Podcast
Folge 11: Interkulturelle Kompetenz – Erfolgreich Geschäfte machen weltweit
- Oktober 2023 -
Was man wissen sollte über kleine und große Fettnäpfchen im Ausland
Verhandlungen im Ausland können tückisch sein. Denn was im eigenen Land selbstverständlich und zielführend ist, kann in anderen Kulturen ein Affront sein. Was Beschäftigte im Ausland beherzigen sollten, wie sie Missverständnisse vermeiden und sich auf andere Gewohnheiten im fernen und nahen Ausland vorbereiten können, diskutieren wir in dieser Folge. Dabei schauen wir unter anderem nach Vietnam und zu unseren französischen Nachbarn.
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Gäste in dieser Folge
Frauke Schmitz-Bauerdick | © GTAI/Bundesfoto VoelknerFrauke Schmitz-Bauerdick
arbeitet seit 20 Jahren für Germany Trade and Invest. Von 2017 bis 2022 hat die Juristin als GTAI-Korrespondentin aus Hanoi über die vietnamesische Wirtschaft berichtet. Seit 2022 ist sie für GTAI in Frankreich im Einsatz. Auch bei unseren Nachbarn, so stellt sie fest, gibt es trotz der räumlichen Nähe einiges zu beachten, um Geschäfte zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
Christoph Barmeyer
Professor Christoph Barmeyer
ist Leiter des Lehrstuhls für interkulturelle Kommunikation an der Universität Passau. Er hat Kulturwirtschaft in Passau und BWL in Montréal studiert und etliche Jahre in Frankreich gelebt. Mit seinen Studenten erforscht er das Arbeiten in unterschiedlichen Kontexten. Er bietet auch interkulturelle Seminare und Coachings für Fach- und Führungskräfte an.
Weiterführende Informationen
- GTAI-Publikationsreihe Verhandlungspraxis (nach kurzer Registrierung kostenfrei abrufbar)
- Verhandlungspraxis Vietnam
- GTAI-Publikationsreihe zu lokalen Feiertagen, wichtigen kulturellen Unterschieden sowie Dos and Don'ts zu 165 Ländern
- Wirtschaftsinformationen zu Frankreich
- Wirtschaftsinformationen zu Vietnam
- Taipei/Taiwan für Expats
- Universität Passau, Lehrstuhl für Interkulturelle Kommunikation
Transkript der Folge
Sprecher: Andere Länder, andere Sitten – das kennen wir aus dem Urlaub. Wie oft passiert es, dass wir in einer fremden Kultur ins Schleudern kommen: Wie hält man es hier zur Begrüßung: Verbeugen oder Hände schütteln? Sucht man im Gespräch Augenkontakt - ja oder nein? Haben wir den Restaurant-Besitzer gerade unabsichtlich beleidigt mit unserem Daumen-hoch-Lob?
Was für das Reisen gilt, trifft für die Arbeit erst recht zu. Leicht treten wir bei Geschäftstreffen und Verhandlungen in ein Fettnäpfchen. Was für die einen selbstverständlich und zielführend ist, kann für die anderen ein Affront sein:
Barmeyer: Also, es wurde viel unterbrochen, es wurde sehr hitzig diskutiert und dann dachte ich So, jetzt muss ich hier mal für Ordnung sorgen. Als Deutscher, bin an den Flipcharts gegangen und habe so sieben, acht Kriterien aufgeschrieben, also Fachkenntnis, Erfahrung, Sprachkenntnisse, Ausrichtung. Und noch während ich diese schönen, für mich wichtigen Kategorien aufschrieb, zischte mir der Schuldirektor zu Christoph, asser toi Christoph, setz dich wieder hin. Und dann war ich wie so ein kleiner Junge, der sich wieder hinsetzte und und war verwirrt, weil ich hatte ja aus meiner Sicht nur das Richtige getan.
Sprecher: Warum unser Gast Professor Christoph Barmeyer, Leiter des Lehrstuhls für interkulturelle Kommunikation an der Universität Passau, hier eben nicht das Richtige getan hat, erfahren Sie im zweiten Teil dieses Podcasts. Er erklärt auch, was Beschäftigte im Ausland beherzigen sollten und, wie sie interkulturelle Missverständnisse vermeiden können...
Jetzt aber fragen wir unsere GTAI-Korrespondentin Frauke Schmitz-Bauerdick, wo die kulturellen Stolpersteine im Auslandsgeschäft liegen. Und da geht es nicht nur um ferne Länder. Schon unsere direkten Nachbarn sind in vielen Dingen anders drauf. Beispiel Frankreich – unsere engen europäischen Freunde. Trotz der der räumlichen Nähe gibt es hier so einiges zu beachten….
Das geht bei der Begrüßung los. Wie war das noch? Küsschen rechts, Küsschen links. Oder andersherum? Zwei oder sind es etwa drei?
Frauke Schmitz-Bauerdick hat für Germany Trade and Invest in zwei fremden Kulturen persönliche Erfahrungen gesammelt – im nahen Frankreich und im fernen Vietnam.
Sprecher: Liebe Frau Schmitz-Bauerdick, stellen Sie sich doch bitte kurz vor. Was machen Sie für GTAI?
Schmitz-Bauerdick: Mein Name ist Frauke Schmitz-Bauerdick, ich bin seit gut einem Jahr hier in Paris und berichte für Germany Trade and Invest als Auslandskorrespondentin über den französischen Markt für deutsche Unternehmen, die sich hier engagieren wollen. Davor war ich gut sechs Jahre in Hanoi in Vietnam und habe von da aus über die Herausforderungen und Chancen berichtet. Kurz ein paar Worte zu GTAI: Germany Trade and Invest ist die deutsche Außenwirtschaftsförderungs-Agentur der Bundesregierung. Wir sind in 60 Standorten in der ganzen Welt vertreten. Hanoi und Paris sind zwei davon.
Sprecher: Bereits die Begrüßung in Frankreich ist nicht ganz ohne. Wo verbergen sich denn generell Schwierigkeiten für deutsche Unternehmer, wenn sie mit Franzosen an einem Verhandlungstisch sitzen?
Schmitz-Bauerdick: Was Deutschen häufig vorgeworfen wird gerade in Geschäftsverhandlungen ist die Effizienz, ein gewisser Charakter eines Bulldozers. Der deutsche Spruch 'erst die Arbeit, dann das Vergnügen' ist diametral dem französischen Geschäftsgebaren entgegengesetzt. Was in Frankreich wirklich wichtig ist, ist zunächst mal Smalltalk, Gespräche, sich gegenseitig kennenlernen, sich ein bisschen Zeit nehmen, flexibel sein. Eine gewisse persönliche Basis zu finden, ist sehr wichtig, bevor man tatsächlich in die Geschäftsverbindung eintritt. Deutsche haben tatsächlich Tendenz zu sagen Wir kommen, wir treffen uns, wir sind pünktlich da, wir machen das Geschäft und danach kann man auch gerne irgendwo hingehen, was Schönes essen und ein Glas Wein dabei trinken. Die Franzosen machen es gerne andersrum.
Sprecher: Woher weiß ich das denn? Soll ich mich vorab auf einem Seminar darauf vorbereiten?
Schmitz-Bauerdick: Es gibt gerade für Frankreich sehr viele interkulturelle Trainings und Anbieter von interkulturellen Trainings und ich halte das für sehr sinnvoll. Wenn man jetzt allerdings nicht die Möglichkeit hat, sich für eine Vielzahl von Ländern sich auf eine Vielzahl von Ländern vorzubereiten, denke ich, kommt man auch mit gewissen Grundregeln weiter.
Sprecher: Ok, und welche sind das?
Schmitz-Bauerdick: Das ist für Deutsche in Geschäftsbeziehungen: Sei ordentlich angezogen. Das Zweite ist: Sei pünktlich. Als Deutscher hast du den Ruf, pünktlich zu sein, der dir durch die ganze Welt vorauseilt. Dann ist es auch egal, ob in dem jeweiligen Land Pünktlichkeit eine Tugend ist oder nicht. In Frankreich kommt man beispielsweise gerne eine halbe Stunde zu spät. Das ist ganz üblich. Als Deutscher sollte man pünktlich sein.
Sprecher: Und eine dritte Regel gibt’s auch?
Schmitz-Bauerdick: Das Dritte ist mit Humor. Das heißt, dass man weder sich noch den Geschäftspartner viel zu ernst nimmt. Vor allem Humor in eigener Sache bzw Humor gegenüber eigenen Fauxpas ist ausgesprochen wichtig, damit man auch. Sympathie aufbaut. Wer über sich selbst lachen kann, ist grundsätzlich jemand, mit dem man auch weiterreden kann. Und mit Menschen, mit denen man reden kann. Mit denen macht man lieber Geschäfte als Menschen, mit denen man bei denen man das Gefühl hat, dass man von ihnen überrollt wird.
Sprecher: Und das war es jetzt?
Schmitz-Bauerdick: Womit man wirklich sehr weit kommt, ist mit Höflichkeit, es mit Respekt seinem Gesprächspartner gegenüber und es mit Flexibilität. Das heißt darauf eingehen, dass Dinge sich vielleicht nicht so, wie man sie jetzt von zu Hause erwarten würde.
Sprecher: Was gilt als höflich in Frankreich?
Schmitz-Bauerdick: Das sind Kleinigkeiten wie: Die Türe wird aufgehalten, selbst in der Metrostation. Wenn 97.000 Menschen durch die gleiche Tür gehen, man hält den Bach gehenden, der danach kommt, immer die Tür auf. Man sagt regelmäßig Bonjour. Es ist ganz, ganz wichtig, morgens zu grüßen, sowohl in der Bäckerei, in Geschäften als auch die Nachbarn. Wie man trifft. Man sagt Bonjour. Wenn man das nicht macht, ist man eigentlich ein grober, unhöflicher Mensch.
Sprecher: Sie waren vor Frankreich in Vietnam. Das Land war ja einmal eine Kolonie Frankreichs. Gibt es da Parallelen im Miteinander? Auch für Geschäftsleute?
Schmitz-Bauerdick: Auch in Vietnam ist es wichtig, viel Zeit und viel Flexibilität mitzubringen. Die Vietnamesen können sehr effizient sein, aber grundsätzlich ist es dort eher schwierig, erste Geschäftskontakte zu finden. Die Geschäftsanbahnung war in Vietnam quasi eine kalte Akquise ist so gut wie unmöglich. Man braucht immer einen Paten, der einem zur Seite steht, der einen in die Geschäftswelt einführt, der für einen als eine Art Bürge dasteht. Ansonsten sind Vietnamesen neuen Geschäftsbeziehungen häufig relativ zurückhaltend gegenüber. Das ist eine Folge auch oder ist einfach eine andere Geschäftskultur, eine Geschäftskultur, die mehr auf Loyalität ausgelegt ist, die mehr auf geschlossene Kreise ausgelegt wird und von diesen geschlossenen Kreisen - geschlossene Geschäftsreise, geschlossene Familienkreise durchdringen mit Loyalität durchdrungen mit Hierarchiestufen. Das führt dazu, dass Vietnamesen grundsätzlich eher zurückhaltend sind, was Geschäfte mit unbekannten Geschäftspartnern angeht. Das liegt auch daran, dass eine andere Gesprächskultur in dem Sinne vorliegt, dass Vietnamesen davon ausgehen, dass bei einem Geschäft einer gewinnt, der andere verliert.
Sprecher: Und damit haben deutsche Geschäftsleute Probleme?
Schmitz-Bauerdick: In Deutschland ist es regelmäßig so, dass man sagt, eine Win-win-Situation ist eine gute Situation für beide. In Vietnam ist ein gutes Geschäft das Yin, das Geschäft, bei dem ich wirklich hinterher gut dastehe. Von daher ist natürlich das Misstrauen gegenüber Geschäftspartnern, die man nicht kennt, ausgesprochen groß.
Sprecher: Wie überwindet man diese Klippe? Was mache ich als Unternehmer, um Vertrauen aufzubauen?
Schmitz-Bauerdick: Das Wichtige ist, dass man sich etwas Zeit nimmt und dass man nicht erwartet, dass man in Hanoi frühmorgens am Flughafen landet, sich schnell umzieht, zum Geschäftstreffen fährt und drei Stunden später den Vertrag in der Tasche hat. Man muss davon aus, man sollte immer in Begleitung kommen. Man kommt ja ohnehin mit Übersetzer. Man wird häufig eingeführt durch Personen, denen man vertraut, beispielsweise durch die jeweils im Land sehr aktive Außenhandelskammer, die einem auch Geschäftspartner Vorschläge machen kann und sonstiges, sodass man schon einen gewissen Stallgeruch hat, auch für die vietnamesischen Geschäftspartner. Und dann muss man davon ausgehen, dass das das ist erst mal Zeit braucht, sich kennenzulernen.
Sprecher: Was sind denn die klassischen Fehler, die deutschen Unternehmen in Vietnam unterlaufen, wenn sie unvorbereitet ins Land kommen?
Schmitz-Bauerdick: Dann kann es vorkommen, dass gerade deutsche Geschäftsleute den Fehler machen, mit einer gewissen Arroganz oder einem gewissen Überlegenheitsgefühl oder auch einer gewissen Gönnerhaftigkeit in die Geschäftsverhandlungen zu gehen. Und da sind sie schlecht aufgehoben. Also Arroganz ist ganz, kommt überhaupt nicht gut. Besserwisserei ist noch schlimmer, weil Besserwisserei führt dazu, den Geschäftspartner in irgendeiner Form bloßzustellen, was nirgendwo auf der Welt sehr angenehm ist, aber gerade in Vietnam wie auch in anderen asiatischen Ländern als Bloßstellung, als Gesichtsverlust gewertet wird. Auch ein Verhalten, das definitiv nicht dazu führt, dass die Geschäfte besser laufen. Und gönnerhaft ist es auch gefährlich, weil man dadurch den vietnamesischen Geschäftspartner unterschätzt. Und das sollte man niemals machen.
Sprecher: Warum nicht?
Schmitz-Bauerdick: Vietnamesen sind Vietnamesen, sind sehr gewiefte Geschäftspartner, sind sehr stark in den Verhandlungen und sind jetzt auch sehr stark daran interessiert, ihre eigenen Positionen durchzusetzen.
Sprecher: Von vielen Ländern weiß man, dass Geschäftspartner nie ‚nein‘ sagen, weil eine direkte Absage als zu unhöflich angesehen wird. Wie ist das in Vietnam, wenn ein Geschäft scheitert? Wie teilen die Vietnamesen uns das mit?
Schmitz-Bauerdick: Man stellt es hinterher fest, indem keine Rückmeldung kommt, auch auf Nachfragen keine Rückmeldung kommt. Das habe ich. Dafür brauche ich lange Zeit. Was ist, wenn ich keine Rückmeldung bekam war das im Prinzip eine Ablehnung. Direkt zu sagen Nein, das machen wir so nicht, das passiert in der Regel nicht. Also das ist. Es. Was das ist. Die einzigen Menschen, die das eventuell machen können, sind Vietnamesen, die in Deutschland sozialisiert wurden durch Studium oder möglicherweise Schule. Aber ansonsten wird niemals direkt ins Gesicht gesagt Nee, das geht so nicht.
Sprecher: Wie lange braucht man, bis man in einem Land wirklich angekommen, ja heimisch ist?
Schmitz-Bauerdick: Bis man angekommen ist, bis man sich zurechtfindet, dauert mindestens ein Jahr, je nach Umfeld. Wie vertraut dieses Umfeld ist, kann es auch länger dauern. In Vietnam war ich nach einem Jahr so, dass ich das Gefühl hatte, ich komme zurecht. Ich komme im Alltag zurecht, ich komme beruflich zurecht. Ich weiß ungefähr, wie der Hase läuft. Aber diese Zeit hat es sicherlich gedauert. Allein Kleinigkeiten wie deutscher Humor kommt nicht überall in der Welt wirklich gut an! Das sind Dinge, die das braucht. Seine Zeit.
Sprecher: Und ging das in Frankreich schneller?
Schmitz-Bauerdick: In Frankreich ging es etwas schneller. Aber Frankreich war natürlich ein Land, das mir durch Studium und viele Urlaubsreisen einfach sehr vertraut ist. Obwohl es, auch wenn man dann tatsächlich wieder im Land lebt, es etwas anderes ist. Dennoch auch wenn die deutsch französische Verbundenheit stark ist groß ist, wenn man das Gefühl hat, man kennt sich gut, gibt es immer wieder Dinge, wo ich denke mir, das ist jetzt irgendwie anders.
Sprecher: Wie wichtig ist die Sprache?
Schmitz-Bauerdick: In Vietnam kommt man mit Englisch zu Recht gut zurecht, insbesondere wenn man sich faktischer Weise auch sehr viel in der Expat Community aufhält. Kontakte, freundschaftliche Kontakte zu Vietnamesen, die nicht die Sprache sprechen, die kein Englisch sprechen, sind natürlich aufgrund der sprachlichen Begrenzung sehr schwierig. In Frankreich ist das anders. Frankreich ist europäisch, Französisch ist eine europäische Sprache. Ich habe das Glück, Französisch sprechen zu können, weil ich damals zwei Jahre in Paris studiert hatte. Und das hilft mir sehr.
Sprecher: Das heißt aber, dass Sie in Vietnam immer auf einen Dolmetscher angewiesen waren? Immer und überall?
Schmitz-Bauerdick: Für komplexere Dinge, und sei es Alltagsdinge, sei es gerade in geschäftlichen Angelegenheiten braucht man einen guten Übersetzer. Ich selbst habe versucht, mehr als acht Jahre die Sprache zu erlernen. Ich habe es zum Ende hin geschafft, am Telefon ein Taxi zu bestellen oder mein Essen zu kaufen.
Sprecher: Können Sie heute noch etwas sagen auf Vietnamesisch?
Schmitz-Bauerdick: Kann ich gerne machen. Ich stelle mich einfach kurz vor. {spricht auf Vietnamesich} . Das bedeutet, ich heiße Frauke Schmidbauer-Dick. Ich lebe jetzt in Frankreich und habe früher in Hanoi gearbeitet.
Sprecher: Wie wichtig ist Smalltalk? Und was sind die richtigen Smalltalk-Themen?
Schmitz-Bauerdick: Ich kann nur für diese beiden Länder sprechen oder für den asiatischen Raum. Grundsätzlich sind Themen wie Familie, Sport die Vietnamesen sportbegeistert. Die Franzosen sind sehr sportbegeistert. Das sind Dinge, über die gerne gesprochen wird, über die viel gesprochen wird. Worüber in Vietnam überhaupt nicht gesprochen werden sollte, ist Politik als kommunistisches Einparteiensystem, vergleichbar dem in China. Politik sollte außen vorgehalten werden. Beleidigungen von historischen Persönlichkeiten wie Ho Chi Minh werden ganz, ganz übel aufgenommen. Also dann kann man eigentlich direkt wieder nach Hause fahren. In Frankreich ist Politik sicherlich ein Thema. Man sollte sich aber mit Kritik am Frankreich und an den Franzosen selbst zurückhalten. So gerne die Franzosen vor sich hin schimpfen, es gibt ein französisches Wort, das ist in dieser Form nicht übersetzbar. Es heißt raler. Das bedeutet im Prinzip vor sich hin schimpfen. Und die Franzosen, gerade die Pariser, sind gut darin, alles ein bisschen zu ‘ralieren’.
Sprecher: Und wie verhalte ich mich als Chef gegenüber meinen einheimischen Mitarbeitern?
Schmitz-Bauerdick: Vietnam ist ein konfuzianische geprägtes Land. Was bedeutet, es gelten loyale Loyalität, Pflichten. Das heißt, der Chef hat das Recht zu befehlen und zu bestimmen.Es wird erwartet, dass er die Richtung vorgibt. Dafür ist er aber auch für das Wohl seiner Angestellten verantwortlich. Ein guter Chef sorgt dafür, dass es seinen Angestellten gut geht, wenn sie ordentlich für ihn arbeiten. Und die Angestellten arbeiten ordentlich für ihn, wenn er für sie sorgt, das heißt ihnen regelmäßig das Gehalt bezahlt, sich um sie kümmert.
Sprecher: Sind die Mitarbeiter dafür dann auch besonders loyal?
Schmitz-Bauerdick: Allzu viel Loyalität sollte man nicht erwarten. Das ist ein schnell wachsender Markt. Es besteht Fachkräftemangel wie überall auf der Welt. Was bedeutet: der Mitarbeiter fühlt sich nicht wohl, der Mitarbeiter sucht sich ein neues Unternehmen. Der Mitarbeiter sucht sich auch häufig schon dann ein neues Unternehmen, wenn die Bezahlung in einem anderen Unternehmen besser ist und sei es bloß geringfügig besser ist. Es sei denn, das Geschäftsklima in dem jeweiligen Unternehmen wäre so gut, dass das einige Dong mehr oder einige Dollar mehr ihn nicht dazu bewegen können, zu gehen.
Sprecher: Eine Frage noch: Sie waren sechs Jahre in Vietnam, was vermissen Sie?
Schmitz-Bauerdick: Was mir tatsächlich fehlt, ist die Suppe. Die vietnamesischen Suppen des Mittags, die haben wir wirklich gefehlt. Ich hatte ein eigenes Moped und bin Moped gefahren. Das fehlt mir auch fürchterlich. Und was mir. Auch in gewisser Weise fehlt es. Diese Buntheit ist schon ein bisschen aufregender, insgesamt lebendiger in Hanoi gewesen.
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Vorbereitung auf den Auslandseinsatz
Kulturelle Unterschiede werden meist stark unterschätzt. In der Theorie mag vielen zwar klar sein, dass man sich im Ausland anpassen sollte. Die praktische Umsetzung ist hingegen oft eine echte Herausforderung, vor allem, wenn der Arbeitsdruck hoch ist.
Dabei ist es oft zielführender, sich möglichst schon vor der Abreise in ein anderes Land mit der neuen Kultur auseinanderzusetzen und erst dann ans Geschäft zu denken. Unzählige Anbieter für interkulturelle Trainings bereiten deutsche Geschäftsleute auf Auslandsaufenthalte allgemein oder auf bestimmte Länder vor. Neben zahlreichen privaten Agenturen vermitteln auch Industrie- und Handelskammern, Universitäten und Volkshochschulen interkulturelle Kompetenz.
Außerdem gibt es unzählige Fachbücher und Artikel zum Thema, auch von Germany Trade & Invest. Erfahrene GTAI-Korrespondentinnen und Korrespondenten erklären in der kostenfreien Publikationsreihe “Verhandlungspraxis”, was in ihren Berichtsländern üblich ist. Beziehungsweise, was deutsche Geschäftsleute unbedingt unterlassen sollten. Die GTAI-Publikation ist kostenfrei abrufbar unter www.gtai.de/verhandlungspraxis.
Darüber hinaus veröffentlicht Germany Trade and Invest für 165 Länder jedes Jahr kurz und kompakt Informationen zu lokalen Feiertagen, wichtigen kulturellen Unterschieden sowie Dos and Don'ts. Abrufbar sind die Informationen unter www.gtai.de/feiertage. Wie immer erwähnen wir diese und viele weitere Links auch nochmal in den Shownotes.
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Unsere GTAI-Kollegin Schmitz-Bauerdick hat eben von ihrer persönlichen Erfahrung aus Vietnam und Frankreich berichtet. Jetzt wollen wir das mal wissenschaftlich unterfüttern. Wir sprechen mit Professor Christoph Barmeyer.
Sprecher: Hallo Herr Barmeyer, können Sie uns kurz aufklären: Was machen Sie beruflich?
Barmeyer: Ich bin Professor an der Universität Passau und habe den Lehrstuhl für Interkulturelle Kommunikation inne. Ich betreue auch einen Bachelor- und Masterstudiengang. Der nennt sich Kulturwirt - International Cultural and Business Studies.
Sprecher: Und was ist an dem Lehrstuhl der Forschungsschwerpunkt?
Barmeyer: Dort lernen Studierende auch in unterschiedlichen Arbeitskontexten zu arbeiten. Also wir forschen eigentlich zu Menschen in Organisationen, vor allem, wenn diese Menschen unterschiedliche kulturelle Hintergründe haben, unterschiedliche Sprachen sprechen, zu unterschiedlichen Kulturen gehören. Und da haben wir einfach viele Formen der Kommunikation und der Kooperation. Wenn wir zum Beispiel an Teams denken oder an das Thema der Führung. Oder auch wenn multinationale Organisationen bestimmte Praktiken oder Produkte von einem Land in ein anderes transferieren, zum Beispiel die Unternehmenskultur, vielleicht auch Qualitätsmanagement, Standards oder Compliance, dann sind das alles interkulturelle Prozesse. ...bei denen es zu Störungen kommen kann, aber nicht muss... Mir ist immer wichtig, dass wir diese kulturellen Unterschiede und auch die Interkulturalität als etwas Bereicherndes sehen. Also die Welt wird eigentlich erst interessant durch die Unterschiedlichkeit. Wenn wir alle gleich wären, dann wäre die Welt ganz langweilig und farblos und die Farbe kommt eigentlich erst durch diese Unterschiede und die Unterschiede sind da. Aber wir müssen sie irgendwie verstehen. Das ist, was wir in Passau machen. Und ich selbst habe im Ausland gelebt, vor allem im frankophonen Ausland, also in Montreal und in Wien, Paris und Straßburg. Auch in Südfrankreich. In Straßburg habe ich an einer Business School mit Personal und Finanzverwaltung Verantwortung. Tschuldigung, habe ich acht Jahre lang gearbeitet und war so einer der wenigen Ausländer der wenigen Deutschen in einer französischen Organisation und habe da sehr viel erlebt. Und das hat mich eigentlich zu dem interkulturellen Thema dann auch wirklich gebracht, das zu vertiefen.
Das Elsass ist in dem Sinne besonders spannend. Da sagen ja viele, das ist halb Deutsch.
Ja, ist es, aber erst mal so ein Grenzraum also. Also eine Mischung aus französischer und deutscher Kultur, das Elsass war ja lange Zeit deutsch und immer wieder französisch und es gibt wirklich sehr lustige Überschneidungen, wo man sich manchmal fragt Ist man jetzt in Deutschland, ist man in Frankreich. Wir nennen das Hybridität, also wie eigentlich zwei Kulturen sich so vermischen. Und es macht natürlich auch einen Sinn, warum sich viele Deutschen im Elsass so wohlfühlen. Weil es eben noch nicht so ‚la France profont‘ ist, also das tiefe Frankreich, sondern eben so ein leichtes Frankreich sozusagen France light.
Sprecher: Aber auch da gibt es vermutlich wie überall viele kleine Missverständnisse?
Barmeyer: Da gibt es natürlich ganz viele. Und was ich, glaube ich, erst mal so vorausschicken möchte, das ist, dass diese Beispiele, wir nennen es auch Critical Incidents, also kritische Interaction Situationen, die haben in der Situation etwas Dramatisches oder etwas, was uns emotional aufwühlt. Und im Nachhinein kann man oft drüber lachen eigentlich.
Sprecher: Zum Beispiel?
Barmeyer: Also es gibt Kulturen, in denen zum Beispiel Unterbrechungen ganz normal sind. Also Sie haben eine Sitzung, sie haben ein ein Verhandlungsgespräch und sie fangen an zu reden und werden unterbrochen. Und als Deutscher neigt man dazu, diese Unterbrechung als etwas konfrontativer zu verstehen und wird aufhören zu sprechen. In anderen Kulturen. Das sind romanische Kulturen in Lateinamerika, in Italien, in Frankreich, in Spanien ist aber Unterbrechung etwas Affirmatives. Also ich bin deiner Meinung, ich finde das interessant. Ich habe etwas dazu zu sagen. Ich finde das spannend. Und das ist so ein schönes Beispiel für so ein kulturelles oder interkulturelles Missverständnis. Also man, man verhält sich normal, aber löst bei dem anderen etwas aus, was Sie irritiert. Ich spreche ja auch gern von virtuellen Ohrfeigen. Also man, man, man bekommt eine Ohrfeige und der andere merkt gar nicht, dass er sie ausgeteilt hat.
Sprecher: Haben Sie so etwas schon selbst erlebt? Also virtuelle Ohrfeigen oder einen “Critical Incident”?
Barmeyer: Also wir hatten die Personalauswahl für eine neue Stelle und hatten acht Bewerber und saßen im Directions Committee, dem ich angehörte und und wir mussten jetzt einen oder eine Bewerberin aussuchen, eine Kandidatin aus aus diesen acht, acht Bewerbungen. Und alle durcheinander gesprochen. Also es wurde viel unterbrochen, es wurde sehr hitzig diskutiert und dann dachte ich So, jetzt muss ich hier mal für Ordnung sorgen. Als Deutscher, bin an den Flipcharts gegangen und habe so sieben, acht Kriterien aufgeschrieben, also Fachkenntnis, Erfahrung, Sprachkenntnisse, Ausrichtung. Und noch während ich diese schönen, für mich wichtigen Kategorien aufschrieb, zischte mir der Schuldirektor zu Christoph, assieds-toi Christoph, setz dich wieder hin. Und dann war ich wie so ein kleiner Junge, der sich wieder hinsetzte und und war verwirrt, weil ich hatte ja aus meiner Sicht nur das Richtige getan. Ich wollte also Struktur schaffen und fachliche Kriterien angeben, hatte aber nicht bedacht, dass ich in diesem Moment eigentlich die Rolle des Direktors übergangen hatte. Ich stand am Flipchart, alle guckten auf mich, ich konnte sozusagen das Gespräch steuern. Und das hat also meinem französischen Chef überhaupt nicht gefallen, obwohl ich er durchaus gesehen hat, dass das sinnvoll war. Aber es ging sehr stark. Also welche Rolle, welche Rolle darf ich einnehmen und bin ich mehr so ein Moderator oder bin ich der Chef und wir? Wir können das in Deutschland, glaube ich ganz gut unterscheiden. Und in vielen anderen Kulturen können wir das nicht unterscheiden, weil die Rolle sehr stark mit meiner Funktion, mit meiner Hierarchie, mit meiner Position zu tun hat.
Sprecher: Wenn einem dieses Vorwissen fehlt, kann das Geschäfte also tatsächlich gefährden?
Barmeyer: Wenn wir kein interkulturelles Wissen haben, dann kostet das den die Akteure eigentlich Zeit, Geld und Nerven. Und das Fatale ist eben, dass wir in Arbeitssituationen vielleicht emotional betroffen sind, dass Auslands Entsendungen abbrechen früher, dass das nur der Geschäftsverhandlung daneben geht oder auch ein Aufkauf, also letztendlich nicht die Erfolge bringt, die es hat. Und wenn wenn man Kultur als die Art und Weise definiert, wie wir Probleme lösen, also wie Menschen Lösungen finden. Ja und jetzt kann man mal sagen, wir Deutschen, wir haben eine lieb gewonnene oder normal als normal angesehene Arten und Weisen, wie wir Probleme lösen, so wir vielleicht planen, dass wir was strukturieren, dass wir was berechnen. Und dann gibt es aber Kulturen, die das ganz anders machen. Also die sind vielleicht viel flexibler, die sind viel weniger planerisch. Wenn ich dann verstehe, dass Zentralismus etwas Gutes hat. Ein autoritärer Führungsstil hat auch positive Seiten. Dann kann ich damit eigentlich arbeiten und kann das für mich nutzbar machen. Und in dem Moment, wo ich jetzt versuche, also meinen Führungsstil, meine Problemlösungskompetenz Art dem anderen oder der anderen Person aufzudrücken, das kann eben in vielen Fällen schief gehen.
Sprecher: Was also sollte ich meinen Mitarbeitern mit auf den Weg geben, wenn sie ins Ausland gehen?
Barmeyer: Ja. Also ich glaube, man sich ein bisschen zurücknehmen, nicht gleich zu werten. Ich habe vorhin mal von von Haltung gesprochen. Also nicht gleich zu werten und zu sagen, das ist ja blöd oder sich zu ärgern. Jetzt kommt der brasilianische Kollege 15 Minuten zu spät, der respektiert mich nicht. Also sich so ein bisschen zurückzunehmen und eigentlich auch ganz gut zu beobachten, wie machen das die anderen? Wie verhalten sich die Leute? Woher kommen die Missverständnisse und wie umschiffen wir sie?
Kultur ist ja unsichtbar. Kultur ist in Werten, in Normen, in vielleicht bestimmten Praktiken vorhanden. Aber erst mal nehmen Menschen, das merke ich sehr oft bei Fach und Führungskräften eine Fehlattribution wahr. Also Sie, Sie denken ja, diese Person antwortet jetzt nicht auf meine Email. Ja und jetzt denken die okay, also diese Person will nicht mit mir zusammenarbeiten oder diese Person ist mir nicht wohlgesonnen. Und das heißt wir befinden die Attribution also auf ein Verhalten, bestimmte Interpretationen, die aber vielleicht gar nicht richtig sind, wenn jemand zu spät kommt, zum Beispiel. Welche Bedeutung hat Pünktlichkeit? Ist Pünktlichkeit etwas Wichtiges? Ist sie im Arbeits kontext wichtig, im privaten Kontext wichtig? Und ich, ich, ich, ich erzähle gerne immer meinen Studierenden und auch meinen Teilnehmern, Fach und Führungskräften.
Deine kleine Geschichte also, die sie vielleicht auch kennen. Wir sprechen da auch von der Ähnlichkeitsannahme: Also, auf einmal kommt eine große Flut in einem Urwald und, äh, auf einem Baum sitzt ein Affe, der sieht einen Fisch, der also von dieser Strömung, fast weggetragen wird und so gegen diese Strömung kämpft. Und der Affe sagt Mensch, ich muss dem Fisch doch was Gutes tun. Klettert von seinem Baum runter, holt den Fisch aus dem Wasser heraus und ja, und wir können uns vorstellen, wie es dem Fisch dann so ergeht. Also an der Luft. Ja, und das ist etwas, was wir Ethnozentrismus nennen. Also ich glaube, dass meine Art und Weise, Dinge zu denken, zu tun, das ist die richtige Art und Weise. Und damit ich versuche also etwas, ich glaube, das ist sehr wichtig hier im Interkulturellen. Ich will was Gutes tun, ich will was Normales tun, was ich für richtig halte, bewirke aber beim Gegenüber eigentlich genau das Gegenteil. Und das ist sehr oft unbewusst. Also wir lösen dann eine Reaktion aus. Die andere Person zieht sich zurück, ist eingeschnappt, ist verärgert oder lacht über uns und wir wissen aber gar nicht warum. Ja, weil wir ja eigentlich aus unserer Sicht alles richtig gemacht haben.
Sprecher: Sie geben interkulturelle Coachings und Seminare. Wie sehen die aus?
Barmeyer: Ich versuche erst mal ein Bewusstsein zu schaffen. Wir hatten ja vorhin von dem Fisch und dem Affen gesprochen. Und diese Ähnlichkeitsannahme und ich, ich, ich überzeichne sozusagen so ein bisschen Unterschiede und Besonderheiten. Also so ein Bewusstsein zu schaffen. Ich selbst bin Rheinländer und am am elften elften um 11:11. Da beginnt der Karneval in Kölle. Ja, in Frankreich ist der 11. November nach dem 14 Juli der zweitwichtigste Feiertag. Das war der Waffenstillstand. Erster Weltkrieg. Also Frankreich hat hat er unglaublich geblutet, hat, hat mehr Menschen verloren als im Zweiten Weltkrieg. Und der 11. November ist ein sehr, sehr wichtiger heiliger Tag in Frankreich. Und ich versuche dann durch solche Beispiele aufzuzeigen. Also Vorsicht, diese Bedeutung kann eine ganz, ganz andere sein. Und überzeichnen so ein bisschen. In einem zweiten Schritt würde ich dann Wissen vermitteln. Natürlich geht sehr viel um Wissen, was man vermittelt. Aber auch Selbstreflexion, wenn ich interkulturelle Workshops oder Trainings mache, dann gibt es eine Wissens Komponente. Es gibt aber auch eine Bewusstseins Komponente. Also was bringe ich eigentlich so mit gegenüber anderen Kulturen? Was habe ich für Kompetenzen? Bin ich geduldig? Bin ich offen? Bin ich neugierig? Bin ich lernbereit? Ich habe also Teilnehmer, die finden das faszinierend, was ich da erzähle über Frankreich und Quebec und andere Länder. Aber. Aber so richtig, so toll finden die das eigentlich nicht und wollen dann auch gar nichts lernen und schon gar nicht umsetzen. Also wenn wir einfach mal an ein Beispiel denken. Man wird unterbrochen in der Verhandlung. Jetzt muss man als Deutscher eigentlich üben. Ich muss jetzt den anderen wiederum unterbrechen. Ein ein Muster, was wir nicht gelernt haben als Kind, als Jugendlicher, was wir auch nicht praktizieren. Und dann versuche ich eben in meinen Workshops gerade an diesen Mustern zu arbeiten. Also wie kann es eigentlich gelingen, dass ich meine mein Verhalten anpasse an einen anderen Kontext?
Sprecher: Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?
Barmeyer: Wenn wir bei Produzenten sind, dann haben wir in unserer Forschung immer wieder festgestellt, dass es ein unterschiedliches Verständnis auch von Qualität gibt. Und wir haben Beispiele aus Lateinamerika, wo also Produktionsstätten sind, zum Teil Industrieprodukte gefertigt wurden und bestimmte Lackierungen, bestimmte Schweißnähte dann nicht den deutschen Qualitätsstandards entsprechen. Und dementsprechend muss man auch wiederum kultursensibel versuchen, also wie kann ich jetzt rüberbringen, das sind unsere Standards. Und wenn wir auf dem Weltmarkt als ein deutsches Produkt oder eine Dienstleistung auftreten, dann müssen diese Standards auch eingehalten werden. Ich hatte so ganz konkret ein Beispiel, wo dann die Die deutsche Muttergesellschaft, der Produktionsleiter ließ also den lateinamerikanischen Produktionschef einfliegen nach Deutschland und zeigte ihm also so richtig wie Also so muss das Produkt aussehen. Und gleichzeitig hielt er also das lateinamerikanische Produkt daneben und sagte So geht das gar nicht. Und das war ein furchtbarer Gesichtsverlust für den Kollegen. Ja, und da sehen wir also schon das macht einen großen Unterschied. Ja, was wollen wir eigentlich hinaustragen in die Welt? Und wie kann ich das verständlich machen? Was sind Qualitätsstandards, was Qualitätsanforderungen ohne die, ohne mein Gegenüber zu düpieren?
Sprecher: Wie lange dauert das, bis jemand das verinnerlicht?
Barmeyer: Die Frage kann man nicht so einfach beantworten, weil bei bestimmten Menschen kann das relativ schnell gehen, die einfach erkennen, also da ist irgendwas anders und die, die sind dann auch motiviert. Also die wollen was lernen, die sind neugierig, die stellen Fragen. Und ich habe mit Fach und Führungskräften zu tun, die die seit zehn Jahren international arbeiten und die mir sagen Also Herr Barmeyer, ja, die wollen mich alle ärgern, die wollen mich alle ärgern, und eigentlich nicht einsehen, dass das sie die anderen Menschen nicht ändern können, sondern dass sie ihre Haltung, ihre Haltung gegenüber den anderen ändern müssten. Also ich glaube, es hat viel mit uns selbst zu tun und wie schnell wir dann ja auch bereit sind zu lernen, zu verstehen. Also ich, ich habe auch auch wirklich Teilnehmende, die ganz viel lesen und Fernsehen schauen und YouTube Videos schauen und Spielfilme schauen. Und mit jedem Spielfilm gibt es wieder ein neues Puzzlestein, um eine Kultur zu verstehen.
Sprecher: Sollte man also auch darauf achten, welchen Mitarbeiter man wohin schickt? Dass man quasi den Charakter berücksichtigt?
Barmeyer: Ich denke, Persönlichkeit und Temperament, absolut, also ich glaube, wir haben alle so einen Kontext und ein Umfeld, in dem wir uns wohlfühlen. Und ich, ich kenne lustigerweise sehr viele Franzosen, die also das Strukturierte in Deutschland, dieses ach ja, wie soll ich das sagen?, also es sind viele, die diese Sachorientierung, die wir Deutschen haben, dass wir uns stundenlang über eine Sache objektiv unterhalten können, das finden die ganz wunderbar. Ja, so, und wenn ich jetzt mal wieder was mit Franzosen zu tun haben, dann sind die völlig genervt von französischen Sitzungen, von von der Zeit, die das braucht. Der Franzose – wurde also zum Deutschen - übertrieben ausgedrückt. Das kenne ich: Deutsche, die, die das lieben in Frankreich, diese Freiheit, diese Flexibilität, diese, diese, diese Möglichkeit, Dinge zu tun, Dinge durchzusetzen, eine unglaubliche Kreativität zu entfalten. Die das in Deutschland gar nicht so könnten und tun würden. Und wir haben ja immer mehr Menschen, die bikulturell sind, also die eigentlich nicht mehr nur so einer Kultur angehören, sondern verschiedenen Kulturen. Man könnte auch sagen in Norddeutschland, in in Berlin läuft vieles ganz anders als in München. Und dadurch entstehen natürlich auch so neue Formen, dass das Zusammenarbeit und dies auch wiederum ein bisschen interessanter machen.
Sprecher: Eine letzte Frage: Wie wichtig ist Sprache im interkulturellen Kontext?
Barmeyer: Das ist eine gute Frage. Also, mein verstorbener Vater hat lange Zeit in Südfrankreich gelebt und sprach eigentlich kein Französisch, konnte sich aber wunderbar mit den Menschen irgendwie verständigen und mit den Menschen umgehen. Und er hatte, so will ich es heute sehen, eine interkulturelle Kompetenz. Ich hatte eine sehr intellektuelle Mutter, die also toll französisch sprach, also sich wirklich ganz toll ausdrücken konnte. Aber das heißt nicht, dass sie jetzt da interkulturell kompetenter war als mein Vater, der das nicht konnte. Die Sprache öffnet bestimmte Türen, sie schafft ein Vertrauen. Andererseits, in vielen Kulturen ist es ganz normal, dass man Englisch spricht. Und da würde ich auch sagen, es ist eigentlich die interkulturelle Kompetenz wichtiger. Also ich glaube, Sprachfehler werden viel leichter verziehen, als wenn ich bestimmte Verhaltensweisen an den Tag lege, die den anderen irritieren oder schlimmstenfalls schocken. Und interkulturelle Kompetenz würde eben helfen, dass ich mich kulturadäquat verhalte und damit eben auch mein Geschäft, mein Ziel sozusagen so mache, dass es allen zugutekommt.
Sprecher: Vielen Dank, Herr Barmeyer für diese Einblicke in interkulturelles Arbeiten.
Hoffentlich können Sie aus der Folge das ein oder andere mitnehmen, was Ihnen die Arbeit im Export erleichtert. Ich werde künftig oft an den Affen und den Fisch denken. Und an vietnamesische Mittagssuppe. Ach, und bevor wir es vergessen, die Frage nach den Küsschen hier, Küsschen da… Fragen wir noch mal Frau Schmitz-Bauerdick:
Schmitz-Bauerdick: Das ist eine vertrackte Frage. Also, hier in Paris gilt das Zwei-Küsschen-Prinzip. In Südfrankreich sollen es drei sein. Und dann ist immer noch die Frage der Reihenfolge. Da kann man etwas falsch machen, aber mit Humor ist die Situation auch schnell gemeistert. “
Sprecher: Also einfach ist anders. Aber, egal: „bisous bisous“ für heute. Wir freuen uns über Ihr Feedback, Ihre Anregungen und Fragen. Unsere Email-Adresse finden Sie in den Shownotes ... wir sind gerne für Sie da ... auch online unter www.gtai.de.
In der nächsten Folge sprechen wir darüber, wo und wie deutsche Unternehmen bei der Erschließung von neuen Auslandsmärkten Unterstützung erhalten. Dafür gibt es unzählige Programme und Maßnahmen, zum Beispiel auch von der Bundesregierung. Wie immer gilt: Reinhören lohnt sich!
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