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Wirtschaftsumfeld | Vietnam | Konjunktur

Taifun drückt auf das vietnamesische Wirtschaftswachstum

Taifun "Yagi" hat in Nordvietnam eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen des Landes hart getroffen. Für das Jahr 2024 dürfte das dem Wirtschaftswachstum einen Dämpfer erteilen.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Der Taifun "Yagi" hat in Nordvietnam am 7. September 2024 vor allem in Küstennähe starke Schäden angerichtet. Es folgten fünf Tage Starkregen, der zu weitreichenden Überschwemmungen sowie in Bergregionen zu Erdrutschen führten, die ganze Dörfer verschütteten.  

Der Sturm verlief etwa zwischen der Hafenstadt Hai Phong und der Hauptstadt Hanoi, nördlich vom Roten Fluss. Dieser Korridor bildet die zweitwichtigste Wirtschaftsregion des Landes nach dem Großraum Ho-Chi-Minh-Stadt und erwirtschaftet etwa ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Region beherbergt viele Industriecluster, vor allem für Elektronik sowie Kfz- und Kfz-Teile. Hier haben sich einige der wichtigsten Investoren des Landes angesiedelt, darunter Samsung, LG, Canon, Foxconn, Pegatron, Honda und Toyota. 

Durch das Unwetter werde das vietnamesische Wirtschaftswachstum im Jahr 2024 um 0,15 Prozentpunkte geringer ausfallen als noch zur Jahresmitte prognostiziert, so der Minister für Planung und Investitionen, Nguyen Chi Dung. Die Regierung hatte Mitte des Jahres ein Ziel von 6,8 bis 7 Prozent ausgegeben. 

Sturm traf wichtige Industriestandorte

Die Provinz Hai Phong verfügt seit 2018 über den Tiefseehafen Lach Huyen, den einzigen im Norden des Landes. Der Hafen zog zahlreiche Investoren an, die hier Fabriken für den Export aufgebaut haben, darunter die Auftragsfertiger für Apple USI und Pegatron, den Reifenhersteller Bridgestone sowie deutsche Firmen wie Knauf und Tesa. Auch die Fabrik des vietnamesischen E-Auto-Herstellers Vinfast steht hier. Die Nachbarprovinz Quang Ninh zieht durch die Nähe zur Grenze mit China viele Investoren aus dem Reich der Mitte an und liefert auch den Großteil der Kohle für die Stromversorgung des Landes. Hier liegt auch einer der größten Touristenmagnete des Landes, die Halong-Bucht.

Die beiden Provinzen gemeinsam erwirtschaften etwa 5 Prozent des vietnamesischen BIP, sind aber in den vergangenen Jahren deutlich stärker gewachsen als die Wirtschaft insgesamt. So erreichte Hai Phong in den letzten zehn Jahren bis 2023 durchschnittlich ein Wachstum von 12,4 Prozent pro Jahr und Quang Ninh 9,8 Prozent. Die vietnamesische Wirtschaft insgesamt wuchs im gleichen Zeitraum durchschnittlich um 6,1 Prozent jährlich. 

Einige Fabriken werden länger außer Betrieb sein

Die Mehrzahl der Fabriken konnte nach dem Unwetter schnell wieder den Betrieb aufnehmen. Der Generaldirektor von Deep C Industrial Zones, Bruno Jaspaert, berichtete, dass der staatliche Stromkonzern Vietnam Electricity (EVN) am Tag des Sturms den Strom im Industriepark weitgehend abgeschaltet hatte. Wenige Tage nach dem Sturm habe der Stromverbrauch bei 30 Prozent des Normalniveaus gelegen. Es werde voraussichtlich etliche Wochen dauern, bis die Abnahme das Niveau von vor dem Sturm erreichen werde. Nach Presseberichten sind 20 von 170 Fabriken in Industrieparks von Deep C stark beschädigt worden. Anderen Industrieparks in der Region dürfte es ähnlich ergangen sein. Aufgrund beschädigter Dächer erlitten viele Fabriken durch den tagelangen Regen zudem Wasserschäden. 

In Quang Ninh gab es zehn Tage nach dem Sturm immer noch Industrieparks ohne Strom. Nach Presseberichten hatten die Kohleminen nach einer Woche Unterbrechung die Förderung wieder aufgenommen. 

Die Straßeninfrastruktur ist vor allem in den Bergregionen durch zahlreiche Erdrutsche beschädigt worden. Eine Brücke stürzte in den Roten Fluss und an viele Stellen sind Straßen weiterhin überflutet. Die vietnamesischen Behörden sind aber schnell und geübt in der Räumung von Straßen, weil Erdrutsche häufig vorkommen.

Schäden sind gewaltig

Nach Regierungsangaben kamen bis Stand 16. September 2024 über 350 Menschen ums Leben und 20.000 wurden verletzt. Etwa 230.000 Wohnhäuser, Büros, Schulen und Gesundheitseinrichtungen wurden vom Sturm beschädigt, 70.000 Wohnhäuser wurden überschwemmt. Der Sturm hat 190.000 Hektar Reisfelder, 48.000 Hektar andere Anbauflächen und 31.000 Hektar Fruchtbäume zerstört. Darüber hinaus sind ihm 21.000 Stück Großvieh und 21 Millionen Stück Federvieh zum Opfer gefallen.

Die Regierung beziffert die finanziellen Schäden durch "Yagi" in einer ersten Schätzung mit 1,63 Milliarden US-Dollar (US$). Nach Aussagen des Ministers Nguyen Chi Dung entfallen davon 440 Millionen US$ auf Hai Phong und 970 Millionen US$ auf Quang Ninh. 

Die Schäden könnten sich als noch bedeutender herausstellen, denn die Folgen des Sturms sind noch nicht ausgestanden. Weitere Erdrutsche sind wahrscheinlich und mit dem Rückgang der Wasserstände gelten die Deiche im Flachland als brüchig und gefährdet. Zudem naht ein weiterer Sturm, der sich sich zum Taifun aufbauen könnte. Auch könnte der Mekong-Fluss durch die vom Taifun mitgeführten Regenfälle in Laos und China stark anschwellen und ab Oktober in Südvietnam Überschwemmungen auslösen. 

Vietnam ist vom Klimawandel besonders bedroht

Vietnam gilt durch niedrig gelegene Siedlungs- und Industriegebiete als eines der am meisten durch den Klimawandel bedrohten Länder der Welt. Durch Stromausfälle aufgrund des Klimaphänomens El Niño im Jahr 2023 kam es zu einem wirtschaftlichen Schaden, den die Weltbank auf 1,4 Milliarden US$ schätzt. Im Jahr 2024 hat hingegen der La Niña-Effekt Regenfälle und Stürme verstärkt.

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