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Spanien und Portugal kooperieren bei Infrastruktur und Forschung
Auf der iberischen Halbinsel rücken Spanien und Portugal enger zusammen. Das betrifft vor allem die Verkehrs- und Energieinfrastruktur sowie technische Innovationen.
21.11.2022
Von Oliver Idem | Madrid
Die besonders guten politischen Beziehungen zwischen Spanien und Portugal beflügeln die Umsetzung gemeinsamer Projekte auf der iberischen Halbinsel. Auf dem 33. spanisch-portugiesischen Gipfeltreffen (XXXIII Cumbre Hispano-Portuguesa) in Viana do Castelo in Portugal wurden im November 2022 mehrere Vorhaben angekündigt oder bekräftigt, die wirtschaftliche Impulse geben können. Für günstige finanzielle Rahmenbedingungen sorgen die Aufbau- und Resilienzpläne der EU.
Gemeinsames iberisches Satellitenprojekt auf den Weg gebracht
Getragen von 60 Millionen Euro aus dem Programm Next Generation EU arbeiten Spanien und Portugal an einem Satellitenprogramm zur Erdbeobachtung. Jedes der beiden Länder wird acht Satelliten bauen und betreiben. Diese sollen alle drei Stunden Daten liefern und das europäische Kopernikus-Programm ergänzen. Der iberische Fokus liegt auf der Bekämpfung von Waldbränden, die beide Länder häufig betreffen. Die Satelliten werden darüber hinaus für die Eindämmung von Naturkatastrophen nützlich sein. Zudem können sie Daten über die Küsten der iberischen Halbinsel und damit Erkenntnisse über Meere und Umwelt liefern.
Außerdem arbeiten beide Länder im Bereich Hochleistungscomputer zusammen. Auch hier spielt die EU als Impuls- und Geldgeberin eine wichtige Rolle. Spanien wurde als einer von sechs Standorten für das Quantencomputingprogramm Euro HPC JU ausgesucht. Die neue Infrastruktur soll im Centro Nacional de Supercomputación installiert werden und Teil des Computers MareNostrum 5 werden. Bei diesem handelt es sich um den leistungsstärksten Rechner Spaniens. An dem Vorhaben wird auch das International Iberian Nanotechnology Laboratory aus dem portugiesischen Braga beteiligt sein.
Brücken und Straßen für eine bessere Vernetzung
Wie ein Sinnbild der Kooperation wirken die Pläne für zwei Brücken zwischen Spanien und Portugal. Diese Bauvorhaben sind Teil des portugiesischen Aufbau- und Resilienzplans und sollen bis 2025 umgesetzt werden. Jede der beiden Verbindungen wird Fördergelder von 18 Millionen Euro erhalten.
Das erste Brückenprojekt dient der Verknüpfung der Straßennetze der Regionen Algarve und Andalusien. Die Strecke zwischen Alcoutim und Sanlúcar de Guadiana kann dadurch um 70 Kilometer verkürzt werden. Bislang sind die Orte gegenseitig nur sporadisch per Schiff zu erreichen.
Das zweite Vorhaben verkürzt die Wege zwischen den Regionen Alentejo und Extremadura. Die vorgesehene Brücke über den Fluss Sever sorgt zwischen Montalvão und Cedillo für 85 Kilometer weniger Streckenbedarf.
Für die verbesserte Verbindung der Städte Bragança und Puebla de Sanabria stand zuletzt der Vertragsabschluss kurz bevor.
Zugverkehr zwischen beiden Ländern soll längerfristig verbessert werden
Einen weitaus größeren Zeithorizont haben mehrere Pläne für Zugverbindungen zwischen Spanien und Portugal. Bei einer Umsetzung wäre jedoch mit Milliardeninvestitionen zu rechnen. Gegenstand der Studien sind momentan fünf Bahnstrecken. Die ersten drei betreffen die Städte Aveiro und Salamanca. Weiter im Süden sind Bahnstrecken von Faro nach Huelva und Sevilla in Andalusien geplant.
Portugal besitzt im Gegensatz zu Spanien bislang kein Hochgeschwindigkeitsnetz im Bahnverkehr. Darum ist das Interesse an einer solchen Verbindung zwischen Lissabon und Madrid groß. Bislang sind direkte Bahnreisen zwischen den beiden Hauptstädten nicht möglich. Mitte November 2022 hatte die spanische Staatsbahn Renfe für diese Strecke keine Fahrkarten im Angebot. Wer nicht mit dem Flugzeug reist, ist bislang auf eine Kombination aus Zügen und Fernbussen angewiesen.
Eine zweite Hochgeschwindigkeitsstrecke könnte im Norden zwischen Vigo und Porto entstehen. Nordportugal ist stark von der Industrie geprägt. Auf spanischer Seite spielt die Hafenstadt Vigo durch das Automobilwerk von Stellantis, den Schiffbau sowie Fischerei und Konservenherstellung eine wichtige Rolle. In dieser Region arbeiten auch viele Berufstätige auf der anderen Seite der Grenze.
Zunächst werden sowohl potenzielle Nachfrage als auch Rentabilität der Strecke durch die spanische Regierung untersucht. Im Entwurf für den portugiesischen Plano Ferroviário Nacional finden sich bereits die Linie Porto-Vigo sowie ein Teilstück der Strecke zwischen Lissabon und Madrid. Auf dem nächsten Gipfeltreffen der beiden Regierungen könnte bereits über das weitere Vorgehen entschieden werden.
Korridor für grüne Energie vereinbart
Die Vernetzung untereinander und mit anderen europäischen Staaten rückt aus zwei Gründen ins Blickfeld. Einerseits verfügen beide iberischen Länder über reichhaltige Ressourcen für erneuerbare Energien und bauen eine Wasserstoffwirtschaft auf. Zudem sehen sie eine Notwendigkeit darin, die europäischen Energienetze besser zu verzahnen. Mehr Integration soll die Antwort auf unzureichende Effizienz sein, die die beiden Regierungen nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine sehen.
Ein gemeinsamer iberischer Strommarkt existiert bereits. Mit Blick auf die Zukunft steht kurzfristig Gas und längerfristig Wasserstoff im Fokus weiterer Vernetzung. Bilateral wurde der Bau eines Teilstücks zwischen Zamora und Celourico da Baira vereinbart. Dieses soll dem Transport von Gas beziehungsweise Wasserstoff dienen. In größeren Dimensionen spielt sich das Projekt eines "grünen Energiekorridors" ab, das am 20. Oktober 2022 mit Frankreich vereinbart wurde. Dieser Korridor unter Wasser wird die iberische Halbinsel an Frankreich und damit Mitteleuropa anbinden.
In der Grenzregion Extremadura sollen zudem zunächst 74 Millionen Euro in ein iberisches Zentrum für Energiespeicherung investiert werden. Dieses soll Forschung und Entwicklung hinsichtlich der Energiespeicherung und der Integration regenerativer Energiequellen bündeln. In Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie wird angestrebt, Technologien zu entwickeln.