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Türkei: Steuerrecht
Der Überblick über das türkische Steuerrecht Informiert unter anderem über das Körperschaftsteuer-, Einkommensteuer- und Mehrwertsteuerrecht.
20.10.2023
Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem | Bonn
Doppelbesteuerungsabkommen
Zwischen Deutschland und der Türkei besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen aus dem Jahr 2011. Das Abkommen kann auf der Webseite des Bundesministeriums der Finanzen abgerufen werden.
Körperschaftsteuer
Die Körperschaftsteuer regelt das Gesetz Nr. 5520 aus dem Jahr 2006. Der aktuelle Körperschaftsteuersatz im Jahr 2023 beträgt 25 Prozent, für Unternehmen des Finanzsektors beträgt der Satz 30 Prozent.
Die Türkei unterscheidet, wie auch Deutschland, grundsätzlich zwischen beschränkt und unbeschränkt steuerpflichtigen Steuersubjekten. Unbeschränkt steuerpflichtig sind die Gesellschaften, die ihren Sitz in der Türkei haben. Beschränkt steuerpflichtig und entsprechend nur mit ihrem türkischen Einkommen steuerpflichtig sind ausländische Gesellschaften, die in der Türkei mittels einer Betriebsstätte aktiv sind. Das zu versteuernde Einkommen beinhaltet dabei grundsätzlich alle mit der Türkei in Zusammenhang stehenden Einkünfte. Abzugsfähige Aufwendungen sind allgemeine Betriebskosten (Gehälter, Zinsen, Lizenzgebühren, Reisekosten), Spenden für wohltätige Zwecke (in der Höhe begrenzt) und Abschreibungen auf Produktionsmittel.
Erzielt ein deutsche Unternehmen Einkünfte durch eine türkische Betriebsstätte, steht der Türkei das Besteuerungsrecht zu (Artikel 7 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 DBA). Gemäß Artikel 5 Absatz 3 b) DBA umfasst der Begriff Betriebsstätte unter anderem: „Dienstleistungen, einschließlich Beratungsleistungen, die ein Unternehmen durch Angestellte oder anderes für diesen Zweck verpflichtetes Personal erbringt, jedoch nur, wenn diese Tätigkeiten in einem Vertragsstaat innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten für eine Dauer von insgesamt mehr als 6 Monaten (für ein- und dasselbe Vorhaben oder ein damit zusammenhängendes Vorhaben) verrichtet werden.“
Durch die Aufnahme einer sogenannten Dienstleistungsbetriebsstätte kann auch jenseits einer festen Geschäftseinrichtung infolge der Ausführung von Dienst- oder Beratungsleistungen in der Türkei eine Betriebsstätte begründet werden. Ebenfalls zu den Betriebsstätten zählen Bauausführungen, Montagen oder damit zusammenhängende Aufsichtstätigkeiten, wenn diese Tätigkeiten sechs Monate überschreiten.
Einkommensteuer
Natürliche Personen unterliegen der Einkommensteuer, geregelt durch das Einkommensteuergesetz Nr. 193 aus dem Jahr 1961. Auch bei natürlichen Personen gibt es die Unterscheidung zwischen unbeschränkt Steuerpflichtigen, deren weltweites Einkommen der Steuer unterliegt, und beschränkt Steuerpflichtigen, deren Einkommen, das sie in der Türkei erzielt haben, der Steuer unterliegt.
Der Lohnsteuer liegt eine progressive Staffelung zu Grunde:
Einkommen (TRY) | Steuersatz |
---|---|
bis 70.000 | 15 Prozent |
70.001 bis 150.000 | 20 Prozent |
150.001 bis 550.000 | 27 Prozent |
550.001 bis 1.900.000 | 35 Prozent |
ab 1.900.001 | 40 Prozent |
Sonderfall: Entsendung
Die Besteuerung von Einkünften aus unselbstständiger Arbeit regelt im Falle einer Entsendung Artikel 15 DBA: Aus Absatz 1 Satz 1 DBA folgt der Grundsatz, dass dem Staat das Besteuerungsrecht zufällt, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz (Deutschland) hat. Absatz 1 Satz 2 statuiert eine Ausnahme von diesem Wohnsitzprinzip zu Gunsten des Arbeitsortsprinzip, wonach dem Staat das Besteuerungsrecht zufällt, in dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt. Eine Ausnahme von dieser Ausnahme sieht Absatz 2 DBA vor.
Dem Staat, in dem der Beschäftigte die Arbeit ausübt (Tätigkeitsstaat), steht entgegen dem Artikel 15 Absatz 1 Satz 2 DBA ausnahmsweise nicht das Besteuerungsrecht zu, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen (Artikel 15 Absatz 2 DBA):
Wohnsitzstaat und Tätigkeitsstaat müssen verschieden sein. Der Arbeitnehmer muss also seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland haben und in der Türkei arbeiten.
Der Beschäftigte darf sich nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten im Tätigkeitsstaat aufhalten. Die Tätigkeit in der Türkei muss vorübergehend sein.
Der Arbeitgeber, der die Vergütung zahlt, hat seinen Sitz außerhalb des Tätigkeitsstaats. Der Arbeitgeber muss seinen Firmensitz in Deutschland haben.
Die Vergütung des Beschäftigten stammt nicht aus einer Betriebsstätte im Tätigkeitsstaat.
Quellensteuer
Auf Dividenden wird eine Quellensteuer in Höhe von 10 Prozent erhoben; auf Zinsen bis zu 18 Prozent (in Abhängigkeit der Herkunft der Zinsen, beträgt die Quellensteuer zwischen 0 Prozent und 18 Prozent). Für Lizenzen beträgt die Quellensteuer 20 Prozent. Aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens werden diese Quellensteuersätze jedoch reduziert. So ist die Quellensteuer auf Dividenden auf 5 Prozent reduziert, sofern der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft ist, die unmittelbar über mindestens 25 Prozent des Kapitals der die Dividende zahlenden Gesellschaft verfügt. Die Quellensteuer auf Lizenzen ist im Doppelbesteuerungsabkommen auf maximal 10 Prozent beschränkt.
Mehrwertsteuer
Der Normalsatz der Umsatzsteuer beträgt zurzeit 20 Prozent, der ermäßigte Satz entweder 1 Prozent (zum Beispiel landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Rohbaumwolle, getrocknete Haselnüsse) oder 10 Prozent (zum Beispiel Grundnahrungsmittel, Textilien, Bücher). Zum Teil kommt das aus Europa bekannte Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung, so dass bei einigen Leistungen aus dem Ausland (insbesondere Beratungsleistungen) das in der Türkei sitzende beauftragende Unternehmen die Umsatzsteuer zahlen muss.
Grundsteuer
Die Türkei erhebt eine Grundsteuer in Höhe von 0,1 Prozent auf Wohngebäude, 0,2 Prozent auf Geschäftsräume, 0,1 Prozent auf unbebautes Land und 0,3 Prozent auf bebautes Land. Diese Steuersätze können in größeren Städten um bis zu 100 Prozent höher liegen.
Stempelsteuer
Auf verschiedene Dokumente wird zudem eine Stempelsteuer erhoben. Diese macht einen Prozentbetrag des auf dem Dokument angegebenen Wertes aus. Für Verträge und Garantiebriefe beträgt die Stempelsteuer zum Beispiel 0,759 Prozent des Transaktionswertes.