Wirtschaftsumfeld | Usbekistan | Start-ups
Usbekische Start-ups benötigen Auslandskapital
Die Gründerszene in Usbekistan entwächst langsam den Kinderschuhen. Ausländische Inkubatoren, Acceleratoren und Geldgeber sind für die die Fortentwicklung von Start-ups willkommen.
10.10.2024
Von Uwe Strohbach | Taschkent
- Wachsende Gründerszene profitiert von vorteilhaftem Umfeld
- FinTech und KI führen die Start-up-Unternehmensliste an
- Die meisten Start-ups befinden sich noch in der Findungsphase
- Kapitalbeschaffung bleibt eine Herausforderung
- Ausländische Risikokapitalgeber tasten sich langsam vor
- IT-Park Uzbekistan dient als Keimzelle zahlreicher Start-ups
Die Start-up-Kultur in Usbekistan entwickelt sich dynamisch. Die Zahl innovativer Firmengründungen steigt von Jahr zu Jahr. Die öffentliche Hand und private Kapitalgeber aus dem In- und Ausland winken mit Anschubfinanzierungen. Der Kapitalbedarf der Newcomer fällt aber noch um einiges größer aus.
Die bevölkerungsreichste zentralasiatische Republik hat ein ehrgeiziges Ziel: Sie will das Silicon Valley der Region werden, wofür die Grundlagen zumindest nicht so schlecht sind. So gibt es ein breites, aber noch stark ausbaufähiges Ökosystem für Start-ups, das Inkubatoren, Acceleratorprogramme sowie Gründerzentren an Hochschulen umfasst.
Wachsende Gründerszene profitiert von vorteilhaftem Umfeld
Die robuste demografische und sozioökonomische Entwicklung Usbekistans sowie unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen begünstigen die Gründerwelle. Neben einer allgemeinen Digitalisierungsoffensive in der öffentlichen Verwaltung und der Privatwirtschaft, wird die Entwicklung der Start-up-Szene von folgenden Faktoren angetrieben:
- Der Verbrauchermarkt expandiert stark. Der Bevölkerungszuwachs beläuft sich auf circa 800.000 Menschen pro Jahr.
- Die junge Bevölkerung weist eine hohe Affinität zu digitalen Anwendungen und Hightech-Erzeugnissen auf. Das Durchschnittsalter in Usbekistan beträgt 29 Jahre. Etwa 60 Prozent aller 37 Millionen Usbekinnen und Usbeken sind jünger als 30 Jahre.
- Die Wirtschaft wächst dynamisch. Parallel dazu steigen auch die Realeinkommen der Privathaushalte.
- Impulse liefert nicht zuletzt der Bereich E-Commerce auf B2B-Ebene. Dessen Umsätze expandieren laut der Beratungsfirma KPMG stark - von 300 Millionen US-Dollar (US$) im Jahr 2022 auf bis zu 2,2 Milliarden US$ im Jahr 2027.
Start-ups; darunter in: | 1.200 *) |
Hauptstadt Taschkent | 700 *) |
Region Ferganatal | 300 *) |
Unicorns | 1 |
Neugründungen pro Jahr | 200 bis 250 *) |
Inkubatoren | 56 |
Aktive VC-Geber aus dem Ausland | 8 |
Aktive VC-Geber aus dem Inland | 4 |
Gezielte Investitionen in die Aus- und Weiterbildung zu IT-Themen kurbeln die Gründerszene zusätzlich an. Jährlich schließen rund 25.000 junge Menschen Studien in der Fachrichtung IT ab. Zudem absolvieren jedes Jahr etwa 60.000 junge Frauen und Männer mehrmonatige Fortbildungskurse in etwa 300 IT-Lehrzentren im ganzen Land.
FinTech und KI führen die Start-up-Unternehmensliste an
Digitale Finanzinnovationen (FinTech) sind als Hauptgeschäftsfeld der lokalen Start-up-Branche. Es folgen Künstliche Intelligenz (KI), Bildung (EdTech), E-Commerce und Personalwesen (HRTech). Zunehmend interessanter werden zudem die Bereiche Tourismus, Kreativwirtschaft, Logistik, Gesundheit, Landwirtschaft und Grüne Wirtschaft.
Die meisten Start-ups befinden sich noch in der Findungsphase
Drei Fünftel der Gründer eines Start-ups in Usbekistan sind zwischen 20 und 29 Jahren alt und verfügen über einen Hochschulabschluss, so eine Analyse des Zentrums für innovatives Unternehmertum U-Center. Der unternehmerischen Reife nach liegt der Fokus der meisten Start-ups bei der Ideenfindung und Entwicklung eines Geschäftsmodells (Pre-Seed) und der gezielten Umsetzung einer Idee in verwertbare Resultate bis hin zum Prototyp (Seed). Etwa ein Drittel aller usbekischen Start-ups hat die Region Zentralasien und/oder den sonstigen postsowjetischen Raum als Absatzmärkte im Visier. Jedes vierte Unternehmen strebt eine Expansion nach Asien, Europa oder Amerika an.
Kapitalbeschaffung bleibt eine Herausforderung
Um ihre Ideen und Projekte auch verwirklichen zu können, müssen die Jungunternehmen Geldquellen für die Weiterentwicklung finden. Bislang ist es nur gut einem Zehntel der usbekischen Start-ups gelungen, Risikokapital (Venture Capital; VC) einzuwerben.
Doch Usbekistans Gründerszene ist zuversichtlich und rechnet schon bald mit mehr Engagements in- und ausländischer Geldgeber als bisher. Dies machte nicht zuletzt der Start-up-Pitch (Gründungswettbewerb) deutlich, der Mitte September 2024 im Rahmen der internationalen Ausstellung für Informations- und Kommunikationstechnologien ICT Week in Taschkent stattfand. Bereits für das Jahr 2025 erwarten Marktkenner einen Zufluss an VC in usbekische Start-ups in Höhe von 250 Millionen bis 300 Millionen US$.
Ausländische Risikokapitalgeber tasten sich langsam vor
Erste ausländische VC-Verwalter begleiten bereits Projekte im Frühstadium sowie die Weiterentwicklung und Expansion usbekischer Start-ups. So konnten bis Mitte 2024 bereits Zuflüsse aus dem Ausland in Höhe von immerhin 200 Millionen US$ verbucht werden. Darunter entfielen auf Uzum, Usbekistan erstes Unicorn, und die Zahlungsplattform Payme zusammen fast 180 Millionen US$.
Super-App Uzum ist erstes Unicorn in Usbekistan
Das Start-up Uzum wurde im Zuge einer Kapitalerhöhung im März 2024 mit 1,16 Milliarden US$ bewertet. Es stieg so zum ersten Unicorn in Usbekistan auf: einem nicht börsennotierten Start-up mit einem Wert von über 1 Milliarde US$. An der Finanzierungsrunde beteiligten sich hauptsächlich zwei größere international aufgestellte Geldgeber aus den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie stellten der Super-App zusammen 114 Millionen US$ zur Verfügung. Dem Vernehmen nach ist bereits eine weitere größere Finanzierungsrunde geplant.
Die zahlreichen Dienste von Uzum nutzen aktuell etwa 30 Prozent der Bevölkerung. Die Super-App des Unternehmens umfasst einen Online-Marktplatz, eine digitale Bank, einen Express-Lieferservice sowie verschiedene Bezahl- und Finanzierungslösungen, darunter auch solche für kleine und mittlere Firmen.
Ein weiteres Beispiel für ausländisches VC-Kapital in Usbekistan liefert die britische Firma Sturgeon Capital. Mit bislang rund 11 Millionen US$ unterstützt sie mehrere Start-up-Projekte in den Bereichen E-Commerce, Apotheken-Software, Digitalisierung des Einzelhandels und Mikro- und Kleinkredite. Auch das noch junge nationale VC-Ökosystem weitet sein Projektportfolio seit 2023 zunehmend aus. So hat der lokale Investor AloqaVentures gut 4 Millionen US$ in etwa 30 kleinere Vorhaben eingebracht.
IT-Park Uzbekistan dient als Keimzelle zahlreicher Start-ups
Als Hauptanlaufstelle für das nationale Start-up-Ökosystem fungiert der IT Park Uzbekistan mit Hauptsitz in Taschkent. Er wurde im Juli 2019 als öffentlich geförderter Gewerbepark für die IKT-Branche ins Leben gerufen. Er verfügt über 14 Ableger in den Regionen und unterhält landesweit 205 IT-Lehrzentren. In Heidelberg gibt es eine Deutschlandvertretung.
Der Park kooperiert mit anderen Unterstützern der Start-up-Szene bei Gründerwettbewerben, Foren und Konferenzen. Zudem verfolgt das Management zahlreiche Projekte zur Entwicklung des IT-Sektors im Land.
Projekt | Finanzierungsbedarf | Partner/Investor |
---|---|---|
Game Development Academy für die Spieleindustrie | k.A. | Bezahldienstleister für Onlinespiele Xsolla (USA) |
Lehr- und Trainingszentrum für Künstliche Intelligenz (Finanzierungsrahmen: 50 Mio. US$) | 50 Mio. US$ | Ministerium für digitale Technologien |
Neuer Beteiligungsfonds (Kapitalausstattung: 10 Mio. US$) | 10 Mio. US$ | Ministerium für digitale Technologien |
Massiver Ausbau der Kapazitäten von Rechen-/Datenzentren; darunter: | bis zu 5 Mrd. US$ (bis 2030) | DataVolt (Saudi-Arabien) |
10-MW-Datenzentrum im IT Park Uzbekistan | 150 Mio. US$ |
Die mehr als 2.000 im IT Park registrierten Firmen zahlen keine Gewinn-, Vermögen- und Grundsteuer. Auch von Zöllen für den Import von Ausrüstungen und Sozialabgaben sind sie befreit. Für die Einkommensteuer gilt ein ermäßigter Satz. Interessenten können sich im Rahmen eines One-Stop-Shop zu rechtlichen Belangen beraten lassen, die Registrierung der Firma erledigen und ein Bankkonto eröffnen. Rund 250 Unternehmen aus 30 Ländern machten davon bisher Gebrauch.
Indikator | 2023 | 2024 *) |
---|---|---|
Registrierte Firmen; darunter: | 1.652 | 2.300 |
Unternehmen mit ausländischem Kapital | 426 | 550 |
Exportvolumen (in Mio. US$) | 344 | 1.000 |
Beschäftigtenzahl | 26.000 | 32.000 |