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Deutschland und Südkorea arbeiten an Wasserstoffgesellschaft
Deutschland und das ostasiatische Land verbindet eine Energiepartnerschaft. Im Oktober 2024 fand die 5. Germany-Korea Hydrogen Conference statt.
12.11.2024
Von Christiane Süßel | Bonn
Sowohl Südkorea als auch Deutschland arbeiten daran, das Net-Zero-Ziel bei CO2-Emissionen zu erreichen. Dabei haben beide Länder eine ausgeprägte Industrie. Um die Dekarbonisierung umzusetzen, wollen sie zu einer Wasserstoffgesellschaft werden. Die gemeinsame Ausgangslage unterstrich Südkoreas Botschafter in Deutschland, Sang Beom Lim in seinem Grußwort zur 5. Germany-Korea Hydrogen Conference am 22. und 23. Oktober 2024 in der Leopoldina in Halle (Saale). Gekommen waren Fachleute beider Länder, die Fragen rund um die Produktion, den Transport und die Sicherheit in der Wasserstoffkette beleuchteten.
Wasserstoffimporte unumgänglich
Die deutsche Seite betonte die Rolle des Wasserstoffs (H2) beim Ziel, eine CO2-freie Gesellschaft zu werden. Dies taten Stefan Wenzel, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Till Mansmann, Wasserstoffbeauftragter im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), sowie Christine Falken-Großer, im BMWK Koordinatorin für die deutsche Wasserstoffstrategie. Die 2023 nachgeschärfte nationale Wasserstoffstrategie soll hierzulande den Markthochlauf beschleunigen.
Das BMWK rechnet damit, dass die Nachfrage nach Wasserstoff und seinen Derivaten bis 2045 in Deutschland auf 560 bis 700 Terawattstunden enorm in die Höhe schnellen wird. Mit der Importstrategie für Wasserstoff hat die Regierung im Sommer 2024 klargestellt, dass Deutschland bis 2030 rund 50 bis 70 Prozent des benötigten Wasserstoffs und seiner Derivate wird importieren müssen. Einfuhren sind daher nicht nur aus Europa, sondern auch aus entfernteren Ländern unabwendbar. Energiepartnerschaften seien hier ein wichtiger Baustein und Korea ein enger Partner.
Martin Wietschel, Professor am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), berichtete, dass Wasserstoff Studien zufolge bis 2050 bis zu 23 Prozent des weltweiten Energiebedarfs decken könnte. Rund 30 Prozent des verfügbaren Wasserstoffs würden zukünftig international gehandelt. Südkorea gehöre wie Deutschland zu den Ländern, die von Importen abhängig sein werden. Um zu zeigen, dass die Nutzung auch wirtschaftlich realisierbar sei, seien Case Studies wichtig, so Susana Moreira von der Stiftung H2Global. Die Stiftung ist vom BMWK beauftragt, Auktionen für den Im- und Export von H2 in Deutschland zu organisieren.
Südkorea setzt auf H2 in der Mobilität
Korea hat bereits 2020 das weltweit erste Gesetz zu einer Wasserstoffwirtschaft verabschiedet. Bis 2030 will das Land bei Wasserstoffbussen, -tankstellen und der Nutzung von H2 in der Stromproduktion vorankommen. Das erklärte Hyochan Oh, Senior Researcher bei H2Korea. Diese fördert im Auftrag des koreanischen Wirtschaftsministeriums (MOTIE) die Umsetzung einer Wasserstoffgesellschaft. Oh stellte Pilotprojekte vor: Eine Co-Verbrennungsanlage für Wasserstoff in Daesan und eine Wasserstoffverflüssigungsanlage in Incheon. An drei Standorten sollen Hubs für die Anlandung und Speicherung von flüssigem Wasserstoff und Ammoniak entstehen.
Die Wegmarken für eine Wasserstoffgesellschaft skizzierte Jin-Nam Park, Professor an der Kyungil University: Südkorea wird bis 2050 bis zu 80 Prozent des H2 importieren. Ein Drittel des Energieverbrauchs des Landes wird dann auf Wasserstoff basieren. Der Anteil an der Stromerzeugung wird bei 23,8 Prozent liegen, so das Ziel. Bis 2050 sollen 5,15 Millionen Wasserstoffautos und 110.000 Wasserstoff-Nfz auf Koreas Straßen fahren. Park stellte zwei vom MOTIE finanzierte Forschungsprojekte für die Produktion von grünem Wasserstoff in Jeju und zwei Pilotprojekte zur Wasserstoffproduktion vor. Es laufen weitere Projekte zur Herstellung von pinkem und blauem Wasserstoff wie auch die Nutzung von H2 in den beiden Städten Ansan und Ulsan.
Die Farben des Wasserstoffs
Grün: Für die Elektrolyse wird ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien verwendet.
Blau: Zur Herstellung wird Kohle, Öl oder Erdgas verwendet. Das dabei entstehende CO2 wird abgespalten und unterirdisch gespeichert.
Pink: Zur Elektrolyse wird Atomstrom eingesetzt. Es entsteht dabei kein CO2, aber radioaktiver Abfall.
Forschungskooperationen haben viel Potenzial
In Südkorea gibt es diverse Forschungsprojekte im Bereich Wasserstoff. Das Korea Institute of Industrial Technology (KITECH) befasst sich mit der Beschaffenheit von Speichervorrichtungen, etwa auch für wasserstoffbetriebene Fahrräder oder U-Boote. Das Korean Institute of Energy Technology (KENTECH) forscht zu Katalysatoren für die Wasserelektrolyse wie auch zur Meerwasserelektrolyse. Im Rahmen einer Innovationsplattform arbeitet KENTECH eng mit Fraunhofer-Instituten zusammen. Auf der Konferenz präsentierten das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM), das Institut für Keramische Technologien und System (IKTS) und das Institut System und Innovationsforschung (ISI) ihre Wasserstoffforschungsprojekte.
Bewegung gibt es auch auf Firmenseite. So tüftelt die koreanische Firma Overplus Power an der Entwicklung von Festoxid-Elektrolyseurzellen (Solid Oxide Electrolyzer Cell; SOEC). Sie kooperiert dabei mit der chinesischen Firma Sinopec. Die Firma Hylium Industries arbeitet an H2-Speichern und hat unter anderem eine mit Wasserstoff betriebene Drone mit großer Reichweite entwickelt. Hyliums Expertise fließt auch in die Weiterentwicklung von Wasserstofftankstellen. Der deutsche Gasproduzent Linde Gas experimentiert mit großen Speichertanks für Terminals zum Import von flüssigem Wasserstoff.
Gemeinsame Wasserstoffprojekte
Dabei gibt es auch bilaterale Projekte: Linde hat in einem Joint Venture mit Hyosung Heavy Industries in Ulsan eine Verflüssigungsanlage für Wasserstoff aufgebaut. Sie produziert seit 2023 und ist laut Linde mit ihrer Kapazität eine der größten Anlagen in Asien. Der Wasserstoff soll vor allem im Mobilitätssektor eingesetzt werden. Vorgesehen ist daher auch der Aufbau von Wasserstofftankstellen in Südkorea. Der deutsche Energiekonzern RWE und die koreanische Hyundai Engineering and Construction haben erklärt, bei Offshore-Windanlagen und grünen Wasserstoffprojekten zusammenzuarbeiten.
Die deutsch-koreanische Energiepartnerschaft wurde 2019 von den beiden Wirtschaftsministerien ins Leben gerufen. Seither tauschen sich Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft beider Länder regelmäßig aus.