Wirtschaftsumfeld | Usbekistan | Joint Ventures
Anzahl der Joint Ventures in Usbekistan hat sich verdreifacht
Usbekistan reformiert seine Wirtschaft in hohem Tempo. Ausländische Unternehmen siedeln sich deswegen vermehrt in dem Land an. Darunter sind auch deutsche Firmen.
15.09.2023
Von Uwe Strohbach | Taschkent
- Zahl der Joint Ventures hat sich verdreifacht
- Hauptstadtregion zieht die meisten Firmen an
- Entwicklungspläne für die Hauptstadt locken noch mehr Firmen
- Russland, China und die Türkei sind die Hauptpartner
- Firmen mit deutschem Kapital haben sich verdoppelt
- Handel und Industrie sind die bevorzugten Sektoren
Das Interesse des Auslands am usbekischen Markt wächst rasant. Ein Indiz hierfür ist die steigende Zahl aktiver Firmen mit einer ausländischen Kapitalbeteiligung. Für diesen Trend gibt es handfeste Gründe: Der Republik im Herzen Zentralasiens ist es innerhalb weniger Jahre gelungen, ihre Wirtschaft stärker marktorientiert auszurichten und die Kooperation mit dem Ausland auf eine neue Stufe zu stellen. Usbekistan hat zudem gute Chancen, von der Neuaufstellung der europäischen Lieferketten zu profitieren, denn das Potenzial als Liefer- und Beschaffungsmarkt ist noch wenig ausgeschöpft.
Zahl der Joint Ventures hat sich verdreifacht
Die Zahl der aktiven Firmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung hat sich nach dem Start umfassender Wirtschaftsreformen Ende 2016 nahezu verdreifacht - von rund 4.700 auf fast 12.800 zum 1. August 2023. Offiziell registriert waren zu jenem Zeitpunkt 17.659 Unternehmen. Die höhere Zahl der Registrierungen im Vergleich zu den aktiven Firmen lässt vermuten, dass viele Unternehmen noch in der Startphase ihrer Geschäftstätigkeit stecken oder mit der Vorbereitung ihrer Investitionsprojekte befasst sind. Seit 2019 haben sich im Schnitt jährlich gut 2.000 Firmen mit einer ausländischen Kapitalbeteiligung neu registriert.
Die Bedeutung von Unternehmen mit Auslandskapital für die Wirtschaft ist beachtlich. Obwohl die Firmen aktuell nur 2,7 Prozent aller im Land registrierten Unternehmen ausmachen und auf sie nur 6 Prozent aller regulären Arbeitsplätze im Land entfallen, machten sie 2021 etwa 15 Prozent der Produktion, 24 Prozent der Bruttoanlageinvestitionen und 20 Prozent des Außenhandelsumsatzes Usbekistans aus.
Hauptstadtregion zieht die meisten Firmen an
Mehr als 75 Prozent aller aktiven Firmen sind im Ballungsgebiet Taschkent registriert. Der hohe Anteil verwundert nicht. Die Hauptstadt Taschkent und die angrenzende, gleichnamige Provinz mit einer Bevölkerung von 6 Millionen Menschen bilden das Hauptwirtschaftsgebiet des Landes.
Es stand im Jahr 2022 für 32 Prozent des landesweiten Bruttoregionalprodukts (absoluter Wert: 21,8 Milliarden US-Dollar/US$). Auf die hier ansässigen Wirtschaftssubjekte entfielen 2022 stattliche 60 Prozent der Importe von Waren und Dienstleistungen sowie 35 Prozent der Exporte Usbekistans. In der Region sind fast alle ausländischen Firmenniederlassungen registriert.
Die Hauptstadtregion gilt auch als Eldorado des Investitionsgeschehens im Land. Ihr Anteil an den landesweit realisierten Investitionen betrug 2022 hohe 34 Prozent. In Taschkent und Umland summierten sich die Bruttoanlageinvestitionen in jenem Jahr auf 8,3 Milliarden US$.
Entwicklungspläne für die Hauptstadt locken noch mehr Firmen
Ehrgeizige Ausbaupläne für die Stadt Taschkent sprechen dafür, dass die Metropole auch künftig nichts von ihrer Sogwirkung auf Unternehmen mit Auslandskapital verlieren wird. Die Ziele für die Stadtentwicklung sind in einem Aktionsplan für die Jahre 2022 bis 2026 verankert. Im Juli 2023 hat die Regierung diesen Plan konkretisiert und zugleich für den Zeitraum bis 2030 erweitert.
Taschkent soll bis 2030 zu den Top 50 der lebenswertesten Städte der Welt aufsteigen, heißt es im neuen Entwicklungsplan. Das Ziel ist ambitioniert. Im jüngsten Global Liveability Index 2023 der britischen Economist-Gruppe belegt Taschkent lediglich Rang 157 unter allen 172 untersuchten Städten. Mit Investitionen von etwa 40 Milliarden US$ in die Industrie und den Dienstleistungssektor soll Taschkent zu den Metropolen der Welt aufschließen. Das Bruttoregionalprodukt soll sich infolgedessen bis 2030 verdreifachen.
Russland, China und die Türkei sind die Hauptpartner
Die meisten ausländischen Firmeninhaber oder -partner in den Unternehmen mit einer ausländischen Kapitalbeteiligung stammen aus Russland, China und der Türkei. Bemerkenswert sind zudem wachsende Engagements aus den zentralasiatischen Nachbarländern auf dem usbekischen Markt. Aus diesen Ländern waren zum 1. August 2023 rund 1.700 Firmen tätig. Das Gros dieser Partner kommt aus Kasachstan.
Land | 1.1.2022 | 1.1.2023 | 1.8.2023 * |
---|---|---|---|
Russland | 2.309 | 2.705 | 2.872 |
China | 1.927 | 2.036 | 1.873 |
Türkei | 1.882 | 2.050 | 1.736 |
Kasachstan | 1.067 | 1.182 | 951 |
Südkorea | 896 | 906 | 694 |
Bei den im Jahr 2022 neu gegründeten Auslands- und Gemeinschaftsunternehmen nimmt Russland mit 967 Firmenregistrierungen eine Spitzenstellung ein. Dahinter folgen die Türkei (369), China (275) und Kasachstan (195). Bei den Neugründungen in den ersten sieben Monaten 2023 führten ebenfalls Firmen aus Russland (425), China (329), der Türkei (143) und Kasachstan (94).
Firmen mit deutschem Kapital haben sich verdoppelt
Deutsches Kapital ist heute an rund 230 Firmen gänzlich oder teilweise beteiligt (Stand: 1. August 2023). Dies entspricht gut einer Verdoppelung gegenüber dem letzten Jahr vor den Wirtschaftsreformen 2016 (112). Im Jahr 2022 wurden 39 und in den ersten sieben Monaten 2023 weitere 17 solcher Unternehmen gegründet.
Unter den Neuregistrierungen sind beispielsweise die Firmen WIKA Instrumentation GmbH (Druck-, Temperatur- und Kalibriertechnik) und thyssenkrupp Mining Technologies GmbH (maßgeschneiderte Bergbaulösungen) zu nennen.
Außerdem sind etwa 35 deutsche Firmenrepräsentanzen im Land akkreditiert, darunter auch Repräsentanzen von drei Banken: Commerzbank, KfW und LBBW (Landesbank Baden-Württemberg). Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, ein Tochterunternehmen der KfW, ist seit 2020 Aktionär der usbekischen Geschäftsbank Ipak Yo’li.
Handel und Industrie sind die bevorzugten Sektoren
Handelsunternehmen sind die Treiber bei den Auslands- und Gemeinschaftsunternehmen. Sie stehen für ein Viertel der usbekischen Importe. Rege sind die Aktivitäten ausländischer Akteure in der verarbeitenden Industrie. Mehr usbekisch-ausländische Partnerschaften sind künftig auch im Agrarsektor, in der Gesundheitswirtschaft und in der IT-Branche zu erwarten.
Branche | 1.1.2022 | 1.1.2023 | 1.8.2023 * |
---|---|---|---|
Handel | 3.782 | 4.818 | 4.190 |
Industrie | 4.076 | 4.341 | 3.172 |
Bauwirtschaft | 1.100 | 1.270 | 885 |
Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 718 | 770 | 479 |
Hotel- und Gaststättenwesen | 550 | 644 | 467 |
Information und Kommunikation | 400 | 759 | 771 |
Transport und Lagerung | 354 | 459 | 430 |
Gesundheit und soziale Dienste | 210 | 228 | 178 |
Wenn ...
… dann gilt ein Wirtschaftssubjekt als Unternehmen mit ausländischen Investitionen. Für diese Betriebe gibt es zwei Varianten:
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