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Wirtschaftsumfeld | Usbekistan | Außenwirtschaft

Usbekistan rückt mehr in den Fokus der deutschen Wirtschaft

Der Wirtschaftspartner Usbekistan gewinnt an Attraktivität. Erneuerbare Energien, Rohstoffabbau und die verarbeitende Industrie sind perspektivreiche Geschäftsfelder. 

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Das wirtschaftlich aufstrebende Usbekistan hat als Handels- und Investitionspartner viel zu bieten. Das Kooperationspotenzial wird bisher nur zu einem Bruchteil ausgeschöpft. Genau hier setzen die Aktivitäten der 17. Sitzung der bilateralen Regierungsarbeitsgruppe (RAG) für Handel und Investitionen an.

Die RAG ist ein Instrument zur Unterstützung der Außenwirtschaft. Hauptpartner sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Ministerium für Investitionen, Industrie und Handel Usbekistans. Die bilateralen Tagungen finden abwechselnd in Deutschland und Usbekistan statt.

Auf der Tagung, die vom 11. bis 13. Mail 2023 in Taschkent und Samarkand stattfand, haben Vertreter von Ministerien und Unternehmen beider Länder neue perspektivreiche Projekte erörtert und erste Schritte für deren Umsetzung vereinbart. Schwerpunktthemen der offiziellen Gespräche waren die Stromversorgung und Energieeffizienz, die Rohstoffwirtschaft sowie die verarbeitende Industrie. Beim Usbekisch-Deutschen Business-Dialog kamen die Teilnehmer der deutschen Wirtschaftsdelegation zudem mit usbekischen Unternehmen und lokalen Wirtschaftsförderern ins Gespräch. 

Deutsch-usbekische Regierungsarbeitsgruppe für Handel und Investitionen fördert bilaterale Kooperation

Die RAG bietet Gelegenheit, sich über die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zu informieren, neue Geschäftsfelder zu identifizieren und Projekte, die der staatlichen Flankierung bedürfen, voranzutreiben. Auch Vertreter nachgelagerter und bundeseigener Institutionen sowie Durchführer öffentlicher Förderprogramme nehmen teil. 


Die Deutsche Energie-Agentur beispielsweise unterstützt das BMWK bei der Umsetzung der bilateralen Energiekooperation. Das Managerfortbildungsprogramm des BMWK bereitet usbekische Führungskräfte auf die Geschäftsanbahnung und Kooperationen mit deutschen Firmen vor.

Hoher Technologie- und Beratungsbedarf bei erneuerbaren Energien und Energieeffizienz

Usbekistan strebt einen gesunden Strommix und eine hohe Energieeffizienz in allen Sphären der Gesellschaft an. Entsprechend werden in den nächsten Jahren massive Investitionen fließen, hoben die usbekischen Regierungsvertreter auf der RAG-Tagung hervor. Das Ziel für 2030 ist, den Anteil alternativer Energien an der Stromerzeugung auf mindestens 30 Prozent auszuweiten.

Dafür sollen die Erzeugungskapazitäten von Erneuerbaren von 14 Gigawatt (2022) auf etwa 30 Gigawatt (2030) erhöht werden. Als Etappenziel bis 2026 gilt die Inbetriebnahme von Fotovoltaik- und Windkraftwerken mit einer installieren Kapazität von 8 Gigawatt. Der Rest folgt bis 2030. Die jährliche Stromproduktion soll in diesem Zeitraum von 74 Milliarden auf 110 Milliarden Kilowattstunden steigen. 

Deutsche Unternehmen haben gute Chancen, sich mit ihren Dienstleistungen, Technologien und Best practices beim Übergang Usbekistans zu einer CO2-armen Wirtschaft einzubringen. Neben den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz bestehen Anknüpfungspunkte bei der Aus- und Weiterbildung von Energie-Spezialisten sowie beim Erfahrungsaustausch zu rechtlichen Rahmenbedingungen und Finanzierungsinstrumenten. Riesig ist der Investitions- und Beratungsbedarf auch für die Stromübertragung und -verteilung.

Partner für Abbau und Verarbeitung von Lithium gesucht

Usbekistans großes Spektrum an Rohstoffen stand ebenfalls im Fokus der offiziellen Regierungsgespräche. Der Technologiebedarf für die geologische Erkundung und den Abbau der Vorkommen ist groß. Das Land ist an ausländischen Engagements in der Rohstoffwirtschaft interessiert, möchte aber auch komplette Wertschöpfungsketten schaffen. 

Aktuell bereitet sich Usbekistan unter anderem auf den Abbau und die Verarbeitung von Lithium vor. Eine Partnerschaft mit einem ausländischen Investor wird angestrebt. Das zu erschließende Lithium-Vorkommen Shovozsoy mit Vorräten in Höhe von 123.000 Tonnen befindet sich in der Provinz Taschkent. Der vorläufige Projektwert für die industrielle Nutzung der Lagerstätte beträgt circa 60 Millionen US-Dollar (US$), wobei der potenzielle Investor etwa 35 Millionen US$ in das Projekt einbringen soll. In der Perspektive ist eine Produktion von Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge in Kooperation mit einem ausländischen Partner geplant.

Viele Geschäftschancen im verarbeitenden Gewerbe

Die verarbeitende Industrie ist in Usbekistan der mit Abstand wichtigste Empfänger ausländischer Investitionen und Kredite. Auf den Sektor entfallen im Schnitt zwei Fünftel der alljährlich ins Land fließenden ausländischen Kapitalanlagen und Darlehen.

Drei statistisch zusammengefasste Branchen bilden das Schwergewicht des Industriesektors:

  • Hüttenwesen inklusive der Produktion von Metallerzeugnissen,
  • Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhindustrie,
  • Lebensmittel-, Getränke- und Tabakindustrie.

Sie stehen für über 60 Prozent des Produktionsaufkommens und der zusätzlichen Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe (Angaben für 2022).

Auch in die Automobilindustrie kommt ordentlich Bewegung. Neue Projekte in- und ausländischer Fahrzeugbauer sorgen für mehr Vielfalt und Wettbewerb in der Branche. Geschäftschancen bieten zudem die Baustoff- und elektrotechnische Industrie, deren jährlicher Ausstoß sich bis 2026 verdoppeln soll. Zahlreiche Projekte sind außerdem in der Chemiebranche geplant. 

Offizielle Gespräche werden offen und konstruktiv geführt

Der jüngste Jahrgang der bilateralen Regierungsgespräche stand im Zeichen eines offenen Dialogs über erreichte Ergebnisse und Chancen in der bilateralen Wirtschaftskooperation. Gesprächsrunden solcher Qualität waren vor Beginn der Marktöffnung in Usbekistan Anfang 2017 rar oder fielen über mehrere Jahre hinweg (2012 bis 2016) gänzlich aus. Damals prägten die Diskussionsrunden auf den RAG-Tagungen vor allem die problematische Devisenkonvertierung, Zahlungsausfälle, unbeantwortete Geschäftsangebote deutscher Firmen oder kritische Hinweise zu schlecht laufenden Geschäften.

Mit dem Start der Liberalisierungswelle und der Umsetzung umfassender Reformen sind diese Themen von der Tagesordnung der offiziellen bilateralen Gespräche verschwunden. Der Republik im Herzen Zentralasiens ist es innerhalb weniger Jahre gelungen, ihre Wirtschaft stärker marktorientiert auszurichten und die Kooperation mit dem Ausland auf eine neue Stufe zu stellen. Allerdings gibt es in vielen Sektoren noch einen erheblichen Reformbedarf, so zum Beispiel bei der Privatisierung und Restrukturierung staatlicher Unternehmen oder der Eindämmung der großen Schattenwirtschaft.

Entwicklung der deutsch-usbekischen Wirtschaftsbeziehungen

Kennziffer

2020

2021

2022

Warenausfuhr nach Usbekistan (in Mio. Euro)

602

573

1.313 *

Wareneinfuhr aus Usbekistan (in Mio. Euro)

32

55

85

Direktinvestitionen und direkt vergebene Kredite aus Deutschland (in Mio. US$)

710

800

609

* inklusive Flugzeuge für ca. 400 Mio. EuroQuelle: Statistisches Bundesamt 2023, Staatliches Statistikkomitee Usbekistans 2023

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