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Wirtschaftsumfeld | Südkorea | Konjunktur

Südkoreas Bevölkerung schrumpft

2021 lebten – deutlich früher als erwartet – erstmals weniger Menschen in Südkorea als im Vorjahr. Das hat Nachteile etwa für den Arbeitsmarkt, eröffnet aber auch Geschäftschancen.

Von Frank Robaschik | Seoul

Südkorea hatte 2021 nach Schätzung seines Statistikamts 51,7 Millionen Einwohner. Das waren erstmals weniger als im Vorjahr mit 51,8 Millionen. Dabei war ein erster Rückgang nach einer Vorhersage von 2019 erst für 2031 erwartet worden. Eine neue Prognose berücksichtigt den verfrühten Rückgang.

Allerdings korrigiert sie die Schätzwerte für 2047 nur um eine knappe halbe Million nach unten. Nach den neuen Prognosen verringert sich die Einwohnerzahl bis 2040 nur um 1,5 Millionen, bevor sie dann insbesondere ab 2050 deutlich fällt.

Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter nimmt rapide ab

Ein Blick auf die Altersstruktur zeigt dramatische Auswirkungen. Immer weniger Kinder führen dazu, dass die Bevölkerung im Erwerbsalter von 2021 bis 2030 um voraussichtlich mehr als 3 Millionen Personen zurückgeht. Dabei sind jetzt schon Arbeitskräfte knapp. Headhunter berichten, dass auf dem Arbeitsmarkt Personen mit bestimmten Qualifikationen bereits heute insbesondere außerhalb des Großraums Seoul schwer zu bekommen sind.

Potenziale zur Gewinnung weiterer Arbeitskräfte liegen in der Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen, in der weiteren Erhöhung der im Vergleich zu Deutschland bereits hohen Arbeitsbeteiligung älterer Menschen und in verstärkter Immigration. Bei der Zuwanderung fährt Südkorea bisher ein Modell, das ausländische Arbeitskräfte nur befristet ins Land lässt. Auch eine Erhöhung des Rentenalters wird diskutiert. Insgesamt verringert die schrumpfende Bevölkerung jedoch das Wachstumspotenzial für Südkoreas Wirtschaft. Um den hohen Wohlstand zu halten und auszubauen, werden gleichzeitig Themen wie Robotik, autonomes Fahren und künstliche Intelligenz wichtiger.

Bevölkerung Südkoreas (in Millionen Personen)

2000

2020

2030

2050

2070

Bevölkerung

47,0

51,8

51,2

47,4

37,7

  davon im Alter von 20 bis 64 Jahren

29,9

34,9

31,5

22,6

16,3

Anteil der Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren (in %)

63,6

67,4

61,5

47,7

43,2

Quelle: Statistics Korea 2022, Berechnungen von Germany Trade & Invest

Immer mehr ältere Menschen und immer weniger Kinder

Die Lebenserwartung in Südkorea steigt dank relativ gesunder Ernährung und eines guten Gesundheitswesens weiter an. Bei dem Indikator hat Südkorea Deutschland bereits im Jahr 2011 überholt. Dadurch nimmt die Anzahl von Senioren bis 2049 zu. Sie soll erst ab 2050 ebenfalls sinken. Im Jahr 2070 soll es mehr Personen im Alter von 65 Jahren oder älter geben als Personen im Alter von 15 bis 64 Jahre. Die Zahl der Kinder im Alter von bis zu 14 Jahren soll sich bis dahin gegenüber heute voraussichtlich mehr als halbieren. Die hohe Zahl an Senioren wird dazu führen, dass die Gesundheitsausgaben weiter steigen.

Lebenserwartung und Durchschnittsalter (in Jahren)

2000

2020

2030

2050

2070

Lebenserwartung bei Geburt

76,0

83,5

85,7

88,9

91,2

Durchschnittsalter

33,1

42,7

48,1

54,8

57,5

Quelle: Statistics Korea 2022

Gleichzeitig erscheint die Prognose als etwas zu optimistisch. Statistics Korea erwartet ein Absinken der Geburtenrate unter das bisherige Rekordtief von 0,81 im Jahr 2021 auf 0,70 im Jahr 2024. Ab 2025 unterstellt die Prognose dann allerdings einen Anstieg der Geburtenrate. Es ist nicht klar, worauf diese Trendwende fußen soll. Die Ansprüche, die das Umfeld und die Eltern an Kinder stellen, sind hoch. Damit sind immense Kosten etwa für die Ausbildung des Nachwuchses verbunden. Das hat bisher dazu geführt, dass die Geburtenrate stetig fiel. Sie gehört zu den niedrigsten weltweit und stellt global zeitweise sogar den Negativrekord. In die wenigen Kinder investieren Eltern und Verwandte dagegen umso mehr.

Geburtenrate Südkoreas (Geburten pro Frau in ihrem Leben)

2000

2010

2020

2030

2040

2050

2070

Geburtenrate

1,48

1,22

0,84

0,96

1,19

1,21

1,21

Quelle: Statistics Korea 2022

Einpersonenhaushalte auf dem Vormarsch

Die Anzahl der Haushalte wird gemäß der Prognose erst 2040 fallen. Hauptgrund dafür ist, dass immer mehr Menschen allein leben. Dies fördert die Nachfrage nach Produkten, die das Leben bequemer machen und weniger Aufwand versprechen wie beispielsweise Fertiggerichte oder Nahrungsergänzungsmittel.

Zugleich gibt es immer mehr Paare ohne Kinder. Dagegen sinkt die Zahl der Haushalte mit Kindern. Noch stärker fällt die Zahl der Haushalte, in denen mehrere Generationen zusammenleben. Insgesamt dürften das langsamere Wachstum und danach der Rückgang der Zahl der Haushalte etwas Druck aus dem in einigen Regionen überhitzten Immobilienmarkt nehmen.


 

Ausgaben für Gesundheit und Pflege legen rapide zu

Da immer mehr ältere Menschen nicht mehr mit ihren Kindern zusammenleben, steigt die Nachfrage nach Hilfsmitteln für Senioren. Sie ermöglichen, dass die älteren Menschen noch allein im Haushalt zurechtkommen. Innerhalb der Gesundheitsausgaben wachsen die Pflegeleistungen am schnellsten. Aber auch die Ausgaben für Arzneimittel und für Medizintechnik steigen.

Gesundheitsausgaben in Südkorea (in Milliarden US-Dollar)

2000

2010

2020

Insgesamt

22,5

67,7

137,1

  Medizinische Behandlung

14,6

37,4

75,0

  Pflege

0,1

5,6

19,9

    In Pflegeeinrichtungen

0,1

4,2

14,5

    Zu Hause

0,0

1,2

3,6

  Medizinische Waren

6,0

18,0

28,4

    Medikamente auf Rezept

3,5

13,3

20,7

    Rezeptfreie Medikamente

1,5

2,4

3,5

Quelle: Statistics Korea 2022, Berechnungen von Germany Trade & Invest

Bevölkerung von Seoul schrumpft seit 2010

Vor allem aufgrund der hohen Immobilienpreise in Seoul ziehen Menschen seit Jahren aus der Hauptstadt weg. Im Mai 2022 fiel die Einwohnerzahl der Metropole unter 9,5 Millionen. Dennoch wächst zurzeit der Großraum Seoul noch, weil viele Menschen in umliegende Städte in der benachbarten Provinz Gyeonggi oder nach Incheon ziehen. Bis 2030 wird auf der Ferieninsel Jeju, in der Region Chungcheong und in der dünn besiedelten Provinz Gangwon östlich von Seoul ein Bevölkerungswachstum erwartet.

Nicht nur die Bevölkerung der Stadt Seoul schrumpft. Vielen anderen Großstädten geht es ebenso. Besonders betroffen sein sollen bis 2030 Daegu, Ulsan und Busan. Sowohl Ulsan als auch Busan können eventuell vom Wiederanziehen der Konjunktur im Schiffbau profitieren und die Rückgänge etwas begrenzen.

Incheon kann nach den Prognosen bis 2030 leicht zulegen und Busan im Jahr 2035 als zweitgrößte Stadt Südkoreas ablösen. Besonders stark wächst die Verwaltungsstadt Sejong. Im Jahr 2050 soll sie eine Bevölkerung von etwa 630.000 Menschen haben.

Neue Millionenstädte in der Provinz Gyeonggi

In der Seoul umschließenden Provinz Gyeonggi sind Städte wie Suwon, Goyang, Yongin, Hwaseong und Namyangju und Pyeongtaek, aber auch Siheung, Gimpo, Gwangju und Hanam stark gewachsen. Städte wie Goyang oder Gimpo punkten dabei vor allem mit der Nähe zu Seoul. Städte wie Suwon, Hwaseong, Yongin und Pyeongtaek profitieren auch von der wachsenden Halbleiterindustrie in der Region. In Pyeongtaek kommt der Umzug der US-Militärbasis in die Region dazu. Auf die in der Region neu entstehende Kaufkraft reagieren die Einzelhändler in den gewachsenen Städten etwa mit dem Bau neuer Kaufhäuser.

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