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Branche kompakt | Vereinigtes Königreich | Windenergie

Offshore-Wind ist Treiber der britischen Energiewende

Die Ausbauziele bis 2030 sind ambitioniert. Der Brexit und neue Local-Content-Anforderungen erschweren jedoch den Zugang für deutsche Unternehmen.

Von Charlotte Hoffmann | Bonn

  • Marktüberblick

    Obwohl gestiegene Local-Content-Vorschriften den Zugang erschweren, bietet der britische Windmarkt durch staatliche Förderung und hohe Ausbauziele enormes Geschäftspotenzial. 

    Markttreiber und -hemmnisse

    Treiber

    Hemmnisse

    Starke Forschungslandschaft für Zukunftstechnologien (Floating Wind, Großanlagen, Recycling) 

    Dienstleistungserbringung Brexit-bedingt seit 2021 erschwert

    Ehrgeizige Ausbaupläne im weltweit zweitgrößten Offshore-Windmarkt

    Gestiegene Local-Content- Vorschriften erschweren Exportgeschäft

    Offshore-Energie gewinnt durch Verknüpfung mit Wasserstoffstrategie noch mehr an Bedeutung (vor allem in Schottland)

    Renditepotenzial durch auktionsbasiertes Förderschema CfD niedrig

    Onshore- und Floating-Wind-Projekte profitieren von Aufnahme in Förderschema CfD

    Fachkräftemangel hemmt Branchenentwicklung

    Quelle: Analyse von Germany Trade & Invest 2021

    Von Charlotte Hoffmann | Bonn

  • Politische Ziele

    Windkraft ist der wichtigste Lieferant von erneuerbaren Energien im Vereinigten Königreich. Die Ausbauziele bis 2030 sind ambitioniert.

    Die britischen Klimaziele sind klar formuliert: Null Nettoneuemissionen bis 2050. Diesem Ziel hat sich die britische Regierung 2019 verpflichtet. Bereits 2035 sollen die Emissionen um fast 80 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Im Jahr 2019 lag der Anteil erneuerbarer Energien am britischen Gesamtenergieverbrauch bei 12,4 Prozent.

    Kerntechnologie Offshore-Windkraft

    Die Emissionsziele setzen ambitionierte Ausbauziele voraus. Mit seinem Zehn-Punkte-Plan für eine "Green Industrial Revolution" versprach der britische Premierminister Boris Johnson im Herbst 2020 bereits ein breites, milliardenschweres Investitionspaket, um die energie- und klimapolitischen Ziele des Königreichs zu erreichen. Im Kern der grünen Energiewende steht dabei die Offshore-Windkraft: bis 2030 will die britische Regierung die Kapazität von Offshore-Windkraftanlagen von 10 Gigawatt auf insgesamt 40 Gigawatt vervierfachen. Das Energy White Paper, welches im Dezember 2020 veröffentlicht wurde, unterstreicht die Zielsetzung. Zusätzlich gab die Regierung bekannt, eine Ministerial Delivery Group einrichten zu wollen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu überwachen und frühzeitig auf Hindernisse bei der Umsetzung der Ausbauziele reagieren zu können.

    Das Jahr 2021 steht im Zeichen des Klimaschutzes. Innerhalb ihrer UN-Präsidentschaft richtete die britische Regierung die UN-Klimakonferenz COP26 im November 2021 in Glasgow aus. Kurz vor Beginn der COP26-Konferenz und dem voraussichtlichen Start der nächsten staatlich geförderten Ausschreibungsrunde (Contracts for Difference, CfD) gab die britische Regierung bekannt, erneuerbare Energien im CfD-Förderschema mit umgerechnet rund 310 Millionen Euro zu fördern. Allein 235 Millionen Euro stehen demnach für Offshore-Windkraftprojekte bereit, weitere 28 Millionen Euro sind für Projekte im Bereich Floating Wind vorgesehen. Zum ersten Mal seit 2015 sind auch Projekte im Onshore-Windbereich förderungsberechtigt.

    Schottland baut auf Onshore-Wind

    Schottland will bereits bis 2045 und damit fünf Jahre früher als die britische Regierung die Netto-Null erreichen. Ende Oktober 2021 hat die Regierung einen neuen Entwurf zum Ausbau der Onshore-Windkraft vorgestellt. Das Onshore Wind Policy Statement sieht einen Ausbau der Onshore-Kapazitäten um 8 bis 12 Gigawatt bis 2030 vor. Bislang verfügt Schottland über eine installierte Kapazität von 8,4 Gigawatt. Die Konsultation zu dem Vorschlag soll bis Ende Januar laufen.

    Rekordjahr für Windenergie

    Obwohl die Kapazitätszuwächse bei Offshore und Onshore Windkraft mit 0,5 Gigawatt und 0,1 Gigawatt im Jahr 2020 moderat blieben, verhalfen günstige Wetterbedingungen zu einem neuen Rekordergebnis bei der Stromerzeugung. Offshore-Windkraft verzeichnete einen absoluten Zuwachs von 8,7 Terawattstunden (+27 Prozent) im Vergleich zu 2019, die Onshore-Windkraft legte um 2,9 Terawattstunden (+9 Prozent) zu.

    Damit konnte die Windkraft ihre Stellung als wichtigster Stromlieferant der erneuerbaren Energien und Zugpferd bei der Dekarbonisierung weiter ausbauen. Im Jahr 2020 lag der Anteil von Windkraft an der Bruttostromerzeugung von erneuerbaren Energien bei rund 56 Prozent und machte fast ein Viertel der Gesamtbruttostromerzeugung aus. Vor den Küsten des Vereinigten Königreichs steht ein Drittel der weltweit installierten Offshore-Erzeugungskapazitäten.

    Von Charlotte Hoffmann | Bonn

  • Marktorganisation

    Die Regierung stellt umgerechnet 310 Millionen Euro für die nächste Runde des CfD-Förderschemas bereit. Bis 2038 könnte das Land zum Nettostromexporteur werden.

    Das britische Hochspannungsnetz wird von dem privatwirtschaftlichen Unternehmen National Grid Plc als National Grid Electricity System Operator (NGESO) gesteuert, während das Netz selbst von regionalen Netzbetreibern besessen und betrieben wird. Die drei regionalen Netzbetreiber sind für England und Wales National Grid Electricity Transmission plc (NGET) sowie für Südschottland Scottish Power Transmission Limited und für Nordschottland und die Inseln Scottish Hydro Electric Transmission plc. Als Gas- und Strommarktbehörde reguliert Ofgem die Branche. Ebenfalls privatwirtschaftlich wird das nordirische Stromnetz von SONI (System Operator for Northern Ireland) betrieben, von NIE Networks (Northern Ireland Electricity Networks) instandgehalten und von der Regulierungsbehörde Utility Regulator überwacht.

    Interkonnektoren: Erstes deutsch-britisches Seekabel in Planung

    Großbritannien verfügt neben einem Interkonnektor nach Nordirland über sechs weitere Verbindungen nach Irland, Frankreich, den Niederlanden und Belgien mit einer Kapazität von insgesamt 7,4 Gigawatt. Außerdem wird das Netz bis 2025 um sieben weitere Interkonnektoren und neue Übertragungskapazitäten von 8,5 Gigawatt erweitert und damit enger an die Europäische Union (EU) angebunden.

    Unter den geplanten Verbindungen befindet sich auch das erste deutsch-britische Interkonnektorenprojekt "NeuConnect" mit einer Kapazität von 1,4 Gigawatt, welches bis 2024 gebaut werden soll. Das 720 Kilometer lange Kabel soll Wilhelmshaven mit der Isle of Grain verbinden.

    Der Brexit hat sowohl für den Stromhandel als auch die Anbindung an den EU-Strommarkt Folgen, über die die britische Regierung auf dieser Website informiert. Dennoch bleibt die Vernetzung der beiden Strommärkte ein wichtiger Fokus. "Auch wenn wir kein Teil vom innereuropäischen Binnenmarkt mehr sind, wird die Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und Europa fortgesetzt", erklärte John Pettigrew, Geschäftsführer des Netzbetreibers National Grid Anfang 2021 in einem Zeitungsbericht.

    Förderregime: Contracts-for-Difference (CfD)

    Seitdem der Einspeisetarif 2019 abgeschafft wurde, spielt das Contracts for Difference (CfD) Programm eine zentrale Rolle bei der Förderung von Offshore- und Onshore-Windenergie. Den Zuschlag erhalten solche Projekte, die den niedrigsten Vergütungspreis (strike price) bieten. Fällt der Marktpreis (reference price) unter den Vergütungspreis, wird der Preisunterschied vom Vertragspartner, der Low Carbon Contracts Company (LCCC), erstattet. Zu den Vergaberunden werden Projekte zugelassen, die Strom mit niedrigen Emissionen erzeugen und noch nicht gebaut sind.

    Der Strommarkt wird von der Gas and Electricity Markets Authority reguliert, die zur Regulierungsbehörde Office of Gas and Electricity Markets (Ofgem) gehört. Durch den Ausbau der Interkonnektoren und den steigenden Ausbau erneuerbarer Energien erwarten die Analysten von Cornwall Insight, dass das Vereinigte Königreich spätestens 2038 zum Nettostromexporteur werden könnte.

    Strompreiskrise verschärft sich weiter

    Der britische Strommarkt ist aufgrund der europaweit gestiegenen Gaspreise seit August 2021 stark unter Druck geraten. Bereits 16 Stromanbieter mussten bis Anfang November Insolvenz anmelden. Rund 2 Millionen Kunden haben bislang ihren Stromanbieter verloren.

    Da Erdgas immer noch einen hohen Anteil an der Stromerzeugung hat, beeinflusst der Gaspreis den Strompreis im Vereinigten Königreich enorm, die Preise für Verbraucher sind jedoch durch den 2017 eingeführten Energy Price Cap gedeckelt. Während der Coronakrise fiel der Vortages-Strompreis im Großhandel laut Regulierungsbehörde Ofgem auf den niedrigen Stand von 24,01 GBP pro Megawattstunde, umgerechnet rund 27 Euro. Im Vergleich zu 2020 hat sich der Großhandelsstrompreis inzwischen verfünffacht. Die Regierung hat eine Erhöhung der Preisobergrenze bereits angekündigt. Eine Entscheidung wird nicht vor Februar 2022 erwartet.

    Die Versorgungskrise weiter verschärft hat eine verringerte Windproduktion in den letzten Monaten sowie das durch einen Brand im September 2021 beschädigte Interkonnektoren-Kabel IFA 2 zwischen Frankreich und der britischen Insel. Das auf 2 Gigawatt ausgelegte Unterseekabel wird voraussichtlich erst im März 2022 wieder auf voller Kapazität Strom liefern können.

    Von Charlotte Hoffmann | Bonn

  • Marktchancen

    Die Ausbauziele für die kommenden Jahre sind hoch, genau wie die Förderzusagen der britischen Regierung.

    Offshore-Wind zentrales Element bei der Dekarbonisierung

    Das Vereinigte Königreich ist nicht nur der weltweit zweitgrößte Produzent von Offshore-Windstrom. Auch in den kommenden Jahren sind ambitionierte Kapazitätszuwächse für Offshore-Wind vorgesehen. In der im Oktober veröffentlichten "Net Zero Strategy: Build back greener" bekräftigte die britische Regierung abermals, dass die Offshore Windkapazitäten bis 2030 auf 40 Gigawatt steigen sollen. Damit kommt der Offshore Energie eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung des britischen Stromnetzes, die bis 2035 erfolgen soll, zu.

    Das angestrebte Ausbauziel für Offshore-Wind bedeutet eine Vervierfachung der Offshore-Windkapazitäten. Die Möglichkeiten hingegen sind noch viel größer. Allein Schottlands Meerfläche ist mit über 463.263 Quadratkilometern mehr als achtmal so groß wie das Deutschland zur Verfügung stehende Gebiet, so die Berechnungen des nordschottischen Offshore-Windenergieclusters DeepWind. Das Exzellenzcluster Offshore Renewable Energy Catapult (ORE) beziffert die potenziellen Offshore-Kapazitäten auf 600 bis 1.000 Gigawatt.

    Die Crown Estate vergibt in regelmäßigen Ausschreibungsrunden Leasingverträge für den zu nutzenden Meeresboden. In der derzeit für England und Wales laufenden vierten Runde werden sechs Projekte mit einer Kapazität von insgesamt 8 Gigawatt ermöglicht. Hinzu kommen 10 Gigawatt, die einer ähnlichen Ausschreibungsrunde von ScotWind Leasing entspricht und von Crown Estate Scotland ausgerichtet wird.

    Die britische Regierung kündigte in ihrer letzten Spending Review im Herbst 2021 Investitionen von umgerechnet insgesamt 446 Millionen Euro in Offshore-Windkraft an. Rund 270 Millionen Euro des Global Britain Investment Funds sollen in den Kapazitätsausbau und das 40 Gigawatt-Ziel gesteckt werden. Bereits im vergangenen Jahr kündigte die Regierung weitere 188 Millionen Euro in den Ausbau der Häfen und regionaler Infrastruktur an. Diese Investitionen wurden abermals bekräftigt. Bereits Anfang des Jahres veröffentlichte die britische Regierung Investitionspläne zum Bau zwei neuer Windhubs in Humber und Teesside.

    Branchenorganisationen begrüßen die Investitionszusagen zwar, geben aber zu bedenken, dass der Windkraftausbau aufgrund der hohen Ausbauziele schneller vorangetrieben werden müsse. Der Branchenverband RenewablesUK veröffentlichte im Oktober 2021 einen Bericht, laut dem allein beim Ausbau von Onshore-Windkraft jährlich 650 Megawatt an Kapazitäten zu wenig genehmigt werden, um die britischen Klimaziele bis 2050 zu erreichen.

    Start der nächsten CfD-Runde im Dezember

    Im Rahmen der kommenden CfD-Ausschreibungsrunde hat die britische Regierung angekündigt, 310 Millionen Euro in erneuerbare Energien zu investieren. Damit wäre die vierte Runde des Programms mit einer geplanten Ausbaukapazität von 12 Gigawatt die bisher größte Förderrunde. Die Ausschreibungsrunde startet voraussichtlich im Dezember 2021. Ein Großteil des Fördervolumens ist für den Ausbau von Offshore-Windkraftanlagen vorgesehen. Förderwillig sind zudem Onshore- sowie Floating-Windprojekte. Anpassungen am Regelwerk des Förderschemas in diesem Jahr konkretisieren die Ziele eines lokalen Wertschöpfungsanteils ("Local Content") von 60 Prozent.

    Windprojekte im Vereinigten Königreich (Auswahl)

    Projektbezeichnung (Standort bzw. On/Offshore)

    Leistung (MW)

    Unternehmen

    Status

    Investitionsvolumen
    (in Mrd. Euro)

    Cerulean Offshore Floating Wind Project (200 Turbinen), westlich der Shetlandinseln

    3.000

    Cerulean Winds Ltd

    Studienphase

    11,7

    Doggerbank A, B und C Offshore Windpark, Nordostküste England

    3.600

    Doggerbank Wind Farm, A und B (Joint Venture: Equinor, SSE Renewables und Eni); Doggerbank C (Joint Venture: Equinor und SSE Renewables

    Realisierung in drei Bauphasen; geplanter Offshore-Baustart des ersten Projekts: 2022; geplante Fertigstellung von A: 2023, B: 2024

    7,01)

    Hornsea Three Offshore Windpark, Küste vor Norfolk

    2.400

    Orstead Hornsea Three Project (UK) Ltd

    Genehmigung zum Bau im Dezember 2020 erhalten

    5,9 - 9,4

    Berwick Bank Offshore Windpark,  Küste vor East Lothian, Schottland

    2.300

    SSE Renewables

    Studienphase

    k.A.

    East Anglia Three Offshore Windpark, Küste vor East Anglia

    1.400

    ScottishPower Renewables (gehört zu Iberdrola Group)

    Geplanter Baubeginn: 2023; bevorzugter Zulieferer: Siemens Gamesa

    k.A.

    Inch Cape Offshore Windpark, Küste vor Angus, Ostschottland

    1.000

    Joint Venture: Inch Cape Offshore Ltd und Red Rock Power Ltd

    Genehmigung zur Entwicklung im Frühjahr 2019 erhalten

    k.A.

    East Anglia Two Offshore Windpark, Küste vor East Anglia

    900

    ScottishPower Renewables 

     Studienphase

    k.A.

    Moray West Offshore Windpark, Moray Firth, Schottland

    850

    Joint Venture: EDP Renewables und ENGIE

    Studienphase

    k.A.

    Awel Y Môr Offshore Windpark, walisische Nordküste

    500

    RWE Renewables UK

    Studienphase

    k.A.

    *) geschätzte Projektkosten für A und BQuelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2021

    Floating Wind: 1 Gigawatt Kapazität bis 2030

    Schwimmende Windanlagen ermöglichen den Bau von Windkraftanlagen in deutlich tieferen Meeresgewässern, vor allem rund um die Küsten von Schottland und Wales. Bis 2030 soll eine Kapazität von 1 Gigawatt entstehen, was der neunfachen weltweiten Kapazität entspricht. Hierfür stellt die Regierung umgerechnet rund 180 Millionen Euro für Entwickler und Hersteller bereit. Bereits 2017 wurde in Schottland die erste Anlage in Betrieb genommen. Weitere Projekte sind geplant, die Kapazität ist jedoch meist sehr gering. Mit dem Floating Offshore Wind Centre of Excellence bietet das Offshore-Cluster ORE Catapult einen guten Anlaufpunkt für interessierte deutsche Firmen entlang der Wertschöpfungskette. 

    Seit September 2021 in Betrieb ist das Projekt Kincardine array, welches mit fünf Turbinen eine Kapazität von 50 Megawatt hat. Der Windpark soll jährlich etwa 200.000 Megawattstunden liefern.

    Branchenverbände kritisieren das bisherige 1 Gigawatt-Ziel als zu unambitioniert. Laut Einschätzung von ORE ist die geplante Kapazität zu gering, um Investitionen in die britische Infrastruktur oder Wertschöpfungskette anzulocken. Laut einer Studie der Branchenverbände Scottish Renewables und RenewableUK könnten bis zu 75 Gigawatt an Floating Offshore Wind in britischen Gewässern installiert werden.

    Aufwind durch grünen Wasserstoff

    Die Offshore-Windkraft profitiert auch von der Energiewende in der britischen Industrie. Erst im August stellte die britische Regierung die neue Wasserstoffstrategie vor. Hiernach sollen bis 2030 Produktionskapazitäten für 5 Gigawatt kohlenstoffarme Wasserstoffproduktion entstehen.

    Das Potenzial ist weitaus größer. Laut den Analysten von Corwall Insight bietet die britische Wasserstoffwirtschaft bis 2030 eine Investitionsmöglichkeit von rund 23 Milliarden Pfund. Damit könnte ein Jahresbedarf von 10 Terawattstunden gedeckt werden. Bis 2050 könnte die Industrienachfrage sogar bei 37 Terawattstunden liegen. Eine aktuelle Studie des ORE Catapult schätzt, dass bis 2050 rund 240 Gigawatt Offshore Wind für die Produktion von grünem Wasserstoff eingesetzt werden könnte.

    Erst Mitte Oktober gaben der britische Energieversorger Octupus Energy und Renewable Energy Systems (RES) bekannt, bis 2030 rund 3,5 Milliarden Euro in grüne Wasserstoffprojekte im Vereinigten Königreich zu investieren. Dadurch soll die Abhängigkeit vom volatilen Gaspreis gemindert werden.

    Von Charlotte Hoffmann | Bonn

  • Markthemmnisse

    Die gestiegenen Local-Content-Anforderungen erschweren den Marktzugang. Zusätzlich beachten müssen Unternehmen die neuen Regeln beim Thema Dienstleistungserbringung.

    Local-Content-Anteil soll steigen

    Mit der nächsten CfD-Ausschreibungsrunde gelten strengere Regeln für die Nutzung lokaler Wertschöpfung. Bereits im 2019 verabschiedeten Sector Deal wurde ein lokaler Anteil ("lifetime UK content in domestic projects") von 60 Prozent bis 2030 angestrebt. Laut aktuellen Daten betrug der Local-Content-Anteil bei britischen Offshore-Windkraft-Projekten zuletzt rund 50 Prozent.

    Die britische Regierung hat in ihrem im Dezember 2020 veröffentlichten Energy White Paper die Ziele für lokale Wertschöpfungsanteile konkretisiert. Die Erreichung des 60-Prozent-Zieles soll durch strengere Anforderungen an den CfD-Lieferkettenplan (Supply Chain Plan) unterstützt werden, die für Projekte mit einer Kapazität ab 300 Megawatt gelten. So müssen Projektentwickler nun unter anderem ihre Beschaffungsstrategien in einem Fragebogen detailliert auflisten. Eine Genehmigung des Lieferkettenplans ist die Voraussetzung für die Qualifizierung zur kommenden CfD-Förderrunde, die voraussichtlich im Dezember 2021 beginnt.

    Dienstleistungserbringung birgt nach Brexit Hürden

    Mit dem Ablauf der Brexit-Übergangsphase hat die Dienstleistungsfreiheit zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich geendet. Dadurch wird die Dienstleistungserbringung auf der britischen Insel erheblich erschwert.

    Im Rahmen einer kurzen Geschäftsreise können deutsche Unternehmen visumsfrei firmeneigene Fachkräfte für die Montage, Reparatur und Wartung bestimmter Produkte auf die britische Insel entsenden. Dies gilt seit Anfang Oktober 2021 teilweise auch für Drittfirmen. Ansonsten gilt der Grundsatz "Dienstleistungserbringung im Vereinigten Königreich nur mit Visum". Bei der Wareneinfuhr ins Vereinigte Königreich sind Zollförmlichkeiten zu beachten.

    Fachkräftebedarf steigt erheblich

    Der Fachkräftebedarf wird durch die hohen Investitionen und Wachstumsziele weiter wachsen. Laut einer aktuellen Studie des Offshore Wind Industry Councils wird sich die Zahl der indirekt und direkt beschäftigen Arbeitnehmer in der Offshore Windindustrie von aktuell 26.000 bis 2026 auf 69.800 fast verdreifachen. Die meisten Arbeitsplätze sollen demzufolge in strukturschwachen Regionen des Königreichs entstehen.

    Bereits 2019 wurde die Arbeitsgruppe "Investment in Talent" gegründet, die die Branchenunternehmen bei der verstärkten Berufsausbildung von Auszubildenden und Umschulung anderer Fachkräfte, zum Beispiel aus der Erdgas- und Ölbranche, anleiten will. Erst Mitte September 20201 kündigte das schwedische Energieunternehmen Vattenfall ein neues Forschungs- und Ausbildungsprogramm für Arbeitskräfte in der Offshore-Windindustrie in Zusammenarbeit mit der University of East Anglia an.

    Von Charlotte Hoffmann | Bonn

  • Branchenstruktur

    Mit Ørsted, SSE und RWE halten drei Branchengrößen mehr als ein Drittel des Marktes. Local-Content-Anforderungen könnten Zulieferer zu Ansiedlungen bewegen.

    Die britische Windenergiebranche zählt laut Erhebung des nationalen Statistikamts ONS in der Offshore-Windenergie für 2019 rund 1.500 Unternehmen, die einen Umsatz von umgerechnet etwa 4 Milliarden Euro erwirtschafteten und 7.200 Mitarbeiter beschäftigten. Die Onshore-Windenergie fuhr mit 5.000 Unternehmen und 4.400 Mitarbeitern einen Umsatz von etwa 3 Milliarden Euro im selben Jahr ein.

    SSE baut Marktposition deutlich aus

    Mehr als ein Fünftel der fertiggestellten Offshore-Windenergiekapazität werden von Ørsted als Marktführer betrieben. Der dänische Konzern versorgt mit über 4.900 Megawatt Erzeugungskapazität umgerechnet 4,4 Millionen britische Haushalte und möchte seine Versorgungskapazität nach eigenen Angaben auf 5,6 Millionen Haushalte bis 2022 ausbauen.

    Zweitgrößter Offshore-Windparkbetreiber ist der schottische Energieversorger SSE, der seinen Marktanteil von 4 Prozent im Jahr 2019 auf 13 Prozent im Jahr 2020 ausbauen konnte. Grund dafür war der Übergang der Windparkprojekte Doggerbank A und B in die nächste Projektphase. SSE verfügt über 1.936 Megawatt Onshore- und 579 Megawatt Offshore-Kapazität. Weitere 1 Gigawatt an Onshore-Kapazität sind in Planung.

    Drittgrößter Offshore-Windparkbetreiber ist der deutsche RWE-Konzern mit einer Kapazität von 1.328 Megawatt im Offshore-, und 646 Megawatt im Onshore-Segment. Allein 1.906 Megawatt an Offshore-Windkapazität befinden sich derzeit im Bau.Die ehemals zu E.ON gehörende Innogy Renewable UK wurde zum September 2020 in den RWE-Konzern integriert, womit sich die RWE-Marktanteile im Königreich entsprechend auf 10 Prozent erhöhten. Außerdem gab RWE Renewables UK Ende 2019 bekannt, ein Power Purchasing Agreement (PPA) mit E.ON über 2,5 Jahre und einem Stromabnahmevolumen von 3 Terawattstunden geschlossen zu haben.

    Veränderter Marktzugang könnte Ansiedlungen fördern

    Zu den wenigen großen Tier-1-Lieferanten mit lokaler Produktion gehören die Rotorblattfertigungen von Siemens Gamesa Renewable Energy in Kingston upon Hull und von MHI Vestas auf der Isle of Wight. Zu den deutschen Unternehmen mit eigenen Niederlassungen gehören unter anderem die Rostocker EEW Group mit einer Fundamentproduktion in Nordengland sowie der Ingenieurdienstleister Deutsche Windtechnik in Nottingham und Edinburgh.

    Durch das Ende der Dienstleistungsfreiheit sowie die neuen "Local Content"-Regelung (siehe Markthemnisse), ist davon auszugehen, dass vor allem auf der Tier-2-Ebene neue Ansiedlungen im Vereinigten Königreich entstehen werden. Deutsche Unternehmen, die die Gründung einer Niederlassung erwägen, können sich für die Ansiedlungsberatung an das Department for International Trade (DIT) bzw. deren Repräsentanzen in Deutschland wenden. Eine Erstberatung und Markteinstiegsinformationen können auch bei der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer angefragt werden.

    Weitere Informationen zur Marktstruktur bietet auch der Supply Chain Review des Offshore Wind Energy Council (OFWC). Bedeutende Branchenakteure in der Forschungslandschaft sind der Offshore Wind Innovation Hub und das Offshore Renewable Energy (ORE) Catapult. Seit September 2021 ist das britische Wirtschaftsministerium neuer strategischer Partner beim Kompetenzzentrum Floating Offshore Wind Centre of Excellence (FOWCoE), bei dem Branchengrößen wie BP, Ørsted, RWE, SSE und Shell aktiv sind.

    Eine nationale Besonderheit bei Windenergieprojekten sind seit 2009 Offshore Transmission Operators (OFTO), die die Offshore-Stromleitungen besitzen und weder zum Windparkbetreiber noch zum Stromnetzbetreiber gehören. Die Betreiberlizenzen für OFTOs werden von der Regulierungsbehörde Ofgem in Ausschreibungsrunden vergeben. Das System der OFTOs wird derzeit evaluiert.

    Von Charlotte Hoffmann | Bonn

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Länderseite zum Vereinigten Königreich mit Außenhandels- und Marktinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    Exportinitiative Energie

    Informationen zu Veranstaltungen, Markt- und Länderinformationen

    Factsheets der Exportinitiative Energie

    Factsheets mit allgemeinen Energieinformationen zum Land (teilweise mit Technologie- oder Anwendungsfokus)

    Deutsch-Britische Industrie- und Handelskammer

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Office of Gas and Electricity Markets (OFGEM)

    Energiemarktregulierungsbehörde

    Department for Business, Energy & Industrial Strategy

    Zuständiges Ministerium

    Offshore Wind Industry Council (OWIC)

    Kooperationsplattform der Offshore-Windenergiebranche und der britischen Regierung

    National Infrastructure Planning

    Planungsbehörde zuständig für Infrastrukturprojekte in England und Wales

    RenewableUK

    Fachverband für erneuerbare Energien

    Energy UK

    Energiefachverband

    The Crown Estate

    Liegenschaftsverwaltung

    Offshore Renewable Energy (ORE) Catapult 

    Britisches Spitzencluster für Offshore Energie

    All-Energy Exhibition & Conference

    Fachmesse in Glasgow, Termin: 11. - 12. Mai 2022

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