Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Export- und Investitionsversicherung
"Wir sichern in der Ukraine polnische Firmen und ihre Partner ab"
Polens Exportversicherer KUKE bietet Absicherung im Ukraine-Geschäft. Auch deutsche Unternehmen können davon profitieren - die Vorstandvorsitzende erklärt wie.
18.11.2024
Von Michał Woźniak | Berlin
Die polnische Exportkreditagentur KUKE hat wenige Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges wieder angefangen, Transaktionen in der Ukraine zu versichern. Seitdem hat sie Policen mit einem Volumen von fast 1 Milliarde Euro abgeschlossen. Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende, Katarzyna Kowalska, stellt das Angebot vor und erklärt, wie es deutsche Unternehmen nutzen können.
Frau Kowalska, warum hat KUKE bereits im Juni 2022 wieder begonnen, Geschäfte in der Ukraine abzusichern?
Zunächst wollten wir der angegriffenen Ukraine so bald wie möglich helfen, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Gleichzeitig war es auch eine wirtschaftliche Entscheidung: Der Ausbruch des Krieges hat die bilateralen Handelsbeziehungen stark verändert. Lag die Ukraine 2021 noch auf Platz 14 der polnischen Exportrangliste, kletterte sie 2023 auf Platz 7 und erreichte einen Anteil von 3,5 Prozent an den polnischen Exporten. Zudem ist das Risiko von Kriegsschäden zwar hoch, das von Zahlungsausfällen in der Ukraine aber moderat. In einigen westeuropäischen Ländern verzeichnen wir eine höhere Schadensquote als in der Ukraine.
"Wir verzeichnen in einigen westeuropäischen Ländern eine höhere Schadensquote als in der Ukraine."
Könnten Sie Ihre wichtigsten Produkte vorstellen?
Beim Angebot der KUKE sprechen wir von drei Säulen: Die erste zielt auf die Unterstützung beim laufenden Auslandsgeschäft polnischer Unternehmen ab – also die Exportversicherung. Die zweite Säule ist die Versicherung von Investitionen polnischer Unternehmen in der Ukraine gegen politische Risiken, einschließlich Kriegsrisiken. Hinzu kommen Kreditbesicherungsgarantien für polnische Banken, die solche Investitionen finanzieren. Die dritte unterstützt direkt den Wiederaufbau und die Modernisierung der Ukraine. KUKE sichert Projekte in Bereichen wie Energie- oder Straßeninfrastruktur, Bau öffentlicher Einrichtungen oder Investitionen von Unternehmen aus anderen Ländern ab.
Damit richtet sich die letzte Säule auch an deutsche Firmen. Können Sie sie erläutern?
Der ukrainische Staat hat hohe Verteidigungsausgaben und geringe Finanzierungsmöglichkeiten. Daher werden Investitionen in die Infrastruktur oder andere öffentliche Projekte häufig im sogenannten EPC+F-Modell ausgeführt. Das bedeutet, der Auftragnehmer verantwortet nicht nur Detailplanung und Kontrolle, das Beschaffungswesen sowie die Ausführung von Bau- und Montagearbeiten, sondern sichert auch die Finanzierung. Also im Grunde der gleiche Umfang, wie wenn ein privater Investor seine neue Fabrik baut. In beiden Fällen hilft KUKE, eine Finanzierung zu finden und garantiert den Finanzinstituten deren Rückzahlung. Im Gegenzug müssen Aufträge im Wert von mindestens 30 Prozent der Investitionskosten an polnische Unternehmen vergeben werden.
Bei zwei von KUKE versicherten und von internationalen Investoren realisierten Einkaufscenterprojekten in Charkiw und Kyjiw kamen beispielsweise polnische Generalunternehmer zum Zuge. Auf den polnischen Anteil können aber auch Technologie- und Maschinenlieferungen, Planungsdienstleistungen oder andere Unteraufträge einzahlen.
Kann KUKE in solchen Fällen das Gesamtprojekt versichern oder nur den polnischen Anteil?
Beides. Nicht zuletzt seit der Absichtserklärung zwischen 13 Exportkreditagenturen aus 12 Ländern während der Ukraine Recovery Conference 2024 in Berlin unterstützen wir uns mit internationalen Partnern gegenseitig und können so die Deckungskapazitäten erhöhen. Unser bisher größtes Vorhaben in der Ukraine, die Produktionsanlage eines polnischen Unternehmens im Wert von 45 Millionen Euro, sicherten wir zusammen mit der Weltbank-Agentur MIGA ab. Zukünftig erwarten wir Projekte mit einem noch höheren Wert. Um sie abdecken zu können, wollen wir jetzt die Rückversicherungsstrukturen aufbauen.
"Alle Unternehmen, die in Polen Steuern zahlen, können die Exportversicherung beantragen."
In Polen sind knapp 10.000 Unternehmen mit deutscher Beteiligung registriert. Stehen für sie auch die ersten beiden Säulen des KUKE-Angebots zur Verfügung?
Die Exportversicherung können alle Unternehmen beantragen, die in Polen Steuern zahlen - also über eine steuerliche Identifikationsnummer (NIP) verfügen. Eine Obergrenze beim Wert gibt es nicht. Die Kosten richten sich nach Auftragswert, Zahlungstermin und der Risikoklasse. Sie werden individuell berechnet. Eine grobe Schätzung erhalten Kunden in unserem Policenrechner.
Auf der Käuferseite in der Ukraine prüfen wir die Zahlungsfähigkeit anhand des Einheitlichen Nationalen Registers. Wenn wir mehr Daten benötigen, nutzen wir kommerzielle Institutionen und Datenbanken, sprechen mit dem Käufer, um seine aktuelle Tätigkeit zu überprüfen, oder tauschen Informationen mit anderen Exportkreditagenturen aus.
Sind Investitionsversicherungen ebenso breit verfügbar?
In diesem Fall ist ebenfalls die NIP, also eine eingetragene Geschäftstätigkeit in Polen, Grundvoraussetzung. Wir verlangen zudem, dass das in Polen registrierte Unternehmen über 50 Prozent der Investition in der Ukraine kontrolliert. Dies ist in der Regel bei Greenfield-Investitionen der Fall. Wir können jedoch jede Investition absichern: Akquisitionen, Anteilkäufe im Rahmen von Privatisierungsvorhaben und Brownfield-Investitionen. KUKE kann bis zu 95 Prozent der Investitionssumme absichern. Für Banken - polnische und ausländische - die solche Transaktionen finanzieren, kann KUKE 90 Prozent des Betrags absichern.
Wir hoffen, auf diese Weise Engpässen bei der privaten Finanzierung entgegenzuwirken und den Banken mehr Möglichkeiten zur Finanzierung ukrainischer Transaktionen zu geben - bevor die neuen Basel III-Vorschriften in Kraft treten.
Wir haben auch ein Angebot für ausländische Unternehmen, die sich dem ukrainischen Markt nähern wollen, denen aber die Risiken vor Ort zu hoch sind. Für Investitionen auf polnischem Gebiet, deren Aktivitäten auf den ukrainischen Markt ausgerichtet sind, kann KUKE die Rückzahlung von bis zu 80 Prozent der Finanzierung garantieren.