Wirtschaftsumfeld | Usbekistan | Sonderwirtschaftszonen
Unternehmen winken in usbekischen Gewerbegebieten viele Vorzüge
Usbekistans Wirtschaft durchlebt einen Strukturwandel. In- und ausländische Investoren siedeln sich vermehrt in Gewerbegebieten an. Die Bedingungen sollten sie jedoch genau prüfen.
14.09.2023
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Der Auf- und Ausbau von Gewerbegebieten erlebt in Usbekistan nach dem Start der beispiellosen Wirtschaftsreformen im Jahr 2017 einen regelrechten Boom. Wer in Usbekistan nach einem Produktionsstandort sucht oder sein Geschäft dort erweitern möchte, sollte deshalb staatlich geförderte Gewerbeflächen in seine Überlegungen miteinbeziehen. Das Angebot ist breit gefächert und reicht von speziellen Wirtschaftszonen, kleinen Industriezonen und Technologieparks bis hin zu Einstiegsmöglichkeiten in Cluster.
Art des Gewerbegebiets | Beschreibung |
---|---|
Spezielle Wirtschaftszone | Infrastrukturell erschlossene Standorte für die Errichtung prioritärer, neuer, moderner und leistungsfähiger Produktions- und Logistikkapazitäten mit starkem Fokus auf die Importablösung und den Export |
Kleine Industriezonen | Infrastrukturell erschlossene Gewerbegebiete für den Bedarf kleiner und mittlere Unternehmen, mit Ausrichtungen hauptsächlich auf den lokalen Bedarf (zunehmend aber auch auf den Export) |
Technologieparks | Gewerbeflächen für die Entwicklung und Produktion innovativer Produkte und die Gewährung innovativer Dienstleistungen |
Cluster | Schaffung leistungsfähiger Wertschöpfungsketten in prioritären Wirtschaftssektoren (darunter vor allem in der Leichtindustrie, Nahrungsmittelwirtschaft, Baustoff-, elektrotechnischen, chemischen und Kupferindustrie) |
Die Gewerbegebiete bieten sowohl finanzielle als auch nichtmonetäre Vorzüge. Die Palette reicht von der Bereitstellung infrastrukturell erschlossener Grundstücke über die vergleichsweise unbürokratische Umsetzung von Projekten bis hin zu steuerlichen Stimuli.
Steuerart, Abgabe | Anmerkung |
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Körperschaftssteuer (Erleichterung gilt ab dem Tag der Inbetriebnahme des Investitionsprojekts) | Dauer der Steuerbefreiung ist abhängig von der Höhe der realisierten Investitionen:
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Grund- und Vermögensteuer | Komplette Befreiung |
Gebühr für die Wassernutzung | Komplette Befreiung |
Importzölle | Befreiung von Zöllen für den Import von Ausrüstungen und Materialien für den Bedarf der eigenen Produktion (die Zollabfertigungsgebühr ist aber zu entrichten) |
Potenzielle Investoren sollten die lokalen Investitionsbedingungen jedoch genau prüfen und ihre Investitionsverträge mit den Verwaltungen (Direktionen) der Gewerbegebiete wasserdicht gestalten. Änderungen im Steuerrecht und unklare Anweisungen in der Steuerprüfung führen mitunter zu Unstimmigkeiten bei der Gewährung von Steuerferien.
Zusagen der Direktionen für eine kontinuierliche Strom-, Gas- und Wasserversorgung sollten kritisch hinterfragt und rechtlich abgesichert werden. Ferner ist zu empfehlen, die lokale logistische Infrastruktur unter die Lupe zunehmen. Hier gibt es oft noch Mängel. Zudem ist Nachholbedarf im Management der überwiegend staatlichen Direktionen nicht zu übersehen.
Neue Projekte für 1 Milliarde US-Dollar in speziellen Wirtschaftszonen
Bislang wurden in den Gewerbegebieten gut 500 Projekte realisiert. Gegenwärtig befinden sich circa 100 Vorhaben mit einem Kapitalbedarf von bis zu 1 Milliarde US-Dollar (US$) in unterschiedlichen Vorbereitungsphasen oder in der Prüfung. Hinzukommen noch zwei bedeutende Projekte für die Produktion von Polymeren auf der Grundlage der MTO-Technologie und Düngemitteln in der Wirtschaftszone Qorako’l (Provinz Buxaro/Buchara).
Projektbezeichnung/Erzeugnis | Investitionssumme (in Mio. US$) | Zeitraum der Realisierung | Wirtschaftszone (Investor, Auftragnehmer) |
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Chemiekomplex Karakulkimiyo: 495.000 Tonnen Ammoniak und 595.000 Tonnen Harnstoff | 600 | Herbst 2023 bis Anfang 2026 | (Ferkensco Management Ltd., Zypern) |
Blutpräparate (Blutplasma, Blutspendezentren) | 250 | Projektfrühstadium | (Hindeyuan Bioengineering, China) |
Fertiggerichte, Erfrischungsgetränke, Trockengemüse und Chips | 125 | Projektfrühstadium | (Mareven Food Holdings, Vietnam) |
PET-Granulat, -preform und -flaschen | 50 | Projektfrühstadium | (TML, Mongolei) |
Cluster für Geräte und Ausrüstungen für die Nutzung erneuerbarer Energien, aktuell: Ausbau der Produktion von Solarpaneelen (von 150 Megawatt/Jahr auf 500 Megawatt/Jahr) | circa 40 bis 60 | 2022 bis etwa 2025/2026 | (Solarpaneele: Sun-HighTech, Usbekistan) |
Keramische Fliesen (1. Projektphase: 6 Mio. Quadratmeter/Jahr) | 30 | April 2023 bis 2025 (3 Projektphasen) | (Zibo Brosilk New Material Technology Partnership, China) |
Steinzeugfliesen (7,5 Mio. Quadratmeter/Jahr) | 27 | Mitte 2023 bis 2025 | (Zhong Peng Ceramics Group International, China) |
Bei den Investitionen stehen vor allem die 21 speziellen Wirtschaftszonen im Fokus. Die Bruttoanlageinvestitionen in diesen betrug in den Jahren 2020 bis 2022 insgesamt 1,1 Milliarden US$, gegenüber 2,2 Milliarden US$ ab der Inbetriebnahme der ersten Zone 2008 bis 2019. Von dem bis 2022 in die Zonen geflossen Kapital entfielen 900 Millionen US$ auf ausländische Direktinvestitionen.
2021 | 2022 | 1. Halbjahr 2023 | |
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Gesamt | 452 | 690 | 248 |
Spezielle Wirtschaftszonen | 312 | 338 | 123 |
Cluster | 117 | 187 | 97 |
Kleine Industriezonen | 21 | 151 | 15 |
Technologieparks | 2 | 14 | 13 |
Das Gros der bis Ende 2022 in den Wirtschaftszonen realisierten Investitionen entfällt auf die Zonen Angren (Provinz Taschkent; 85 Projekte für gut 1 Milliarde US$), Navoiy (Provinz Navoiy; 73 Projekte für knapp 500 Millionen US$) und Urgut (Provinz Samarqand/Samarkand; 77 Projekte für 336 Millionen US$). Dabei ist zu beachten, dass im Verwaltungsgebiet Navoiy/Nawoi unabhängig vom Standort jedes innovative, hochtechnologische und exportorientierte Projekt den Status eines Residenten der speziellen Wirtschaftszone Navoiy erlangen kann.
Cluster erobern Anteile an der Agrar- und Industrieproduktion und am Export
Im Jahr 2017 begann die usbekische Regierung damit, mit dem Auf- und Ausbau von Clustern regionale Wertschöpfungsketten zu schaffen. Von dem mit der Initiative einhergehenden Investitionsschub profitieren ausländische Investoren und Lieferanten von Ausrüstungen und Maschinen gleichermaßen.
Die Clusterinitiative entwickelt sich allerdings kaum marktgetrieben, sondern ist weitgehend staatlich gesteuert und dadurch anfällig für Bürokratie. Oft fehlen regionale Kompetenzen und branchenspezifische Rahmenbedingungen, sodass die Entwicklung vieler Cluster noch nicht in gewünschten Tempo vorankommt.
Doch jüngste Entwicklungen stimmen zuversichtlich, dass die Cluster künftig stärker zum angestrebten Strukturwandel beitragen werden. So wird die Wirtschaft fortwährend liberalisiert, Privatakteuren stehen immer mehr Märkte offen, und die Entscheidungsbefugnisse regionaler und lokaler Verwaltungen werden zurückgedrängt.
Zu Jahresbeginn 2023 gab es im Land nach Angaben der Agentur für Statistik 506 Cluster. Deren Anteil am landesweiten Ausstoß der verarbeitenden Industrie betrug im Jahr 2022 bereits 6,3 Prozent und am Industrieexport 11,4 Prozent. Cluster sind vor allem in Bereichen wie Baumwolle/Textilien, Obst/Gemüse sowie Leder/Lederwaren zu finden.
2021 | 2022 | 1. Halbjahr 2023 | |
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Industrieproduktion | 4.056 | 5.678 | 3.138 |
Spezielle Wirtschaftszonen | 1.760 | 2.467 | 1.506 |
Cluster | 1.876 | 2.596 | 1.254 |
Kleine Industriezonen | 373 | 576 | 360 |
Technologieparks | 47 | 39 | 18 |
Industrieexport | k.A. | 1.128 | 565 |
Spezielle Wirtschaftszonen | k.A. | 479 | 221 |
Cluster | k.A. | 521 | 272 |
Kleine Industriezonen | k.A. | 115 | 67 |
Technologieparks | k.A. | 13 | 5 |
Mehr technologieorientierte Cluster in Sicht
Das Ministerium für Landwirtschaft fasst den Clusterbegriff weiter und zählte zu Jahresbeginn 2023 alleine im Pflanzenanbau und der Verarbeitung 632 Agrar-Industrie-Cluster. Sie verteilen sich auf die Sparten:
- Obst/Gemüse (Anzahl der Cluster: 249),
- Getreide/Getreideerzeugnisse (200),
- Baumwolle/Textilien (134),
- Reis/Reiserzeugnisse (41),
- Heilpflanzen (8).
Auch in die Errichtung von Clustern in der Tierproduktion kommt zunehmend Bewegung.
In letzter Zeit mehren sich zudem Clusterinitiativen in mehr technologieorientierten Industriezweigen. So gibt es Pläne für den Aufbau von sechs Chemieclustern (bis 2025) sowie je eines Clusters für Fahrzeugbau (Pitnak, Provinz Xorazm/Choresm) und Biotechnologie (Provinz Sirdaryo/Syrdarja). Weitere Clusterprojekte gibt es für Kupfer und Kupfererzeugnisse in Olmaliq/Almalyk, den Landmaschinenbau in Chirchiq/Tschirtschik und die Pharmaindustrie in der Hauptstadtregion.
Unterabteilung des Ministeriums ist Ansprechpartner
Hauptansprechpartner für alle Fragen im Zusammenhang mit öffentlich geförderten Gewerbegebieten ist die beim Ministerium für Investitionen, Industrie und Handel angesiedelte Verwaltung für die Entwicklung von Wirtschafts- und Industriezonen, einschließlich von Gewerbeparks für Jungunternehmer. Von letzteren gibt es gegenwärtig landesweit mehr als 200.
2021 | 2022 | 1. Halbjahr 2023 | |
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Gewerbegebiete insgesamt (31.12.) | 557 | 864 | 804 |
Spezielle Wirtschaftszonen | 21 | 20 | 21 |
Cluster | 415 | 506 | 466 |
Kleine Industriezonen | 114 | 317 | 296 |
Technologieparks | 7 | 21 | 21 |
Registrierte Unternehmen (31.12.) | 2.863 | 5.034 | 5.045 |
Spezielle Wirtschaftszonen | 513 | 679 | 715 |
Cluster | 425 | 509 | 471 |
Kleine Industriezonen | 1.869 | 2.769 | 2.433 |
Technologieparks | 56 | 1.077 | 1.426 |