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Branchen | Sierra Leone | Abfallentsorgung, Recycling

Potenziale in der Wasser- und Abfallwirtschaft von Sierra Leone

Die Entwicklung der Wasser- und Abfallwirtschaft ist für Sierra Leones Wirtschaftswachstum von großer Bedeutung. Kleine Fortschritte gibt es vor allem in der Hauptstadt Freetown.

Von Corinna Päffgen | Accra

Der Aufbau einer Abfallwirtschaft steckt in Sierra Leone noch in den Kinderschuhen. Fortschritte hat das westafrikanische Land mit rund 8,5 Millionen Einwohnern bei der Sammlung und Verwertung erzielt. Bis zum Jahr 2027 gehen Branchenkenner für die Hauptstadt Freetown bei den produzierten Siedlungsabfällen von 0,6 Kilogramm pro Tag und Kopf aus. Das entspricht einem Abfallaufkommen von rund 436.000 Tonnen pro Jahr. 

Mehr als die Hälfte ist dabei organischer Abfall, der Rest setzt sich aus Plastik, Papier und Pappe sowie Metall und Glas zusammen. Bislang waren eine unzureichende Infrastruktur, ineffiziente Sammeldienste und Entsorgungsmöglichkeiten vorherrschend. Vor allem informelle Müllsammler sind im Bereich des Sammelns und Abholens von Abfall tätig. Mehr als die Hälfte des Abfalls in Freetown, wo etwa 1,4 Millionen Menschen leben, landet Branchenkennern zufolge auf illegalen Mülldeponien, wird verbrannt, im Meer entsorgt oder vergraben. Einer der offiziellen Deponien ist die im Osten Freetowns gelegene Granville Brook Deponie, die zu den 50 größten Deponien der Welt gehört.

Abfallabholung wird organisierter

Die Sammlung und Abholung von Abfall werden zunehmend organisierter. Grundsätzlich sind die Städte und Kommunen für die Abfallbewirtschaftung und somit für die Abholung verantwortlich. Es gibt aber auch private Anbieter, die teilweise mit der öffentlichen Hand zusammenarbeiten.

So bietet beispielsweise das Unternehmen Freetown Waste Transformers über eine Uber-inspirierte mobile Applikation privaten Haushalten und Unternehmen die Abholung von organischen Abfällen an. Bezahlt werden kann ebenfalls über das Mobiltelefon. Das Unternehmen ist zudem im Bereich Waste-to-Energy tätig und nutzt den Biomüll für seine im Jahr 2020 in Betrieb genommene Pilot-Biogasanlage zur Erzeugung von Strom. Pro Tag verarbeitet die Anlage 600 Kilogramm Biomüll.

Ende 2024 hat Freetown zudem einige Ausschreibungen im Bereich Abfallwirtschaft durchgeführt. Im Einklang mit einer neu entwickelten Abfallmanagementstrategie will die Stadt eine effektive und effiziente Bewirtschaftung der Abfälle entlang der Wertschöpfungskette erreichen. Dazu ist die Aufteilung der Stadt in acht Blöcke mit sechzehn Abfallsammelstellen vorgesehen. Innerhalb der Blöcke soll der Abfall bereits so bewirtschaftet werden, dass das Volumen reduziert und Materialien durch Recycling zurückgewonnen werden können. Recycling findet bislang - außer bei organischen Abfällen - noch wenig statt. Kommerzielles Plastikrecycling gibt es bislang nicht. Zur Umsetzung sind öffentlich-private Partnerschaften vorgesehen. Branchenkennern zufolge gibt es rund 200.000 Haushalte und 20.000 Unternehmen, die sich entsprechende Dienste leisten können.

Lieferchancen für deutsche Unternehmen

Für deutsche Unternehmen können sich aufgrund des hohen Bedarfs an der Bewirtschaftung von Abfällen grundsätzlich eine Reihe von Geschäftschancen ergeben. Dazu gehört die Lieferung von Maschinen, Equipment und Entsorgungsfahrzeugen, wie beispielsweise Sortieranlagen, Zerkleinerungsmaschinen und Kompostieranlagen.

Der noch unterentwickelte Markt für Recycling und Biogasanlagen ist ebenfalls interessant. Bei Letzterem ist neben der Lieferung von Anlagen und Komponenten vor allem technisches Know-how beim Bau, beim Betrieb und der Wartung gefragt. Im Bereich der Deponiewirtschaft dürfte zumindest mittelfristig - abhängig von der Verfügbarkeit von Finanzierungsmöglichkeiten - der Bedarf an professionell betriebenen Deponien steigen.

Erste Müllverbrennungsanlage geplant 

Verbrennungstechnologien kamen bislang nur bei medizinischen Abfällen zum Einsatz. Jetzt soll das Land dank einer 3 Millionen US-Dollar-Investition von den Climate Fund Managers (CFM) eine 30-Megawatt-Anlage erhalten. Entwickelt und errichtet wird die Anlage von der singapurischen Infinitum Group. Die Verarbeitungskapazität von Siedlungsabfällen der Anlage soll 365.000 Tonnen jährlich betragen. Erzeugt werden sollen damit 236,5 Gigawatt pro Stunde Strom pro Jahr. Die erzeugte Energie wird im Rahmen eines 25-jährigen Power Purchase Agreement (PPA) mit der Sierra Leone Electricity Distribution and Supply Authority (EDSA) in das nationale Netz eingespeist.

Leichte Verbesserung bei der Wasserver- und Abwasserentsorgung

Der gesamte Wasser-, Sanitär- und Hygienesektor (Water, Sanitation, Hygiene - WASH) ist in Sierra Leone stark unterentwickelt, auch wenn in den letzten fünf Jahren zumindest im Wassersektor Fortschritte erzielt wurden. Rund 65 Prozent der Bevölkerung hat Zugang zu Trinkwasser, davon 80 Prozent der urbanen Bevölkerung und 55 Prozent in ländlichen Gegenden. Das ist eine Verbesserung von fast 10 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015.

Im Jahr 2024 wurden in Freetown 25 solarbetriebene Wasserkioske gebaut, die Errichtung weiterer 40 Kioske und öffentlicher Toiletten sind geplant. Des Weiteren hat die Stadt 160 Wasserspeicher und Regenwassersammelsysteme installiert. Der städtische Wasserversorger Guma Valley Water Company - etwa 90 Prozent des Wassers in Freetown stammt aus dem Guma Stausee - hat sein marodes Leitungsnetz in Stand gesetzt und optimiert. Die Finanzierung für die Projekte kam von internationalen Gebern wie die Vereinten Nationen, der Afrikanischen Entwicklungsbank und JICA (Japan International Cooperation Agency).

Die Behandlung und Aufbereitung von Abwasser finden noch in einem sehr begrenzten Rahmen statt. Pro Jahr fallen in Freetown fast eine halbe Million Kubikmeter Fäkalschlamm an. Im Jahr 2021 wurde in Freetown die erste Abwasserbehandlungsanlage des Landes in Betrieb genommen. Seitdem werden rund 20 Prozent des Fäkalschlamms dort aufbereitet. Es werden Dünger und CO2-freie Briketts hergestellt sowie eine Biogasanlage betrieben. Die restlichen 80 Prozent des Abfallaufkommens werden vergraben oder ohne weitere Behandlung in Gewässer und das Meer eingeleitet.

Einen Überblick über die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Unterstützungsangebote und Kontakte in Sierra Leone bietet das Länderprofil im Africa Business Guide.

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