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Branchen | Tschechische Republik | Augenoptik

Tschechiens Markt für Augenoptik wächst nur langsam

Tschechien ist ein kleiner, aber spannender Wachstumsmarkt für Produkte der Augenoptik. Der Wettbewerb ist allerdings intensiv und das Geschäft zurzeit nicht einfach.

Von Gerit Schulze | Prag

Seit 2024 legt die Kaufkraft tschechischer Verbraucher wieder kräftig zu, doch in den Optikergeschäften ist davon noch nicht viel zu spüren. "Die Kaufzurückhaltung der Kunden ist weiterhin groß", sagt Christoph Schlesiger, Geschäftsführer der tschechischen Fielmann-Tochter. In den Einkaufszentren sinken die Besucherzahlen, sodass vor allem Filialen in großen Shoppingmalls betroffen sind.

Den Trend bestätigt Michael Hubensack, der das Geschäft von Carl Zeiss in Tschechien, Polen und der Slowakei leitet. "Obwohl der Konsum insgesamt steigt, ist in den Optikergeschäften weniger los. Deshalb beginnen nun Verteilungskämpfe um das kleiner werdende Marktvolumen."

Nach Berechnungen von Statista Market Insights werden die Umsätze mit Produkten der Augenoptik in Tschechien 2024 gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Prozent auf 557 Millionen Euro sinken. In den kommenden Jahren erwarten die Marktforscher moderate Zuwächse zwischen 1 und 2 Prozent.

Viele kleine und unabhängige Optikerläden

Der Vertrieb von Augenoptik ist in Tschechien noch sehr kleinteilig organisiert. Laut Branchenexperten gibt es rund 1.700 Optikergeschäfte, der Fachverband SČOO rechnet sogar mit bis zu 4.000 Standorten. Nur ein Viertel davon gehört zu einer Kette. Der Großteil entfällt auf unabhängige Geschäfte, die in der Nachwendezeit entstanden sind und insgesamt nur wenig investieren. Sie schließen sich oft zu Einkaufsgenossenschaften zusammen, um mehr Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten zu bekommen.

Für neue Wettbewerber mit guter Finanzausstattung ist genügend Marktpotenzial im Filialgeschäft vorhanden. Laut verschiedenen Quellen tragen etwa 44 Prozent der Tschechen eine Brille, weitere 9 Prozent nutzen Kontaktlinsen. In Deutschland sind zwei von drei Einwohnern Brillenträger.

Dabei wird eine Brille in Tschechien länger getragen als im Nachbarland. Fielmann-Geschäftsführer Schlesiger geht von drei bis vier Jahren aus. Mit Aufklärung und Marketing könnte diese Frequenz erhöht werden, glaubt der Marktkenner.

Geringer Anteil hochwertiger Gläser

Das gilt auch für den Verkauf von hochwertigeren Sehhilfen wie Bifokal- oder Gleitsichtbrillen, Gläsern mit Blaulichtfiltern oder hoher Entspiegelung. Bei Gleitsichtbrillen ist der Anteil in Tschechien mit 12 bis 15 Prozent weniger als halb so groß wie in Deutschland. Das liegt zum einen am höheren Preis. Zum anderen "haben die Kunden hierzulande in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit solchen Produkten gemacht", erklärt Christoph Schlesiger. Optikergeschäfte hätten die Gleitsichtbrillen ohne spezielle Beratung und Rücknahmegarantie verkauft und so bei vielen Kunden für Unmut bei der Anwendung gesorgt.

Fielmann, seit 2021 auf dem tschechischen Markt aktiv, wolle auch bei der Servicekultur neue Maßstäbe setzen. Bislang hat das Hamburger Unternehmen 17 Niederlassungen in Tschechien. Zwanzig weitere sollen in den kommenden Jahren hinzukommen.

Allerdings hat die Expansion Tücken, berichtet der Prager Geschäftsführer. "Für den Innenausbau jeder Niederlassung benötigen wir eine Baugenehmigung. Auf die warten wir drei Monate und mehr." Erst nach der Eröffnung der Filiale kann die Registrierung als medizinische Einrichtung erfolgen, um dann Sehtests durchzuführen. "Wir müssen die Niederlassung also ohne unser Kerngeschäft eröffnen", kritisiert der Manager.

Die Refraktion (Brillenglasbestimmung) in der Filiale ist ein entscheidender Geschäftsfaktor. Denn auf Termine beim Augenarzt warten tschechische Patienten bis zu 6 Monate. Außerdem zahlen die Krankenkassen Zuschüsse für Brillen in der Regel nur für Kinder, sodass sich der Besuch des Augenarztes kaum lohnt.

Tschechien: Zuschüsse der Krankenkasse für Sehhilfen
AltersstufeNotwendige Korrekturstärke in Dioptrien 1)Intervall

Zuschuss in Kč für Fassung und Korrekturgläser 2)

Bis zu 5 Jahrenbis +/- 6alle 4 Monate

609

6 bis 14 Jahrebis +/- 6alle 12 Monate

609

15 bis 17 Jahrebis +/- 6alle 36 Monate

348

Bis zu 5 Jahren+/- 6 bis +/-10alle 4 Monate

783

6 bis 14 Jahre+/- 6 bis +/-10alle 12 Monate

783

15 bis 17 Jahre+/- 6 bis +/-10alle 36 Monate

522

Bis zu 5 Jahrenmehr als +/-10alle 4 Monate

1.130

6 bis 14 Jahremehr als +/-10alle 12 Monate

1.130

Ab 15 Jahren (auch Erwachsene)mehr als +/-10alle 36 Monate

870

1 Bis zu einem Zylinderwert bis +/- 2. Für höhere Werte gelten andere Zuschüsse. 2 Wechselkurs am 10. Dezember 2024: 1 Euro = 25,10 KčQuelle: Gesetz Nr. 48/1997 Sb. über die öffentliche Krankenversicherung 2024

Internationale Marken sind vor Ort präsent

Die großen internationalen Hersteller von Brillengläsern wie EssilorLuxottica, Carl Zeiss, Rodenstock und Hoya sind seit langem im tschechischen Markt vertreten. Rodenstock hat sogar eine eigene Fertigung in Klatovy. Das Werk wird stetig erweitert, für 2024 war die Installation neuer Roboter geplant. Die schwäbische Deutsche Augenoptik AG (DAO) lässt im westböhmischen Domažlice Brillengläser einschleifen.

Zu den größten tschechischen Herstellern von Brillengläsern gehört Optika Čivice aus Pardubice. Das slowakische Unternehmen Sagitta hat nach eigenen Angaben in Tschechien einen Marktanteil von 30 Prozent beim Vertrieb von Brillenfassungen, Sonnenbrillen und Hilfsmitteln für Sehbehinderte. Sagitta produziert Brillengläser in Bratislava.

Ausbildungswege in Tschechien

In Tschechien gibt es fünf Berufsschulen für die Ausbildung zum Augenoptiker in Prag, Brno, Plzeň, Pardubice und Ostrava. Ein Hochschulabschluss zum Optometristen kann an der Palacký-Universität Olomouc, an der Masaryk-Universität Brno und an der Technischen Hochschule ČVUT in Prag erworben werden. Marktexperten empfehlen Kooperationen mit den Ausbildungsstätten, um frühzeitig Fachkräfte zu sichern.

Im Filialgeschäft kommt das Prager Unternehmen Dr. Optik nach Berechnungen von Germany Trade & Invest auf die meisten Standorte. Allerdings befinden sich die Filialen auch in kleineren Orten und strukturschwachen Gebieten, sodass der Umsatz nicht an die Marktführer GrandOptical und Fokus Optik heranreicht.

GrandOptical ist Teil des französischen Konzerns EssilorLuxottica. Fokus Optik ist aus dem tschechoslowakischen Staatsbetrieb für Optikergeschäfte hervorgegangen und gehört heute der luxemburgischen Investmentgesellschaft Middlecap. 

Augenoptikketten in der Tschechischen RepublikAuswahl, Stand Dezember 2024
Bezeichnung

Anzahl der Filialen

Regionale Schwerpunkte

Umsatz in Mio. Euro (Jahr)*

Doctor Optik

79

landesweit

5,4 (2022)

Fokus Optik

74

landesweit

16,2 (2022)

Orange Optik

63

landesweit

4,5 (2021)

GrandOptical

62

landesweit

40,5 (2023)

Axis Optik

18

West- und Südböhmen

2,5 (2023)

Optiscont

18 (12 davon in Augenarztpraxen)

landesweit

2,2 (2023)

Fielmann

17

landesweit

4,4 (2023)

OFTEX

17

Böhmen und Ostrava

2,6 (2023)

Optik Otava

12

Vysočina und Südmähren

k.A.

Oční optika Horní Počernice

12

Prag, Mittelböhmen, Region Liberec

1,8 (2021)

* durchschnittlicher Wechselkurs 2021: 1 Euro = 25,65 Kč, 2022: 1 Euro = 24,57 Kč, 2023: 1 Euro = 24,00 Kč.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Filialen müssen moderner werden

Um die Filialen attraktiver für neue Kundschaft zu machen, investieren viele Betreiber in die Ausstattung. Einige Ketten wie Dr. Optik beschaffen Geräte für zusätzliche Dienstleistungen wie Messungen des Augeninnendrucks. Carl Zeiss und andere Lieferanten beraten die Händler bei der Neuausrichtung und Modernisierung ihrer Filialen. "Wir wollen den Kunden einen erlebbaren Unterschied bieten, um so auch hochwertigere Produkte zu verkaufen", beschreibt der Prager Zeiss-Geschäftsführer Hubensack den Ansatz. 

Konkurrenzdruck kommt durch den Onlinehandel. Einige Internetportale wie Alensa steigen in das Filialgeschäft ein und verfolgen innovative Ansätze wie digitale Preisschilder und Selbstbedienungskioske. Alensa.cz ist einer der drei größten Onlinehändler für Brillen und Kontaktlinsen in Europa und unter anderem auch in Deutschland aktiv.

Importe von Augenoptik in die Tschechische Republikin Millionen Euro, Veränderung in Prozent
Warenbezeichnung (HS)

2023

Veränderung zum Vorjahr

Importe aus Deutschland 2023

Kontaktlinsen (900130)102,96,221,3
Brillengläser aus Glas (900140)4,522,12,2
Brillengläser aus anderem Material (900150) 148,6-7,357,8
Fassungen aus Kunststoffen (900311)22,8-17,04,1
Fassungen aus anderem Material (900319)24,4-18,46,5
Teile von Fassungen (900390)32,6-8,21,1
Sonnenbrillen (900410)38,5-5,16,7
Brillen (900490)22,1-4,84,7
Insgesamt396,4-5,1104,4
Quelle: Eurostat 2024

Kontaktadressen
BezeichnungAnmerkung
Společenstvo českých optiků a optometristů (SČOO)Verband der tschechischen Optiker und Optometristen
Živnostenská komora českých očních optiků (ZKČOO)Gewerbekammer der tschechischen Augenoptiker
Česká oftalmologická společnost (ČOS)Tschechische Ophthalmologie-Gesellschaft
Česká oční optikaFachzeitschrift "Tschechische Augenoptik"
Česká a slovenská oftalmologieFachzeitschrift "Tschechische und Slowakische Ophthalmologie"
Mezinárodní veletrh oční optiky, optometrie a oftalmologie (OPTA)Internationale Messe für Augenoptik, Optometrie und Ophthalmologie in Brno, 7. bis 9. März 2025
Mezinárodní zdravotnický veletrh PragomedicaInternationale Gesundheitsmesse in Prag, 24. bis 26. September 2026

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