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Internationales Privatrecht
10.04.2024
Bei Abschluss eines Dienstleistungsvertrages, der eine grenzüberschreitende Dienstleistung zum Gegenstand hat, muss folgende Frage besondere Berücksichtigung finden: nach welcher nationalen Rechtsordnung richten sich die Rechte und Pflichten der Parteien? Bei einem Vertrag über eine grenzüberschreitende Dienstleistung zwischen einem deutschen Dienstleistungsempfänger und einem österreichischen Dienstleister ist im Streitfall zu ermitteln, ob österreichisches oder deutsches Recht anwendbar ist. Ausschlaggebende Vorschriften finden sich in den jeweiligen europäischen Verordnungen oder in den nationalen Gesetzen über das Internationale Privatrecht.
Diese Ermittlung kann unterbleiben, wenn die Parteien vertraglich das im Streitfall anwendbare Recht einverständlich vereinbart haben (Grundsatz der freien Rechtswahl). Haben sie deutsches Recht vereinbart, so wird beispielsweise bei Vorliegen eines Mangels ausschließlich das deutsche Gewährleistungsrecht zur Anwendung kommen und nicht das österreichische. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag in Österreich geschlossen wurde oder aber auch dann, wenn der deutsche Dienstleistungsempfänger die Leistung in Österreich empfängt.
Der Grundsatz der freien Rechtswahl für deutsch-österreichische Verträge in Zivil- und Handelssachen findet seine Rechtsgrundlage in der sogenannten ROM-I-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, dort insbesondere in Artikel 3 Absatz 1. Obwohl es die Verordnung nicht anordnet, sollte die Rechtswahlklausel schriftlich im Vertrag festgehalten werden. Zwar ist grundsätzlich auch eine nachträgliche oder aber eine nur mündliche Vereinbarung möglich; vor allem Letztere kann aber unter Umständen beweisrechtliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Nachweisbarkeit einer solchen Vereinbarung mit sich bringen.
Bei Fehlen einer ausdrücklichen oder sich aus den Umständen des Vertrages ergebenden Rechtswahl, ist das Recht des Staates anwendbar, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweist. Es wird dabei davon ausgegangen, dass grundsätzlich die engste Verbindung zu dem Staat gegeben ist, in dem sich die Niederlassung der Partei befindet, die die für den Vertrag charakteristische Leistung erbringt. Artikel 4 Absatz 1 der ROM-I-Verordnung regelt insofern, dass Dienstleistungsverträge dem Recht desjenigen Staates unterliegen, in dem der Erbringer der Dienstleistung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Allerdings handelt es sich hierbei nur um eine Vermutung, die widerlegt werden kann. Artikel 4 Absatz 3 der ROM-I-Verordnung regelt insofern, dass auch ein anderes Recht zur Anwendung kommen kann, wenn der Vertrag zu diesem anderen Recht eine offensichtlich engere Verbindung aufweist.
Um Unsicherheiten zu vermeiden empfiehlt es sich, eine ausdrückliche Rechtswahl in den Vertrag aufzunehmen, wenn insofern eine Einigung erzielt werden kann.
Germany Trade & Invest (Stand: April 2024)