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Ungarns Augenoptikmarkt bietet Potenzial

Der Bedarf an Sehhilfen ist in Ungarn längst nicht gedeckt. Trotz höherer Preise bevorzugen Brillenträger Markenprodukte. Der Markt für Augenoptik ist stark fragmentiert.

Von Kirsten Grieß | Budapest

Ungarn ist mit seinen rund 9,6 Millionen Einwohnern im EU-Vergleich ein eher kleinerer Absatzmarkt. Die ungarische Augenoptikbranche erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von knapp 320,7 Millionen Euro. Im Vergleich zu Ländern mit ähnlicher Bevölkerungszahl, etwa Tschechien und Österreich, ist das ein deutlich geringeres Ergebnis. 

Analysten der Datenplattform Statista erwarten bis 2029 einen durchschnittlichen jährlichen Zuwachs des Marktvolumens von 3,6 Prozent auf 391,6 Millionen Euro. Brillengläser bilden das mit Abstand größte Marktsegment: Im Jahr 2023 wurden Korrekturgläser im Wert von 183,4 Millionen Euro umgesetzt. Kontaktlinsen lagen mit 57,2 Millionen Euro Umsatz auf Platz 2. Bis 2029 soll der Markt für Einstärken- und Gleitsichtgläser jährlich um 3,7 Prozent wachsen.

Forscher schätzen in einem Bericht aus dem Jahr 2022, dass etwa 5 Millionen erwachsene Ungarn Sehhilfen benötigen. Das sind knapp 61 Prozent der rund 8 Millionen Erwachsenen des Landes. Die Berechnungen basieren auf Daten, die seit 2010 im Rahmen des Ungarischen Nationalen Gesundheits-Screening-Programms (MAESZ) erhoben werden. Demnach tragen etwa 9,3 Prozent der Betroffenen, also knapp 465.000 Personen, gar keine oder falsche Sehhilfen. 

Zahl der Optiker schrumpft, Preise für Brillen steigen 

Der Bedarf an Sehhilfen wird auch in Ungarn wachsen. Eine alternde Bevölkerung und veränderte Lebens- und Arbeitsgewohnheiten treiben die Nachfrage an. Gleichzeitig nimmt die Zahl der niedergelassenen Optiker seit Jahren ab. Aktuell gibt es landesweit etwa 900 Geschäfte. Im Schnitt müssen ungarische Optiker gut anderthalbmal so viele Einwohner bedienen wie ihre deutschen Kollegen. Ein Branchenvertreter macht dafür vor allem fehlende Ausbildungsplätze für Optiker verantwortlich.

Auf der Nachfrageseite bremsen hohe Kosten die Wachstumsdynamik. Inflationsbedingt mussten ungarische Brillenträger zuletzt saftige Preissteigerungen hinnehmen. Nach Daten des ungarischen Statistikamts lag der Durchschnittspreis für einfache Kunststoff-Brillengläser im Februar 2024 bei umgerechnet rund 41 Euro und damit 30 Prozent höher als im Vorjahresvergleich. Mit der nachlassenden Inflation wachsen Reallöhne und Kaufkraft seit Ende 2023 wieder deutlich. Preiserhöhungen sind aber auch 2024 zu erwarten, da der schwache Forint bei Importen negativ zu Buche schlägt.

Der ungarische Markt für Augenoptik ist vergleichsweise klein Marktdaten im Ländervergleich, 2023
Kennzahl

Ungarn

Deutschland

Österreich

Tschechien

Bevölkerung (in Mio.)

9,6

83,4

9,2

10,9

Optikgeschäfte 

900

11.000

1.200

4.000

Einwohner pro Niederlassung

10.700

7.600

7.700

2.700

Umsatz Optiksektor (in Mio. Euro)

321

7.720

1.160

560

Umsatz Brillengläser (in  Mio. Euro)

183

4.610

490

319

Optik-Ausgaben pro Kopf (in Euro)

32

93

129

53

Nettodurchschnittslohn pro Monat (in Euro)

1.038

3.174

3.205

1.431

Quelle: Statistisches Bundesamt 2024, Eurostat 2024, Statista Market Insights 2024, Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen 2024, Recherchen von Germany Trade & Invest

Trend in Ungarn geht zu hochwertigeren Gläsern 

Ungarn wechseln üblicherweise aller zwei bis drei Jahre ihre Brille, sagt Anita Sipos, Regionalmanagerin der Optikerkette Optic World. Ihre Kunden besäßen zumeist nur eine Korrekturbrille. Bei Alterssichtigkeit käme dann noch eine Lesebrille hinzu. Gleichwohl beobachte sie, dass der Qualitätsanspruch der Verbraucher trotz knapper Kassen eher steigt. Ungarische Brillenträger seien heute deutlich offener für Gleitsichtbrillen, hochwertigere Gläser und maßgeschneiderte Lösungen. Dafür seien sie bereit, auch mehr Geld auszugeben.

Bei Fassungen seien Ungarn sehr mode- und markenbewusst. Die schicksten Modelle gingen in der Hauptstadt über den Ladentisch. Optic World wechsele in den Budapester Filialen daher zweimal jährlich die Kollektion. Immer weniger Umsatz mache die Kette seit Jahren mit Sonnenbrillen, für kleinere Filialen lohne sich der Verkauf nicht mehr.

Die Zahl unabhängiger Optikergeschäfte ist groß

Auf dem ungarischen Augenoptikmarkt operieren zwei große Ketten, während die Zahl unabhängiger Optikergeschäfte bei knapp 600 liegt. GrandVision Hungary, die ungarische Tochtergesellschaft der niederländischen GrandVision-Gruppe, betreibt das größte Einzelhandelsnetz und kommt mit den Marken Vision Express und Ofotért auf rund 150 Filialen. Zweitgrößte Optikkette ist Optic World. Das familiengeführte ungarische Unternehmen besitzt landesweit 60 Niederlassungen.

Um geringere Preise im Einkauf zu erzielen, haben sich kleinere Optiker zu Partnernetzwerken zusammengeschlossen. In der Regel sind das fünf bis fünfzehn Geschäfte, die unter einem eigenen Markendach operieren. Die bekanntesten sind Trend Optika und Optimarkt. Das noch junge Opticnet zählt sogar an die 70 Mitglieder. Ganz neu auf dem Markt ist mit derzeit drei Filialen der private Gesundheitsdienstleister Medicover, der mindestens 14 Niederlassungen plant.

Ungarns Onlinegeschäft mit Augenoptik lag 2023 bei 10,6 Prozent des Gesamtumsatzes und damit knapp unter dem EU-Durchschnitt von 12,1 Prozent. Beim EU-Spitzenreiter Polen machte der Onlinehandel 2023 ein Viertel des Gesamtumsatzes aus. Den Heimatmarkt führt der ungarische Händler eOptika an. Nummer 2 ist 03 Optika, das zwei separate Portale für Kontaktlinsen und Brillen betreibt. Daneben operieren eine Handvoll deutlich kleinerer Händler im Markt.

Deutschland zählt zu den Hauptlieferanten von Brillengläsern

Generell wird das Gros der in Ungarn abgesetzten Augenoptik aus dem Ausland importiert. Je nach Produktgruppe dominieren unterschiedliche Herkunftsländer. Deutsche Hersteller sind mit ihren Produkten in allen Warengruppen vertreten, Brillengläser aus Kunststoff machen den größten Posten aus. Im Jahr 2023 lagen die Importe von Kunststoffgläsern aus Deutschland wertmäßig bei 19,6 Millionen Euro, knapp hinter dem Marktführer Vietnam. China und Thailand belegten mit etwas Abstand die Plätze drei und vier.

Importe von Augenoptik nach Ungarn
Warenbezeichnung (HS)

2023 (in Mio. Euro)

 

Veränderung (2023/2022 in %)

 

 

aus Deutschland (in Mio. Euro)

 

Kontaktlinsen (900130)

37,8

-22,4

2,5

Brillengläser aus Glas (900140)

0,9

-0,5

0,0

Brillengläser aus anderem Material (900150) 

108,5

18,5

19,6

Fassungen aus Kunststoffen (900311)

28,8

16,7

2,6

Fassungen aus anderem Material (900319)

22,5

-12,5

0,5

Teile von Fassungen (900390)

0,5

129,7

0,0

Sonnenbrillen (900410)

18,2

10,9

3,1

Brillen (900490)

10,0

8,0

1,9

Insgesamt

227,1

4,5

30,4

Quelle: Eurostat 2024

Zeiss und Hoya produzieren Brillengläser in Ungarn

Aber auch in Ungarn werden Brillengläser produziert, hauptsächlich für den Export. Die Werke der Zeiss Gruppe und die Fertigung der japanischen Hoya Corporation haben sich in der ostungarischen Stadt Mátészalka angesiedelt, wo seit den 1970er Jahren der ungarische Staatsbetrieb MOM Brillengläser hergestellt hat. Ein Teil der Produktion wurde 1992 von Zeiss übernommen. Gefertigt werden dort heute Brillengläser aus Glas. Die Zeiss Gruppe unterhält in Budapest außerdem ein Vertriebszentrum für Mittel- und Osteuropa. Hoya kaufte Ende der 1990er Jahre ein Nachfolgeunternehmen von MOM und produziert in Ungarn Einstärkengläser aus Kunststoff.

Kontaktadressen
BezeichnungAnmerkung
Magyar Optikus és Optometrista Szövetség (MOOSZ)Ungarischer Verband der Optiker und Optometristen
Magyar Optikus Ipartestület (MOI)Ungarischer Verband der Optikindustrie
Optikai MagazinMagazin des Ungarischen Verbands der Optikindustrie
Optikus Szakmai NapFachtag für Augenoptik und Optometrie; jährlich im Frühling; angekündigt im Optikai Magazin

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