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Ingenieurdienstleistungen in Drittstaaten: Rechtliche Aspekte
Wer in Drittstaaten - also außerhalb der Europäischen Union - Dienstleistungen erbringen möchte, muss sich gut vorbereiten. Dieser Bericht gibt eine Orientierungshilfe.
20.12.2023
Von Karl Martin Fischer | Bonn
Damit deutsche Ingenieure ihre Dienstleistungen im Ausland erbringen und Firmen ihre Mitarbeitenden entsenden können, müssen einige Bedingungen erfüllt sein - sowohl zu Hause als auch im Zielland. Die folgenden Ausführungen gelten für die Entsendung von Arbeitnehmern. Für selbständig Tätige gibt es im Detail einige Abweichungen.
Was regelt der Arbeitsvertrag?
Am Anfang sollte man die Frage klären, ob, und falls ja, zu welchen Konditionen Mitarbeitende vorübergehend zur Arbeitsleistung ins Ausland entsandt werden dürfen. Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber seine Mitarbeitenden anweisen, an einem anderen Ort zu arbeiten, auch im Ausland. Aber vor einer solchen Weisung sollten die Arbeitsverträge genau studiert werden, denn dort kann etwas Abweichendes geregelt sein. Außerdem sind gemäß § 2 Absatz 2 des Nachweisgesetzes weitere Angaben zu machen, wenn die Entsendung länger als vier aufeinanderfolgende Wochen dauert.
Öffnet das Zielland seinen Dienstleistungsmarkt?
Ob ein bestimmtes Drittland seinen Markt überhaupt für Ingenieurdienstleistungen aus dem Ausland öffnet, ergibt sich aus dem General Agreement on Trade in Services (GATS) der WTO, genau gesagt: aus der GATS-Liste dieses Landes. Dort sucht man mit Hilfe einer Produktklassifizierung der UN die konkrete Dienstleistung (zum Beispiel: 86721 = beratende Ingenieurdienstleistungen). Die GATS-Listen verwenden die provisorische Nomenklatur von 1991.
Beim Lesen der Liste studiert man zunächst die – immer am Anfang aufgelisteten – "horizontal commitments". Dabei handelt es sich um Regelungen, die vorab behandelt werden, weil sie für eine Vielzahl von Dienstleistungen gelten. Weiter unten ist dann die eigentliche Liste, dort findet man die "sector specific commitments" mit den Regelungen für die spezifische Dienstleistung. Die meisten Ingenieurdienstleistungen finden sich dort unter den Produktklassifizierungen 8672 und 8673.
Findet sich eine bestimmte Dienstleistung nicht in der Liste, bedeutet das nicht automatisch, dass es keinen Marktzugang geben kann. Es bedeutet lediglich, dass der Marktzugang nicht garantiert wird. Findet sich hingegen die Dienstleistung, gibt es diese Garantie – und oft noch genauere Regelungen. So kann es zum Beispiel Differenzierungen danach geben, wie die Dienstleistung konkret erbracht wird.
Mit vielen Ländern hat die EU Freihandelsabkommen geschlossen. Solche Abkommen bringen erweiterten Marktzugang, oft auch für Dienstleistungen. Eine Auflistung der aktuell geltenden Freihandelsabkommen der EU bietet unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium.
Wie liest man eine GATS-Liste?
Wer erteilt eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis im Ausland?
Wenn klar ist, dass die Dienstleistung im Gastland erbracht werden darf, geht es an die Erlangung der konkreten Erlaubnis. Diese wird häufig in Form einer Arbeitserlaubnis oder eines Visums, häufig auch eine Kombination dieser beiden, erteilt. Hierfür wendet sich die zu entsendende Person regelmäßig an Botschaften oder Konsulate des Ziellandes in Deutschland.
Was gibt es in Sachen Steuern zu beachten?
In steuerlicher Hinsicht ist das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit dem jeweiligen Zielland besonders relevant. Das Bundesfinanzministerium informiert darüber, ob es ein solches Abkommen gibt und was es regelt. Zwei Themen sind in diesem Zusammenhang besonders häufig relevant:
Wo zahlen die entsandten Mitarbeitenden ihre Einkommensteuer?
Hier gibt es die bekannte "183-Tage-Regel". Diese ist in den meisten DBA in Artikel 14 oder 15 geregelt, unter der Überschrift "Einkommen aus unselbständiger Arbeit". Als Grundsatz legt diese Norm in Absatz 1 fest, dass das Einkommen in demjenigen Staat zu versteuern ist, in dem die Arbeit geleistet wird. Die Ausnahme davon ist die 183-Tage-Regel in Absatz 2. Sie besagt, dass das Einkommen trotz Auslandsbeschäftigung ausnahmsweise im Heimatstaat besteuert werden kann, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen:
a) der entsandte Mitarbeiter hält sich innerhalb eines im konkreten Abkommen definierten Zeitraums (häufig zwölf Monate) nicht länger als 183 Tage im Zielland auf (Achtung – hier ist der Aufenthalt entscheidend, nicht die Zahl der Arbeitstage);
b) die Vergütung wird von einem nicht im Zielland ansässigen Arbeitgeber getragen und
c) die Vergütung wird nicht von einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Zielland getragen.
Wird das Unternehmen im Zielland steuerpflichtig?
Wenn durch die Aktivität des Unternehmens eine Betriebsstätte im Zielland entsteht, lautet die Antwort: "Ja." Ob dies der Fall ist, regelt fast immer Artikel 5 des relevanten DBA. In dessen Absatz 1 ist eine Betriebsstätte definiert als "feste Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird." Diese eher unpräzise Definition wird in den weiteren Absätzen mit Beispielen konkretisiert. So ist zum Beispiel eine über einen bestimmten Zeitraum (häufig zwölf Monate) andauernde Bauausführung oder Montage automatisch eine Betriebsstätte.
Wie wird doppelte Sozialversicherung vermieden?
Auch bei der Sozialversicherung stellt sich bei internationalen Sachverhalten die Frage, wo die Beiträge zu zahlen sind. Das europäische Koordinierungsrecht gilt - von einigen Ausnahmen abgesehen (die wichtigsten sind die Schweiz, Norwegen und das Vereinigte Königreich) - nicht in Drittländern.
Für die meisten Drittländer muss man daher auf das deutsche Recht zurückgreifen. In der Bundesrepublik regelt § 4 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB IV), dass in Deutschland beschäftigte Personen, die im Ausland arbeiten, trotzdem in Deutschland versicherungspflichtig bleiben, "wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist." Auf Antrag stellt die deutsche Sozialversicherung dann eine Bescheinigung aus, die die Fortgeltung deutschen Sozialversicherungsrechts bestätigt.
Das Problem: Ausländische Sozialversicherungsbehörden sind an diese Entscheidung nicht gebunden und können – unter Hinweis darauf, dass die Arbeit ja schließlich in ihrem Land geleistet wird – ihrerseits Beiträge fordern. Im Einzelfall kann es daher tatsächlich zu einer doppelten Beitragszahlung kommen.
Mit einigen Staaten gibt es Sozialversicherungsabkommen. Die Bundesregierung hält eine Übersicht der existierenden Abkommen bereit. Auf die dortigen Regelungen kann man sich auch gegenüber den Behörden des Ziellandes berufen.
Nähere Informationen zu diesem Themenkomplex gibt es bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA), die für die internationale Behandlung aller Sozialversicherungszweige zuständig ist.