Special | Thailand | Beschaffung
Kunststoffindustrie steigt ins Recycling ein
Die Kunststoffverarbeitung basiert hauptsächlich auf fossilen Rohstoffen. Die Hersteller bieten aber zunehmend auch Rezyklate und Biokunststoffe an.
26.06.2023
Von Thomas Hundt | Bangkok
Die Kunststoffverarbeiter in Thailand konzentrieren sich bisher auf den heimischen Markt und haben sich nahe ihrer Kunden im Großraum Bangkok sowie den umliegenden Provinzen angesiedelt. Die rund 2.500 Firmen sind meist klein bis mittelständisch. Sie gehören zu über 80 Prozent thailändischen Eigentümern. Unter den ausländischen Unternehmen finden sich vor allem Investoren aus Japan.
Lieferungen ins Ausland spielen eine zunehmende Rolle, sie gehen bisher allerdings kaum nach Europa. Marktbeobachter meinen, dass die Möglichkeiten, traditionelle Plastikwaren abzunehmen, dort auch künftig begrenzt seien. Grund dafür sind Abgaben oder Verbote auf Einwegkunststoffe sowie der CO2-Grenzausgleichsmechanismus der Europäischen Union.
Die Ausfuhren von Kunststoffprodukten der Positionen 3916 bis 3926 des Harmonisierten Systems der Weltzollorganisation beliefen sich 2022 auf 4,5 Milliarden US-Dollar (US$), die Importe waren 5,4 Milliarden US$ wert. Thailand liefert hauptsächlich Folien, Filme und Streifen sowie Verpackungen (Schachteln, Säcke und Beutel) ins Ausland. Die wichtigsten Abnehmer von Kunststoffwaren sind die USA, Japan, China und die Region Südostasien.
Der Branchenverband Thai Plastic Industries Association (TPIA) erwartet, dass die Ausfuhrgeschäfte 2023 um 5 bis 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen. Vor allem Schwellenländer wie Vietnam importieren immer mehr Verpackungen und Halbzeuge aus Kunststoffen.
Die Produktionstechnik und Qualität sei auf einem niedrigen bis mittleren Niveau, berichtet TPIA. Die Betriebe stehen in einem harten Preiswettbewerb. Darunter sind auch Großunternehmen. Die Aktiengesellschaften Thai Film Industries, Polyplex und A.J. Plast beispielsweise gehören zu den größten Herstellern und Exporteuren von flexiblen Verpackungsmaterialien in Südostasien.
2019 | 2020 | 2021 | |
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Verpackungen | 5.739 | 6.589 | 6.909 |
Elektrotechnik und Elektronik | 5.483 | 6.532 | 6.635 |
Baustoffe | 2.715 | 2.967 | 3.463 |
Kfz-Teile | 2.654 | 2.552 | 2.883 |
Schutz- und Sicherheitsprodukte | 1.321 | 1.696 | 1.782 |
Medizinprodukte | 1.731 | 2.172 | 1.562 |
Schuhe | 1.393 | 1.253 | 1.259 |
Haushaltswaren | 745 | 825 | 1.001 |
Sport- und Freizeitartikel | 616 | 869 | 947 |
Filamente | 504 | 582 | 714 |
Produkte für die Landwirtschaft | 501 | 529 | 580 |
Andere | 446 | 496 | 570 |
Insgesamt | 23.848 | 27.060 | 28.307 |
Die Fertigung der kunststoffverarbeitenden Industrie in Thailand belief sich 2021 auf 6 Millionen Tonnen im Wert von 28,3 Milliarden US$. Sie wuchs auch während der Coronapandemie in fast allen Bereichen. Der gesamte Output lag knapp ein Fünftel über dem Niveau von 2019.
Bioplastik für Europa
Thailand erntet große Mengen Zuckerrohr, Maniok und Mais, die zu Biokunststoffen verarbeitet werden. Das Unternehmen Total Corbion PLA aus den Niederlanden eröffnete 2018 in Rayong eine Bioplastikanlage mit einer Jahreskapazität von 75.000 Tonnen Polylactide (PLA). Ihre Produkte vertreibt die Firma weltweit.
Das Unternehmmen NatureWorks aus den USA will ebenfalls eine PLA-Anlage errichten. Sie soll 2024 im Nakhon Sawan Biocomplex in der Provinz Nakhon Sawan den Betrieb aufnehmen und Milchsäure, Lactid und Polymere produzieren.
Nach Angaben des Verbandes Thai Bioplastics Industry Association gibt es im Land immer mehr Unternehmen, die aus Biokunststoffen verschiedene Waren herstellen. Die Lieferungen von Bioplastik und Waren daraus ins Ausland lagen im Jahr 2022 bei über 90.000 Tonnen im Wert von rund 280 Millionen US$. Firmen aus Europa gehören zu den wichtigsten Abnehmern.
Die thailändische Regierung hat 2017 eine Strategie verabschiedet, die besonders förderwürdige Industriezweige festlegte. Die Wahl fiel unter anderem auf die Biochemie.
Ein Regierungskomitee kümmert sich seit dem Jahr 2021 auch um Maßnahmen, mit denen eine grüne Bio-Kreislaufwirtschaft etabliert werden soll. Daher wurden Anreize für Investitionen in Rezyklate oder höherwertige Verpackungen verstärkt. Die Behörde Board of Investment (BOI) befreit in- und ausländische Unternehmen, die förderungswürdige Projekte umsetzen, von der Körperschaftsteuer und vergibt weitere Privilegien. Die Förderungen hängen vom technischen Niveau und den Entwicklungsaktivitäten ab.
Recyclinganteil bei Kunststoffen soll steigen
Das thailändische Umweltministerium möchte, dass 2027 sämtliche Plastikabfälle wiederverwertet und mehr Rezyklate produziert werden. Seit Juni 2022 dürfen diese auch in der Produktion von Lebensmittelverpackungen verwendet werden. Im selben Jahr waren von den gesamten Siedlungsabfällen ungefähr 2,6 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle. Davon wurden weniger als 20 Prozent wiederverwertet.
Seit 2021 entstehen Werke, in denen Plastikabfälle verwertet werden. Die sortenreine Sortierung von Abfällen bleibt jedoch eine Herausforderung. Informelle Betriebe durchsuchen den Müll grob nach Wertstoffen. Für Sortieranlagen bleiben die weniger wertvollen Stoffe übrig. In den meisten kommen nur einfache Technologien zum Einsatz.
Über 500 Unternehmen sind immerhin im Recycling von Kunststoffen tätig. Zu den größeren Verwertern von Plastik zählen:
- Zing Whor Thai, Jahreskapazität 200.000 Tonnen Kunststoffabfälle, Verarbeitung zu Polyethylenterephthalat-(PET)-Flakes und Pellets
- Indorama Ventures Jahreskapazität 58.000 Tonnen Kunststoffe aus Recylingmaterialien
- ENVICCO, Joint Venture der ALPLA Group aus Österreich und der thailändischen PTT Global Chemical, Jahreskapazität 45.000 Tonnen recyceltes PET und High-Density-Polyethylen (HDPE)
- Ecoblue, Jahreskapazität 41.000 Tonnen Post-Consumer Polypropylene (PP), PET, HDPE
- Thai Plastic Recycling Group, Verarbeitungskapazität von 30.000 Tonnen PET-Flaschen zu Rezyklaten
- SUEZ Circular Polymer Plant, Verarbeitungskapazität von 30.000 Tonnen Kunststoffverpackungen zu Post-Consumer Recyclingkunststoffen
Vorteilhafter Standort
Thailand verfügt über eine große petrochemische Industrie, die 2021 rund 9,5 Millionen Tonnen Kunststoffe in Primärformen produzierte. Die Kapazitäten an Olefinen und Aromaten liegen bei über 12 Millionen Jahrestonnen. Davon betreiben die lokalen Chemiekonzerne PTT und SCG die meisten Anlagen. Sie liegen in der Nähe der Stadt Map Ta Phut und bilden dort ein Petrochemiecluster, das auch über einen Hafen verfügt.
Informationen zu zollrechtlichen Regeln bietet unser Überblick zur Wareneinfuhr in die EU. |
Die Petrochemie und die kunststoffverarbeitende Industrie bilden zusammen lokale Lieferketten. Circa ein Drittel der Polymere beziehen die Kunststoffverarbeiter allerdings aus dem Ausland, weil sie teilweise auf dem Weltmarkt günstiger sind.
Bezeichnung | Anmerkung |
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Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Marktforschungsinstitut | |
Thailand Institute of Packaging and Recycling Management for Sustainable Environment | Industrieorganisation für Recycling |
Verband der Kunststoff verarbeitenden Industrie mit einer eigenen B2B Plattform (in thailändischer Sprache) | |
Plastic Industry Group der Federation of Thai Industries | Fachverband Kunststoff |
Industrieverband Verpackungen | |
Fachverband der Hersteller von Biokunststoffen | |
T-Plas | Fachmesse für Kunststoff- und Gummiverarbeitung |
Fachmesse für Kunststoffverarbeitung |