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Special Usbekistan Windenergie

"Wir haben den Wind in Usbekistan entdeckt"

Usbekistan und Kasachstan investieren in riesige Windparks. An den Projekten beteiligt sich auch ein Unternehmen aus Hannover.

Von Lukas Latz | Berlin

Die Gutachter von GEO-NET Umweltconsulting aus Hannover erstellen Windpotenzialstudien, Ertragsgutachten, Windatlanten und Windmesskampagnen für Projektentwickler von Windparks auf der ganzen Welt. Über die Märkte Zentralasiens sprechen Johannes Lange, Business Development Manager, und Johannes Becker, Prokurist und Abteilungsleiter für die Bereiche Wind & Site International.  

GTAI: Was bieten Sie an?

LANGE: Der Fokus unserer Firma liegt auf Windgutachten und Windfeldsimulation. Projektentwickler brauchen Windgutachten für die Wirtschaftlichkeitsberechnung, um von Banken eine Finanzierung zu bekommen. Als zertifizierter, unabhängiger Dienstleister stellen wir sicher, dass Windgutachten, Dokumentationen und Messungen entsprechend den aktuellen Normen und Standards gemacht sind.

Für die Windmessung erheben Sie Daten und erstellen das Gutachten?

BECKER: Grob gesagt besteht da ein Unterschied zwischen Deutschland und dem Ausland. In Deutschland stellt uns ein Projektentwickler häufig einen kompletten Datensatz und wir sollen mit einer Vorlaufzeit von vier bis sechs Wochen ein bankfähiges Gutachten erstellen.

Und im Ausland?

BECKER: Da werden wir häufig ganz zu Beginn eingebunden. Da gucken wir oft erstmal, welche Flächen sich aus Windsicht für die Entwicklung eignen würden. Wir machen eine erste Überschlagsmodellierung oder geben eine Empfehlung für den genauen Standort und machen dann anschließend auch die Windmessung, vom Konzept über die Durchführung, Datenabfrage, bis hin zu den Messendberichten nach den aktuellen Normen und Standards.  

Für den ersten Schritt müssen Sie noch keine Messungen erheben?

BECKER: Nein. Es gibt Satellitendaten, auf die man dafür zurückgreifen kann, deren Genauigkeit aber nicht besonders gut ist und die immer mit Messungen vor Ort validiert werden müssen. Irgendwann entscheidet der Kunde, dass er mit der Umsetzung des Projekts beginnen will – dann fängt die Windmessung an. Sie dient nicht nur dazu, den absoluten Wert des Windes festzulegen, sie soll vor allem die Prognoseunsicherheit verringern. Die Finanzierung eines Windparks durch eine internationale Bank ist auch nur auf Basis einer zertifizierten Messung und einer Ertragsberechnung gemäß internationalen Standards wie MEASNET (Measuring Network for Wind Energy) möglich.

Reden wir über Auslandsmärkte. Wie haben Sie in Usbekistan Fuß gefasst?

BECKER: Finanziert von der Weltbank haben wir in Zusammenarbeit mit GOPA-Intec zwischen 2014 und 2016 einen Windatlas erstellt, der das Windpotenzial für ganz Usbekistan modelliert. Wir haben vielversprechende Flächen ausgesucht; dort wurden Windmessungen durchgeführt und für einen fiktiven Windpark der genaue Ertrag ausgerechnet. Das war ein sehr schönes Projekt, weil man dort immer gedacht hat, es gäbe keinen Wind. Laut den damaligen Berechnungen beträgt die installierbare Leistung in Usbekistan 520 Gigawatt. In der Zahl steckt natürlich noch eine große Unsicherheit, da bestimmte Daten nicht zur Verfügung standen oder nicht aktuell waren, wie etwa die genaue Ausdehnung von Siedlungsflächen, Netzausbaupläne oder Angaben zu Minen- und Naturschutzgebieten, dennoch ist das eine beachtliche Zahl – zum Vergleich: in Deutschland sind zurzeit etwa 62 Gigawatt an Windleistung installiert.

LANGE: Die erste Auktion für einen 100-Megawatt-Windpark, die im Sommer 2021 geschlossen wurde, beruht auf den Standorten, die im Rahmen des von der Weltbank finanzierten Projekts ausgewählt wurden. Als die Ausschreibung rauskam, haben über 70 Unternehmen Interesse bekundet. Über diesen Atlas sind wir mit großen Projektentwicklern ins Gespräch gekommen, bei denen wir es jahrelang vergeblich versucht hatten. Die gute Arbeit an dem Windatlas hat uns die Türen geöffnet.

70 Interessen für ein Projekt? Das sind viele. Wer macht bei einer solch starken Konkurrenz am ehesten das Rennen? Was sind das für Projektentwickler? Wo kommen die her? Was bringen die für Qualitäten mit, um sich zu durchzusetzen?

LANGE: Unter den 70 Entwicklern, die eine Interessensbekundung abgegeben haben, waren neben den großen Playern auch viele mittelständische Unternehmen aus den unterschiedlichsten Ländern. Tatsächlich Gebote abgegeben haben dann aber nur 12 große internationale Projektentwickler, aus Europa, China und von der arabischen Halbinsel. Genug Erfahrung haben all diese Firmen, aber gerade die chinesischen und arabischen Firmen scheinen auch den Willen und genügend Kapital zu haben, um in sehr großen Maßstäben zu arbeiten und dann sehr wettbewerbsfähige Preise bieten zu können.

Kasachstan hat etwas früher begonnen, Wind- und Solarenergie zu fördern. Waren Sie dort auch in Projekten? Wie ist das gelaufen?

LANGE: In Kasachstan sind wir vor allem mit bestehenden Kunden aus anderen Märkten aktiv. Unsere Arbeit beim Windatlas Usbekistan hilft hier aber auch, um Kontakte aufzubauen. Und natürlich auch die virtuelle AHK-Reise vom letzten Jahr, da sind ebenfalls vielversprechende Kontakte entstanden, aus denen sich über ein paar Ecken bereits eine Anfrage für eine weitere Windmesskampagne ergeben hat.

In Kasachstan und Usbekistan herrscht ein sehr raues kontinentales Klima. Ist das ein Problem für die Messtechnik? Kann man mit der gleichen Technik arbeiten wie in Deutschland oder in Südafrika?

LANGE: Im Prinzip ist das die gleiche Technik wie auch in Deutschland oder Südafrika, ja. Das Klima ist in der Tat sehr viel kontinentaler, aber solange keine großen Wasserflächen in der Nähe sind, kein See oder Binnenmeer, ist die Luft oft ziemlich trocken – dann gibt es wenig Probleme mit Vereisung. An manchen Standorten muss man aber spezielle Messtechnik zum Beispiel mit beheizten Sensoren einsetzen, um auch bei Vereisung eine genaue Messung und somit eine genaue Ermittlung des Windertrags zu ermöglichen. Dabei muss man natürlich immer abwägen zwischen dem Aufwand und dem Nutzen. Da kommt uns unsere Erfahrung zugute, sodass wir die Kunden entsprechend beraten und sinnvolle Lösungen anbieten können.

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