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Special | Entwicklungsländer | Beratende Ingenieure

Partner sind wichtig für das internationale Geschäft

Beratende Ingenieure spüren den Wettbewerb. Sie behaupten aber ihre Position dank einer guten Zusammenarbeit mit Partnern. (Stand: 20.12.2023)

Von Martin Walter | Bonn

Die rund 750 Kilometer lange Bahnstrecke von Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba nach Dschibuti wurde von China finanziert und mithilfe von 2.800 chinesischen Eisenbahnarbeitern innerhalb von drei Jahren gebaut. An der Planung für die Strecke war auch die deutsche German Rail Engineering (GRE) beteiligt. Genau wie bei dem Bau dieser Eisenbahnstrecke steckt deutsches Know-how in vielen Infrastrukturprojekten weltweit.

Beratende Ingenieure machen Projekte möglich

Damit Großprojekte realisiert werden können, braucht es eine Reihe von Voruntersuchungen. Dazu gehören Studien über die finanzielle Tragfähigkeit oder wie sich Projekte auf Menschen und die Natur auswirken. Hinzu kommen weitere technische Studien zur Statik, Materialeigenschaften oder technischen Normen. Für all diese und weitere Fragen sind beratende Ingenieure zuständig, die den Bauträgern und Projektentwicklern zur Seite stehen.

Gute Zusammenarbeit bietet die besten Lösungen 

In Deutschland gibt es keinen großen international agierenden Baukonzern mehr. Diese kommen heutzutage unter anderem aus Spanien, Frankreich, Italien oder aus China. Für Auftraggeber sind solche großen Firmen attraktiv. Sie planen und bauen alles, vom ersten Strich auf dem Papier bis zur schlüsselfertigen Übergabe eines Projektes. Damit gibt es nur einen Ansprechpartner und nur sehr wenige Schnittstellen, auf die der Auftraggeber achten muss. Catharina Stahr vom Verband Beratender Ingenieure (VBI) sieht aber auch, dass deutsche Ingenieurbüros ebenfalls an solchen Projekten beteiligt sind. Sie agieren dann üblicherweise als Teil eines Konsortiums und bringen sich mit ihrem speziellen Know-how, beispielsweise im Projektmanagement, bei der Bauüberwachung oder bei Gewerken wie der Anlagen- und Verfahrenstechnik, ein.

Jens Kottsieper von ILF Beratende Ingenieure führt einen weiteren Mehrwert deutscher Ingenieurbüros an: "Wir sind in viele Projekte involviert und haben dadurch viele Einsichten. Diese kommen - kombiniert mit unserer Unabhängigkeit - dann wiederum dem Kunden zugute." Es sei ratsam, nicht direkt nur auf einen Hersteller oder Generalunternehmer (EPC-Contractor) zuzugehen. Auftraggeber verbauten sich so häufig die Technologieoffenheit. Berater sollten solange wie möglich, die Türen offen halten, damit immer ein gewisser Wettbewerb möglich ist.

Fritz Hilgenstock von WTM Engineers International sagt es ganz klar: "Wir sind in Nischen tätig und dadurch, dass wir so spezialisiert sind, sind wir es gewohnt, mit anderen Ingenieurbüros zusammenzuarbeiten." Große Ingenieurbüros sind da zurückhaltender, weil sie in der Regel alle Leistungen selbst anbieten können. Sie haben dann keine Routine darin, mit anderen zu kooperieren. "Wir sind es gewohnt, Fragen hausextern zu stellen. Wenn man die Zeit hat und gute Partner kennt, kann man sehr gute und auf Kunden zugeschnittene Angebote mit den passenden Referenzen machen."

Die Gründe, warum ein Unternehmen Partner braucht, sind vielfältig. "Bei großen Infrastrukturprojekten sind die Pakete oft sehr groß. Partner muss man sich aus Kapazitätsgründen suchen oder wenn man nicht alle verlangten Nischen abdeckt. Über die Zusammenarbeit mit anderen kann man sich dann fachlich verstärken", sagt Hilgenstock. "Dafür haben wir strategische Partner im In- und Ausland, mit denen wir in Arbeitsgemeinschaften über viele Jahre verbunden sind und immer wieder zusammen anbieten." Partnerschaften erlauben zudem, das unternehmerische Risiko zu streuen. So ist es möglich, auch bei größeren Projekten mitzubieten.

Kottsieper berichtet Ähnliches: "Das geforderte Leistungsspektrum, was häufig über Hunderte von Seiten geht, kann eine Firma allein nicht stemmen. Man sucht sich dann Konsortialpartner, um ein schlagkräftiges Team zusammenzustellen." Partner vor Ort sind ebenfalls wichtig wegen ihrer lokalen Kenntnisse. Für den Bau einer Eisenbahnlinie beispielsweise kennen sie die Geologie sowie die hydrologischen Vor- und Nachteile von möglichen Trassen. Sie haben zudem besseren Zugang zu Datenmaterial vor Ort.

China ist Wettbewerber, aber auch Auftraggeber

Auch bei Infrastrukturvorhaben von chinesischen Baufirmen im nicht chinesischen Ausland bekommen deutsche Ingenieurbüros Aufträge. "Für uns sind das über Jahre hinweg wichtige Kunden gewesen", sagt Kottsieper. Viele chinesische Baufirmen wollen sich bei bestimmten Arbeiten wie der Überprüfung lokaler Standards gar nicht mehr betätigen. "Chinesische Firmen sind Auftraggeber und Wettbewerber zugleich", fasst Kottsieper die Situation zusammen.

Ein anderes Beispiel kennt Thomas Eckart von GRE. Beim Bahnprojekt zwischen Belgrad und Budapest haben die chinesischen Planer bei der serbischen Eisenbahn einfach Pläne auf Chinesisch abgegeben. Damit war dann aber für die Serben nicht ersichtlich, ob die chinesische mit der örtlichen Technologie kompatibel ist. "Die brauchten dann jemanden, der das technisch überprüfen konnte. Da kamen wir ins Spiel", sagt Eckart.

Probleme sehen beide Ingenieure eher darin, dass chinesische Firmen nicht nur Bau, Ausrüstung und Beratung übernehmen, sondern gleichzeitig die Finanzierung mitbringen. Das Angebot eines unabhängigen Ingenieurs mag da weniger attraktiv wirken. Das bereitet den Europäern bei großen Infrastrukturprojekten erhebliches Kopfzerbrechen.

Neue Wettbewerber stehen bereits in den Startlöchern  

Andere Länder eignen sich ebenfalls verstärkt entsprechendes Know-how an und konkurrieren mit deutschen Beratern um internationale Aufträge. Die Konkurrenz kommt zunehmend aus der Türkei, Ägypten und Indien. Die Bildungsstandards haben sich dort in den letzten 20 Jahren verbessert und bei bestimmten Projekten sind diese Firmen jetzt Konkurrenten für deutsche Unternehmen.

Stahr ist für ihre Branche dennoch zuversichtlich: "Ich glaube, dass all die Anforderungen an Nachhaltigkeit und Compliance eher dazu führen, dass deutsche und europäische Unternehmen sehr gut punkten können. Deutsche Ingenieure mussten sich in den letzten Jahren nicht verstecken und werden es auch zukünftig nicht tun müssen."

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