr sicher, weil es eben nicht in bewaffnete Konflikte eintritt, was natürlich für Produktion extrem wichtig ist. Und dann haben wir ein britisches Rechtssystem, was unserer europäischen deutschen Denkweise natürlich auch beim Handels- und Gesellschaftsrecht sehr ähnlich ist, sodass es da weniger interkulturelle Problematiken gibt.
Sprecher: Sie haben ja bereits die ASEAN erwähnt. Können Sie kurz erklären und wie das Land von der Mitgliedschaft in dem Staatenverbund profitiert?
Langerbeck: Die ASEAN sind im Endeffekt ein Wirtschaftsabkommen. Das heißt, wir kennen das ursprünglich mal aus Europa, als es noch EWG waren, wo man einen gemeinsamen Zoll- und Warenfreihandelsraum hatte. Und ähnlich ist es quasi bei den ASEAN. Das heißt, die Mitgliedstaaten der ASEAN untereinander, wenn ich jetzt exportiere, importiere, fallen im Regelfall keine Einfuhrzölle und dergleichen an. Und die Waren werden bevorzugt verzollt. Das heißt, der ganze Prozess geht wesentlich schneller. Zusätzlich haben die ASEAN-Staaten Freihandelsabkommen mit anderen Ländern. Da gibt es aktuell mindestens sieben Abkommen, unter anderem mit China, Japan, Korea, mit Indien und Australien und Neuseeland. Das ist deshalb interessant, weil wenn man in Malaysia zum Beispiel als regional das Headquarter aufstellen möchte oder auch von hier Asienpazifik beliefern möchte mit Waren, dann kann man entsprechend, wenn man wenigstens 40 Prozent lokale Anteile in ASEAN bei den Produkten hat, diese Freien Netzabkommen in Anspruch nehmen und müsste dann auch keine Einfuhrzelle und dergleichen bezahlen.
Sprecher: Wer sind Malaysias größte Konkurrenten im ASEAN-Raum?
Langerbeck: Wenn es um die Konkurrenz geht, definitiv natürlich Vietnam. Vietnam vor allem sehr stark in arbeitsintensiven Industrien, Metallverarbeitung und dergleichen. Sicherlich auch Indonesien und Thailand, beide vor allem auch in der Automobilbranche. Das sind üblicherweise auch die Länder, wenn deutsche Unternehmen an uns herantreten und sagen, sie denken über einen Standort in Südostasien nach, dann werden üblicherweise so drei bis vier Länder miteinander verglichen, bevor dann die letztliche Entscheidung getroffen wird.
Sprecher: Wir haben schon gesagt, Vietnam und Singapur haben ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union. Wieso hat das Malaysia noch nicht?
Langerbeck: Es hat Verhandlungen gegeben und die gibt es auch immer noch, insbesondere in Hinblick auf eine strategische Partnerschaft. Das Problem, was wir aktuell auch nach Aussage der EU-Delegation hier vor Ort haben, ist das Thema Palmöl, was die Verhandlungen immer wieder so ein bisschen ins Hintertreffen geraten lässt. Also die sind wieder aufgenommen worden, dann stockt das Ganze wieder auf beiden Seiten. Insbesondere auf EU-Seite ist ein großes Bestreben dahinter, ein solches Abkommen zustande zu bringen, weil wir am Beispiel von Vietnam und auch Singapore natürlich gesehen haben, dass es extrem viele Investitionen ins Land gespült hat und damit das Land auch als Standort oder als Produktionsstandort für Waren in Europa interessant machen würde.
Sprecher: Dann drücken wir dafür die Daumen! Wie gehen die deutschen Unternehmen in Malaysia mit dem Mangel an Fachkräften um?
Langerbeck: Die deutschen Großkonzerne haben vor Ort in Regel Fall Kooperation mit Universitäten. Wir bieten dann entsprechende Betriebspraktika schon von Anfang an. Die Kammer selbst bietet deutsche duale Berufsausbildung an im Bereich Mechatronik, Logistikmanagement und auch einen vollwertigen Meister in Mechatronik zusammen mit deutschen Unternehmen vor Ort. Das seit Jahren erfolgreich und demnächst werden wahrscheinlich auch neue Ausbildungsgänge im Bereich IT hinzukommen. Es gibt unzählige duale Berufsausbildungsprogramme auf malaysischer Ebene, die sind aber vor allem sehr theorielastig und daher oft nicht so im Interesse der Industrie.
Sprecher: Wie ist es, als Deutsche - Europäerin in Malaysia zu leben?
Langerbeck: Also aus meiner Perspektive: Malaysia ist ein sehr lebenswertes Land, aber man sollte es vermeiden mit seiner europäischen Brille herzukommen und es braucht Zeit sich an gewisse Dinge hier zu gewöhnen. Das kann einfach der Akzent der Leute im Englischen sein, das kann die Arbeitsweise sein, die Mentalitäten sind doch etwas unterschiedlich, das sind unterschiedliche Kommunikationsstile. Wir in Deutschland sind ja tendenziell immer sehr direkt und fallen manchmal mit der Tür ins Haus. Das ist hier in Malaysia, in einem asiatischen Land, eher nicht der Fall. Da wird sehr indirekt kommuniziert. Für jemanden aus Deutschland kann das am Anfang sehr lästig sein, weil man nicht genau weiß, woran man ist. Man gewöhnt sich mit der Zeit daran, da zwischen den Zeilen zu lesen und die Leute genauer zu beobachten. Aber das ist nichts, was man, wenn man vorher keinerlei Asienerfahrung beispielsweise hatte und das erste Mal dann hier in die Region kommt, ist das nichts, was man über Nacht lernt. Das braucht tatsächlich etwas Zeit. Und dann haben wir natürlich andere klimatische Gegebenheiten hier in Malaysia. Das findet jemand aus Nordeuropa üblicherweise auch immer ganz schön. Tropisches Wetter das ganze Jahr über. Darf man aber auch nicht unterschätzen. Bedeutet, wir haben eine hohe Luftfeuchtigkeit. Das bedeutet im Regelfall, man muss Arbeitsräume, Produktionshallen stärker klimatisieren, als man das in Deutschland machen würde. Und wenn man sich draußen bewegt, ist das entsprechend für den Kreislauf auch wesentlich anstrengender. Wir Deutschen sind ja gerne zu Fuß unterwegs, das gewöhnt man sich nach einer Weile dann hier doch irgendwo ab. Auch weil bedingt durch Monsun das Wetter auch ein bisschen unbeständig ist. Sonneneinstrahlung ist auch ein Thema, also da wir hier sehr extreme Temperaturen zum Teil auch haben und eben die hohe Luftfeuchtigkeit ist alles auch deutlich wartungsintensiver. Sowohl was Gebäude angeht, als auch Maschinen beispielsweise. Der Verschleiß bei Kabeln, Plastikteilen ist einfach höher, weil sich das relativ schnell zersetzt. Das sind alles Sachen, die man dann berücksichtigen muss. Und ich würde halt sagen, man muss sich auf das Land einfach einlassen.
Sprecher: Frau Langerbeck, das war sehr informativ. Vielen Dank für das Gespräch..
Langerbeck: Vielen Dank. Hat mich gefreut.
MUSIK / BREAK
Sprecher: An dieser Stelle der Hinweis auf einen früheren Podcast von uns, in dem wir uns unter anderem Australien und Brasilien als alternative Beschaffungsmärkte zu China angeschaut haben. Den Link finden Sie in den Shownotes.
Vielen Dank fürs Zuhören.
Wir freuen uns über Ihr Feedback, Ihre Anregungen und
Fragen. Unsere Email-Adresse finden Sie in den
Shownotes ... wir sind gerne für Sie da ... auch online
unter www.gtai.de.
In der nächsten Folge kümmern wir uns um Nachhaltigkeit. Wir hören uns an, wie deutsche Unternehmen auf diesem Feld investieren – und sprechen natürlich auch über das Lieferkettengesetz. In diesem Sinne: Wir hören uns.
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