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Rechtsbericht | Venezuela | Steuerrecht

Venezuela ändert die Besteuerung von Finanztransaktionen

Die Gesetzesreform zielt darauf ab, die Verwendung von Fremdwährungen zu erschweren und den Umlauf der nationalen Währung zu fördern.

Von Dr. Julio Pereira | Bonn

Ab dem 27. März 2022 treten in Venezuela neue Regelungen zur Besteuerung von Finanztransaktionen in Kraft. Die Nationalversammlung der Bolivarischen Republik Venezuela und der Präsident der Republik, Nicolás Maduro, haben durch ein Gesetz beziehungsweise ein Präsidentendekret wichtige Änderungen am sogenannten Steuergesetz für große Finanztransaktionen (Impuesto a las Grandes Transacciones Financieras - IGTF) vorgenommen. Zum einen wurde der Umfang der Steuertatbestände, auf die die Steuer erhoben wird, erweitert, zum anderen wurden bestimmte Umsätze mit Fremdwährung von der Steuer befreit.

Was ist die IGTF?

Die IGTF ist eine Bundessteuer, die durch den Präsidentendekret Nr. 2.169/2015 geschaffen wurde und im Februar 2016 rechtskräftig in Kraft getreten ist. Ursprünglich wurde die Steuer nur auf Finanztransaktionen erhoben, die von juristischen Personen und Wirtschaftseinheiten ohne Rechtspersönlichkeit getätigt wurden, die von der nationalen Zoll- und Steuerverwaltung (Servicio Nacional de Administración Aduanera y Tributaria - SENIAT) als "besondere Steuerzahler" (contribuyente especial) eingestuft wurden. Die anderen juristischen und natürlichen Personen waren von dieser Steuerlast befreit.

Wichtigste Änderungen bei der Besteuerung von Finanzgeschäften  

Am 25. Februar 2022 wurden im venezolanischen Amtsblatt (Gaceta Oficial) in den Sonderausgaben Nr. 6.687 und Nr. 6.689 jeweils das Gesetz zur Reform des IGTF-Steueraufkommens und das Präsidentendekret Nr. 4.647 zur Festlegung von Steuerbefreiungen veröffentlicht.

In beiden Fällen beziehen sich die Änderungen auf Transaktionen mit Fremdwährungen (einschließlich Kryptowährungen und Krypto-Transaktionen, die nicht in Venezuela ausgegeben werden). Die wichtigsten Änderungen sind:

Neue Steuerzahler

Durch die Änderungen in den Art. 4 und 13 des Steuergesetzes für große Finanztransaktionen hat die venezolanische Nationalversammlung neue Steuerpflichtige aufgenommen, auf die die Steuerlast zukommt. Natürliche und juristische Personen sowie Einrichtungen ohne Rechtspersönlichkeit werden unabhängig einer besonderen Klassifizierung steuerpflichtig, sofern sie Umsätze in Fremdwährung tätigen.

Die Finanztransaktionen, auf die die Steuer erhoben wird, sind

  1. Zahlungen in Fremdwährung über venezolanische Banken, ohne Einschaltung ausländischer Vermittlungsbanken (Art. 4 Nr. 5 Ley IGTF);
  2. Zahlungen in Fremdwährung zugunsten von Personen, die als besondere Steuerzahler (contribuyente especial) qualifiziert sind, ohne Zwischenschaltung von Finanzinstituten (Art. 4 Nr. 6 Ley IGTF).

Im Allgemeinen liegt der Steuersatz für die anderen im Gesetz vorgesehenen Finanztransaktionen zwischen 0 Prozent und 2 Prozent. Bei den oben genannten Zahlungen kann der Satz jedoch im ersten Fall zwischen 2 Prozent und 8 Prozent und im zweiten Fall zwischen 2 Prozent und 20 Prozent liegen. Der genaue Prozentsatz für jeden Fall wird von der Exekutive festgelegt.

Steuerbefreiungen für Fremdwährungsgeschäfte  

Nach den ursprünglichen Erwägungen des Gesetzes obliegt es der Exekutive, als steuerpolitische Maßnahme bestimmte Wirtschaftszweige ganz oder teilweise von der IGTF zu befreien. Auf dieser Grundlage legte des Präsidentendekretes Nr. 4647 in Art. 1 fest, dass die IGTF unter anderem nicht auf Wertpapiere erhoben wird, die an Börsen in Fremdwährung gehandelt werden. Diese Rechtsnorm war bereits in der vorherigen Fassung des Gesetzes teilweise enthalten (Art. 8 Nr. 5 Ley IGTF). Was sich jedoch ändert, ist, dass die Ausnahmeregelung nun auch für Transaktionen mit so genannten Kryptowährungen und Krypto-Transaktionen gilt.

Gemäß Art. 5 des Dekrets unterliegen unter anderem die folgenden Transaktionen nicht der Steuer:

  1. Zahlungen in Fremdwährung zugunsten von natürlichen Personen, Unternehmen und Einrichtungen ohne Rechtspersönlichkeit - es sei denn, sie sind "besondere Steuerzahler";  
  2. Zahlungen in Landeswährung (Bolivar) mit nationalen und internationalen Debit- oder Kreditkarten von Fremdwährungskonten - es sei denn, die Zahlungen werden von "besonderen Steuerzahlern" getätigt;
  3. Finanztransfers aus dem Ausland über zugelassene Institutionen. 

Im Gegensatz zu den von der Nationalversammlung vorgenommenen Änderungen sind alle mit dem Präsidentendekret Nr. 4.647 eingeführten Steuerbefreiungen in Venezuela bereits seit seiner Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Die Entlastungen sind für ein Jahr gültig (Art. 7 Dekret Nr. 4.647), das heißt bis zum 25. Februar 2023.

Hintergrund der rechtlichen Änderungen

Obwohl die IGTF den Begriff "große Finanztransaktionen" im Namen trägt, ist die Erhebung dieser Steuer rein rechtlich gesehen nicht an das Volumen der Finanztransaktion gebunden. Das heiß: es ist für die Erhebung der IGTF nicht von Bedeutung, wie groß die Transaktion tatsächlich ist. Es reicht aus, dass die natürliche oder juristische Person vom SENIAT als Steuerpflichtiger notifiziert wird.

Außerdem ist die Verwendung von Fremdwährung in Venezuela nicht gleichbedeutend mit der Beitragskapazität im Sinne einer größeren finanziellen Transaktion. Fremdwährungen, insbesondere der US-Dollar, werden in den meisten alltäglichen Aktivitäten verwendet. Dies ist eine Folge des Strebens nach Geldwertstabilität, was für hyperinflationäre Volkswirtschaften typisch ist. Nach Untersuchungen der venezolanischen Finanzbeobachtungsstelle (Observatorio venezolano de Finanzas - OVF) wurden beispielsweise 71 Prozent der Gehaltszahlungen im Jahr 2021 im Großraum Caracas in US-Dollar getätigt.

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