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KI-Hub Taiwan punktet mit guten Standortfaktoren
Taiwan will sich bei künstlicher Intelligenz zum führenden Standort für Ausrüstung und Anwendungen weiterentwickeln. Die Insel setzt dafür auf starke Partnerschaften.
13.12.2024
Von Jürgen Maurer | Taipei
Der Boom rund um künstliche Intelligenz (KI) hat Taiwan als Produktionsstandort für die leistungsfähigsten Chips und Server erfasst. Mit ihrem Plan "Taiwan Artificial Intelligence (AI) Action" will die Regierung nun auch Dienstleistungen rund um die Entwicklung von KI vorantreiben. Die Insel soll zu einem umfassenden KI-Hub werden und "KI-Souveränität“ erreichen. Die Rechenleistung auf dem Archipel soll in den nächsten vier Jahren von 20 Petaflop auf 480 Petaflop steigen.
Dabei hilft die Zusammenarbeit mit internationalen Cloud-Anbietern wie Microsoft, Amazon und Google (Alphabet). Die Aktivitäten und Investitionen in- und ausländischer Unternehmen in diesem Bereich haben zugenommen. “Computing Power is National Power”, unterstrich der CEO der Hon Hai Technology Group (auch bekannt als Foxconn) auf der Messe Taitronics die Notwendigkeit einer KI-Strategie.
Angebot an KI-Rechenzentren wächst
Die großen Cloud-Anbieter Microsoft, Amazon und Google verfügen bereits über Rechenzentren in Taiwan. So betreibt Google seit 2013 ein Rechenzentrum in Chiayi. Um die deutlich höheren Leistungsanforderungen für KI-Anwendungen zu unterstützen, wird die Infrastruktur der bestehenden Datenzentren modernisiert.
Im Juli 2024 eröffnete der US-amerikanische Anbieter Vantage Data Centers in Taoyuan das jüngste Rechenzentrum in Taiwan. Auch der Cloud-Anbieter Amazon Web Services (AWS) hat im Sommer 2024 über einen Zeitraum von 15 Jahren Investitionen in Milliardenhöhe angekündigt. AWS plant den Standort Taiwan im Konzernverbund mit dem Bau von Rechenzentren und der Ansiedlung von Dienstleistungen zu einem KI-Konzern-Hub auszubauen.
KI benötigt leistungsfähige Server
KI-Datenzentren werden in Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Laut Prognosen des Marktforschungsunternehmens International Data Corp. sollen sich die weltweiten Ausgaben für KI-Systeme und -Dienstleistungen bis 2028 auf 632 Milliarden US-Dollar (US$) verdoppeln und bis 2032 rund 1,3 Billionen US$ erreichen.
Taiwans Exporte von Servern, wie sie für KI-Rechenzentren benötigt werden, tragen bereits heute wesentlich zum KI-Boom bei. Die Marktforschenden von TrendForce taxierten die Lieferungen von KI-Servern 2023 auf eine Größenordnung von 1,2 Millionen Einheiten. Bis 2026 soll sich das Volumen auf 2,36 Millionen Einheiten mindestens verdoppeln. Einen Großteil dieser KI-Server sollen taiwanische Firmen herstellen.
Während der weltweite Marktanteil taiwanischer Anbieter für konventionelle Server laut Global Market Insights bei 25 Prozent liegt, dürfte er bei KI-Servern deutlich höher liegen. Der weltweit größte Auftragsfertiger für Elektronikprodukte Hon Hai Precision Industry rechnete bis 2024 mit einem Umsatzwachstum im KI-Server-Segment von rund 40 Prozent.
Nachfrage nach KI-Ausrüstung steigt
Das Wachstum wird auch 2025 anhalten. Die Nachfrage ist enorm: Allein die vier großen US-Cloud-Anbieter Microsoft, Amazon, Meta Platforms und Alphabet, die sogenannten Hyperscaler, investierten 2024 weltweit mehr als 200 Milliarden US$ in den Aufbau von KI-Infrastruktur.
Um der Nachfrage gerecht zu werden, baut beispielsweise das taiwanische Unternehmen Wiwynn seine Server-Produktionskapazitäten in Taiwan und Malaysia aus. Presseberichten zufolge soll so im Southern Taiwan Science Park in Tainan ein neues Werk mit Baukosten von rund 192 Millionen US$ entstehen.
Auch im Endgerätemarkt sorgt KI für neuen Schwung. Neue High-End-Modelle von PCs, Laptops und Smartphones werden mit den neuesten Chips für generative KI ausgestattet. Diese benötigen aufgrund der großen Sprachmodelle deutlich mehr Rechenleistung als bisherige Geräte.
Die Hochleistungschips, die in den neuen Generationen von Servern, Smartphones und anderen Geräten verbaut werden, kommen überwiegend aus Taiwan. Dominiert wird dieses Segment vom weltweit größten Chip-Auftragsfertiger Taiwan Semiconductor Manufacturing Corp. (TSMC), zu dessen Kunden internationale Chipdesigner-Größen wie Nvidia, AMD, ARM Holdings, Broadcom zählen.
KI-Modelle sind gefragt
Bei der Entwicklung Taiwans zu einem KI-Hub geht es jedoch nicht nur um Hardware. Vielmehr rücken in Zukunft die softwarebasierten Lösungsansätze von KI-Modellen in den Fokus, um Innovation und Produktivität in den unterschiedlichsten Branchen zu steigern. Damit Entwickler ihre KI-Modelle testen können, stehen in Taiwan eine Reihe von Supercomputern zur Verfügung. Dazu gehören die Taiwania-Serie oder der neueste Supercomputer, das Ubilink AI Computing Center, das im November 2024 eröffnet wurde.
Darüber hinaus errichten taiwanische Firmen eigene Entwicklungszentren für fortgeschrittene KI-Anwendungen. Foxconn baut in Kaohsiung einen Supercomputer, um Innovationen in der Krebsforschung, bei intelligenten Fabriken, in der Robotik und die Entwicklung von Smart Cities voranzutreiben. Die Fertigstellung des Supercomputerzentrums ist für 2026 geplant.
Taiwans größtes Chip-Design-Unternehmen Mediatek baut derzeit im Miaoli Tongluo Science Park für 135 Millionen US$ ein eigenes Rechenzentrum für seine KI-Aktivitäten.
Großes Interesse an Taiwans KI-Ökosystem
Ausländische Akteure im KI-Universum sehen Taiwan aufgrund seiner Kombination aus Fachkräften, Infrastruktur und Schutz des geistigen Eigentums als gute Basis für KI-Innovationen. Dazu gehören Microsoft und Google, die 2018 bzw. 2021 Forschungs- und Entwicklungszentren (F&E) in Taiwan eröffneten. Der Chipspezialist Nvidia baut derzeit seine KI-F&E-Aktivitäten aus, darunter ein Supercomputerzentrum in Kaohsiung. Nicht zuletzt wird auch der US-amerikanische Chipdesigner AMD zwei F&E-Zentren mit den Schwerpunkten KI und Silizium-Photonik in Taiwan errichten.
Die Gründung neuer Entwicklungszentren mit Fokus auf KI wird auch vom deutschen SAP-Konzern vorangetrieben. SAP eröffnete im September 2024 das Kaohsiung ESG and AI Research and Innovation Center. Mit diesem Innovationszentrum will der Softwareanbieter die kleinen und mittelständischen Firmen in Taiwan bei der Digitalisierung und der Anwendung von KI unterstützen.