Branche kompakt | Thailand | Pharma, Biotechnologie
Moderne Arzneimittel haben es in Thailand schwer
Der thailändische Pharmamarkt wächst stetig. Das Segment für innovative Medikamente ist aber überschaubar, denn nur wenige Patienten haben Zugang.
06.03.2024
Von Thomas Hundt | Bangkok
Ausblick der Pharmaindustrie in Thailand
Bewertung:
- Alterung und steigende Einkommen treiben die Nachfrage an.
- Fokus liegt auf Generika, innovative Arzneimittel werden selten erstattet.
- Sektor mit wenig eigener Forschung und Entwicklung sowie wenig Investitionen.
Anmerkung: Einschätzung des Autoren für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes; Einschätzung ist subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Februar 2024.
Markttrends
Thailand weist nach Indonesien den zweitgrößten Arzneimittelmarkt in Südostasien auf und die Absätze sollen weiter zulegen. Laut dem Marktforschungsunternehmen BMI werden die Verkäufe von 2022 bis 2032 von 3,8 Milliarden auf 9,4 Milliarden US-Dollar (US$) steigen. Eine alternde Bevölkerung, höhere Einkommen und der Ausbau der Gesundheitsversorgung sollen das Wachstum antreiben.
Die Arzneimittelausgaben der 72 Millionen Einwohner lagen 2022 bei 53 US$ pro Kopf. Das heißt, der Markt für teure, innovative Arzneistoffe ist noch relativ klein. Die Einführung neuer Arzneien erfordere daher eine genaue Markt- und Wettbewerbsanalyse, meinen Branchenvertreter.
der Pharmaimporte kommen aus Deutschland.
Originalpräparate für Beamte und Gutverdiener
Öffentlich Bedienstete und ihre Familienangehörigen, rund 4,8 Millionen Personen, sind eine Gruppe, die teure importierte Originalmedikamente erhält. Öffentliche Krankenhäuser können über das Erstattungssystem Civil Servant Medical Benefit Scheme (CSMBS) moderne Medikamente abrechnen und an Beamtenfamilien ausgeben. Die Gesundheitsausgaben und Beschaffungen von Arzneimitteln im Rahmen des CSMBS überwacht das Finanzministerium.
Die gesetzliche Krankenversicherung, unter die knapp 13 Millionen Angestellte im privaten Sektor fallen, deckelt wiederum Erstattungen von Medikamenten und insbesondere von Originalpräparaten. Daher werden hier hauptsächlich Generika verabreicht und erstattet.
Rund 47 Millionen Bürger, die keine Krankenversicherung haben, versorgt das steuerfinanzierte Gesundheitswesen (Universal Coverage Scheme, UCS). Das UCS verabreicht Medikamente gemäß der National List of Essential Medicines. Diese Liste legen das Gesundheitsministerium und das National Health Security Office (NHSO) nach Beratungen mit Fachärzten und Pharmaunternehmen fest. Dort sind überwiegend Generika aufgeführt.
Dieses Komitee setzt auch mittlere Preise fest und diese gelten effektiv als Obergrenzen, die öffentliche Gesundheitseinrichtungen bei Beschaffungen von Medikamenten beachten. Das NHSO darf nur in Ausnahmefällen direkt mit Pharmaanbietern verhandeln und patentierte Arzneien kaufen.
Wichtige Kunden sind auch private Krankenhäuser
Private Gesundheitseinrichtungen machen rund ein Zehntel der wertmäßigen Nachfrage nach Medikamenten aus. Ihre hauseigenen Apotheken setzen importierte Originalpräparate zu hohen Preisen an zahlungskräftige in- und ausländische Patienten ab. Dort entscheiden Ärzte und Einkaufsabteilungen über das Angebot und sie müssen von den Vorteilen neuer Pharmazeutika überzeugt werden.
Neue Medikamente können in Thailand auch klinisch geprüft werden. Kompetente medizinische Fakultäten, Schulen und gut ausgebildete Ärzte stehen dafür bereit. Die Arbeitsgruppe Gesundheit und Pharma der European Association for Business and Commerce bemängelt allerdings den Patenschutz von neu entwickelten Arzneien. Bei besseren rechtlichen Rahmenbedingungen würden Hersteller auch mehr klinische Studien durchführen.
Deutschland ist führender Lieferant
Die Importe von pharmazeutischen Erzeugnissen wuchsen von 2012 bis 2020 kaum. In den Jahren 2021 und 2022 kurbelten Einfuhren von Vakzinen die gesamten Importe kurzzeitig an. Deutschland war 2022 sogar der wichtigste Lieferant von Arzneimitteln, insbesondere von Covid-Impfstoffen.
Branchenstruktur und Rahmenbedingungen
Über 80 Prozent der Arzneimittelproduktion, die 2022 bei rund 48.000 Tonnen lag, bleibt im Inland. Die Ausfuhren an pharmazeutischen Erzeugnissen (SITC Abschnitt 54) sind wenig dynamisch und stagnierten von 2018 bis 2022 bei rund 650 Millionen US$ jährlich.
Pharmaindustrie ist überschaubar
Die Food and Drug Administration (FDA) zählte Ende 2021 insgesamt 151 pharmazeutische Betriebe, die den Standards der Guten Herstellungspraxis der Pharmaindustrie (PIC/S GMP) entsprachen, von denen jedoch nur 12 Betriebe Wirkstoffe herstellen können.
Ein wichtiger Arzneimittelhersteller ist die staatliche GPO (Government Pharmaceutical Organization). Die GPO gehört dem Gesundheitsministerium und ihre selbst hergestellten oder importierten Generika sollen die Abhängigkeit von ausländischen Original-Präparaten verringern. Denselben Auftrag haben die Pharmaunternehmen Siam Bioscience und die Defence Pharmaceutical Factory des Verteidigungsministeriums.
Name | Einnahmen 2022 in Millionen US$ | Anmerkung |
---|---|---|
Mega Lifesciences | 450 | Hersteller von pharmazeutischen und nutrazeutischen Produkten |
Thai Nakorn Patana | 104 | Hersteller von Medikamenten |
Berlin Pharmaceutical Industry | 100 | Hersteller von pharmazeutischen Produkten |
Siam Pharmaceuticals | 69 | Hersteller von pharmazeutischen Produkten |
Thai Meiji Pharmaceutical | 54 | Thailändisch-japanisches Joint Venture; Pharmazeutika für Human- und Tiermedizin |
Biopharm Chemicals | 52 | Auftragsfertigung |
T.MAN Pharma | 37 | Auftragsfertigung |
Bangkok Lab and Cosmetic | 37 | Hauptsächlich Hersteller von Generika |
Olic (Thailand) | 36 | Gehört zu Fuji Pharma (Japan), Auftragsfertiger |
Interthai Pharmaceuticals | 32 | Auftragsfertigung |
Die Behörde Board of Investment (BOI) fördert Investitionen in die Pharmaindustrie. Das BOI befreit qualifizierte Investitionsvorhaben von der Körperschaftssteuer und gewährt investierenden Unternehmen weitere Privilegien, allerdings mit überschaubaren Erfolgen. Die thailändische Industriegruppe B.GRIMM hat 2022 immerhin drei lokale Arzneimittelfirmen gekauft und will den Pharmabereich ausbauen.
Ausländische Pharmahersteller produzieren nicht mehr vor Ort und engagieren sich kaum in Forschung und Entwicklung, weil der Markt für innovative Medikamente zu klein ist. Internationale Pharmakonzerne sowie die Schweizer Handelshäuser Zuellig Pharma und DKSH sind im Königreich nur noch über Verkaufsniederlassungen vertreten und haben sich in der Pharmaceutical Research and Manufacturers Association (PReMA) zusammengeschlossen.
Transparenter Zulassungsprozess
Das Zulassungsverfahren von Arzneien bei der FDA gilt indes als transparent und effizient. Die FDA folgt dabei den internationalen Richtlinien des International Council on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use.
Nur lizensierte Apotheker dürfen verschreibungspflichtige Medikamente verkaufen und die FDA setzt den internationalen Apothekenstandard Good Pharmacy Practice (GPP) landesweit durch. Die ungefähr 22.000 Apotheken sind für rund 40 Prozent der Pharmaumsätze verantwortlich und setzen hauptsächlich frei verkäufliche Arzneimittel ab. Unter den Apotheken sind Franchise- und Pharmaketten auf dem Vormarsch wie Boots, Watson, Pure Pharmacy oder Fascino. Der Onlinehandel spielt aus rechtlichen Gründen keine Rolle.