Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Projekte
Deutsche Firmen unterzeichnen Absichtserklärungen mit der Ukraine
Die Ukraine Recovery Conference vernetzte rund 3.400 Unterstützer des Wiederaufbaus des Landes. GTAI moderierte die Unterzeichnung von Abkommen im Wert von über 200 Millionen Euro.
21.06.2024
Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin
Die Ukraine setzt beim Wiederaufbau des Landes vor allem auf die Beteiligung privatwirtschaftlicher Unternehmen. Besonders umworben werden Investoren aus den Unterstützerstaaten. Auf der Ukraine Recovery Conference 2024 (URC) wurden zehn Leuchtturmprojekte vorgestellt, die trotz des Krieges realisiert werden. Sie sollen weitere Firmen zu Investitionen animieren.
Auf der URC wurden zudem weitere 110 Absichtserklärungen (Memorandum of Understanding, MoU) mit einem Gesamtvolumen von mehr als 16 Milliarden Euro unterzeichnet. Darunter sind 17 MoU, die Unternehmensvertreter unter Begleitung der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Franziska Brantner, und des stellvertretenden ukrainischen Wirtschaftsministers, Volodymyr Kuzyo, signierten. Julia Braune, Geschäftsführerin von Germany Trade & Invest, moderierte die Unterzeichnungszeremonie.
Projekte zu erneuerbaren Energien im Fokus
Die in Gründung befindliche Investment- und Projektentwicklungsgesellschaft UAG Energy unterzeichnete eine Absichtserklärung mit der ukrainischen Firma Vitagro zum Aufbau einer Produktion von Biomethan mit einer jährlichen Kapazität von 43 Millionen Kubikmetern. Bis 2030 soll die Menge auf 1 Milliarde Kubikmeter steigen. Mit der deutsch-ukrainischen Recyclingfirma Braun Industrial Technology (BIT) will UAG Energy neue Produktionsstätten für Biomethan mit einer Kapazität von 209 Millionen Kubikmetern pro Jahr errichten.
Das Berliner Unternehmen Eltec Green Energy und die deutsche gemeinnützige Agentur für den Wiederaufbau der Ukraine möchten mit der ukrainischen Firma Cover Energy Plus Fotovoltaik- und Windenergieprojekte mit einer Gesamtleistung von 200 Megawatt in der Westukraine realisieren.
Das norwegische Unternehmen Fenix Repower und UA Renergy wollen gemeinsam im Gebiet Ternopil einen Windpark mit einer Leistung von 240 Megawatt errichten.
Die Unternehmensinitiative Global Partners Bayern e.V. und das ukrainische Danube Hydrogen Valley planen im Gebiet Odessa ein Pilotprojekt zur Produktion von grünem Wasserstoff, der über die Donau nach Deutschland gelangen soll. Die Investitionssumme liegt bei rund 60 Millionen Euro.
Unterstützung bei Automatisierung und Digitalisierung
Der deutsche Technologiekonzern Siemens vereinbarte mit dem Ölkonzern Ukrnafta die Ausrüstung von Blockheizkraftwerken mit Netzanschlusssystemen. Diese Lösung soll Strom und Prozessdampf für die Industrie sowie Fernwärme für Kommunen bereitstellen. Mit dem ukrainischen Forschungsinstitut für Erdgas (UkrNDIGas) will die ukrainische Tochtergesellschaft von Siemens an der Automatisierung, Energieverteilung, Prozessdatenübertragung und Cybersicherheit der Öl- und Gasanlagen arbeiten.
Das deutsche Unternehmen VR Expert und das schweizerisch-ukrainische Start-up Idiksa wollen bei der Digitalisierung des ukrainischen Bildungssystems zusammenarbeiten. Bis 2027 sollen in das Projekt "Metaverse Ukraine" rund 6,5 Millionen Euro fließen.
Deutsches Know-how für Infrastruktur- und Wohnungsbau
Das Berliner Unternehmen Boreal Light arbeitet mit der Stadt Krywyj Rih im Gebiet Dnipro bei der Modernisierung der Wasserversorgung und Steigerung der Energieeffizienz zusammen. Die beiden Partner wollen dazu eine solarbetriebene Entsalzungsanlage errichten, die bestehende Infrastruktur zur Einspeisung erneuerbarer Energiequellen ausbauen sowie das Grubenwasser effizienter nutzen.
Um die Kapazitäten für den ukrainischen Export zu erhöhen, soll der Schwarzmeerhafen Piwdenny um ein Getreideterminal mit einem geplanten Umschlagvolumen von 5 Millionen Tonnen pro Jahr erweitert werden. Ein entsprechendes Memorandum unterzeichnete die deutsche Firmengruppe Convex International mit TOV Kompania Techagro. Die Investitionssumme beläuft sich auf rund 130 Millionen Euro.
Die schwäbische Firma Vollert Anlagenbau und das ukrainische Unternehmen Avantazh Technology wollen beim Bau eines Werkes zur Herstellung von Fertigbauteilen für Sozialwohnungen zusammenarbeiten.
Die Leonhard Moll AG und die ukrainische GSI Group wollen gemeinsam Spannbetonschwellen in der Ukraine produzieren. Sie sollen bei der Modernisierung und Sanierung des ukrainischen Eisenbahnnetzes zum Einsatz kommen.
Das Unternehmen Heine + Beisswenger und sein tschechischer Partner Mostarna wollen der Stadt Wosnessensk im Gebiet Mykolajiw helfen, den Fluss Piwdenny Buh zu überqueren. Dazu liefert der schwäbische Metallhändler zwei mobile Stahlbrücken. Die südukrainische Stadt war kurz nach Kriegsausbruch heftig umkämpft und die Flussübergänge wurden zerstört. Der Auftragswert liegt bei rund 2 Millionen Euro.
Um die Wiederaufbaubemühungen im Bausektor zu unterstützen, will das bayerische Unternehmen Rehau mit seinem ukrainischen Partner Darwin eine neue Anlage zur Produktion von Fensterprofilen aus Kunststoff errichten. Dazu unterzeichnete Rehau ein Memorandum über die Zusammenarbeit und will rund 8 Millionen Euro investieren.
Unternehmen leisten humanitäre Hilfe
Eltec Green Energy und die Agentur für den Wiederaufbau der Ukraine schlossen ein Memorandum zur Zusammenarbeit und Partnerschaft mit dem ukrainischen Rehabilitationszentrum Superhumans Center. Ziel ist es, gemeinsam Opfer von Katastrophen, Kriegen und Unfällen zu unterstützen.
Das italienische Unternehmen Renovua bekräftigte seine Absicht zur Zusammenarbeit mit ukrainischen Partnern in den Bereichen Wasser, Energie, Kultur und Verteidigung, sowie bei Projekten mit Veteranen.
Absicherungsinstrumente werden gebündelt
Um das weitere Engagement privater Unternehmen in der Ukraine zu fördern, wollen 13 Exportkreditagenturen aus der EU, USA, Kanada, Japan und dem Vereinigten Königreich ihre Absicherungsinstrumente besser aufeinander abstimmen. Unterzeichner aus Deutschland waren Euler Hermes, der Mandatar des Bundes für Exportkreditgarantien, und die Beratungsgesellschaft PwC, die für den Bund Investitionsgarantien vergibt.
Der Investorenleitfaden des ukrainischen Wirtschaftsministeriums und der Kiev School of Economics bietet nützliche Informationen zu Investitionsmöglichkeiten in wichtigen Sektoren der ukrainischen Wirtschaft.
Instrumente zur Absicherung und Förderung solcher Vorhaben sowie von Exporten in die Ukraine, die die einzelnen Unterstützungsländer anbieten, listet eine Übersicht der Bundesregierung.