Wirtschaftsumfeld | USA | Vertrieb
E-Commerce
Der Onlinehandel wird weiter stark wachsen. Deutsche Anbieter sollten auf eine ansprechende Präsentation ihrer Waren achten. Kundenorientierung wird in den USA groß geschrieben.
22.07.2022
Von Heiko Steinacher | San Francisco
Der Onlinehandel bleibt Gewinner über die Pandemie hinaus
Auch nach der Pandemie werden viele Menschen in den USA weiter online einkaufen, nicht nur wegen des Infektionsrisikos, sondern allein aus Bequemlichkeit. Allerdings dürfte das "New Normal" auf mehr hybride Formen des Verkaufs hinauslaufen. Dabei werden neue Technologien und die Logistik auf der sogenannten letzten Meile immer wichtiger, darunter mit immer besseren Apps für das mobile Shopping und für Zustelldienste.
Laut dem Marktforschungsunternehmen eMarketer werden die E-Commerce-Umsätze im US-Einzelhandel 2022 um gut 14 Prozent auf über 1 Billion US$ steigen. Der Anteil der Onlineverkäufe am gesamten US-Einzelhandelsumsatz würde damit auf 15,2 Prozent anwachsen.
Mit einem starken Wachstum rechnet eMarketer bei Autos und Autoteilen (um 30 Prozent). Auch bei Nahrungsmitteln und Getränken wird ein starkes Plus erwartet (um 21 Prozent) sowie in den Bereichen Kosmetik/Schönheitspflege (um 20 Prozent), Bekleidung/Accessoires und Computer/Unterhaltungselektronik (jeweils um 15 Prozent).
Bei Büchern/Musik/Video (68 Prozent) sowie Computer- und Unterhaltungselektronik (56 Prozent) macht der E-Commerce-Anteil über die Hälfte des gesamten Einzelhandelsumsatzes in der jeweiligen Produktkategorie aus. Das könnte in einigen Jahren auch für Spielzeug- und Hobbyprodukte gelten.
Produktgruppe | Umsatz in Milliarden US$ | Anteil am Gesamtumsatz (in %) |
---|---|---|
Computer- und Unterhaltungselektronik | 219,3 | 21,2 |
Bekleidung | 203,8 | 19,7 |
Möbel und Einrichtung | 129,5 | 12,5 |
Gesundheit, Körperpflege, Kosmetik | 111,0 | 10,7 |
Kfz, -Teile | 86,3 | 8,3 |
Nahrungsmittel und Getränke | 78,3 | 7,6 |
Spielwaren, Hobbyartikel | 74,0 | 7,2 |
Bücher, Musik, Video | 54,0 | 5,2 |
Büroausstattung, Bürobedarf | 19,4 | 1,9 |
Andere | 58,3 | 5,6 |
Gesamt | 1.033,8 | 100,0 |
US-Kunden bevorzugen vertraute Zahlungsarten wie Debit- und Kreditkarten. Bei Onlinekäufen nutzen sie aber auch oft das Bezahlsystem Paypal. Da die Ausgaben für Social Commerce in den USA 2022 um ein Viertel auf fast 46 Milliarden US$ steigen sollen, ist mit einer weiteren Integration von sozialen Netzwerken und E-Commerce-Plattformen zu rechnen. Onlineshops, die über soziale Medien verkaufen, ermöglichen ihren Kunden dadurch eine bequeme Kaufabwicklung. Auch "Buy Now, Pay Later"-Lösungen (BNPL) sind beliebt: Immer mehr US-Onlinehändler bieten ihren Kunden solche Optionen an.
US-Kunden treffen Kaufentscheidungen verstärkt online
Lieferdienste wie Instacart (kooperiert in den USA mit Aldi), Shipt (Lidl-Partner) und Walmart Grocery, die in der Coronakrise regelrecht explodierten, verzeichneten auch im 1. Halbjahr 2022 Zuwächse. Um einen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern zu bekommen, bieten Händler wie Amazon und Walmart ihren Kunden auch einen Expressversand an. Walmart arbeitet dazu unter anderem mit den Unternehmen Postmates, Deliv und DoorDash zusammen. Ein weiteres Mittel im harten Wettbewerb sind Treueprogramme.
Im Zuge der Coronakrise treffen US-Verbraucher ihre Kaufentscheidungen verstärkt online. Zuvor war für viele dafür der persönliche Eindruck von dem Produkt im stationären Handel maßgeblich. Viele, vor allem jüngere, Onlinekäufer lassen sich auf sozialen Medien inspirieren, wodurch diesen Kanälen eine wichtige strategische Bedeutung zukommt.
Laut einer Studie der IHK Ruhr in Kooperation mit der AHK USA schrecken Versandkosten circa 60 Prozent der US-amerikanischen Zielgruppe von Bestellungen ab. Außerdem beenden viele potenzielle Kunden Onlinekaufprozesse bei langer Lieferzeit der Ware oder einem schwierigen Rückgabeverfahren.
Anbieter | Umsatz in Milliarden US$ | Anteil am Gesamtumsatz (in %) |
---|---|---|
Amazon | 408,2 | 39,5 |
Walmart | 71,9 | 7,0 |
Apple | 43,8 | 4,2 |
eBay | 40,1 | 3,9 |
Target | 23,9 | 2,3 |
The Home Depot | 21,8 | 2,1 |
Carvana | 19,1 | 1,8 |
Best Buy | 18,1 | 1,8 |
Costco | 17,2 | 1,7 |
Kroger | 14,6 | 1,4 |
Andere | 355,1 | 35,7 |
Anbieter sollten vielfältige Facetten der Kundenorientierung beachten
Die Frage, ob sich E-Commerce in den USA als alternativer Markteinstieg anstelle von Vertrieb mit einer "realen" Organisation empfiehlt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Sicher bietet sich das für einige Produkte an, vor allem beim erstmaligen Markteintritt. Gängige B2C-Marktplätze sind Amazon, Ebay, eBid, Etsy, Google Shopping und Shopify. Ist ein umfassender Markteinstieg geplant, könnte dagegen ein eigener, auf die Bedürfnisse von US-Kunden zugeschnittener Onlineshop vorteilhaft sein. Daneben ist auch der Direktvertrieb an die Endkunden (Direct to Consumer; D2C), also ohne Zwischenhändler, eine Option.
Kundenorientierung wird in den USA großgeschrieben. Speziell für den E-Commerce spielt das beim Aufbau der Website und den Geschäftsbedingungen eine bedeutende Rolle. Kostenlose Lieferungen, unkomplizierte Retouren, eine US-amerikanische Kundenhotline und ein gelungener Social-Media-Auftritt sind dabei wichtige Faktoren.
Wesentlich für den Verkaufserfolg in den USA ist darüber hinaus eine ansprechende Präsentation der Produkte. Auf anschauliche, authentische Produktbilder und -videos sowie gute Animationsmöglichkeiten legen viele Kunden besonderen Wert. Im Gegensatz dazu steht in Deutschland öfter die Übersicht über die Produktpalette im Vordergrund, die klar strukturiert sein muss.
Eine große Bedeutung kommt in den USA Rabatttagen zu, an denen Onlinehändler besonders große Umsätze machen: Das sind vor allem der Black Friday und der Cyber Monday rund um Thanksgiving. Auch an anderen Nationalfeiertagen wie dem Presidents’ Day oder dem Memorial Day gehen wesentlich mehr Artikel über die virtuelle Ladentheke als im Rest des Jahres. Amazon hat dabei seinen eigenen Rabatttag.
Kontaktadressen
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
United States Business Association of E-Commerce (USBAEC) | Verband mit einem Onlinemarktplatz, der sich auf die Förderung kleinerer Unternehmen im Internet konzentriert und diesen hilft, mit nationalen und globalen Käufern in Kontakt zu treten |
American E-Commerce Association (AEA) | Unter anderem Computer-Training, E-Commerce-Ausbildung, Zertifizierungen |
Statistiken unter anderem zum E-Commerce | |
NRF2023 Retail‘s Big Show | Große Handelskonferenz in New York City |
E-Commerce- und Omnikanalvertriebskonferenz in Palm Springs, California | |
Handelskonferenz in Las Vegas, Nevada |