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Bauprojekte im Ausland und die Rolle von Consultants
Im Interview berichtet Fred Wendt, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von ILF Consulting Engineers, über die Vergabe von Projekten und den Markt für deutsche Ingenieurberater. (Stand: 10.02.2023)
Von Ulrich Binkert | Bonn
Deutsche Ingenieurberater sind bei Infrastrukturprojekten im Ausland recht gut im Geschäft. Sie spielen dort auch eine Rolle bei der Vergabe von Aufträgen – wohingegen deutsche Baufirmen selten zum Zuge kommen, wie deren Verband in Berlin beklagt.
Fred Wendt (52), Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von ILF Consulting Engineers in München, erläutert die Tätigkeit von Beratern bei den Projekten und erklärt auch, worauf es bei internationalen Ausschreibungen ankommt.
Aufträge landen selten bei deutschen Baufirmen
Herr Wendt, treffen Sie bei Ihren Projekten im Ausland viele deutsche Firmen an?
Jedenfalls kaum deutsche Baufirmen oder Anbieter anderer Gewerke. Die Consultants sind da aber nicht das Problem. Es gibt einfach nicht viele deutsche Firmen, die große Bauprojekte im Ausland als Generalunternehmer stemmen können oder wollen. Franzosen oder Spanier haben da mehr Expertise. Bei erneuerbaren Energien in Afrika gehören Juwi South Africa, die zur deutschen Juwi AG aus Wörrstadt gehört, oder BayWa r.e. zu den wenigen deutschen Firmen, die solche Projekte ganzheitlich entwickeln. Besser vertreten sind deutsche Firmen bei Anlagen und Technik, zum Beispiel SMA bei Wechselrichtern.
Bestimmen Sie als Planer eines Projekts schon Details, die bestimmte Anbieter in die nähere Auswahl bringen?
Wir sind unabhängig und strikt dem Interesse des Kunden verpflichtet. Zusammen mit ihm legen wir am Anfang eines Vorhabens die wesentlichen Parameter fest und wie wichtig diese sind. Dazu gehört auch die Qualität. Auf dieser Basis erarbeiten wir verschiedene technische Anforderungen. In der Auswertung von Bietern erhält jeder eine Punktzahl – je nachdem, wie gut er die Anforderungen erfüllt. Je höher die Qualität bewertet wird, umso besser sind die Chancen von guten, aber möglicherweise eben auch teuren Anbietern etwa aus Deutschland.
Haben Sie ein Beispiel?
Bei einem ersten Fotovoltaikprojekt in der Wüste von Dubai, dem Muhammad-bin-Raschid-Al-Maktum-Solarpark, war klar, dass der Gleichrichter ein gutes Belüftungssystem haben musste, bei all dem Sand, Staub und der Hitze dort. In diesem Bereich war seinerzeit die deutsche Firma SMA führend, und sie bekam dann auch den Zuschlag.
Consultants planen Technik und reden dafür mit Anbietern
Sprechen Sie in Ihrer Planungsphase mit potenziellen Anbietern über einzelne Lösungen?
Für die Kunden sind wir der One-Stop-Shop: Wir planen für sie das vollständige Projekt bis ins Detail, wofür wir auch die nötigen Fachleute haben. Die tauschen sich natürlich, je nach Vorgaben, laufend mit Anbietern aus. So stellen wir sicher, dass wir auf dem letzten Stand der Technik sind, dass alles gut zusammenpasst und auch ein Wettbewerb zwischen den Anbietern entsteht.
Versuchen manche Anbieter, Sie da zu beeinflussen?
So etwas wäre für uns ein No-Go, wir halten uns an unsere strengen internen Compliance-Regeln. Wie sehr man da aufpassen muss, zeigt, dass die Weltbank über ein Dutzend Firmen von Geschäften mit ihr ausgeschlossen hat. Das betrifft auch Mitbewerber; uns ist das nie passiert.
Welche Aufgaben decken Sie typischerweise ab?
Das richtet sich ganz nach dem Auftrag. Der kann sich darauf beschränken, am Anfang eine Machbarkeitsstudie zu erstellen oder in einem späteren Projektstadium die Baufirma zu beaufsichtigen. Am umfassendsten ist die Rolle als Owner's Engineer wie etwa bei dem Solar-Batteriespeicherprojekt Diass im Senegal: Dann erstellen wir das komplette Ausschreibungspaket, bereiten den Tender vor und bewerten die Angebote. Abschließend geben wir dem Kunden eine Empfehlung, der er in vielen Fällen auch folgt. Ist ein Generalunternehmer vorgesehen, dann prüfen wir dessen Planungen und deren Umsetzung bis hin zur Inbetriebnahme.
Wie die Zusammenarbeit mit Entwicklungsbanken funktioniert
Welche Rolle spielen die Banken bei geberfinanzierten Projekten?
Für uns sind die Entwicklungsbanken am Anfang eines Projektes die Hauptansprechpartner. Sie geben das Procedere vor und auch die Ausschreibungskriterien. Zu tun haben wir es dabei vielfach mit sogenannten Tender Agents, das sind oft freie Mitarbeitende der Banken für die Zielregion. Die Ausschreibungen sind in der Regel sehr formalistisch. Man muss genau darauf achten, dass man ihre Kriterien einhält. Wenn sie verlangen, dass die Projektleitung 15 Jahre Berufserfahrung hat, dann gibt's bei 14 Jahren eben Punktabzug. Später verlagert sich der Kontakt für uns mehr und mehr auf den Endkunden oder Projekteigner, bei einem Kraftwerk also auf den lokalen Stromversorger.
Worauf achten die Banken bei ihrer Auftragsvergabe?
Dass Sie gute lokale Partner haben, die ein Projekt technisch und vom Management her abwickeln können. Berufserfahrung, Referenzen im Land oder der Region, solche Dinge. Die Bank sollte auch davon überzeugt sein, dass der Partner die Normen und den Kodex der Bank kennt und einhält. Pluspunkte gibt es für Sprachkenntnisse, in Nordafrika zum Beispiel dafür, dass Ihre Mitarbeiter Französisch können.
Sind Ihnen manche Entwicklungsbanken lieber als andere?
Wir arbeiten mit allen gut zusammen. Die KfW etwa hat Projektbeteiligte wie uns kürzlich unterstützt in der Mongolei oder in Indien beim Thema Quellensteuer, das für uns schwer durchschaubar ist: Wie hoch ist die Abgabe wofür, und was müssen wir letztlich zahlen? Die Regelungen zu diesem Thema sind international sehr unterschiedlich. Ein zweites Beispiel sind die langen Zahlungsziele etwa in Afrika, die sich oft auf ein halbes Jahr hinziehen statt drei Monate wie vereinbart. Unsere Rechnung geht ja erst zum Kunden, dann zum Ministerium und dann erst zur Förderbank. Bei einem Kraftwerk in Ägypten hat uns die französische Entwicklungsbank AFD sehr gut unterstützt, das Geld halbwegs zeitnah zu bekommen; die KfW ist bei solchen Fragen aber noch hartnäckiger.
Wie erfahren Sie eigentlich von Projekten?
Sie werden es nicht glauben, aber von Germany Trade & Invest – Ihre Ausschreibungsdatenbank ist wirklich Gold wert, über diesen Ticker erfahren wir sehr viel. Das gilt vor allem in den Ländern, in denen wir noch nicht aktiv sind. Anderswo erhalten wir Informationen natürlich aus unserem bestehenden Netzwerk.