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Special | Welt | Beratende Ingenieure

Ingenieure behaupten sich dank Partnern im Wettbewerb

Beratende Ingenieure spüren die Konkurrenz, sind aber in ihren Nischen erfolgreich. Dabei setzen sie auf Partner. Auch chinesische Firmen sind nicht nur Konkurrenten.

  • Partner sind wichtig für das internationale Geschäft

    Beratende Ingenieure spüren den Wettbewerb. Sie behaupten aber ihre Position dank einer guten Zusammenarbeit mit Partnern. (Stand: 20.12.2023)

    Die rund 750 Kilometer lange Bahnstrecke von Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba nach Dschibuti wurde von China finanziert und mithilfe von 2.800 chinesischen Eisenbahnarbeitern innerhalb von drei Jahren gebaut. An der Planung für die Strecke war auch die deutsche German Rail Engineering (GRE) beteiligt. Genau wie bei dem Bau dieser Eisenbahnstrecke steckt deutsches Know-how in vielen Infrastrukturprojekten weltweit.

    Beratende Ingenieure machen Projekte möglich

    Damit Großprojekte realisiert werden können, braucht es eine Reihe von Voruntersuchungen. Dazu gehören Studien über die finanzielle Tragfähigkeit oder wie sich Projekte auf Menschen und die Natur auswirken. Hinzu kommen weitere technische Studien zur Statik, Materialeigenschaften oder technischen Normen. Für all diese und weitere Fragen sind beratende Ingenieure zuständig, die den Bauträgern und Projektentwicklern zur Seite stehen.

    Gute Zusammenarbeit bietet die besten Lösungen 

    In Deutschland gibt es keinen großen international agierenden Baukonzern mehr. Diese kommen heutzutage unter anderem aus Spanien, Frankreich, Italien oder aus China. Für Auftraggeber sind solche großen Firmen attraktiv. Sie planen und bauen alles, vom ersten Strich auf dem Papier bis zur schlüsselfertigen Übergabe eines Projektes. Damit gibt es nur einen Ansprechpartner und nur sehr wenige Schnittstellen, auf die der Auftraggeber achten muss. Catharina Stahr vom Verband Beratender Ingenieure (VBI) sieht aber auch, dass deutsche Ingenieurbüros ebenfalls an solchen Projekten beteiligt sind. Sie agieren dann üblicherweise als Teil eines Konsortiums und bringen sich mit ihrem speziellen Know-how, beispielsweise im Projektmanagement, bei der Bauüberwachung oder bei Gewerken wie der Anlagen- und Verfahrenstechnik, ein.

    Jens Kottsieper von ILF Beratende Ingenieure führt einen weiteren Mehrwert deutscher Ingenieurbüros an: "Wir sind in viele Projekte involviert und haben dadurch viele Einsichten. Diese kommen - kombiniert mit unserer Unabhängigkeit - dann wiederum dem Kunden zugute." Es sei ratsam, nicht direkt nur auf einen Hersteller oder Generalunternehmer (EPC-Contractor) zuzugehen. Auftraggeber verbauten sich so häufig die Technologieoffenheit. Berater sollten solange wie möglich, die Türen offen halten, damit immer ein gewisser Wettbewerb möglich ist.

    Fritz Hilgenstock von WTM Engineers International sagt es ganz klar: "Wir sind in Nischen tätig und dadurch, dass wir so spezialisiert sind, sind wir es gewohnt, mit anderen Ingenieurbüros zusammenzuarbeiten." Große Ingenieurbüros sind da zurückhaltender, weil sie in der Regel alle Leistungen selbst anbieten können. Sie haben dann keine Routine darin, mit anderen zu kooperieren. "Wir sind es gewohnt, Fragen hausextern zu stellen. Wenn man die Zeit hat und gute Partner kennt, kann man sehr gute und auf Kunden zugeschnittene Angebote mit den passenden Referenzen machen."

    Die Gründe, warum ein Unternehmen Partner braucht, sind vielfältig. "Bei großen Infrastrukturprojekten sind die Pakete oft sehr groß. Partner muss man sich aus Kapazitätsgründen suchen oder wenn man nicht alle verlangten Nischen abdeckt. Über die Zusammenarbeit mit anderen kann man sich dann fachlich verstärken", sagt Hilgenstock. "Dafür haben wir strategische Partner im In- und Ausland, mit denen wir in Arbeitsgemeinschaften über viele Jahre verbunden sind und immer wieder zusammen anbieten." Partnerschaften erlauben zudem, das unternehmerische Risiko zu streuen. So ist es möglich, auch bei größeren Projekten mitzubieten.

    Kottsieper berichtet Ähnliches: "Das geforderte Leistungsspektrum, was häufig über Hunderte von Seiten geht, kann eine Firma allein nicht stemmen. Man sucht sich dann Konsortialpartner, um ein schlagkräftiges Team zusammenzustellen." Partner vor Ort sind ebenfalls wichtig wegen ihrer lokalen Kenntnisse. Für den Bau einer Eisenbahnlinie beispielsweise kennen sie die Geologie sowie die hydrologischen Vor- und Nachteile von möglichen Trassen. Sie haben zudem besseren Zugang zu Datenmaterial vor Ort.

    China ist Wettbewerber, aber auch Auftraggeber

    Auch bei Infrastrukturvorhaben von chinesischen Baufirmen im nicht chinesischen Ausland bekommen deutsche Ingenieurbüros Aufträge. "Für uns sind das über Jahre hinweg wichtige Kunden gewesen", sagt Kottsieper. Viele chinesische Baufirmen wollen sich bei bestimmten Arbeiten wie der Überprüfung lokaler Standards gar nicht mehr betätigen. "Chinesische Firmen sind Auftraggeber und Wettbewerber zugleich", fasst Kottsieper die Situation zusammen.

    Ein anderes Beispiel kennt Thomas Eckart von GRE. Beim Bahnprojekt zwischen Belgrad und Budapest haben die chinesischen Planer bei der serbischen Eisenbahn einfach Pläne auf Chinesisch abgegeben. Damit war dann aber für die Serben nicht ersichtlich, ob die chinesische mit der örtlichen Technologie kompatibel ist. "Die brauchten dann jemanden, der das technisch überprüfen konnte. Da kamen wir ins Spiel", sagt Eckart.

    Probleme sehen beide Ingenieure eher darin, dass chinesische Firmen nicht nur Bau, Ausrüstung und Beratung übernehmen, sondern gleichzeitig die Finanzierung mitbringen. Das Angebot eines unabhängigen Ingenieurs mag da weniger attraktiv wirken. Das bereitet den Europäern bei großen Infrastrukturprojekten erhebliches Kopfzerbrechen.

    Neue Wettbewerber stehen bereits in den Startlöchern  

    Andere Länder eignen sich ebenfalls verstärkt entsprechendes Know-how an und konkurrieren mit deutschen Beratern um internationale Aufträge. Die Konkurrenz kommt zunehmend aus der Türkei, Ägypten und Indien. Die Bildungsstandards haben sich dort in den letzten 20 Jahren verbessert und bei bestimmten Projekten sind diese Firmen jetzt Konkurrenten für deutsche Unternehmen.

    Stahr ist für ihre Branche dennoch zuversichtlich: "Ich glaube, dass all die Anforderungen an Nachhaltigkeit und Compliance eher dazu führen, dass deutsche und europäische Unternehmen sehr gut punkten können. Deutsche Ingenieure mussten sich in den letzten Jahren nicht verstecken und werden es auch zukünftig nicht tun müssen."

    Von Martin Walter | Bonn

  • "Deutsche Ingenieure bemühen sich wenig um Auslandsorder"

    Im internationalen Beratergeschäft hilft Größe. Deutsche Anbieter sind aber eher klein und beschränken sich oft auf Geberprojekte: Interview mit einem nordischen Konkurrenten. (Stand: 20.12.2023)

    Hinrich Brümmer, Business Development Manager Mobility & Rail, Ramboll Hinrich Brümmer, Business Development Manager Mobility & Rail, Ramboll | © Ramboll

    Hinrich Brümmers Arbeitgeber sind mit der Zeit immer größer geworden. Erst war es ein kleinerer Ingenieurdienstleister, 2010 mit dessen Übernahme dann Gauff Consultants und seit Ende 2019 Ramboll: Bei der dänischen Ingenieur- und Managementberatung mit weltweit rund 18.000 Beschäftigten ist der Eisenbahnplaner von der Berliner Niederlassung aus für Mobilitäts- und Bahnprojekte zuständig. Im internationalen Geschäft kann Größe helfen, hat Brümmer bei seiner Arbeit in Afrika und anderen Kontinenten immer wieder festgestellt. 

    Herr Brümmer, Gauff Consultants hatte in Nairobi vor gut zehn Jahren um die 100 eigenen Leute. Size matters?

    Auf jeden Fall. Durch diese große Niederlassung hatte man die personellen Ressourcen, um auch komplexe und umfassende Aufträge zu akquirieren und umzusetzen. Etwa um die lokale Finanzierung der Planung einer Eisenbahn in Tansania stemmen zu können. Das ist anspruchsvoll, aber nur so wird man auch für potenzielle Auftraggeber zum interessanten Partner. Natürlich kann man sich auf Projekte beschränken, die von KfW, Weltbank oder anderen Gebern finanziert werden. Darauf bewerben sich aber auch all die anderen Berater. Und man lässt eben einen Teil des Marktes liegen. Bei diesen anderen Projekten außerhalb der Entwicklungszusammenarbeit muss man sich allerdings auch des Risikos einer lokalen Finanzierung bewusst sein.

    Aber unter den deutschen Ingenieuren gibt es doch Spezialisten, die stark in ihrer Nische sind.

    Ja, und dort holen sie auch Aufträge. Aber eben nur in der Nische. In Afrika kenne ich kaum einen deutschen Berater, der bei sehr großen Projekten die Planung für Generalunternehmer macht oder eine breite Palette von Dienstleistungen übernimmt. Umgekehrt finden Auftraggeber dafür vor Ort kaum ein deutsches Angebot. Sie halten sich lieber an die großen Anbieter, die sie womöglich schon von woanders kennen: Skandinavier, Franzosen oder die riesigen Beratungsunternehmen aus dem englischen Sprachraum.

    Bemühen sich deutsche Berater denn intensiv um Aufträge etwa in Afrika?

    Jenseits der geberfinanzierten Projekte sehe ich da nicht viel. Warum sollten sie auch? Deutsche Berater haben durch ihren großen Heimatmarkt schon zu Hause relativ viele Aufträge. Bei einem Projekt der Deutschen Bahn in Deutschland sind bei einem Auftrag die Abläufe einigermaßen klar und es gibt klare Zahlungsziele. Diese werden in afrikanischen Ländern oftmals flexibel interpretiert. Ramboll bemüht sich dagegen explizit auch um große internationale Projekte, weil wir hier unsere globale und interdisziplinäre Expertise spielen können.

    Spielt auch die Struktur des Heimatmarktes eine Rolle, etwa die geringe Größe deutscher Beraterfirmen?

    Das ist tatsächlich der Hauptgrund. Der deutsche Markt für Ingenieurdienstleistungen ist zersplittert und es fehlt an echtem Wettbewerb. Im Normalfall bleibt der bayerische Consultant in Bayern und der Berliner in Berlin. Das hängt auch mit dem föderalen deutschen System zusammen, mit 16 Bauordnungen in 16 Bundesländern.

    Und die Inhaberstruktur?

    Deutsche Beraterfirmen sind oft inhaber- oder familiengeführt, mit allen Vor- und Nachteilen. Eine Konsolidierung durch anorganisches Wachstum - große Unternehmen kaufen kleine - wird dadurch jedenfalls nicht erleichtert. In Frankreich sind wichtige Ingenieurberater eher Teil von großen Baukonzernen, von deren Verbindungen und Professionalität sie profitieren.

    Aber bei den technischen Kompetenzen sind deutsche Berater schon gut?

    Da sind sie top. Was manche allerdings eine Haltung einnehmen lässt, die auch bei deutschen Maschinenbauern verbreitet ist: Unser Angebot ist technisch so überlegen, das setzt sich durch. Allerdings muss man etwas mehr tun. Man muss das Geschäft auch entwickeln, den Kunden entgegenkommen, Finanzierungen suchen und Bürokratien überwinden.

    Geringe Größe, mittelständische Strukturen - schmälert dies auch die Zukunftsfähigkeit deutscher Anbieter?

    Eine kleine Firma hat einfach weniger Ressourcen. Das macht es diesen Unternehmen in Zukunft schwerer, all den neuen Entwicklungen, etwa auf dem Feld der künstlichen Intelligenz, zu folgen. Und auch, sich in Vertrieb und Verwaltung gut für Märkte in Afrika oder Asien aufzustellen. Dies gilt auch für die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeitenden.

    Was meinen Sie mit interkultureller Kompetenz?

    Der Umgang und die Kommunikation in einem rein deutschen Beraterbüro sind normalerweise hierarchischer als in einem skandinavischen wie Ramboll. Diese Hierarchien werden teilweise auch auf die Auslandsprojekte übertragen, oft mit einem Expat an der Spitze. Wichtig ist aber, an geeigneter Stelle lokale Kräfte einzubeziehen. Ein Projekt in Afrika wird höchstwahrscheinlich eher erfolgreich sein, wenn der Projektleiter aus dem jeweiligen Land kommt und die lokalen Gegebenheiten versteht. Hinzu kommt, dass Compliance in den zunehmend globalen Geschäftsbeziehungen immer wichtiger wird. Auch in Deutschland müssen sich kleinere Firmen - die dort die Branche prägen - mit strengen Compliance-Regeln und den vielen Dilemmata, die daraus entstehen können, ernsthaft auseinandersetzen.

    Wie achten Sie bei Ramboll auf diese kulturellen Faktoren?

    Zum Thema Compliance und interkulturelle Kommunikation haben wir unter anderem regelmäßige interne Schulungen, die alle Mitarbeitenden durchlaufen müssen. Ein wichtiger Faktor ist aber auch hier Größe: Ramboll hat Projekte in über 100 Ländern und eigene Niederlassungen in mehr als 35, mit entsprechend diverser Belegschaft.

    Erhalten deutsche Berater Unterstützung von offiziellen Stellen aus Deutschland?

    Deutsche Botschaften in Afrika sind normalerweise eher an kulturellem Austausch interessiert. Um die Wirtschaft kümmert sich, vielleicht, ein Referent mit einer halben Stelle. Afrika bietet noch viel Potenzial für Betätigung, zum Beispiel durch mehr Wirtschaftsdelegationen.

    Aber in Deutschland unterstützt doch eine Vielzahl von Institutionen die Firmen im Ausland.

    Oh ja. Der Service von Auslandshandelskammern oder Ländervereinen ist sicherlich sehr hilfreich für Exporteure von Konsumgütern. Im Beratergeschäft haben wir aber oft Kunden der öffentlichen Hand. Hier muss man individuell mit viel Fingerspitzengefühl und Diplomatie vorgehen.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Chinas beratende Ingenieure brauchen Anpassungshilfe im Ausland

    Chinas beratende Ingenieure wirken bei vielen internationalen Bauprojekten mit. Gern übertragen sie erfolgreiche Designs aus China ins Ausland. Doch dabei entstehen oft Probleme. (Stand: 20.12.2023)

    Jedes Jahr vergibt die internationale Vereinigung beratender Ingenieure FIDIC (Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils) Preise für herausragende Ingenieursdienstleistungen weltweit: Im Jahr 2023 waren unter den 30 Gewinnern zehn chinesische Projekte, darunter die rund 2 Kilometer lange Peljesac-Brücke an der kroatischen Adriaküste. China zählt sie zu den größten Projekten seiner Belt and Road Initiative (BRI) in Europa. Doch chinesische Ingenieursdienstleister stoßen im Ausland immer wieder auf Probleme. Zudem agieren sie nicht unabhängig, denn in der Regel sind sie Tochterfirmen der großen staatlichen Baukonzerne. Diese ziehen sie für ihre eigenen Komplettpakete wie Engineering, Procurement and Construction (EPC) heran. 

    Beratungsdienstleister gehören zu Chinas großen Baukonzernen

    Bei der 2022 fertiggestellten Peljesac-Brücke in Kroatien übernahm die China Communications Construction Highway Consultants Company das Baudesign für den Kunden Hrvatske ceste, Kroatiens staatliche Straßenbaugesellschaft. Die Beratungsfirma gehört zum Staatskonzern China Communication Construction Group (CCCG) und beschäftigt heute nach eigenen Angaben 800 Mitarbeitende. CCCG verfügt über die größten Anteile an chinesischen Bauprojekten im Ausland. Die Brücke selbst baute die China Road and Bridge Corporation, die ebenfalls zu CCCG gehört. 

    Ähnlich ist es beim Staatskonzern China Railway Group: Dort übernimmt die China Railway Eryuan Engineering Group (CREEC) Planung und Bauüberwachung in rund 40 Ingenieursdisziplinen von der Geologie bis zum Fahrzeugeinsatz. CREEC verfügt laut eigenen Angaben über 6.300 Mitarbeitende. Damit ist das Unternehmen der größte Ingenieursdienstleister des Landes. Im Vergleich zu den größten europäischen oder amerikanischen Firmen ist das jedoch noch recht klein: Die dänische Beratungsfirma Ramboll verfügt beispielsweise über rund 18.000 Angestellte.

    Chinesische Baukastensysteme passen nicht überall

    Die Aufgabe der CREEC besteht darin, chinesische Designs kostengünstig und schnell "eins zu eins" ins Ausland zu übertragen. Eines der bekanntesten Beispiele ist die Laos-China-Eisenbahn, die im Dezember 2021 ihren Betrieb aufnahm. Sie ist im Grunde die Kopie eines chinesischen Systems auf nicht-chinesischem Boden.

    Weitaus schwieriger wird es, wenn eine stärkere Anpassung der Projekte an regionale Anforderungen gefragt ist: Beim Weiterbau der Eisenbahn von Belgrad nach Budapest kollidierte das Design der China Railway Group im Laufe des Jahres 2023 mit den technischen Auflagen des Europäischen Zugbeeinflussungssystems (ETCS, European Train Control System). Die Export-Import Bank Chinas stoppte die Weiterfinanzierung. 

    Thomas Eckart, Geschäftsführer von German Rail Engineering (GRE) aus Düsseldorf, kennt solche Probleme: "In Äthiopien oder Laos haben chinesische Planer alles auf Chinesisch abgegeben, einfach copy-paste. So hat man es auch in Serbien versucht und übersehen, dass das dort noch zertifiziert werden muss. Die Chinesen haben uns dann dazu geholt." Da die GRE die serbische Eisenbahn gut kennt, führte sie schließlich das Design-Review (Designprüfung) für das Bahnprojekt durch.

    Internationale Gutachter kompensieren Probleme

    German Rail Engineering gehört zu jenen weltweit gefragten Firmen, die chinesischen Baudienstleistern helfen, Probleme bei ihren internationalen Projekten zu meistern. Langjährige Auslandserfahrung in Afrika macht die Deutschen bei Gutachten zu Baudesigns interessant. Dazu noch einmal Thomas Eckart im GTAI-Interview: "Die Chinesen sind keine Konkurrenz für uns. Wir können regelmäßig als Partner in diesen Projekten mitarbeiten. Lokale Infrastrukturbetreiber verlangen häufig eine unabhängige Prüfung des Planungsdesigns. Die führen wir dann durch." 

    Der Fortbildungsbedarf für chinesische Ingenieure ist also noch immer hoch. Seit 2011 bildet der internationale Branchenverband FIDIC beratende Ingenieure in China nach seinen eigenen Standards fort, um professionelle Defizite zu decken. Dazu ist FIDIC seit 1996 mit der China National Association of Engineering Consultants (CNAEC) in Peking vernetzt.

    Einflussreiche Consultingfirma berät auf neuer Seidenstraße

    Eine Sonderrolle bei Chinas Beratungsdienstleistern spielt die China International Engineering Consulting Company (CIECC). Das Unternehmen gehört zu keinem Staatskonzern, untersteht aber direkt der Kommission zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (State-owned Assets Supervision and Administration Commission, SASAC). Gleichzeitig gilt sie als staatlicher Think Tank der Bauingenieurbranche. Nach eigenen Angaben war die CIECC bis Ende 2022 seit ihrer Gründung im Jahr 1982 bei 70.000 Großbauprojekten im In- und Ausland mit einem Auftragsvolumen von insgesamt rund 15 Billionen US-Dollar (US$) als Beratungsdienstleister dabei.

    Für Chinas Belt and Road Initiative ist CIECC von großer Bedeutung. Vor dem offiziellen Moratorium für neue Kohlekraftwerke im Jahr 2021 beriet sie bei entsprechenden Vorhaben in Pakistan, Bangladesch, Kenia und Vietnam. Bei Kraftwerksprojekten mit erneuerbaren Energien entstanden Staudämme wie das Nam Ou-Projekt in Laos oder das Garissa-Solarkraftwerk in Kenia. Im Transportbereich übernahm CIECC die Planung für Großprojekte im Straßen- und Eisenbahnbau wie das Äthiopien-Dschibuti-Bahnprojekt. Hier wurden jedoch auch die Berater von GRE hinzugezogen.

    Ihre größten Erfolge verbuchte die CIECC im Inland. Sie war beteiligt am Bau verschiedener Prestigeprojekte, darunter die erste chinesische Hochgeschwindigkeitsstrecke von Shanghai nach Peking und die Anlagen für die Olympischen Spiele in Peking 2008. So befindet sich auch der Großteil der Beratungsprojekte in China: Von über 5.000 Mitarbeitenden sind laut eigenen Angaben nur etwa 500 bis 1.000 international tätig. Erst seit 2017 arbeitet das Unternehmen von Hongkong aus international. 

    Von Marcus Hernig | Bonn

  • Chinas Afrika-Projekte brauchen Beratung für mehr Nachhaltigkeit

    Chinesische Firmen achten auch in Afrika auf mehr Nachhaltigkeit. Ein deutscher Ingenieurconsultant berichtet, wie und warum er daraus Aufträge gewinnt. (Stand: 01.12.2023)

    Mit seinen großen und oft zügig umgesetzten Infrastrukturvorhaben hat China in Afrika seit der Jahrtausendwende Fakten geschaffen. Seitdem aber die Milliardenfinanzierungen von zu Hause ausbleiben, sind auch diese Projekte kleiner geworden. Die aktuelle Bestätigung für diesen Trend lieferte der letzte Kongress zur "Neuen Seidenstraße", das dritte Belt and Road Forum in Beijing im Oktober 2023. 

    Chinas Firmen sollen nachhaltiger arbeiten 

    Die künftig geltende Maxime von den "kleinen, aber feinen" Projekten, die bei diesem Forum ausgegeben wurde, war zwar genauso schwammig wie bei ähnlichen Ankündigungen zuvor. Klar scheint aber, dass chinesische Vorhaben in Afrika künftig nachhaltiger sein werden. So schreibt das Boston University Global Development Policy Center, dass China seine Projekte besser auf Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und soziale Auswirkungen prüfen werde. Lange Zeit war Schnelligkeit wichtiger als Topqualität oder umfassende Planung mit Einbeziehung aller Betroffenen, monieren Beobachter. Sie verweisen als Beispiel auf den milliardenschweren Bau der Eisenbahnlinie von Addis Abeba nach Dschibuti am Horn von Afrika.

    Wenn chinesische Firmen nun besser planen müssen, ist dies auch eine Chance für deutsche Ingenieurconsultants? Der Bremer Berater Inros Lackner bekommt immer wieder Aufträge in Projekten mit Beteiligung chinesischer Firmen. So berichtet Karsten Galipp, zuständig für das anglofone Afrika, von einer aktuellen Anfrage zu einem Hafen in Westafrika. Sein Unternehmen soll für eine chinesische Ingenieurfirma den Entwurf überprüfen, den diese für den - ebenfalls chinesischen - Generalunternehmer erstellt hat. 

    Nun müssen Chinas Infrastrukturfirmen mit dem Versiegen der Projektfinanzierung aus heimischen Quellen zurechtkommen. Das dämpft die Lust an Auftragsvergaben an Drittfirmen. Karsten Galipp kann daher auch keinen Trend bestätigen, wonach Aufträge zur Planung oder Aufsicht in chinesisch dominierten Projekten zugenommen hätten. Diese Beobachtung treffe auch auf das Geschäft eines großen europäischen Ingenieurbüros zu, mit dem er in Kontakt stehe.

    "Die Chinesen wollen Expertise von außen"

    Galipp verweist aber auf die Gründe, warum chinesische Baufirmen, Generalunternehmen oder auch Projektierer nicht-chinesische Dienstleister beauftragen. Die hohen Standards von internationalen Entwicklungsbanken, die für die Finanzierung "chinesischer" Projekte viel wichtiger geworden sind, forderten strenge Nachhaltigkeitskriterien ein. "Dafür holen sich die Chinesen gerne auch mal Expertise von außen", sagt der Manager. Er verweist dafür auch auf das aktuelle Hafenprojekt. "Die wollen anerkannt gute Firmen, die fair und garantiert unabhängig agieren und mit keinem chinesischen Netzwerk verflochten sind." 

    Bestätigung kommt von Fred Wendt von ILF. Das österreichisch-deutsche Beratungsunternehmen übernimmt zum Beispiel die Steuerung beim Bau der Ölpipeline von Niger nach Benin - im Auftrag eines chinesischen Projektentwicklers. 

    Deutsche Ingenieurberater bekommen in Afrika neue Konkurrenz

    Karsten Galipp vom Bremer Ingenieurconsultant Inros Lackner stellt im anglofonen Afrika neue Wettbewerber fest. Besonders aktiv seien Berater aus Tunesien und anderen Ländern Nordafrikas sowie den Golfstaaten, aber auch aus Indien. "Und die wissen schon auch, wie man Infrastrukturprojekte gut abwickelt." Chinesische Firmen hingegen träten bei Planungsleistungen noch wenig als Konkurrenten auf. 

    In anderen Fällen sind es Behörden, die Ingenieurdienstleister aus Drittländern mit der Beaufsichtigung chinesischer Baufirmen beauftragen. So betraute das angolanische Transportministerium die portugiesische Firma A1V2 mit der Aufsicht über den Neubau der Benguela-Bahnlinie, den die chinesische Firma Hyway bereits 2015 abschloss.

    Die Regierungen müssten als künftige Eigentümer eines Hafens oder einer Straße eigentlich besonders stark an deren Nachhaltigkeit interessiert sein - und deshalb auch an guten Ingenieurdienstleistungen. Branchenvertreter berichten aus Afrika aber von gemischten Erfahrungen. Behörden und deren Chefs seien immer wieder vor allem an besonders schneller und preiswerter Umsetzung der Projekte interessiert. Die gründliche, aber oft langwierige Arbeit eines Beraters aus den etablierten Industrieländern, der sich an komplexe Regeln halten muss, passe da nicht so gut.

    Auch mehr finanzielle Nachhaltigkeit gefragt

    Chinas Infrastrukturfirmen in Afrika müssen derweil auch finanziell nachhaltiger agieren und besser planen, seitdem der Mittelzufluss von heimischen Staatsbanken ausgetrocknet ist. Die Unternehmen bewerben sich nun massiv um Projekte der Weltbank und anderer nicht-chinesischer Geberorganisationen. Oder sie gehen kreative Wege der Finanzierung wie beim Bau des Hafens Lekki in Nigeria. 

    China bewegt sich in Afrika weg von einem risikoreichen Investitionsmodell hin zu kleineren und kommerziell als lohnenswert erscheinenden Geschäften, heißt es sinngemäß bei der Forschungseinrichtung Chatham House. Chen Siqing, Chef der chinesischen Staatsbank ICBC, drängt in einem Artikel in der Security Times chinesische Firmen, bei Auslandsgeschäften die Sicherheit an erste Stelle zu setzen und keine systemischen Finanzrisiken einzugehen. Dies steht in dem Artikel neben der Forderung, die Risikokontrolle bei Projekten zu verbessern. Zudem hätten die nationalen Finanzaufsichtsbehörden die Geldgeber aus der Volksrepublik deutlich daran erinnert, Compliance-Regeln einzuhalten.

    Chinas Nachhaltigkeitsbemühen mit gemischten Noten 

    Chinas Firmen sind in Afrika bereits nachhaltiger unterwegs als früher. Dies zeigt eine Studie der Boston University auf Basis von fünf Fallstudien, genauer zwei Stromprojekten und drei Sonderwirtschaftszonen in Ägypten, Äthiopien und Nigeria. Allerdings orientierten sich chinesische Projekte üblicherweise nicht an eigenen Standards, sondern an den Vorgaben der Zielländer. Und diese seien oft schwach oder würden unzureichend umgesetzt. 

    Die China International Contractors Association erstellt jährlich eine Liste mit "nachhaltigen" Infrastrukturprojekten. Zu Afrika nennt der Verband in der aktuellen Ausgabe für 2022 zwar auch zwei Projekte der Trinkwasserversorgung in Senegal und Côte d'Ivoire. Ansonsten nennt er jedoch eher wenig "nachhaltig" anmutende Projekte: den Expressway Nairobi, eine Küstenautobahn in Angola und drei andere Straßenprojekte, zwei Großkraftwerke sowie einen Erzhafen in Mauretanien. 

    Von Ulrich Binkert | Bonn

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